Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Rheinland-Pfalz"
Zu den "Synagogen im Kreis
Birkenfeld"
Baumholder (Kreis
Birkenfeld)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Baumholder bestand eine jüdische Gemeinde bis
nach 1933. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1808 18 jüdische Einwohner (darunter sechs erwachsene Männer),
1837 25, 1871 42, 1905 37.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine Schule und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden
auf dem jüdischen Friedhof in Hoppstädten
beigesetzt.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet angestellt war (siehe
Ausschreibungen der Stelle unten von 1855 und 1885). Die Gemeinde gehörte zum
Landrabbinat Birkenfeld mit Sitz in Hoppstädten.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Hubert Vooß (geb.
6.1.1896 in Baumholder, vermisst seit 12.1.1915).
Um 1924, als zur
Gemeinde noch 28 Personen gehörten (1,5 % von insgesamt etwa 1.900 Einwohnern),
war Gemeindevorsteher L. Oppenheimer. An Gewerbebetrieben im Besitz
jüdischer Familien gab es insbesondere die Metzgerei Oppenheimer, die
Manufaktur Oppenheimer, zwei jüdische Viehhändler, ein Eisenwarengeschäft und
ein Hutgeschäft.
Nach 1933 ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder (1933: etwa 27 Personen) auf Grund der Folgen des
wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Elf konnten in die USA
emigrieren. Mehrere verstarben noch am Ort. Im Juli 1939 wurde kein jüdischer
Einwohner mehr in der Stadt gezählt.
Von den in Baumholder geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"; überarbeitet und ergänzt
durch Reiner Schmitt): Ella Bukofzer geb.
Vooß (1890), Emanuel Culmann (1888), Gustav Culmann (1885), Karl Culmann
(1880), Amalie (Malchen) Leib (1872), Elise Leib geb. Sender (1874), Leopold
Leib (1870), Rosa Loeb (1870), Jacob Loeser (1878) und Melanie Loeser geb.
Waldbott (1876) mit ihren Kindern Erna Loeser (1906), Hedwig (), Johanna (),
Melanie (), Paul Ludwig (), Arthur Oppenheimer (1900), Juliane Oppenheimer geb. Levy (1869),
Alfred Vooß (1892), Helga Vooß (1925), Moses Vooß (1863), Paula Vooß (1883).
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1855 /
1885
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. August 1855:
"Baumholder, 6. August 1855. Die israelitische Gemeinde dahier
wünscht einen Lehrer zu engagieren, der zugleich das Vorbeter- und
Schächteramt zu versehen hat. Derselbe muss dem Elementarunterricht
vollständig gewachsen sein, sowie der Übersetzung aus dem Hebräischen
ins reinste Deutsch. Gehalt 60 Thaler und freie Station nebst Ossualien.
Lediger Stand und gute Atteste sind unerlässlich. Darauf Reflektierende
wollen sich sofort in portofreien Briefen direkt an mich wenden, und
können nach Abschluss des Kontrakts sogleich eintreten.
Em. Culmann Sohn." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juli 1885:
"Die hiesige Stelle als Chasan (Vorbeter), Schochet und
Baal Kore (Toraleser) ist vakant. Talmudische, musikalische und
elementare Schulkenntnisse nicht erforderlich, eventuell
Religionsunterricht extra honoriert. Gehalt 200 Mark und freue Station mit
Wandeltisch in 5 Familien. Reflektanten belieben sich schriftlich an den
Unterzeichneten unter Angabe näherer Verhältnisse zu wenden.
Baumholder, 12. Juli 1885. Em. Culmann". |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Über die jüdischen Gemeinden in Baumholder und Umgebung
(1841)
Artikel
in der Zeitschrift "Israelitische Annalen" vom 26. März 1841:
"Rheinpreußen. - Hier noch einige Ergänzungen zu den schon
gegebenen Notizen über die diesseitigen Gemeinden.
1) Im Kreise (St.) Wendel wohnen etwa
500 Seelen, verteilt auf die Gemeinden: Baumholder, Weierbach,
Grumbach, Offenbach, Hochweiler
und andere. Mehrere standen früher unter den Rheingrafen zum Stein,
welche in Grumbach ihren Sitz hatten. Ein Schutzbrief vom Jahre 1756
zeigt, dass man damals 15 Gulden Schutzgeld zahlte, und mit Handschlag an
Eidesstatt geloben musste, sich ehrbar zu halten und den christlichen
Bewohnern an Feiertagen nicht durch Erwerbsbetrieb ein Ärgernis zu geben.
In geistlicher Beziehung wendeten sich die Juden gewöhnlich an den
Rabbiner zu Kreuznach. Zur Zeit der französischen Okkupation kamen sie
unter das Konsistorium zu Trier. 1815 wurden sie durch die neue Regierung
von diesem wieder getrennt und schlossen sich dem Rabbinat zu Godenbach
(??) an. Seit dem Eintritt der preußischen Regierung gehören sie wieder zu
Trier, von wo aus jedoch nichts für sie getan wurde, indem der Rabbiner
ohnehin untätig, sich um dieser entfernte Provinz gar nicht bekümmerte.
Daher haben die zu Offenbach schon seit 1836 um die Erlaubnis
nachgesucht, einen eigenen Rabbiner anzustellen. Bis jetzt ist aber diese
Sache noch nicht erledigt. Inzwischen fehlt es hier keineswegs an
Männern, die sich ernstlich bemühen, die traurigen Zustände zu
verbessern, insbesondere erwirbt sich der Lehrer, Herr Benjamin Felsenthal,
welcher der seit mehreren Jahren zu Offenbach errichteten Elementar- und
Religionsschule mit vorzüglichem Eifer vorsteht, große Verdienst um die
künftige Generation. Die dortige Gemeinde zählt 21 Familien. Aber
auch die zu Hochweiler hat seit mehreren Jahren für Unterricht
gesorgt, obwohl die Schule noch nicht gesetzlich festgestellt ist und
einer bessern Einrichtung entgegensieht. Die übrigen Gemeinden sind im
Religionsunterricht noch schlecht versorgt. - Hie und da betreiben
einzelne bereits Ackerbau. Ich habe einen Vorsänger gesprochen, der
seinen Acker selbst bestellt. Hoffentlich wird das mit der Zeit noch
allgemeiner. Handwerker findet man selten. - Übrigens sind alle Beamten
in dieser Gegend von lebhaftem Eifer beseelt, das Beste dieser Gemeinden
wahrzunehmen, und unterstützen alle guten Anregungen mit edler
Humanität. Die Aussicht auf eine bessere Stellung derselben abseiten der
Gesetzgebung findet dort überall freundliche Teilnahme." |
Zwei jüdische Einwohner werden zu Stadträten gewählt (1847)
Artikel
in der Zeitschrift "Israelitische Annalen" vom 14. März 1847:
"In Baumholder, zum Regierungsbezirke Trier gehörend, das nur
vier jüdische Familien zählt, sind zwei Juden, Vater und Sohn, zu
Stadträten erwählt worden. So sind nun in den meisten von Juden
bewohnten Städten der Rheinprovinz Juden Stadtrats-Mitglieder. Das ist
die Wirkung der französischen Gesetzgebung!" |
Berichte über einzelne Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zur Beisetzung von Emanuel Culmann (1888)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. April 1888:
"Bonn, 22. April (Notizen). Man schreibt uns aus
Baumholder, den 8. April. Heute wurde hier die sterbliche Hülle des in
Gott entschlafenen Herrn Emanuel Culmann zur letzten Ruhe geleitet.
Die Leichenfeierlichkeit gestaltete sich zu einer imposanten 'Kundgebung,
welche Zeugnis von der großen Verehrung und Hochachtung ablegte', dessen
sich der Entschlafene erfreute. Die gesamte Einwohnerschaft der Stadt. die
katholische und protestantische Geistlichkeit, der Bürgermeister und
sämtliche Beamte beteiligten sich an derselben. Der Entschlafene, der
sich einer angesehenen sozialen Stellung erfreute, hatte ein reiches
Wissen auf religiösem und literarischem Gebiete, war ein Kenner und
Förderer der jüdischen Literatur und beteilte sich lebhaft in Wort und
Schrift an dem Kampfe für die Gleichberechtigung unserer Glaubensgenossen
in Preußen. In seinen Geschäften äußerst rechtlich und gerade,
unabhängig und freimütig, konnte er durch sein eigenes Beispiel am
wirksamsten für das gekränkte Recht tätig sein. Dabei hatte er die
Gabe, gut und populär zu reden und zu schreiben, denn schon vor mehr als
60 Jahren, als das Bildungsbedürfnis noch nicht so allgemein war,
besuchte er die Realschule in Trier und arbeitete durch ununterbrochenes
Selbststudium bis in das höchste Alter an seiner eigenen Vervollkommnung.
Er förderte die religiösen Interessen der jüdischen Gemeinde durch den Neubau
der Synagoge, der hauptsächlich durch seine opferfreudige Bemühung
zustande kam. Am 5. April ist er nun wohlvorbereitet und nach langen, in
Geduld ertragenen Leiden im Alter von 74 1/2 Jahren sanft entschlafen. Bei
der am 8. dieses Monats stattgefundenen Beerdigung hielt vor Abgang nach
dem ein und eine halbe Stunde entfernten Friedhof vor dem Hause des
Entschlafenen der Neffe des Verstorbenen, Herr Dr. Blumenstein, Rabbiner
in Luxemburg, die Leichenrede. Anknüpfend an die Psalmenworte: 'Schön
warst Du vor Menschenkindern, Huld war ausgegossen über Deine Lippen,
darum hat Dich Gott ewiglich gesegnet,' entwickelte der Redner ein
interessantes Lebens- und Charakterbild, in welchem er die Befähigung und
das Wirken des Entschlafenen in beredten Worten schilderte. Während der
Rede und der ganzen Feierlichkeit herrschte unter der nach Hunderten
zählenden Menge, die auch den Leichenzug auf eine große Strecke Weges
begleitete, eine feierliche Stille. Der Verstorbene hat letztwillig
verschiedene Anstalten, wie der Allianz in Paris, dem Paderborner
Waisenhause und dem Lehrerseminar in Münster, Legate vermacht und seine
Kinder ermahnt, unserer heiligen Religion und den Anordnungen unserer
großen Religionslehrer immer treu zu
bleiben." |
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige von Metzger Moses Oppenheimer
(1887)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. Februar 1887:
"Den verehrlichen Glaubensgenossen empfehle mich in der Fabrikation
und Zusendung aller Sorgen feinerer Wurst- und Fleischwaren zu
mäßigen Preisen.
Moses Oppenheimer, Metzger. Baumholder
(Rheinprovinz)." |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war vermutlich ein Betraum in einem der jüdischen
Häuser vorhanden.
Eine Synagoge wurde unter dem Gemeindevorstand Emanuel Culmann erbaut
(siehe Bericht zu seinem Tod oben). Das genaue Baujahr ist nicht bekannt. Um
1850 lässt sich die Synagoge nachweisen. 1913 wurde ein Zuschuss zur
Renovierung der Synagoge beantragt.
Auf Grund der zurückgegangenen Zahl der jüdischen Gemeindeglieder konnten
vermutlich in den 1920er-Jahren keine regelmäßigen Gottesdienste mehr
abgehalten werden. Die noch in Baumholder lebenden jüdischen Personen besuchten
die Gottesdienste in Hoppstädten.
Schon vor 1933 wurde die Synagoge aufgegeben. Sie war in einen immer
baufälligeren Zustand geraten.
Adresse/Standort der Synagoge:
Dielgarten
Fotos
Fotos und
Darstellungen zur jüdischen Geschichte in Baumholder liegen noch nicht
vor; über Hinweise oder Zusendungen freut sich der Webmaster der
"Alemannia Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite. |
|
|
|
|
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 98 (mit weiteren Literaturangaben).
|
| Axel Redmer: Staatenlos und vogelfrei. Widerstand,
Verweigerung und Verfolgung von Menschen aus dem Bereich der oberen Nahe
1933 bis 1945. 1. Teil. Die Ausgebürgerten. 132 S. Birkenfeld
1993.
|
| Reiner Schmitt: Gedenkbuch - Die Opfer der nationalsozialistischen
Judenverfolgung aus den Orten des Birkenfelder Landes 1933-1945 (Abentheuer,
Baumholder, Birkenfeld, Bosen, Gonnesweiler, Grumbach, Hoppstädten,
Hottenbach, Idar-Oberstein, Nahbollenbach, Niedereisenbach, Oberreidenbach,
Offenbach, Rhaunen, Ruthweiler, Sensweiler, Sien, Sötern, Stipshausen,
Thallichtenberg, Weierbach). 332 S. 2011.
Hinweis: der genannte Beitrag von Reiner Schmitt ist in der
Stadtbibliothek Trier und im Landeshauptarchiv Koblenz zugänglich. Er ist
nicht im Druck erschienen. Über Fernleihe kann die Publikation aus der
Stadtbibliothek Trier ausgeliehen werden. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Baumholder Rhineland.
Fourteen Jews lived in Baumholder at the start of the 19th century; 27 in 1843;
and 46 (total 585) in 1895. In 1932, the Jewish population was 33. The community
maintained a synagogue and a cemetery (opened in the late 19th century). By June
1939, there were no Jews in the village. Eleven emigrated to the Americas, a few
died, and the rest moved to other places in Germany. The cemetery was desecrated
in the Nazi period and again in 1950.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|