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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Dörzbach (Hohenlohekreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version see Hohebach)
In
dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts reichsritterschaftlichen (seit 1605
Herren von Eyb) Dorf Dörzbach bestand eine jüdische Gemeinde bis 1907. Ihre
Entstehung geht in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges zurück. Erstmals
werden 1627 sechs jüdische Familien in Dörzbach genannt. 1688 wurden die Juden
ausgewiesen; 1752 konnten sich - zunächst zwei jüdische Familien aus Hohebach
(des Wolf Jacob und Simon Abraham) - wieder am Ort niederlassen. 1782 waren
acht jüdische Familien am Ort.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1807 75 jüdische Einwohner, 1824 98, 1831 131, 1843 169 (Höchstzahl),
1854 156, 1869 58, 1886 27, 1894 25 (in sechs Familien), 1895 23 (in fünf
Familien), 1897 23 (in sechs Familien), 1898 16 (in vier Haushaltungen), 1899 14
(in vier Haushaltungen), 1900 13, 1910 3.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts gehörten auch
die wenigen noch in Laibach und Altkrautheim
lebenden Juden zur Dörzbacher Gemeinde.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
jüdische Schule und ein rituelles Bad (im Untergeschoss eines Hauses 'links der
Brücke über den Goldbach, zur Hälfte auf dem Klepsauer Tor', gemeint Alte
Klepsauer Str. 11 s.u.). Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden
zunächst auf den jüdischen Friedhöfen in Unterbalbach,
Laibach und Berlichingen,
nach 1852 in Hohebach beigesetzt. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt,
der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Unter den Lehrern sind
bekannt: Moses Kallmann, der sich ab 1828 Moses Rosenthal nennt (geb. 1790,
1863 pensioniert, gest. 1869 in Dörzbach), 1864 war Dörzbach unbesetzt, um 1868
Lehrer Frei. Um
1894/1898 erteilte Lehrer B. Sahm aus Hohebach
den noch fünf bzw. 1898 vier jüdischen Kindern in Dörzbach den
Religionsunterricht.
Die Gemeinde wurde 1832 dem Rabbinat
Weikersheim zugeteilt.
Von den Vereinen und Stiftungen werden genannt: um 1896 die Oser Bär'sche
Stiftung (unter Leitung von J. Strauß), 1898 vier Jahrzeitstiftungen.
Seit den 1850er-Jahren ging die Zahl der Juden am Ort
durch Aus- und Abwanderung stark zurück, bis die Gemeinde aufgelöst und die hier noch
lebenden Juden der Hohebacher Gemeinde
zugeteilt wurden.
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1871 Herr Igersheimer, um 1894/1895 J. Heß, H. Strauß
und H. Sänger, um 1896 H. Heß, H. Sänger und Tierarzt H. Rothschild, um
1898/1903 J. Heß und Tierarzt H. Rotschild. Als Rendant (Rechnungsführer
der Gemeinde) wird 1896 genannt: H. Strauß.
An ehemaligen, bis um 1920/30 bestehenden jüdischen Gewerbebetrieben sind
bekannt: Tierarzt H. Rothschild (Hauptstraße 20), Kurzwaren- und Stoffgeschäft
Hugo Sänger (Hauptstraße 28, Wohnhaus Hauptstraße 32). Eine
Altmaterialiensammlung betrieb Albert Fleischhacker.
Von den in Dörzbach geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):
Mathilde Andersch geb. Rothschild (1891), Albert Fleischhacker (1882), Therese (Theres)
Fleischhacker geb. Strauss (1878), Lina (Karolina) Kaiser geb. Strauss (1856),
Berta Roller geb. Rothschild (1884), Moritz Rothschild (1883), Otto Rothschild
(1885), Charlotte Schulheimer geb. Rothschild (1887).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Allgemeine Berichte
"Die Juden in Dörzbach" (Beitrag von
Oberlehrer Wallrauch, 1929)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. November 1929:
Zum Lesen bitte Textabbildungen anklicken. |
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Die Dörzbacher jüdische Gemeinde zählt nur
noch drei Personen (1930)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. September 1930: |
Zur Geschichte des Betsaals / der Synagoge
Zunächst benutzten die Dörzbacher
Juden die Einrichtungen in Hohebach. 1685
wurden sie allerdings dafür bestraft, dass sie ohne Erlaubnis die Gottesdienste
im Nachbarort besuchten. Dort bestand zu dieser Zeit ein Betsaal in einem
Privathaus. Drei Jahre später wurden die Dörzbacher Juden ausgewiesen. Nach
der Wiederaufnahme 1752 erhielt Judenvorsteher Israel von Dörzbach mit den
Seinen die Erlaubnis, die Schule des Judenschulmeisters Jakob in Hohebach für jährlich
zwei Gulden zu besuchen.
Ein erster Betsaal in Dörzbach wurde 1782 von den
inzwischen acht jüdischen Familien eingerichtet (Standort unbekannt). Sie
hatten hierfür von der Ortsherrschaft die Erlaubnis bekommen. 1807 lebten
bereits 17 jüdische Familien (75 Personen) in Dörzbach. Sie benutzten nach
einem Bericht des Kreisamtmannes aus Öhringen eine Synagoge
"in einem Miethaus", wobei es sich vermutlich immer noch um den 1782
eingerichteten Betsaal gehandelt hat.
Um 1810/15 wurde eine (neue) Synagoge erbaut.
Jedenfalls geht aus einem Bericht des Oberamtes Künzelsau vom 1. Juni 1822
hervor, dass die damals 20 jüdischen Familien "erst vor wenigen Jahren
eine Synagoge erbaut haben, auf welche sie noch eine bedeutende Kapitalsumme
schuldig sind". In diesem Synagogengebäude war im unteren Stock die jüdische
Schule, im oberen Stock der Betsaal. Bei einer Medizinalvisitation der Oberamtes
Künzelsau im September 1836 wurden jedoch die beengten und ungesunden Verhältnisse
im Schulraum beanstandet. Die Schule mit damals 44 Kindern sei in einem engen
und relativ niederen Raum, der nur von einer Seite durch zwei Fenster Licht
erhielt. Die jüdische Gemeinde wurde zur schnellen Veränderung dieser
unhaltbaren Situation aufgefordert. Doch ließ sich weder das Zimmer erhöhen
noch konnte ein weiteres Fenster eingebaut werden. Auch war im Ort kein anderes
Zimmer für die Schule anzumieten. Die Gemeinde plante daraufhin zunächst,
einen neuen Betsaal an das Gebäude anzubauen und die Schule in den oberen
Stock, wo bislang der Betsaal war, zu verlegen. Kreisbauinspektor Roth hatte
gegenüber diesem Plan jedoch erhebliche Bedenken, von denen sich die jüdischen
Gemeindevertreter überzeugen ließen.
Im Frühjahr 1838 beschloss die jüdische Gemeinde
daraufhin den Bau einer neuen Synagoge, in dem Betsaal und Schule sowie
ein Zimmer für den Synagogenrat untergebracht werden konnten. Die Entscheidung
fiel aus finanziellen Gründen nicht leicht, zumal nach einem Bericht von 1839
damals mehrere jüdische Familien Dörzbachs in "gänzlicher Armut"
lebten, die anderen nur ein "geringes Vermöge" hatten. Im März 1838
konnte ein Grundstück außerhalb des Ortes an der Straße nach Hohebach gekauft
werden. Oberamt und Kreisregierung erklärten sich einverstanden, dass die
Schule bis zur Fertigstellung im alten Schullokal verbleiben könne, zumal die
Schülerzahl auf 26 zurückgegangen war. Im November 1838 wurden die Baupläne für
das neue Synagogen- und Schulgebäude von der Israelitischen Oberkirchenbehörde
und dem evangelischen Konsistorium genehmigt. In einem Bericht der Behörden
wird die Begründung für den Bau der neuen Synagoge übrigens so beschrieben:
"In Folge des in neuerer Zeit auch bei den Israeliten vermerkten Sinnes für
die Würde des Gottesdienstes sieht sich auch die israelitische Gemeinde Dörzbach
durch den schlechten Zustand ihrer Synagoge und Schule veranlasst, ein neues Gebäude
für den Gottesdienst und den Schulunterricht zu erbauen...". Die Kosten
wurden vor Baubeginn auf 5.303 Gulden hochgerechnet. Einen Teil hatte die
Gemeinde bereits angespart, sodass von der Gesamtsumme zunächst noch 3.675
Gulden fehlten. Am 18. April 1839 wurde ein Staatsbeitrag in Höhe von 350
Gulden genehmigt. Nach einem Bericht vom Mai 1839 war damals der Bau "im
vollen Lauf". Noch 1839 oder spätestens 1840 wurde die Synagoge
eingeweiht.
Die jüdische Gemeinde erhält einen Staatsbeitrag zum
Bau der Synagoge und des Schulhauses (1839)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. November 1911:
"Die israelitischen Konfessionsschulen (Elementarschulen) in
Württemberg.
Von Rabbiner Dr. Schweizer in Weikersheim (Schluss).
Vergleicht man die Staatsbeiträge, die auf Grund dieses Artikels
des Gesetzes von 1836 den israelitischen Gemeinden zu Schulhausneubauten
damals gewährt wurden, mit den heute noch bewilligten Beiträgen zu
Schulzwecken, so ergeben sich, besonders wenn man den höheren Wert der
damaligen Geldwährung mitberücksichtigt, ungeheure Summen, die mit denen
von heute stark kontrastieren. Dabei ist noch zu bemerken, dass die
damalige Bevölkerungszahl der Israeliten keine höhere war, und was die
Steuerkraft derselben betrifft, viel geringer als heute anzuschlagen
ist.
Nach den Regierungsblättern des betreffenden Jahrganges wurden
bewilligt:
der israelitischen Gemeinde Hohebach
zur Erbauung einer Synagoge und eines Schulhauses (beide zusammen bilden 1
Haus) [17. Juli 1839] 250 Gulden
der israelitischen Gemeinde Dörzbach zur Erbauung einer Synagoge
und eines Schulhauses (beide bilden 1 Haus) [17. Juli 1839] (Gemeinde ist
nun aufgelöst) 350 Gulden." |
Etwa ein halbes Jahrhundert war die neue Dörzbacher
Synagoge der Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens am Ort. In den
1890er-Jahren war jedoch immer weniger ein regelmäßiger Gottesdienst möglich,
da die Zehnzahl der jüdischen Männer nicht mehr erreicht wurde. Nach 1900
besuchten die Dörzbacher Juden die Synagoge in Hohebach. Das Synagogengebäude
wurde verkauft; das Inventar fiel an die Hohebacher Gemeinde.
Das Gebäude der Synagoge ist als Wohnhaus erhalten
(Hohebacher Straße 4).
Fotos
Historische Fotos:
Historische Fotos sind nicht bekannt, eventuelle
Hinweise bitte an den
Webmaster von "Alemannia Judaica", Adresse siehe Eingangsseite |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn) |
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Die ehemalige Synagoge in Dörzbach |
Seitenansicht |
Eingangstor |
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Fotos 2003/04:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 22.9.2003;
erstes Foto oben links am 1.8.2004) |
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Die ehemalige Synagoge an der
Hohebacher Straße |
Seitenansicht |
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Eingang von der
Straßenseite |
Blick von der Gartenseite
auf
das Gebäude |
Eingang von der Gartenseite.
Über der Tür
könnte eine Inschrift gewesen sein. |
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2022: Ausgrabungen
der ehemaligen Mikwe (rituelles Bad)
Im Dezember 2022 wurde die ehemalige Dörzbacher Mikwe im Zusammenhang mit
der Wohnhaussanierung des Gebäudes Alte Klepsauer Straße 11 ausgegraben. Das
Becken war gefüllt mit nassem Schlamm, der mit Steinen, Mauerziegelstücken,
Dachziegelstücken und Holzstücken durchsetzt war. Sehr auffallend war, dass
eine Holztreppe und keine steinerne Treppe ins Becken führte
(Fotos erhalten von Jörg Waterstraat). |
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Bericht zu den Ausgrabungsarbeiten der Mikwe
im Dezember 2022: Die Arbeiten begannen am 6. Dezember 2022. Zuerst wurde
der Estrich und die darauf platzierte Wand im Süden des Raumes
herausgenommen. Darunter konnten bereits bauliche Reste erkannt werden. Am
7. Dezember wurde zuerst südlich des Baubefundes die Untersuchung angesetzt,
um die vermutete Fortführung der Mikwe in diesem Bereich ausschließen zu
können. Mittags begannen die Arbeiten an der eigentlichen Mikwe und deren
Verfüllung fortgesetzt und intensiviert werden. Hierbei wurde die
Verfüllung, welche im Zuge der Aufgabe der Mikwe eingebracht wurde, im Laufe
der folgenden beiden Tage gänzlich entnommen. Das eintretende Wasser (vgl.
Foto rechts) machte den Einsatz einer Pumpe bereits seit am 7. Dezember
notwendig. Am 9. Dezember wurde eine leistungsstärkere Pumpe angeliefert und
eingesetzt. Die Mikwe konnte damit vollständig geleert werden. An diesem Tag
begannen auch die Dokumentationsarbeiten an der Mikwe. Diese zeigt einen
Einbau, welcher den eigentlichen Wasserbereich verkleinert. Besonders ist
eine hölzerne Leiter mit drei erhaltenen Stufen, welche auf einem ebenfalls
hölzernen Podest stehen, anzuführen. |
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Sauer: Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und
Hohenzollern.
1968. S. 68-69. |
| Jürgen Hermann Rauser: Dörzbacher Heimatbuch. 1980. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007. |
| Spuren Wege Erinnerung. Orte des Gedenkens an die
Opfer des Nationalsozialismus. Eine Dokumentation. Hrsg. Landratsamt
Hohenlohekreis. Redaktion Thomas Kreuzer (Kreisarchiv Hohenlohekreis).
Künzelsau 2021. 82 S. (pdf-Datei
ohne zugänglich) |
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