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Bischberg (Kreis
Bamberg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Bischberg bestand eine jüdische Gemeinde bis um 1900.
Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. Erstmals
werden 1602 Juden am Ort genannt. 1732 waren es 13 Juden
(beziehungsweise jüdische Haushaltungen). Die jüdischen Familien lebten vor
allem vom Trödel-, Vieh- und Schnittwarenhandel. Dazu gab es jüdische Metzger
(bis zu vier gleichzeitig), in der Mitte des 19. Jahrhunderts auch einzelne
jüdische Handwerker (Schneider, Glaser, Schuhmacher, Seifensieder).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule und ein rituelles Bad. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden
in Walsdorf beigesetzt. 1852 wurde
der Bischberger Gemeinde auf ihren Antrag beim Königlichen Landgericht hin die
Einrichtung eines eigenen Friedhofes genehmigt. Das von der jüdischen
Gemeinde dafür bestimmte Grundstück wurde jedoch wahrscheinlich weder erworben
noch als Friedhof benutzt. Auch nach 1852 wurden die Toten der Gemeinde in
Walsdorf beigesetzt.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und
Schächter tätig war. Die Stelle wurde immer wieder neu ausgeschrieben: nach dem
Zusammenschluss der jüdischen Gemeinden Trunstadt, Viereth und Bischberg im
Jahr 1891 wurde eine gemeinsame Ausschreibung vorgenommen (siehe
Ausschreibungstexte unten). In besonderer Erinnerung blieb der Gemeinde der
um 1840/50 tätige Lehrer L. Adler (siehe Nachruf unten), dem Lehrer S.
Fränkel folgte. Vor 1877 war Lehrer A. Weil tätig.
1825/26 bestand für ein Jahr ein Distriktsrabbinat
Bischberg, zu dem auch die Gemeinden Aschbach, Burgebrach und Trabelsdorf
gehörten. Am 14. Dezember 1826 wurde dieses jedoch nach Burgebrach verlegt.
1908 übernahm der Bamberger Distriktsrabbiner zugleich das Rabbinat
Burgebrach.
Über die Entwicklung der Zahl der jüdischen Einwohner liegen folgende
Informationen vor: 1822 177 jüdische Einwohner (21,5 % von insgesamt 825
Einwohnern), 1840 156 (20,2 % von 773), 1852 163 (20,7 % von 789), 1875 67
(6,6 % von 1011), 1880 52 (4,8 % von 1081), 1890 22 (2,1 % von 1039), 1900 11
(1,0 % von 1066), 1910 4 (0,4 % von 1127). Der stärkste Rückgang setzte
nach diesen Zahlen nach 1856 ein. In den folgenden Jahren wanderten mindestens
20 Personen nach Amerika aus.
Die 1891 vereinigte jüdische Kultusgemeinde
Bischberg-Trunstadt-Viereth (mit Sitz in Trunstadt) bestand bis 1904.
Am 29. April dieses Jahres wurde diese Gemeinde mit der Israelitischen
Kultusgemeinde in Bamberg verbunden. 1910 wurden noch vier jüdische Einwohner
in Bischberg gezählt. Das
"Handbuch der jüdischen Gemeindeverwaltung..." 1924/25 (S. 101) nennt
unter Bamberg noch zwei Gemeindemitglieder in Bischberg, keine mehr in Trunstadt
und Viereth. Wenig später lebten auch in Bischberg keine jüdischen Personen mehr.
Auf dem 1922 errichteten Kriegerdenkmal für die Gefallenen der Weltkriege
neben der Kirche stehen auch zwei Namen jüdischer Soldaten, die in Bischberg
geboren sind: David Grausmann (beziehungsweise Kurt David Grausmann; geb. 30.
Dezember 1889 in Bischberg, lebte vor 1914 in Bamberg, gefallen am 8. Juni 1917)
und Ludwig Liebermann (geb. 12. März 1886 in Bischberg, lebte vor 1914 in
Bamberg, gefallen 11. Oktober 1917). Der Name von Ludwig Liebermann steht auch
auf einer Metalltafel links am Zugang zum Hintereingang der Kirche in
Bischberg.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Lehrer- und Vorbeterstelle 1877 / 1878 / 1879
/ 1882 / 1886 /1892
Anmerkung: Den Ausschreibungstexten ist teilweise auch
der jeweils amtierende Vorsteher der jüdischen Gemeinde zu entnehmen: um
1878/79 Moritz Sternberg, um 1877 und wieder 1882 August Lehmann.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juli 1877:
"Die Stelle eines Religionslehrers, Vorbeters und Schächters dahier,
mit welcher ein Gehalt von 550 Mark, bei freier Wohnung , außer
Einkünfte der Schächterfunktion, ist erledigt, und soll sofort wieder
besetzt werden.
Bemerkt wird, dass hiesiger Ort 1 Stunde von Bamberg entfernt, und sonach
Gelegenheit geboten ist, durch Privatunterricht das Einkommen wesentlich
noch zu verbessern.
Bewerber um dieselbe wollen ihre Gesuche an den Unterzeichneten
richten.
Bischberg bei Bamberg, 19. Juni 1877. August Lehmann." |
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1878, Anzeige in der
Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juli 1878: "Die Stelle
eines Religionslehrers, Vorbeters und Schächters dahier, mit welcher ein
Gehalt von 550 Mark bei freier Wohnung, außer den Einkünften der
Schächterfunktion, verbunden, ist erledigt und soll sofort besetzt
werden.
Bemerkt wird, dass hiesiger Ort 1 Stunde von Bamberg entfernt und sonach
Gelegenheit geboten ist, durch Privatunterricht das Einkommen wesentlich
zu verbessern. Bewerber um diese Stelle wollen ihre Gesuche an den
Unterzeichneten richten.
Bischberg bei Bamberg, 15. Juli 1878: Moritz Sternberg". |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. August 1879:
"In hiesiger Gemeinde ist die Stelle eines Religionslehrers, Vorbeter
und Schächters in Erledigung gekommen und soll sofort wieder besetzt
werden. Fixer Gehalt 550 Mark bei freier Wohnung, außer Einkünfte der Schächterfunktion
und sonstigen Akzidenzien. Bewerber wollen ihre Gesuchte an den
Unterzeichneten richten.
Bischberg bei Bamberg, 4. August 1879. Moritz Sternberg,
Kultus-Vorstand." |
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Anzeige in der
Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Juni 1882: "Die Stelle
eines Religionslehrers, Vorsängers und Schächters dahier ist in
Erledigung gekommen und ist sofort wieder zu besetzen.
Fixer Gehalt 700 Mark, bei freier Wohnung außer Einkünfte der
Schächterfunktion.
Einem tüchtigen Mann wäre geboten, sowohl in der nahe liegenden Stadt,
sowie in einigen Nachbargemeinden durch Erteilung in hebräischen und
deutschen Unterricht sich das Einkommen wesentlich zu verbessern. Bemerkt
wird, dass nur Seminarlehrer aufgenommen werden.
Bischberg bei Bamberg, 9. Juni 1882.
August Lehmann, Kultusvorstand". |
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Erste gemeinsame Ausschreibung der
Gemeinden Trunstadt, Viereth und Bischberg 1886: |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. September 1886:
"Lehrergesuch.
Die israelitischen Gemeinden Trunstadt, Viereth, Bischberg
suchen zu sofortigem Eintritt einen Religionslehrer. Derselbe muss
Vorsänger und auch Schächter sein.
Die Gemeinden liegen an der Bamberger Straße 1/2 und 1/1 Stunde von
einander entfernt.
Der fixe Gehalt beträgt per Jahr 600 Mark nebst Holz und freier Wohnung.
Nebenverdienste inklusive Schächterlohn ca. 300 Mark.
Offerten nebst
Zeugnissen sind dorrt an den Kultusvorstand B. Heß, Trunstadt bei Bamberg
einzureichen." |
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Ausschreibung nach Vereinigung der
Gemeinden Bischberg, Trunstadt und Viereth 1892: |
Anzeige in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 11. April 1892: "Die erledigte
Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle der vereinigten
Kultusgemeinden Trunstadt, Viereth und Bischberg ist mit einem Fixum von
600 Mark sofort neu zu besetzen. Nebeneinkommen 200-250 Mark. Meldungen
mit Zeugnissen versehen sind zu richten an
B. Heß, Kultusvorstand in Trunstadt." |
Nachruf auf den mit seiner Gemeinde in besonderer Weise
verbundenen Lehrer L. Adler (1855)
Bericht
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 29. Januar 1855:
"Gestatten Sie mir, verehrtester Herr Redakteur, ein Beispiel eines
solch schönen Verhältnisses zwischen Gemeinde und Lehrer hier
anzuführen, und einem mir befreundeten Lehrer, der das Zeitliche
verlassen, eine freundliche Erinnerung zu widmen. Es war dies der selige
Lehrer L. Adler in der Gemeinde Bischberg (eine Stunde von
Bamberg). Derselbe war durch eine sehr lange Reihe von Jahren
Religionslehrer in derselben Gemeinde und hatte durch seinen höchst
niederen, offenen und redlichen Charakter, durch seine ungeheuchelte
Frömmigkeit und durch sein kluges Wesen, gepaart mit wahrer
Menschenfreundlichkeit, die Liebe seiner ganzen Gemeinde in so hohem Grade
gewonnen, dass sie ihn wie einen Vater liebte, und nur was Adler in der
Gemeinde gut hieß oder anriet, das geschah. Da er durch längere
Krankheit seinem Amte vorzustehen verhindert war, nahm die Gemeinde einen
Verwandten desselben als Gehilfen an, der nach seinem Tode ihm im Amte
gefolgt ist. Es ist dies Herr Lehrer S. Fränkel, welcher ebenfalls
schon die Achtung der Gemeinde besitzt, und durch Fleiß und Eifer, wie
auch jüngst bei der Einsegnung eines Knaben bewies, dass er tüchtig in
seinem Fache sei. - Möge er in den Fußstapfen seines seligen Vorgängers
wandeln, und das Vertrauen und die Liebe der Gemeinde wird auch sein Lohn
sein. - Jedenfalls aber heft den jüdischen Beamten in Bayern das
Bewusstein, dass er eine feste Stelle hat, die ihm wenigstens die Zukunft
sichert. - - " |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Aufruf zur Unterstützung eines bedürftigen jüdischen Mädchens in Bischberg (1876)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. März 1876:
"Annonce. Verehrte Glaubensbrüder! Jeden Tag beten wir, und bitten
Gott um Hilfe und Beistand, und belehrten uns, dass die wichtigsten
Handelungen das Studieren in unserer Heiligen Tora und der Synagogenbesuch
neben anderen Handlungen ist.
Die Bedrängnis einer würdigen Familie veranlasst mich die bekannte
Mildtätigkeit der geschätzten Leser dieses Blattes in Anspruch zu
nehmen. Ein armes Mädchen, ohne alle Mittel, hätte Gelegenheit sich zu
versorgen, wenn ihm einige hundert Gulden zur Verfügung ständen. Darum
wende ich mich vertrauensvoll an Sie, geschätzte Glaubensbrüder, mit der
Bitte, der Redaktion dieses Blattes oder dem Unterzeichneten eine
Unterstützung als Beitrag zur obigen Aussteuer gefälligst zukommen zu
lassen. Die Ehrenhaftigkeit fordert es von mir, den Namen der Betreffenden
nicht zu veröffentlichen, jedoch kann derselbe bei der geehrten Redaktion
dieses Blattes, Herr Dr. Lehmann erfragt werden. Recht zahlreichen Beiträgen
entgegensehend, verharrt
Bischberg bei Bamberg, im Februar (1876). A. Weil, Lehrer." |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Über Eduard Silbermann (1851-1917)
Eduard Silbermann: geb. 1851 in
Komsdorf,
aufgewachsen von 1854 bis 1862 in einem orthodox-jüdischen Elternhaus in Bischberg, danach in Bamberg (Abitur) nach dem Jurastudium war er der erste
Jude, der in Deutschland im Jahr 1879 Staatsanwalt wurde; als solcher in
Regensburg, Augsburg und München (Senatspräsident beim Oberlandesgericht)
tätig, gest. 1917.
Seine Lebenserinnerungen erschienen 1916 in München ("Erinnerungen
1871-1917").
Silbermanns Vater begann als Tuchmacher und brachte seine Familie durch den
Manufakturhandel zu Wohlstand. |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine Synagoge in Bischberg
war seit dem Ende des 17. Jahrhunderts vorhanden. Vermutlich wurde sie
bereits in der Zeit zwischen 1680 und 1690 gebaut. Nach der Darstellung des
Rabbiners Adolf Eckstein entstand sie jedoch erst 1717. Möglicherweise
handelte es sich auch in diesem Jahr um einen Neubau der Synagoge. Damals habe
das Kloster Michelsberg beim Bistum Protest eingelegt, weil er "als den
Interessen des Klosters schädlich" angesehen wurde.
1848 wurde die Synagoge im Grundsteuerkataster als "unfürdenklicher
Besitz" der Judengemeinde bezeichnet. In der Synagoge befanden sich auch
die Unterrichtsräume und eine Wohnung für den Lehrer, im Keller ein rituelles
Bad.
Die letzten Gottesdienstes werden Anfang des 20. Jahrhunderts in der
Synagoge stattgefunden haben. Im Jahr 1908 wurde das Gebäude von der jüdischen
Gemeinde an einen örtlichen Zimmermann für 1.550 Mark verkauft. Später hat er
es weiterverkauft. Die ehemalige Synagoge wurde zu einem Mehrfamilienhaus
umgebaut. Es erinnert äußerlich nichts mehr an die frühere Nutzung. Das im
Keller befindliche rituelles Bad wurde in den 1980er-Jahren zugeschüttet.
Adresse/Standort der Synagoge: im
"Judenhof", heutige Adresse Hauptstraße 82 (alte Haus-Nr. 49
beziehungsweise Judenhof 82).
Fotos
Der "Judenhof"
mit ehemaliger Synagoge |
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Blick in den
"Judenhof"
von der Hauptstraße |
Das Gebäude der ehemaligen
Synagoge
(Mitte) - Hauptstraße 84 |
Links: Eingang zum Gebäude
der ehemaligen
Synagoge mit Nachbarhaus Hauptstr. 82 |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 199. |
| Klaus Guth (Hg.): Jüdische Landgemeinden in
Oberfranken 1800-1942. Ein historisch-topographisches Handbuch. Reihe:
Landjudentum in Oberfranken - Geschichte und Volkskultur. Bamberg 1988. Zu
Bischberg: S. 109-115. |
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