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Zur Übersicht über die jüdischen
Friedhöfe im Oldenburger Land und in Ostfriesland
Delmenhorst (Stadt
Delmenhorst, Niedersachsen)
Jüdischer Friedhof
(die Seite wurde erstellt von Martin J. Schmid,
Oldenburg)
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Siehe Seite zur Synagoge in Delmenhorst
(interner Link)
Zur Geschichte des Friedhofes
Die Toten der jüdischen Gemeinde Delmenhorst wurden
bis zur Begründung eines eigenen Friedhofes auf dem seit 1707 bestehenden jüdischen
Friedhof in Wildeshausen beigesetzt. In Wildeshausen befinden sich noch elf
Grabsteine mit lesbarer Inschrift für Delmenhorster Juden aus den Jahren 1813
bis 1845.
1848 konnte die jüdische Gemeinde östlich der Stadt an der Syker Straße ein
Grundstück zur Anlage eines eigenen Friedhofes erwerben. Auf ihm wurden in der
Folgezeit auch die Verstorbenen Juden aus Ganderkesee und Berne (bis 1895)
beigesetzt. Die erste Beisetzung auf dem Friedhof war 1851, die bis zur
Vernichtung der Gemeinde in der NS-Zeit letzte Beisetzung war 1939. Die
Fläche des Friedhofes umfasst 25,94 ar. Zwei Grabsteine erinnern an
Gefallene des Ersten Weltkrieges (Lothar Müller, 1892-1916; Hugo Meyer,
1896-1918).
1948 wurde der Friedhof auf Anweisung der Militärbehörden notdürftig
durch die Stadt Delmenhorst wiederhergestellt. Hierzu wurden notwendige
Unterhaltungsarbeiten, die sich auf Sauberhaltung der Gräber und Wege
beschränkten, durchgeführt. So wurde die Einfriedung zum Teil erneuert,
schiefstehende Grabsteine wieder aufgerichtet und mehrmals im Laufe des Jahres
der Friedhof von Unkraut gereinigt. Die Stadt Delmenhorst trug diese
Kosten.
Im Jahr 1950 erfolgte eine weitergehende Instandsetzung. Hierbei wurden
Grabsteine wieder aufgestellt und eine neue Einfriedung errichtet.
Der Friedhof gehörte ab 1952 der JTC, seit 1960 dem Landesverband der
Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen.
Im Februar 1966 wurde der Friedhof durch drei Täter geschändet. Der
23-jährige Haupttäter und seine beiden 16-jährigen Mittäter stürzten dabei
28 Grabsteine um. Die Tat wurde erst rund vier Wochen nach dem Verbrechen
bemerkt. Durch die hohe Bepflanzung des Geländer blieb sie zunächst unbemerkt;
erst bei einem Besuch einer kleinen Besuchergruppe wurden die Schäden bemerkt
und die Polizei alarmiert. Der Haupttäter wurde im November 1966 zu einer
Strafe von zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt.
1970 kam er zu einer erneuten Schändung des Friedhofes.
Im Jahr 1979 wurde am Friedhofseingang ein Mahnmal errichtet.
1980 wurden auf dem
Friedhof 128 Grabsteine gezählt (nach damaliger Dokumentation der älteste von
1851 und der jüngste von 1935).
Als am 24. August 1997 eine jüdische Gemeinde in Delmenhorst neu
gegründet wurde, beteiligten sich daran 63 Menschen. Heute zählt die vom
Vorsitzenden Pedro Becerra geleitete Gemeinde gut 200 Mitglieder. Der Hauptteil
von ihnen ist aus den Staaten der früheren Sowjetunion zugewandert.
Der Friedhof ist seit der Neubegründung der jüdischen Gemeinde wiederum deren
Begräbnisplatz. Bis 2019 wurden etwa 60 Beisetzungen vorgenommen.
Im Jahr 2000 wurden die bestehenden Steine restauriert und dokumentiert.
Fotos der Grabsteine befinden sich im Archiv der Jüdischen Gemeinde
Delmenhorst.
Im Sommer 2010 fand erneut eine Schändung des Friedhofes statt. Hierbei
wurden insbesondere Grabzubehör entwendet. Der Täter wurde im Juli 2011 zu
zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.
Bei der Schändung des Friedhofes in der Nacht vom 16. auf den 17. Juni 2012
wurden 18 Grabsteine mit Hakenkreuzen beschmiert beziehungsweise mit brachialer
Gewalt umgestoßen, Blumengestecke und Vasen ausgerissen. Ein Grabstein wurde
komplett zerstört. Der Vorfall löst in Delmenhorst eine Welle der Empörung
aus. Im Mai 2013 konnten zwei mutmaßliche Tatverdächtige ermittelt
werden.
Juni 2012:
Die Schändung des jüdischen Friedhofes |
Pressemitteilung der
Polizeiinspektion Delmenhorst / Oldenburg - Land vom 17. Juni
2012: |
"POL-DEL: Delmenhorst: Unbekannte beschädigten Gräber auf jüdischem Friedhof:
Delmenhorst (ots) - In der Nacht von Samstag auf Sonntag ( 17.06.2012 ) suchten bislang unbekannte Täter das umzäunte Gelände eines jüdischen Friedhofes an der Syker Straße auf und beschädigten bzw. verunstalteten dort zahlreiche Grabstätten. Dabei wurden insgesamt 18 Gräber in Mitleidenschaft gezogen. Die Vandalen beschmierten Grabsteine mit Hakenkreuzen und stießen weitere Steine um , dabei zerbrach ein Grabstein gänzlich . Auch Blumengestecke und Vasen wurden ausgerissen und auf dem Friedhof verstreut. Die Täter verursachten durch ihr Handeln einen Sachschaden von mehreren Tausend Euro. Ein Friedhofsbesucher fand heute morgen gegen 10.30 Uhr dieses Bild vor und informierte umgehend die Polizei. Aufgrund der Spurenlage wird zum derzeitigen Stand der Ermittlungen eine politische Tatmotivation angenommen. Der polizeiliche Staatsschutz hat unverzüglich federführend die Ermittlungen aufgenommen. Der betroffene Friedhof wurde großräumig abgesperrt und von Spezialisten der Kriminaltechnik zur Suche und Sicherung von Spuren in Augenschein genommen. Die Auswertung der Spuren und die aufgenommenen Ermittlungen wegen Störung der Totenruhe, Sachbeschädigung und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen dauern noch an. Bislang liegen noch keine konkreten Täterhinweise vor, deshalb sucht die Polizei jetzt nach Zeugen, die in der Nacht zu Sonntag in der Nähe des Friedhofes tatrelevante Beobachtungen gemacht oder Geräusche vernommen haben und bittet diese, sich bei der Polizei in Delmenhorst unter der Tel.: 04221/1559-115 zu melden." |
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Presseartikel zur Schändung des
Friedhofes im Juni 2012: |
Artikel von Andreas D. Becker im
"Weser-Kurier" vom 19. Juni 2012: "Große Solidarität
mit jüdischer Gemeinde..."
Link
zum Artikel |
Artikel bei NDR.de vom 19. Juni 2012:
"Polizei ermittelt nach Friedhofsschändung..."
Link
zum Artikel |
Artikel in der "Nordwest-Zeitung"
vom 22. Juni 2012: "Menschenkette rund um Friedhof gebildet.
IGS - Schändung von jüdischer Begräbnisstätte lässt Nachbarschule
nicht gleichgültig..."
Link
zum Artikel |
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Mai 2013:
Die Polizei ermittelt zwei Tatverdächtige |
Aus dem Bericht der Polizeiinspektion
Delmenhorst / Oldenburger Land vom 3. Mai 2013 (Quelle: presseportal.de):
"POL-DEL: Stadt Delmenhorst: Sachbeschädigungen auf jüdischen Friedhof in Delmenhorst +++ Polizei ermittelt zwei Tatverdächtige +++ 21-Jähriger in anderer Sache bereits in Haft
Delmenhorst (ots) - Im vergangenen Juni sorgten die Sachbeschädigungen auf dem jüdischen Friedhof in Delmenhorst in der jüdischen Gemeinde, aber auch in weiten Teilen der Delmenhorster Bevölkerung für erhebliche Unruhe. Nicht erst seitdem der mittlerweile verstorbene Rechtsanwalt Jürgen Rieger vor sieben Jahren versuchte, dass "Hotel am Stadtpark" aufzukaufen, ist die Bevölkerung der Stadt Delmenhorst hellwach, was jegliche Formen extremistischer Tendenzen betrifft.
Bei der Tat, die sich bereits am 17. Juni 2012 ereignete, scheint sich die Ausdauer der ermittelnden Polizeibeamten nun auszuzahlen. Im Tatverdacht stehen zwei 21-jährige Delmenhorster. Ihnen wird neben den Sachbeschädigungen, Störung der Totenruhe und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen.
Einer der beiden Tatverdächtigen, der zum Tatzeitpunkt 20 Jahre alt war, machte in seiner Vernehmung gegenüber der Polizei eine umfangreiche Aussage über die Geschehnisse in der Tatnacht. Dabei präsentierte er auch sogenanntes Täterwissen.
Der zweite Tatverdächtige, der zum Zeitpunkt der Tat ebenfalls 20 Jahre alt war, macht von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Der junge Mann ist zurzeit in einer Justizvollzugsanstalt inhaftiert, wo er eine mehrjährige Haftstrafe zu verbüßen hat.
Beide Männer sind jedoch im Fachkommissariat für politisch motivierte Kriminalität keine Unbekannten. Sie sind in der Vergangenheit jeweils mit einem Fall eines kleineren Deliktes in Erscheinung getreten.
Weitere Auskünfte zur Tatbegehung und zu den Haftgründen können zur Wahrung der Beschuldigten- und Opferrechte sowie vor dem Hintergrund des noch schwebenden Verfahrens derzeit nicht erteilt werden. Die Ermittlungen dauern an.
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November 2013:
Die beiden Tatverdächtigen werden freigesprochen |
Artikel von Andreas D. Becker im
"Weser-Kurier" vom 3. Dezember 2013: "Schändung bleibt
ungeahndet.
Delmenhorst. In der Nacht des 17. Juni 2012 wurde der jüdische Friedhof an der Syker Straße geschändet. Gestern wurde gegen einen der vermeintlichen Täter vor dem Delmenhorster Amtsgericht verhandelt.
Freispruch. Rechtlich lässt sich für die Schändung des jüdischen Friedhofs im Juni 2012 kein Schuldiger feststellen. Der Angeklagte, der gestern Morgen zur Verhandlung im Amtsgericht mit Handschellen geführt wurde, stritt nicht einmal ab, dass er in jener Nacht auf dem Friedhof an der Syker Straße war. In seiner Aussage berichtete er aber, dass es sein Kumpel war, der Gräber verwüstete, der Grabsteine umwarf und aus ihrer Verankerung brach, der Hakenkreuze sprühte..."
Link
zum Artikel |
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November 2014:
Die Schändung des Friedhofes bleibt auch im
Berufungsverfahren ungesühnt |
Artikel von Christina Steinacker im
"Wester-Kurier" vom 19. November 2014: "Berufungsverfahren.
Friedhofs-Schändung kommt erneut vor Gericht. Die Schändung des
jüdischen Friedhofes vor zwei Jahren ist bislang ungeahndet geblieben. Aus
Sicht des Amtsrichters hatte sich im Prozess kein Schuldiger eindeutig
feststellen lassen..."
Link zum Artikel |
Artikel von Franz-Josef Hoffmann in der
"Nordwest-Zeitung" vom 28. November 2014: "Unfassbare Tat In Delmenhorst.
Friedhofsschändung bleibt ungesühnt
Einer der Täter wegen Hausfriedensbruchs verurteilt – Verfahren gegen anderen eingestellt
Zwei mutmaßliche Täter hatten Beete zerstört, Grabsteine demoliert und mit Hakenkreuzen besprüht. Einer von ihnen wurde jetzt verurteilt – allerdings nur wegen Hausfriedensbruch..."
Link
zum Artikel |
Lage des Friedhofes
Östlich der Stadtmitte; an der Syker Straße, zwischen
Anton-Günther-Straße und Leipziger Weg
Fotos
(Fotos: Martin J. Schmid, Oldenburg; Aufnahmedatum: 19.9.2012)
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Blick auf den
Friedhof, erkennbar sind
die Hinweistafel und die Gedenktafel |
Der
Eingangsbereich,
rechts die Hinweistafel |
Hinweistafel zur Geschichte
des Friedhofes |
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"Zum Gedenken an
die Opfer der Schoa"
mit den Namen der 1933-1945 ermordeten
jüdischen Einwohnern der Stadt |
Teilansichten des
Friedhofes |
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Teilansichten des
Friedhofes - auch mit neueren Grabsteinen der vergangenen
Jahre |
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Einzelne
Grabsteine
(zufällige Auswahl) |
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Ältester Grabstein
für Betty Wahrburg
aus Westerstede (1824-1851 [491]
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Grabstein für
Rahel Frannck geb. Behrens
aus Berne (1804-1870 [506]) - 1983 noch
unzerstört (Fotos rechts). |
Grabstein für
Moritz
Leser Frank (1856-1926)
sowie Gedenkstein für die in Theresienstadt
umgekommenen Regine Frank geb. Meyer
(1866-1943) und Georg Frank (1897-1944) |
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[509 rechts] |
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Grabstein für
Moritz
Alexander
(1856-1889, [514]) |
Grabstein für
Salomon Meyer
(1791-1876, [522]) |
Grabstein für
Jos. Meyer aus Berne
(1789-1881, [523]) |
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Grabstein für das
Kind Theodor Koopmann
aus Berne (1871-1873, [529 links])
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Grabstein für den
Kaufmann Manleib Insel
aus Berne (1799-1869, [543] mit nach unten
gehaltenen, erlöschenden Fackeln |
Grabstein für
unbekannt (Kindergrab)
[554r] - 1983 noch teilweise lesbar, die Fotos
zeigen die fortschreitende Verwitterung |
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Grabstein für
E. Eicholz aus Goldenstedt
(1831-1886, [563] |
Grabstein für
Caroline Eichholz geb. Kopp(el?),
Witwe von Simon Eichholz (1799-1893, [564]) |
Grabstein für
Klotilde Bloch
geb. Sternberg (1881-1936, [565l]) |
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Grabstein für
Carl Kallmann
(1851-1898, [572])
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Grabstein für
Louise
Meyer (1904-1918)
und Gedenkstein für den im 1. Weltkrieg
gefallenen Hugo Meyer (1896-1918, [580l]) |
Gedenkstein für den
im 1. Weltkrieg
gefallenen Lothar Müller (1892-1916, [571l])
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Grabstein für
Rahel Heyersberg geb.
Schwabe (1815-1903) und Lehrer
Jakob Heyersberg (1823-1915) |
Gedenkstein auf dem
Friedhof "Zur
Erinnerung und Mahnung" mit Zitat aus
Jeremia 8,23 (hebräisch und deutsch) |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Johannes-Fritz Töllner in Zusammenarbeit mit Wouter J. van
Bekkum, Enno Meyer und Harald Schieckel: Die jüdischen
Friedhöfe im Oldenburger Land. Bestandsaufnahme der erhaltenen Grabsteine.
Oldenburg 1983 (= Oldenburger Studien Bd. 25). Zu Delmenhorst: S. 488-587.
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| Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in
Niedersachsen und Bremen (Hrsg. von Herbert Obenaus in Zusammenarbeit
mit David Bankier und Daniel Fraenkel). Bd. I Göttingen 2005 S. 455-464 (Abschnitt zu
Delmenhorst von Werner Meiners).
Hier finden sich S. 463-464 weitere Literaturangaben. |
| Enno Meyer: Geschichte der Delmenhorster Juden
1695-1945. Oldenburg 1985. |
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