Neuwieder O-Bus rollt durchs „World Wide Web“
Einmaliges Projekt: 10 Jahre Stadtgeschichte zum Ausschneiden
Im Dezember 2003, also vor genau zehn Jahren, begann sie als kleines HO-Modell aus Karton ihre Fahrt durchs „World Wide Web“ - die Lok No. 18 der ehemaligen Kreisbahn Neuwied-Oberbieber. Vor mehr als 100 Jahren fuhr das Original auf schmaler Spur zwischen Heddesdorf und Oberbieber und transportierte in seinen Güterwaggons Produkte aus den Aubach-Dörfern zum Heddesdorfer Güterbahnhof. Das kleine HO-Modell sollte der Einstieg sein in ein wohl einmaliges Internet-Projekt zur Vermittlung geschichtlichen Wissens: die „Stadtgeschichte zum Ausschneiden“.
Sein Schöpfer, Beigeordneter Jürgen Moritz, folgte damit der Anregung zahlreicher Modellbaufreunde, die wenige Jahre zuvor bei einer Ausstellung anlässlich des Jubiläums „100 Jahre Kreisbahn“ in der Neuwieder StadtBibliothek von den dort präsentierten Kartonmodellen fasziniert waren. Außerdem knüpfte Moritz mit seinen Aktivitäten an eine Aktion aus den 1990er-Jahren an, als er einige markante Engerser Häuser als Modelle konstruierte, die dann auf dem dortigen Weihnachtsmarkt als Ausschneidebogen verkauft wurden. Bereits nach zwei Jahren konnte er damals der Kinderkrebshilfe einen vierstelligen Erlös zukommen lassen.
In den Dezembertagen des Jahres 2003 hätte er sich jedoch nicht träumen lassen, dass noch ein Jahrzehnt später das Interesse an der „Stadtgeschichte zum Ausschneiden“ ungebrochen zu sein scheint. Im Schnitt 1000 „Klicks“ kann die Stadt Neuwied pro Monat auf der entsprechenden Seite verbuchen. Und in Jahren, in denen offenkundig besonders attraktive Modelle präsentiert wurden, waren es auch schon einmal 30.000 Zugriffe und mehr. Womit die Seite zu den meistbesuchten der städtischen Homepage zählt.
Mittlerweile umfasst die Serie mehr als ein halbes Dutzend historischer Neuwieder Bauwerke, ein Dutzend Fahrzeuge der heimischen Feldbahnen in unterschiedlichen Maßstäben, den kompletten Fuhrpark der Kreisbahn im Jahr 1901, Omnibusmodelle und den Neuwieder O-Bus aus dem Jahr 1949 sowie Waggons der Eisenbahn, die einst durch unserer Region rollten. Selbst als Werbeträger für die „Saubere-Pfoten-Aktion“ sind die kleinen Modelle im Internet unterwegs. Und über die Region hinaus fährt ebenfalls schon eine kleine Bahn, nämlich das legendäre „Pfefferminzbähnchen“, das bis in die fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zwischen Speyer und Neustadt/Weinstraße pendelte.
Eines der mit viel Liebe zum Detail gestalten Gebäudemodelle wurde bereits Lehrmittel im rheinland-pfälzischen Freilichtmuseum in Bad-Sobernheim und für zwei Bauwerke bietet ein Hersteller seit geraumer Zeit sogar Ergänzungsteile an. In den einschlägigen Internetforen sind die Modelle aus Neuwied, die man kostenlos am heimischen Computer herunterladen kann, ständig präsent. Im Ergebnis also eine tolle Werbung für die Stadt Neuwied!
Zum Zehnjährigen präsentiert Jürgen Moritz nun ein weiteres Bauwerk, das schon allein von seinen Dimensionen her als „Jubiläumsmodell“ angemessen sein dürfte, denn das fertige Gebäude ist über einen halben Meter lang. Es handelt sich um den ehemaligen Engerser Güterschuppen, der mit der Wirtschaftsgeschichte der Region eng verbunden ist. Dieser Schuppen war das Kernstück des Güterbahnhofes, der einst zu den bedeutendsten am Mittelrhein gehörte. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden dort alljährlich hunderttausende von Tonnen an Gütern umgeschlagen. Rohstoffe für die Bendorfer Hüttenbetriebe und Gießereien, Fertigprodukte, die in diesen Betrieben hergestellt wurden, Bimssteine aus den vielen heimischen Bimsfabriken und Tonprodukte des Kannenbäckerlandes bildeten dabei den Schwerpunkt.
Gebaut wurde das Original des Schuppens in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts. Seine Konstruktionszeichnungen entstanden 1892 im damaligen Eisenbahnbetriebsamt Neuwied in der Hermannstraße, dort, wo heute die Maximilian-zu-Wied-IGS ihre Heimat hat. Bei der Konstruktion des Modells hatte Jürgen Moritz Glück, er konnte auf die Originalzeichnung zurückgreifen, die er vor Jahren antiquarisch erworben hatte. Dennoch hat es fast drei Jahre und unzählige Freizeitstunden gedauert, bis das Modell endlich fertig war. Und da zu einem Güterschuppen auch ein entsprechender Güterwaggon gehört, wurde das Modell eines „Gedeckten Güterwagens“ im passenden Maßstab gleich mitkonstruiert.
Mit dem ehemaligen Güterschuppen des Bahnhofes Engers sind nun fast alle früheren Betriebsgebäude dieses einst wichtigen Eisenbahnknotens im Internet präsent und können kostenlos heruntergeladen werden. Ein solches Online-Angebot dürfte es in der Form wohl nicht noch einmal geben. Nur ausschneiden und zusammenbauen muss man die Modelle selbst, aber genau dies bereitet ja den zahlreichen begeisterten Bastlern viel Freude.
Zu finden sind die Jubiläums-Neuheiten 2013, aber natürlich auch alle anderen Modelle unter www.neuwied.de/stadtgeschichte0.html
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