Bibeltage für Kinder – dargestellt an den Erzählungen um Jakob und Esau (Gen 25 – 36)

Von Streit, Angst und Versöhnung

Warum Bibeltage für Kinder?

Die Zahl der Kinder, denen biblische Geschichten vertraut sind, scheint abzunehmen. Auch zentrale biblische Personen und Geschichten sind nur klischeehaft bekannt; das trifft insbesondere zu auf das "Alte Testament" – trotz Religionsunterricht. Zu Hause wird es immer weniger üblich, Bibel zu lesen, bzw. vorzulesen. Dennoch betrachten wir die Bibel als das zentrale Dokument und die Basis unseres Glaubens. Die Bibel enthält wichtige Erfahrungen der Menschheitsgeschichte, sowohl menschliche Alltagssituationen als auch das vielfältige Ringen um Sinndeutungen für das menschliche Leben.

Die Bibel verbindet die Menschen; sie verbindet insbesondere die christlichen Konfessionen; die Beschäftigung mit der Bibel ist eine sehr gute Möglichkeit, die Gemeinsamkeit zwischen den Kirchen zu pflegen. Das Alte Testament verbindet zudem Christen und Juden; alttestamentliche Texte als Stoff von Kinderbibeltagen lassen Kinder ganz intuitiv erleben, dass Christen und Juden nicht nur wichtige Texte, sondern wichtige Werte gemeinsam haben.

Und außerdem:

  • Eltern fühlen sich oftmals verunsichert, mit ihren Kindern über biblische oder religiöse Themen zu sprechen; mache / viele möchten dies lieber „Fachleuten“ überlassen.
    Dennoch ist bei Eltern eine grundsätzliche Offenheit feststellbar, dass ihren Kindern „religiöse Inhalte“ vermittelt werden. Viele (dieser) Eltern sind bereit, in zeitlich begrenztem Rahmen bei diesem Prozess mitzuwirken; es geht ja um das Wohl ihrer Kinder.
  • Dies feststellen heißt, nach (neuen) Wegen suchen, um (Kindern und Erwachsenen) die Lebendigkeit und Wichtigkeit von Bibel deutlich werden zu lassen. Kindern kann man auf kreativ-spielerische Zugänge zu biblischen Geschichten eröffnen; da die Kinder jedoch nur durch bzw. mit ihren Eltern erreicht werden können, strahlt die biblische Arbeit mit Kindern auch aus auf die Erwachsenen.
  • Kinderbibeltage enthalten die Chance, Menschen „im Inneren einer Gemeinde“ zu stärken. Kinderbibeltage können zugleich auch für eher distanzierte Gemeindegliedern ein niedrigschwelliger, zeitlich überschaubarer, „spielerischer“ Zugang zu (moderneren) Aktivitäten der Gemeinde darstellen.

Warum ein Kinderbibeltag in der Seelsorge-Einheit "P."?

  • Durch regelmäßige Kindergottesdienste und die Begleitung von Erstkommunionkatechetinnen im Bereich der Seelsorgeeinheit P. waren mir Personen aufgefallen, die ein stärkeres Interesse an „religiöser Kinderarbeit“ äußerten. Einzelne von ihnen hatten an Familienwochenenden teilgenommen. Viele favorisierten jedoch eine kürzere Veranstaltung ohne auswärtiges Übernachten. Daraus entstand die Idee eines Kinderbibeltages, der eben nur einen Tag dauert und am Wohnort stattfindet.

    Adressaten sollen Kinder ab Grundschulalter sein; ihnen soll die Bibelgeschichte auf kreativ–spielerische Weise erschlossen werden.

  • Träger des Kinderbibeltages ist ein Team von ca. 15 ehrenamtlichen Erwachsenen und Jugendlichen unter Leitung des Pastoralreferenten.

    Zu dieser Gruppe gehören Personen, die in der Gemeinde „immer dabei sind“; sie sind Träger der bisher gemachten Erfahrungen und wichtige Multiplikatoren in die Gemeinden hinein. Eine zweite Gruppe innerhalb der Projektgruppe besteht aus Personen, deren Kinder unter den Teilnehmenden sind; sie bringen neue Ideen in die Gruppe und haben guten Kontakt zu den Kindern. Wichtig ist für beide Personengruppen, dass die Erwachsenen den Kinderbibeltag nicht nur für die Kinder planen und durchführen, sondern auch für sich selber einen „Gewinn“ haben.

  • Der Ort P. bietet sich an, weil dort die nebeneinander liegende Häuser von Kirchen- und Zivilgemeinde genutzt werden können und so genügend Platz vorhanden ist - sowohl für die Gesamtgruppe von 70 Kindern als auch für das parallele Arbeiten in sieben Kleingruppen.

  • Was soll erreicht werden?

    • Die Kinder sollen sich wohlfühlen im Zusammensein mit Gleichaltrigen (ihrer Gemeinde, ihres Wohnortes).
    • Die Kinder sollen auf ganz unterschiedliche Weise kreativ aktiv sein können und (neue) eigene Fähigkeiten entdecken und einbringen.
    • Die Kinder sollen erleben: (meine) Eltern nehmen die Thematik Kirche, Bibel, Gott … so wichtig, dass sie beim Bibeltag mitwirken.
    • Die Kinder sollen auf unterschiedliche kindgemäße Art eine biblische Geschichte kennenlernen und auf ihre Weise verstehen, was diese an Botschaften enthält für sie selber, für das menschliche Zusammenleben, über Gott.
    • Die Kinder sollen spüren, dass Kirche/Gemeinde etwas für sie tut und dabei die Erfahrung machen: wir sind wichtig (für die Gemeinde, in den Augen Gottes…).
  • Für die Erwachsenen
    (= Eltern, Jugendliche, die bei früheren Bibeltagen als Kinder Teilnehmer der Bibeltage waren)

    • Erwachsene haben die Möglichkeit, mitzuwirken an einer (zeitlich klar überschaubaren) Aktion der Gemeinde bzw. an einer Aktion für (ihre) Kinder - und zwar so, wie es ihrer Nähe/Distanz zur Kirche und ihren zeitlichen Möglichkeiten entspricht. Sie machen dabei (neue) Erfahrungen mit (ihrer) Gemeinde.
    • Sie können ganz unterschiedliche Fähigkeiten einbringen, z.B. in den Feldern Musik, Organisationstalent, Kochen, theologisches, religionspädagogisches Wissen.
    • Sie haben die Möglichkeit, mitzuwirken bei der religiösen Sozialisation ihrer Kinder.
    • Sie lernen (vielleicht zum ersten Mal) selbst eine konkrete biblische Geschichte kennen (und schätzen).

    Für (kommunale und kirchliche) Gemeinde und Öffentlichkeit

    • Die Bibel rückt als Thema in den Blickpunkt.
    • Kinder rücken in den Mittelpunkt, weil christliche Gemeinde (hauptamtliche und ehrenamtliche Mitarbeiter) einen ganzen Tag für sie gestaltet.

Kinder-Bibel-Tag konkret

  • Wie der Bibeltag konkret ablief Switch

    11.00h: Eröffnung (Stuhlkreis im großen Saal des Gemeindehauses) - Lieder zur Begrüßung / Organisatorisches

    Darstellung der biblischen Geschichte durch Erwachsene (Erzähler und Pantomimespieler); dabei wurden zusammen mit den Kindern in der Kreismitte wichtige Stationen und Themen der Geschichte um Jakob und Esau visualisiert, z.B. die Verschiedenheit der Zwillinge, Betrug des Esau, Zerfall der Familie.

    12.30: Pizza – Mittagessen

    13.00 – 16.30 h: Bibelparcours
    In Gruppen à 10 Kinder spielen, werkeln, reden, singen, malen … die Kinder zur der Bibelgeschichte, z.B.
    •    Träumen wie Jakob: Traumreise
    •    Jakobs Stein „salben“ und verzieren
    •    Singen: Lieder zur Bibelgeschichte
    •    Isaak segnet: einen Segenswürfel basteln
    •    Blind wie Isaak: mit allen Sinnen wahrnehmen
    •    Engel auf der Himmelsleiter: eine Engelfigur basteln
    •    Wütend wie Esau: Spiel mit Gefühlskärtchen
    Der Aufenthalt in den sieben Stationen dauert jeweils 30 Minuten. - Ein Buffet mit Kuchen und Getränken ist während der ganzen Zeit geöffnet.

    17. 00 h Schlussgottesdienst als Gottesdienst im Kreis zusammen mit den Eltern: Die Kinder im Innenkreis; Eltern im Außenkreis.

    Begrüßung und Eröffnungslied

    Es ging um Streit und Angst bei unserer heutigen Bibelgeschichte; es ging um zwei Geschwister … Esau und Jakob; die waren sehr, sehr unterschiedlich: Jakob: War meist zu Hause, spielte dort, half seiner Mutter (Hinweis auf Hüpfspiel) Esau: Jäger, hat sich ein Feuer gemacht, wild,… (Hinweis auf die Feuerstelle)

    Lied: Du bist nicht ich (Kehrvers)

    Dann ist eine schlimme Sache passiert: … Jakob hat seinen blinden Vater Isaak betrogen; er hat seinen „großen“ Bruder Esau um das Recht des Erstgeborenen gebracht … Esau ist wütend; er will seinen Bruder Jakob töten. Jakob muss von zu Hause weglaufen. Die Familie ist zerstritten und zerbrochen. Jakob läuft und läuft; und eines Abends ist er sehr müde. Unter freiem Himmel legt er sich hin, um zu schlafen; als Kopfkissen hat er nur ein Stein. (Hinweis auf die von den Kindern gestalteten Steine)
    Aber in dieser Nacht passiert etwas ganz Wunderbares: … Jakob sieht den Himmel offen; er sieht eine Leiter; diese Leiter verbindet Himmel und Erde. Engel steigen auf dieser Leiter auf und ab (Hinweis auf die Leiter mit den Engeln, die die Kinder gestaltet haben).
    Und Jakob hört, wie Gott zu ihm spricht: Ich lasse dich nicht im Stich! Ich werde dir beistehen! Ich beschütze dich! Du bist für mich kein hoffnungsloser Fall! Alles wird gut, denn ich bin dein Gott! Am anderen Morgen hat Jakob wieder neuen Mut. Jakob kann sich wieder freuen und singen:

    Lied: Freut auch alle, singt und spielt

    Eine lange Zeit vergeht; Jakob kommt bei seinem Onkel Laban an und kann dort wohnen. Er heiratet und bekommt viele Kinder. Jakob wird ein reicher Mann. Aber Jakob lebt weit weg von seinem Zuhause. Er will wieder zurück; er will sich mit seinem Bruder versöhnen. Er denkt: Gott hat mir verziehen; für Gott bin ich kein hoffnungsloser Fall; vielleicht wird auch mein Bruder Esau mir verzeihen. Und so macht er sich auf den Weg nach Hause; er nimmt seine ganze Familie und seine vielen Tiere mit; gemeinsam machen sie sich auf den Weg.

    Ca. zehn Kinder treten in die Mitte.

    Doch der Weg ist lang und schwierig; ein großer Fluss versperrt ihnen den Weg.

    Zwei Erwachsene legen ein blaues Tuch als Fluss vor die Kinder.

    Auf der anderen Seite des Flusses entdecken sie die Zelte von Esau und seinen Leuten.

    Auf der gegenüberliegenden Seite treten auch ca. zehn Kinder in die Mitte.

    Jakob und Esau schauen sich über den Fluss hinweg an. Jakob hat Angst vor der Rache seines Bruders Esau. Und beide sehen, wie unterschiedlich sie sind.

    Lied: Du bist nicht ich, ich bin nicht du (Kehrvers)

    Doch Jakob und die vielen Leute seiner Familie fassen sich ein Herz; sie glauben: Gott hat uns eine neue Chance gegeben; auch Esau wird uns am Leben lassen! Sie glauben an die Versöhnung und wollen den ersten Schritt tun. Und so suchen sie eine günstige Stelle, wo sie den Fluss überqueren können. Vorsichtig und mit klopfendem Herzen gehen sie durch das Wasser hin zu Esau und seiner Familie.

    Die erste Kindergruppe überquert den Fluss und macht eine tiefe Verbeugung vor der zweiten Gruppe.

    Esau und seine Familie sind ganz überrascht. Doch dann stehen sie auf. Und die beiden Brüder, ihre Frauen und ihre Kinder begrüßen sich und geben sich die Hand zur Versöhnung. Sie spüren: Du bist nicht ich, ich bin nicht du, aber jeder darf leben, jeder darf anders sein.

    Die Kinder umarmen sich. Dann gehen sie auf ihr Plätze und singen:

    Lied: Du bist nicht ich. Ich bin nicht du (Lied vollständig)

    Gott hat den Jakob gesegnet; er hat ihm eine neue Chance gegeben.
    Auch uns segnet Gott; auch uns gibt er eine neue Chance:

    Sieben Kinder lesen je ein Segensgebet.

    Ruf: Auf, ihr Menschen, danket dem Herrn!

    Gott ist der Vater von Jakob, Gott ist der Vater von Esau, Gott ist der Vater der Kinder und Gott ist der Vater der Erwachsenen.
    Lasst uns zu ihm beten mit den Worten, die Jesus uns gelehrt hat: Vater unser

    Segensgebet und Dank
    Schlusslied: Freut euch alle, singt und spielt

  • Vernetzung / Umgang mit Widerständen Switch

    • Der Kinderbibeltag in P. fand an einem Samstag während der Fastenzeit statt; dieser Termin hat sich bewährt, weil es in dieser Jahreszeit für die Kinder weniger Freizeitangebote und für die Erwachsenen weniger Konkurrenzveranstaltungen gibt als in fast allen anderen Monaten des Jahres.
      Innerhalb des Kirchenjahres kann der Kinderbibeltag als eine neue Form angesehen werden, die Vorbereitungszeit auf Ostern zu gestalten.
    • Der Kinderbibeltag wendet sich an Kinder ab Grundschulalter. Die ursprüngliche Teilnahmeöffnung auf den letzten Jahrgang der Kindergartenkinder hat sich nicht bewährt: Für Kindergartenkinder dauert unser Kinderbibeltag zu lang; ihre Anwesenheit lässt zudem die gesamte Veranstaltung in den Augen von 5- und 6-Klässlern als „Kleinkindveranstaltung“ erscheinen.
    • Für die Erstkommunionkinder ist der Kinderbibeltag ein weiteres Angebot innerhalb ihrer Vorbereitung. Daher muss der Kinderbibeltag auf sie, bzw. auf die Inhalte der Erstkommunionkatechese abgestimmt sein; terminliche oder inhaltliche Überschneidungen müssen vermieden werden.
    • Um angesichts der großen Anmeldezahlen die Veranstaltung überschaubar zu halten, wurde der Bibeltag an mehreren Orten des Dekanates durchgeführt. Es ging zwar um die gleiche Bibelgeschichte, und man konnte Ideen voneinander übernehmen, aber die unterschiedlichen Projektgruppen haben Bibeltage mit einem je eigenen Profil entwickelt.
  • Projekt-Reflexion Switch

    • Seit zehn Jahren ist der jährliche Bibeltag für Kinder ein fester und beliebter Punkt in der Jahresplanung der Seelsorgeeinheit P. Innerhalb des Dekanates wird er dreimal durchgeführt; alle jeweils zur Verfügung stehenden Plätze sind in Anspruch genommen. Kinder und Erwachsene sind mit großem Interesse bei der Sache; es gibt kaum Disziplinprobleme.
    • In der ersten Vorbereitungsphase eines Kinderbibeltages ist es oft unklar, ob genügend Erwachsene die Veranstaltung mittragen werden. Diese Schwierigkeit hat zugenommen. Bei der Durchführung waren jedoch stets ausreichend Personen vorhanden, die mitwirkten. Offenbar fällt es leichter, mal an einem Tag konkret mit anzupacken bei dem, was andere vorbereitet haben, als von Anfang an ein gesamtes Projekt mit zu konzipieren und zu verantworten.
    • Bei einem Kinderbibeltag sind die Personen aktiv, die auch sonst die Gemeinde tragen. Beim Kinderbibeltag tauchen aber auch Leute auf, „die man sonst nicht sieht“ – viele tauchen nach dem Bibeltag auch wieder ab; es gibt allerdings auch Leute, die anfangs nur geschnuppert haben und dann zu „Säulen“ des Bibeltages geworden sind.
    • Männer / Väter sind unter den Mitwirkenden eher selten.
    • Bibelgeschichten aus dem AT haben sich als Themen für Kinderbibeltage sehr bewährt. Diese „alten“ Erzählungen sind meist unbekannt; es gibt in der Regel wenig störende Überschneidungen zu Religionsunterricht oder Kindergottesdienst. Viele alttestamentliche Erzählungen sind sehr anschaulich und leicht spielbar; die Fremdheit mancher Bilder lässt Kinder neugierig. werden. Erzählungen wie die um Jakob und Esau enthalten Themen, die auch für Kinder heute nachvollziehbar und verständlich sind; diese Erzählungen transportieren wichtige religiöse Botschaften - auch für uns heute.
    • Ich würde mir wünschen, dass Erwachsene sich vor der Mitarbeit beim Kinderbibeltag auf Erwachsenenebene stärker mit dem Bibeltext beschäftigen würden. Aus diesem Grund geht es mir bei dem ersten Vorbereitungstreffen zunächst nicht um Organisatorisch-Praktisches, sondern um eine Bibelarbeit zu dem betreffenden Text. Die Teilnahme an dieser Veranstaltung ist jedoch eher gering. Ob man nur etwas „für die Kinder“ tun will, ohne sich selbst von der Bibelgeschichte anrühren zu lassen?
    • Aber vielleicht kommt die Bibelgeschichte durch das Tun mit den Kindern doch auch bei den Erwachsenen an?!
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