Die Pfadfinderinnen und Pfadfinder der deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) haben mich 1994 als damaligen Berufsanfänger auf den rechten Weg gebracht.
Als ich meine „Karriere“ als Pastoralreferent im Tätigkeitsfeld „Kirchliche Jugendarbeit“ begann, war die DPSG der erste Jugendverband, der bei mir anklopfte. Die mir damals angetragene Rolle der spirituellen, pastoraltheologischen und pädagogischen Begleitung entwickelte sich dann auf dem weiteren Weg in den Verbandsgruppen auf Orts- und Bezirksebene natürlich auch weiter...
Richtig gut gefiel mir von Anfang an die Arbeitsbeschreibung, die die Ehrenamtlichen mir vorlegten: Nicht spiritueller Über- oder Einflieger sollte ich sein, sondern regulär mitarbeiten durch Wahl im Vorstand eines Jugendverbandes. Das Amt eines Bezirkskuraten passte am besten zu meiner kirchlichen Einsatzebene Dekanat. Ich habe also kandidiert, bin gewählt worden – und so lernte ich im Bezirksvorstand von etwa zehn Pfadfinderstämmen (damals 800 Mitglieder mit rund 100 Gruppenleitungen) Chancen und Risiken einer weiteren „mittleren Ebene“ (neben der kirchlichenamtlichen Ebene des Dekanates) kennen und lernte sie schätzen.
Im Laufe meines Pastoralreferentendaseins wurde diese Ebene immer mehr zu meiner eigenen; ich sehe heute die Chancen und Vorteile der mittleren Ebene klar in der Überzahl: Inhaltliche Impulse, kritische Reflektionsmöglichkeit, konzeptionelle Arbeitsweise, gut geplante und durchgeführte Qualifizierungsmaßnahmen mit Ehrenamtlichen sind auf dieser Ebene sehr gut möglich – schon wegen ihrer Vernetzungen zu den Ortsgruppen wie zur Ebene der Diözese oder der Bundesebene. Allerdings kann es auch anstrengend werden, zeitaufwendig und nur mit langem Atem durchstehbar, wenn z.B. Arbeitsgruppen auf Bistumsebene dazu kommen.
Als selbstverständlich im Jugendverband habe ich die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen erlebt – und auch viel eingespieltes Zusammenleben von Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen. Die Projektmethode als Planungsinstrument lernte ich erst bei den Pfadfindern so richtig „durchbuchstabieren.“ Was ich da gelernt habe, konnte ich später in Begleitungs- und Entwicklungsprozessen in katholischen Kindertageseinrichtungen weiter anwenden.
Überhaupt: Arbeiten im Team – orientiert gerade nicht an Machtstrukturen, sondern an herausfordernden Inhalten und grundsätzlich auf gleicher Augenhöhe: das durfte ich in unzähligen Treffen, Stammes- und Bezirksversammlungen, Zeltlagern erleben. Die Gottesdienstvorbereitung mit Jugendlichen etwa war manchmal zeitlich länger und intensiver als der Gottesdienst selbst; da durfte ich erleben, was es heißt gerade auch als Laie (= Mitglied des Volkes Gottes) mit jungen Leuten in der Kirche zusammen Glauben und Leben zu reflektieren und zu feiern.
Als Pastoralreferent konnte ich im katholischen Pfadfinderverband Kirche im Vollsinn erleben – mit dem „Trupp“ als überschaubare Gruppe, die über längere Zeit miteinander einen Weg voller Abenteuer geht. Mit Pfadfindern, die sich von ihren Grundanliegen her an Jesus Christus wie an einer wegweisenden Kompassnadel orientieren. Mit den drei „Duties“ des Gründers Baden Powell: Verantwortung zu übernehmen gegenüber sich selbst, gegenüber den anderen und gegenüber Gott.
Besonders wichtig ist mir auch das Bild vom Lagerplatz: er ist ein Ort des Feierns und der Ruhe, ein Ort der Ideenfindung und des Beratschlagens, ein Ort, an dem Konflikte friedlich gelöst und Entscheidungen getroffen werden – und ein Ort, an dem Gäste willkommen geheißen werden. Und weil der Lagerplatz ein Ort des Lebens ist, ist er auch der Ort des Gottesdienstes mitten im Lagerleben.
Es ist gut für Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten, einen solchen Ort zu finden. Ich danke der Deutschen Pfadfinderschaft St.Georg für ihre Art Kirche zu sein und für den gemeinsamen Weg über siebzehn Jahre im Bezirk Koblenz (1994-2011).