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Argenschwang mit
Spabrücken und Spall (VG
Rüdesheim, Kreis
Bad Kreuznach)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Argenschwang bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/40. Ihre Entstehung geht in die Zeit Mitte des 18.
Jahrhunderts zurück. Möglicherweise lebten auch bereits im 16./17.
Jahrhundert Juden am Ort.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1858 66 jüdische Einwohner (14 % der Gesamteinwohnerschaft), 1895 48 (11
%).
Zur jüdischen Gemeinde in Argenschwang gehörten auch die in Spabrücken und
Spall lebenden jüdischen Personen. Die in Spabrücken lebenden
jüdischen Einwohner hatten im 19. Jahrhundert vermutlich zunächst zur
Kleingemeinde in Schöneberg
gehört.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule,
ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer angestellt,
der auch als Vorbeter und Schochet tätig war.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Max Salomon (geb.
13.1.1879 in Argenschwang, vor 1914 in Kirchberg, Rheinpr. wohnhaft, gef.
26.9.1914),
Moritz Schwarz (geb. 20.2.1876 in Argenschwang, vor 1914 in Essen wohnhaft, gef.
20.6.1918), Leopold Gamiel (geb. 31.12.1883 in Argenschwang, vor 1914 in Werlau
wohnhaft, gef. 5.1.1915) und Heinrich Wolf. Ihre Namen stehen auf dem Gedenkstein für die
Gefallenen der Weltkriege gegenüber dem ehemaligen
Synagogengebäude.
Um 1924, als zur Gemeinde noch 30 Personen gehörten (in acht Familien;
7,8 % von insgesamt etwa 450 Einwohnern), war Gemeindevorsteher Jakob Gamiel.
Zur Gemeinde gehörten 1924 aus Spabrücken 12 jüdische Personen. Auch die 18
in Wallhausen lebenden jüdischen Personen waren inzwischen der Gemeinde in
Argenschwang zugeteilt. 1932 war Gemeindevorsteher Jakob Gamiel III. Im
Schuljahr 1931/32 wurde sechs jüdischen Kindern der Gemeinde
Religionsunterricht erteilt.
1933 lebten noch 29 jüdische Personen am Ort (von 385 Einwohnern). In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Beim Novemberpogrom 1938
wurde in Spabrücken die Häuser von Leopold Wolf und Abraham Schwarz
überfallen und völlig demoliert.
Von den in Argenschwang geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Helene Gärtner geb.
Gamiel (1888), Egon Edmond Gamiel (1834), Ernst Gamiel (1904), Mathilde Gamiel
(1881), Klara Geisel geb. Gamiel (1878), Auguste Herrmann geb. Hirsch (1878),
Arnold Hirsch (1927), Ida Hirsch geb. Harf (1900), Max Hirsch (1898), Elisa Kahn
geb. Gamiel (1891), Moritz Kahn (1890), Blondine Levy geb. Salomon (1885), Karoline Mann geb.
Salomon (1876), Emanuel Mayer (1883), Johanna Mayer geb. Gamiel (1887), Joseph
Mayer (1862, siehe Kennkarte unten), Emil
Salomon (1885), Moritz Salomon (1887), Hannelore Sass (1927), Johanette Wolf geb. Schwarz (1877),
Leopold Wolf (1865).
Aus Spabrücken sind umgekommen: Isaak Schwarz (1879), Karoline Schwarz
(1874), Leo Schwarz (1872 (1872), Theodor Schwarz (1883), Leopold Wolf
(1865).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Einzelne Nennungen zu Argenschwang in jüdischen Periodika
Aus dem Bericht über den Verein
für Westfalen und Rheinprovinz zur Bildung von Elementar-Lehrern und
Beförderung von Handwerken und Künsten unter den Juden (1836)
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Als
Mitglieder im Verein werden aus Argenschwang genannt: "Argenschwang.
Hersch, M., Meyer, J. sen., Meyer, M. jun., Salomon Abr., Schollen L."
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Salomon Silberberg erlernt das Drechslerhandwerk (1836)
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Mitteilung
im "Bericht über den Verein für Westfalen und Rheinprovinz zur Bildung von
Elementar-Lehrern und Beförderung von Handwerken und Künsten unter den
Juden" 1836 S. 28: "Salomon Silberberg aus Argenschwang Kreis
Kreuznach, Regierungsbezirk Koblenz, erlernt daselbst das
Drechslerhandwerk". |
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Spendenliste "Für die Armen des heiligen Landes" (1900)
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Mai 1900: "Eingegangene
Spenden - Für die Armen des heiligen Landes.
Genannt wird (zweite Zeile von unten): Frau Heinrich Gamiel II. in
Argenschwang, Chalogeld 5.08 Mark". |
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Nennung von Argenschwang im Verzeichnis der jüdischen Gemeinden (1925)
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Tabelle
im "Verwaltungsblatt des Preußischen Landesverbandes jüdischer Gemeinden"
vom 21. Februar 1925: Genannt wird Argenzahl mit 58 jüdischen
Gemeindegliedern, 1 Stimme im Preußischen Landesverband jüdischer
Gemeinden." |
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Nennung von Argenschwang im "Führer der israelitischen Gemeindeverwaltung
und Wohlfahrtspflege" (1932) |
Ausgeschrieben:
In Argenschwang besteht eine Synagogengemeinde. Der Ort hat 385 Einwohner,
davon 29 jüdische. Von letzteren sind 13 Zenithen = Steuerzahler.
Vorsitzender der Gemeinde ist derzeit Jacob Gamiel III. Telefon Amt
Wallhausen 25. Der Kultusetat der Gemeinde betrug 1930 90 RM, der
Unterrichtsetat 1930 144 RM. Die Synagoge ist in der Hauptstraße, auch
vorhanden sind ein Friedhof und eine jüdische Religionsschule, in der
derzeit 6 Kinder Religionsunterricht erhalten. |
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgende Kennkarte ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarte
des aus Argenschwang
stammenden Joseph Mayer |
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Joseph Mayer ist am 6.
Juli 1862 in Argenschwang geboren. Er war später in Mainz wohnhaft. Im
Februar 1939 ist er in die Niederlande emigriert Am 20. April 1943 wurde
er inhaftiert und in das Sammellager Westerbork verbracht. Er ist
umgekommen. |
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Zur Geschichte der Synagoge
Bei der ehemaligen Synagoge in Argenschwang handelt es sich um
ein über 300 Jahre alte zweigeschossiges Fachwerk-Giebelhaus mit Rechteckfenstern
und Obergeschoss. Dieses Gebäude wurde von der jüdischen Gemeinde im 18.
Jahrhundert gekauft, um darin nach einer Erweiterung des Gebäudes eine
Synagoge eingerichtet werden können. Der Betsaal war im Obergeschoss. Eine
Frauenempore gab es nicht. Der Bereich für die Frauen war durch einen
Sichtschutz abgetrennt. Der Betraum hatte eine gewölbte hölzerne Decke, die
mit einem Sternenhimmel bemalt war.
Fast 200 Jahre war die Synagoge in Argenschwang Mittelpunkt des jüdischen
Gemeindelebens am Ort. Beim Novemberpogrom 1938 wurde der Innenraum
verwüstet und beschädigt; nach anderen Angaben geschah nichts, da sich ein
älterer Dorfbewohner den aus Kreuznach angerückten Männern entgegen gestellt
habe. Im August 1939 kaufte ein Landwort das Anwesen für 262 RM
zuzüglich 87,50 RM (Abgabe an das Reich). 1950 wurde das Gebäude an die
Jüdische Kultusgemeinde Bad Kreuznach/Birkenfeld rückübertragen, die es
später wieder verkaufte.
Am 25. Juli 1980 wurde das Synagogengebäude als Kulturdenkmal
eingetragen. Noch im selben Jahr wurde das Gebäude außen instandgesetzt. Im
Inneren musste die Holzbalkendecke des Betsaals wegen statischer Schäden
ausgebaut werden. Das Gebäude wird als Lager- und Abstellraum
verwendet. Eine Hinweistafel ist vorhanden.
In der "Liste der Kulturdenkmäler in Argenschwang" (Wikipedia-Artikel)
ist unter "Einzeldenkmäler" der Eintrag wie folgt:
"Brunnenstraße 7: ehemalige Synagoge; dreiteilige Gruppe barocker
Fachwerkbauten, 17. und 18. Jahrhundert".
Adresse/Standort der Synagoge:
Brunnenstraße 7
Fotos
(sw-Foto obere Reihe: Landesamt s.Lit. S. 82)
Die ehemalige
Synagoge
in Argenschwang (vor der
Außenrenovierung 1980) |
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Die ehemalige
Synagoge
im September 2012
(Quelle: Foto links:
Wikipedia-Artikel
"Argenschwang";
Foto rechts: J. Franzmann, Allenfeld) |
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Hinweis: Das Foto findet
sich in höherer Auslösung
über den links genannten Wikipedia-Artikel
|
Hinweistafel: "Ehemalige
jüdische Synagoge von
Argenschwang. Gebäude vermutlich um 1650 erbaut;
Bethaus im 18. Jahrhundert angebaut" |
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
August 2020:
Erinnerung an die Synagoge in
Argenschwang
|
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung" vom 6. August 2020:
Abschnitt zu Argenschwang: "Argenschwang. In
Argenschwang, direkt neben der evangelischen Kirche, steht eine der wenigen
erhaltenen Fachwerk-Synagogen. Schon im 18. Jahrhundert hatte die jüdische
Gemeinde das barocke Ensemble bestehend aus drei Häusern gekauft. Der
Betraum war mit einer hölzernen Kuppel geschmückt, auf der ein Sternenhimmel
aufgemalt war. Diese Decke ist heute nicht mehr erhalten. Fast 200 Jahre
lang war die Synagoge Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens. 1858 zählte
Argenschwang immerhin 66 jüdische Mitbürger. In der Pogromnacht am 9.
November 1938 wurden nicht nur Wohnungen von Juden überfallen und zerstört,
sondern auch die Synagoge. Im August 1939 kaufte ein Landwirt das Anwesen
für 262 Reichsmark. Dieser Kaufvertrag wurde 1950 für nichtig erklärt und
das Gebäude an die Jüdische Kultusgemeinde Bad Kreuznach rückübertragen, die
es dann später wieder an einen Privatmann verkaufte. 1980 wurde das Gebäude
unter Denkmalschutz gestellt und saniert. 21 jüdische Mitbürger aus
Argenschwang wurden während der NS-Zeit umgebracht. Eine Tafel erinnert an
die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Argenschwang". |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Dokumentation Jüdische Grabstätten im Kreis Bad
Kreuznach. Geschichte und Gestaltung. Reihe: Heimatkundliche Schriftenreihe
des Landkreises Bad Kreuznach Band 28. 1995 S. 521-532.
|
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 82-83 (mit weiteren Literaturangaben).
|
| Thea Levinsohn: Lebensstationen einer deutschen
Jüdin - verwurzelt in Rheinland-Pfalz - Alexandrien. Tiberias - Essen -
Jerusalem. In: Sachor. Beiträge zur jüdischen Geschichte
in Rheinland-Pfalz. 3. Jahrgang. Ausgabe 1/1993, Heft Nr. 4. S. 5-20. Online
zugänglich (als pdf-Datei eingestellt - Achtung längere
Ladezeit bei 23,7 MB; betr. u.a. die jüdischen Familien Braun, Seligmann
und Schwarz aus Argenschwang).
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Argenschwang Rhineland.
Jews probably settled in the mid-18th century, numbering 66 (total 454) in 1858
and 29 in 1932. Jews worked as cattle dealer, butchers, and horse traders. The
community maintained a jewish school in the second half of the 19th century and
at the outset of the Nazi era had a synagogue, cemetery, and mikve. On Kristallnacht
(9-10 November 1938), the synagogue, Jewish homes, and stores were extensively
damaged. Although some Jews left for other German cities, they too were deported
like the Jews who stayed behind.
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