Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Rheinland-Pfalz"
Zur Übersicht "Synagogen im
Kreis Bad Kreuznach"
Dörrebach (VG
Stromberg, Kreis
Bad Kreuznach)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Dörrebach bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/40. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18.
Jahrhunderts zurück.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1808 36 jüdische Einwohner, 1843 51, 1858 61 (von insgesamt 742
Einwohnern), 1877 54, 1890 44, 1896 40, 1898 38 (von insgesamt 645), 1904 34. Die jüdischen Familiennamen in
Dörrebach waren Bärmann, Jungblut, Kann, Neumann und Karmann. 1896 gab es
sieben jüdische Familien am Ort (neben 105 katholischen und 31 evangelischen
Familien).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Schule
(Religionsschule) und ein Friedhof. Im 19.
Jahrhundert könnte zeitweise ein jüdischer Lehrer am Ort gewesen sein, der
zugleich als Kantor und Schochet tätig war (vgl. unten Anzeige von J. Wallbach).
Ende des 19. Jahrhunderts (mindestens zwischen 1893 und 1903 war J. Kann
Vorsteher der jüdischen Gemeinde).
Nachdem die Zahl der jüdischen Einwohner am Ort so zurückgegangen war, dass
kein eigenständiges jüdisches Gemeindeleben mehr am Ort möglich war, bildeten
die Dörrebacher und die Seibersbacher Juden eine gemeinsame Gemeinde mit
Gottesdienst in Seibersbach. Wann genau
der Schritt zur Vereinigung der Gemeinden vollzogen wurde, ist nicht bekannt
(zwischen 1895 und 1923, wahrscheinlich nach Schließung der Synagoge in
Dörrebach um 1918/20).
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Julius Kann (geb.
17.4.1897 in Dörrebach, gef. 2.9.1918; in der Chronik der Gemeinde unter
"Vermisste" eingetragen).
Um 1924, als zur gemeinsamen Gemeinde Seibersbach-Dörrebach noch 31
Personen in Seibersbach (von insgesamt 1.040 Einwohnern) und acht in Dörrebach
(von insgesamt 604 Einwohnern) gehörten, gab es zwar in beiden Orten keinen
offiziellen Gemeindevorsteher. Für etwaige Angelegenheiten war jedoch Gustav
Marx in Seibersbach Ansprechpartner.
1933 lebten noch höchstens 10 jüdische Personen in Dörrebach. In
den folgenden Jahren ist ein Teil von ihnen auf Grund der Folgen des
wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien
weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Im Einwohnerbuch des Kreises Kreuznach
sind 1939 noch eingetragen: Leopold Kann, Wilhelm Wolf und Leopold Kann.
Der letztgenannte starb am 29. September 1941 und wurde auf dem jüdischen Friedhof
in Seibersbach beigesetzt.
Von den in Dörrebach geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Berthold (Bernhard)
Bärmann (1876), David Bärmann (1883), Elisabeth Bärmann geb. Walter (1895),
Hugo Bärmann (1887), Betty Bermann geb. Kann (1897), Isaac Jungblut (1866), Max
Jungblut (1897), Hedwig Kann (1904), Mathilde Kaufmann geb. Kann (1875), Bertha
Rothschild geb. Bärmann (1856), Klothilde Schloss (1905), Luise Schloss geb.
Bärmann (1883), Franziska Spanier geb. Jungblut (1894), Johanna Wallach geb.
Bärmann (1888).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Anzeigen
Anzeige von J. Wallbach in
Dörrebach (1871)
Anmerkung: unklar ist, ob J. Wallbach für sich selbst eine Stelle sucht,
eventuell als bisheriger Lehrer und Kantor in Dörrebach, oder ob er für eine
andere Person eine Stelle sucht.
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. Mai 1871: "Ein jüdischer
Kantor und Religionslehrer sucht in einem kleinen Ort eine Stelle. Näheres
zu erfragen bei Herrn J. Wallbach in Dörrebach bei
Stromberg (Rheinprovinz)." |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst
war vermutlich eine
Betstube in einem der jüdischen Wohnhäuser vorhanden. In den 1850er-Jahren
("gegen 1858") wurde eine Synagoge in der Schlossstraße erstellt
(genannte im lokalen Dialekt "Jurreschul"). Sie war bis in
der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens am
Ort. Danach besuchten die jüdischen Einwohner Dörrebachs die Synagoge in
Seibersbach, da in Dörrebach kein Minjan mehr zustande kam
(bei noch drei jüdischen Familien am Ort).
Die Synagoge in
Dörrebach stand zunächst leer, bis sie 1929 (oder nach Chronik der Gemeinde
1931) von der Dörrebacher jüdischen
Gemeinde wegen Baufälligkeit abgebrochen wurde. Es soll sich um einen
unverputzten, giebelständigen Bruchsteinbau mit Sattelbach gehandelt haben.
Das nach Abbruch des Synagogengebäudes verwendbare Material wurde versteigert;
der Schutt beziehungsweise die Steine wurden im Frondienst abgefahren und fanden
beim Bau der Straße zum Opel (Treft) Verwendung.
Adresse/Standort der Synagoge: Schlossstraße
(nach historischen Straßenbezeichnungen zwischen "Hubert" und "Fuchsgass";
vgl. Karte unten)
Fotos
Zwei Abbildungen aus
der Gemeindechronik
(Dörrebacher Geschichten s.u. S. 140.272) |
|
|
|
Standort der Synagoge
(Karte ca. 1860) |
Jüdischer Friedhof in
Dörrebach
(weitere Seite, interner Link) |
|
|
|
Erinnerung an Max
Jungblut
(1897-1944 Auschwitz) |
|
|
|
Max Jungblut (oben
stehend 1. von rechts) mit den Mitgliedern des Stromberger Raucherclubs um
1920/21
auf der Stromburg vor dem damaligen Nasse-Denkmal (Foto aus der Sammlung von
Gerhard Rehn) |
|
|
|
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Dezember 2017:
Auch in Stromberg sollen
"Stolpersteine" verlegt werden |
Artikel von Norbert Krupp in der
"Allgemeinen Zeitung" vom Dezember 2017: "'Stolpersteine' auch in Stromberg.
STROMBERG - Demnächst sollen auch in Stromberg sogenannte 'Stolpersteine' aus Messing in den Gehwegen vor einigen Häusern eingelassen werden, um daran zu erinnern, dass hier einst Mitbürger gelebt haben, die noch rechtzeitig vor dem NS-Regime flüchten konnten oder von den Nazis verschleppt und getötet wurden. Dieses Projekt, das von der Schülervertretung (SV) der Integrierten Gesamtschule Stromberg (IGS) initiiert wird, werden einige Schüler um Lehrerin Ursula Rindt heute Abend dem Stadtrat vorstellen.
'Wir hoffen, dass der Stadtrat unsere Idee gut findet und unterstützen
wird', sagt Helena Joerg aus der Jahrgangsstufe 10, die zusammen mit Helena Budee, Nina Herbst und Robin Kuber (alle drei Jahrgangsstufe 11) das Projekt vorantreiben möchte.
Siebenköpfige Arbeitsgruppe startet Quellenforschung. Den Anstoß gab Christof Pies aus Kirchberg, der sich als Vorsitzender des Fördervereins der Synagoge Laufersweiler engagiert. Auf Anregung der SV entstand eine siebenköpfige Arbeitsgruppe, die demnächst mit Quellenforschung beginnen soll, um die Namen von NS-Vertriebenen und -Opfern in Erfahrung zu bringen. Bekannt ist bislang, dass um 1935 etwa drei bis fünf jüdische Familien in Stromberg lebten. Im städtischen Wikipedia-Eintrag wird berichtet, dass in der Pogromnacht am 9. November 1938 das Kleidungsgeschäft der Klara Jungblut von SA-Anhängern und ihren Helfern demoliert wurde.
Die IGS-Schüler wollen ihr Projekt aber nicht nur auf jüdische Mitbürger beschränken, sondern nach allen Opfern der NS-Diktatur suchen. Dazu gehörten auch Behinderte, Sinti und Roma, Sozialisten und Kommunisten. Die Schüler werden die einschlägigen Archive durchforsten und werden Zeitzeugen aufsuchen, um möglichst viele Informationen aus der NS-Zeit zusammenzutragen. Da bereits bekannt ist, dass auch in anderen Orten der VG Stromberg etliche NS-Opfer zu beklagen sind, wollen die Schüler das Stolperstein-Projekt vielleicht später auf die gesamte Verbandsgemeinde ausweiten. Die Aktionsgruppe wird auch den Künstler Gunter Demming
bitten, die Idee zu unterstützen und – wenn es soweit sein wird – die Stolpersteine selbst zu verlegen. Dabei sehen sie sich auch in der Verantwortung gegenüber dem Titel, der ihrer Schule 2014 verliehen wurde:
'Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage'." |
|
Juni 2019:
Verlegung von "Stolpersteinen" für
Familie Jungblut |
Artikel von Norbert Krupp in der
"Allgemeinen Zeitung" vom 29. Juni 2019: "Fünf Stolpersteine in Stromberg
verlegt. Erinnert wird mit dieser Aktion an fünf jüdische Mitbürger. Vier
von ihnen wurden von den Nazis ermordet.
STROMBERG - Der Berliner Künstler Gunter Demnig (71) hat seit 1972 mit
seinem 99-köpfigen Team rund 73 000 Stolpersteine in 26 Ländern verlegt, um
an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. Trotz großer Hitze setzte
Demnig jetzt eigenhändig fünf Stolpersteine in Stromberg, um an vier
ermordete Mitglieder und eine Überlebende der jüdischen Familie Jungblut
zu erinnern, die einst im Haus Staatsstraße 11 gewohnt hat. Die
ihnen gewidmeten Stolpersteine sind nun Teil des Projektes, das inzwischen
als das größte dezentrale Mahnmal der Welt gilt. '73 000 Steine, die sind
natürlich nur ein Bruchteil der Opfer, die die Nazis und die Wehrmacht in
aller Welt ermordet oder deportiert haben. Die Aktion wird weitergehen',
sagte Demnig im Gespräch mit IGS-Schülern.
Bilha Cohen, die Tochter der 1926 geborenen Lydia Jungblut, reiste mit
Ehemann Avi, Sohn Assaf sowie mit ihrer Schwester Michal aus Israel an, um
dabei zu sein, als fünf Stolpersteine zur Erinnerung an ihre Vorfahren in
den Bürgersteig vor dem Haus Staatsstraße 11 gelegt wurden, um an das
Schicksal dieser jüdischen Mitbürger zu erinnern. Isaak und Klara Jungblut
sowie Max und Franziska Jungblut und deren zwölfjährige Tochter Lydia
flüchteten im Dezember 1938 nach Holland. Sie standen damals unter den
Eindrücken der 'Reichskristallnacht' oder 'Pogromnacht' (9. November 1938),
in der blutrünstige SA-Truppen auch das Kleidungsgeschäft Klara Jungbluts
verwüsteten. In Holland versteckten sich die Jungbluts vor den Nazis, wurden
aber 1943 verraten und in Vernichtungslager deportiert. Max und Franziska
Jungblut wurden am 28. Januar 1944 im KZ Auschwitz ermordet, Isaak und Klara
Jungblut starben am 7. Mai 1944 im KZ Sobibor (Polen). Nur ihrer Tochter
beziehungsweise Enkelin Lydia gelang es, den Holocaust zu überleben, einen
Niederländer zu heiraten und sich nach dem Krieg in Haifa (Israel) ein neues
Leben aufzubauen. Sie verstarb 2007. "
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Dokumentation Jüdische Grabstätten im Kreis Bad
Kreuznach. Geschichte und Gestaltung. Reihe: Heimatkundliche Schriftenreihe
des Landkreises Bad Kreuznach Band 28. 1995. S.
147-154. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 140 (mit weiteren Literaturangaben). |
| Dörrebacher Geschichten. Erschien 2000.
http://www.doerrebach-online.de/doe_Chronik.htm (enthält nur wenig zur
jüdischen Geschichte: S. 89, 140 (Foto jüdischer Friedhof), 216, 271-272
(mit Foto Standort der Synagoge), 280, 331 (Statistik). |
n.e.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|