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Ebersheim (Stadt
Mainz) mit Harxheim (Kreis Mainz-Bingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Ebersheim bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/40. Ihre
Entstehung geht in die Zeit Mitte des 18. Jahrhunderts zurück. Ein
Ebersheimer "Schutzjude" namens Beer lässt sich für das Jahr 1785
nachweisen (nach den Recherchen von Berthold Tapp).
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt: in Ebersheim 1801/04 zwei jüdische Familien, 1816 18, 1824 29
jüdische Einwohner, 1827 und 1830 je 38, 1833 41(4,3 % von insgesamt 947
Einwohnern), 1855 47, 1861 58, 1875 50, 1880 59, 1890 51, 1900 52; in Harxheim:
1824 24, 1830 23, 1900 22. Die bekanntesten jüdischen Familien waren in
Ebersheim die
Familien Berney, Goldschmitt und Simon, etwas später als die vorgenannten die
Familien Mayer, Kahn und Nathan.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine Religionsschule, ein rituelles Bad und einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe
Ausschreibungen der Stelle unten). Um 1880 war als Lehrer Meier Reiss in der
Gemeinde tätig; 1882 wechselte er - nach seiner Heirat mit Caroline geb. Simon
- nach Bodenheim. Seit der Zeit um 1905 wurde vermutlich auf
Grund der zurückgegangenen Zahlen der jüdischen Einwohner kein eigener Lehrer
mehr angestellt; die Aufgaben wurden teilweise ehrenamtlich übernommen (1926
war Ferdinand Mayer bereits 30 Jahre als ehrenamtlicher Vorbeter tätig),
teilweise durch auswärtige Lehrer (Religionsunterricht der Kinder). Die
Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat in Mainz.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: aus Ebersheim
Berthold Kahn (geb. 1.10.1892 in Ebersheim, gef. 29.11.1914), aus Harxheim
Julius Goldschmidt (geb. 6.8.1889 in Ebersheim, gef. 22.4.1918). Ihre Namen
stehen auf dem Kriegerdenkmal der Gemeinde.
Unter den jüdischen Haushaltsvorstände in den 1920er-Jahren sind u.a. zu
nennen: die Metzgermeister Nathan und David Goldschmitt sowie Markus und
Siegfried Mayer, die Viehhändler Lazarus und Bernhard Goldschmitt sowie
Leopold Simon, der Weinkommissionär Leopold Goldschmitt, die Kaufleute
Ludwig Goldschmitt, Simon Nathan und Samuel Mayer. Fanny Nathan war
Ellenwarenhändlerin, Sophie Berney hatte ein Geschäft für Kurz- und
Tabakwaren. Die jüdischen Einwohner waren im allgemeinen und Vereinsleben des
Ortes insgesamt völlig integriert.
Um 1924, als zur Gemeinde noch 29 Personen in Ebersheim und 11 in
Harxheim gehörten, waren die Gemeindevorsteher Max Mayer, Lazarus Goldschmidt
und Ferdinand Mayer. Damals erhielten zwei Kinder der Gemeinde ihren
Religionsunterricht durch Lehrer M. Kahn in Hechtsheim. An jüdischen Vereinen
gab es den Wohltätigkeitsverein Chewra Kadischa (1924 unter Leitung von
Lazarus Goldschmidt).
1933 lebten noch etwa 25 jüdische
Personen in Ebersheim. In den folgenden Jahren sind die meisten von ihnen auf
Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Otto Nathan wurde 1933 aus
nichtigem Grund in das KZ Osthofen eingewiesen. In die USA emigrierten u.a.
1935-36 Siegfried und Leo Goldschmidt sowie Leo Nathan, 1938 Fritz und Lothar
Goldschmittt. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört und die
jüdische Wohnhäuser überfallen und völlig verwüstet. Auf Grund der
Vorkommnisse flüchteten die meisten der bis dahin noch in Ebersheim lebenden
jüdischen Personen zu Verwandten und Bekannten außerhalb von Ebersheim
(insbesondere nach Mainz).
(siehe Angaben zu einzelnen Familien in dem online zugänglichen Artikel von
Rudolf Büllesbach s.u.).
Von den in Ebersheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"; kritisch durchgesehen und ergänzt von Wolfgang Kemp): Sofie Berney (1861), Gustav
Berney (1864, vgl. Kennkarte unten), Betty Barbara Feitler geb. Simon (1875), Nathan Goldschmidt, Sohn von Heinrich und Fanny (1879), Mathilde Goldschmidt geb. Metzger, Ehefrau von Nathan (1893), Hilde/Hildegard Goldschmidt, Tochter von Nathan und Mathilde (1927), David Goldschmidt, Sohn von Heinrich und Fanny (1884), Betty Goldschmidt geb. Mayer, Ehefrau von David (1893), Rosalie Rosaline Rosel Goldschmidt, Tochter von Heinrich und Fanny, ledig (1868), Bernhard Goldschmidt, Sohn von Jakob und Johanna, Bruder von Isaak und Amalie (1869), Sara Goldschmidt geb. Dornberg, Ehefrau von Bernhard (1872), Hedwig Jacobsohn, Tochter von Bernhard und Sara (1906), Isaak Goldschmidt, Bruder von Bernhard und Amalie (1855), Leopold (Leo) Goldschmidt, (1858), Nelly Goldschmidt (1893), Mathilde Kahn geb. Simon, Wwe (1874), Josef Kahn (1888), Siegfried Kahn (1896), Julius Mayer,
(wohnhaft in Bodenheim) (1882), Bertha Landau geb. Mayer, Wwe (1861), Betty Wechsler geb. Nachmann (1862), Klara Slager geb. Kahn
(1890).
Aus Harxheim sind umgekommen: Therese Güttner geb. Goldschmidt (1898), Moritz Mayer (1879), Kathi Kätchen Gutha Mayer geb. Reinheimer, Ehefrau von Moritz
(1879), Barbara Babette Schubach geb. Mayer (1847), Josef Sommer (1890), Bertha Sommer (1892), Martha Sommer
(1898).
2011 wurden "Stolpersteine" verlegt für: Sofie Berney, Nathan Goldschmidt, Mathilde Goldschmidt, Hilde Goldschmidt, Rosel Goldschmidt, Bernhard Goldschmidt, Sara Goldschmidt, Isaak Goldschmidt, Leopold (Leo) Goldschmidt, Nelly Goldschmidt, sowie für den 1940 verstorbenen Lazarus Goldschmidt.
(Die Schreibweise des Familiennamens Goldschmitt ist in den Unterlagen nicht einheitlich. Auf den Mainzer Deportationslisten wird er grundsätzlich mit
"dt" geschrieben).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet
1861 / 1863 / 1867 / 1871 / 1877 / 1878 / 1879 / 1886 / 1907
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
7. August 1861: "Vakanz. In der israelitischen Gemeinde
zu Ebersheim (Rheinhessen) ist die Stelle eines Vorsängers und
Religionslehrers vakant und kann sofort wieder besetzt werden. Der Gehalt
beträgt außer Nebeneinkünften und freier Wohnung 160 Gulden. Geeignete
Bewerber wollen sich wenden an den Vorstand." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
18. März 1863: "Lehrer gesucht. Die israelitische
Gemeinde zu Ebersheim (Provinz Rheinhessen) sucht, womöglich zum
sofortigen Eintritt, einen Religionslehrer und Vorsänger. Fixer Gehalt
210 Gulden nebst freier Wohnung; außerdem noch Nebenakzidenzien.
Meldungen sind zu richten an den Vorsteher.
J. Bernei." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
17. Juli 1867: "In der israelitischen Gemeinde zu Ebersheim
(Provinz Rheinhessen) ist die Stelle eines Lehrers und Vorsängers vakant.
Dieselbe trägt jährlich außer freier Wohnung und den
Schechitah-Gebürten 230 Gulden. Offerten nimmt entgegen
der Vorstand der israelitischen Gemeinde zu Ebersheim bei Mainz Jacob
Goldschmitt." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
16. August 1871: "Die Lehrer-, Vorbeter- und Schochet-Stelle
zu Ebersheim bei Mainz ist vakant. Fixer Gehalt 220 Gulden nebst freier
Wohnung, Heizung und Ertrag der Schechita und sonstigen
Nebenverdiensten. Bewerber wollen sich melden bei dem Vorsteher Joseph
Berney." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
3. Oktober 1877: "Vakanz. Mit dem 1. Oktober laufenden
Jahres wird die Stelle eines Religionslehrers und Vorsängers bei der
israelitischen Gemeinde Ebersheim bei Mainz vakant. Mit derselben ist
verbunden ein jährlicher Gehalt von 450 Mark nebst freier Wohnung. Durch
Schächten und Privatstunden ist noch ein bedeutender Nebenverdienst
gesichert. Hierauf Reflektierende wollen sich gefälligst an den
unterzeichneten Vorstand wenden.
Ebersheim, im August 1877. Der israelitische Vorstand Heinrich
Goldschmitt". |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
18. Dezember 1878: "Vakanz. Mit dem 1. Februar 1879
wird die Vorsänger- und Schächterstelle zu Ebersheim im Kreise Mainz
vakant. Gehalt 480 Mark als Vorsänger, Schächten wir extra bezahlt,
sonstige Nebenverdienste nicht unbedeutend, nebst freier Wohnung,
Reflektierende wollen sich an den Vorstand, Herrn Heinrich Goldschmitt,
wenden.
Ebersheim, den 4. Dezember 1878. Der Vorstand."
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
29. Oktober 1879: "Vakanz. In Ebersheim bei Mainz ist
die Stelle eines Religionslehrers, Vorbeters und Schächters vakant. Fixer
Gehalt (exklusive Schächten) Mark 480. Freie Wohnung und Nebenverdienste.
Ledige Bewerber belieben an den Vorstand Jos. Berney II. ihre
Offerten einzureichen." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18.
Januar 1886: "Die israelitische Gemeinde Ebersheim bei
Nieder-Olm sucht zum 9. Februar laufenden Jahres einen Religionslehrer,
Vorbeter und Schächter (unverheiratet). Einkommen 600 Mark nebst freier
Wohnung. Bewerber wollen unter Einsendung ihrer Zeugnisse bei dem
unterzeichneten Vorsteher sich melden. Russen und Polen sind
ausgeschlossen.
Ebersheim, 15. Januar 1886. Ludwig Simon." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18.
Januar 1886: "Die israelitische Gemeinde Ebersheim bei
Nieder-Olm sucht zum 9. Februar laufenden Jahres einen Religionslehrer,
Vorbeter und Schächter (unverheiratet). Einkommen 600 Mark nebst freier
Wohnung. Bewerber wollen unter Einsendung ihrer Zeugnisse bei dem
unterzeichneten vorsteher sich melden. Russen und Polen aus
ausgeschlossen.
Ebersheim, 15. Januar 1886. Ludwig Simon." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. September 1907: "In unserer
Gemeinde ist sofort die Stelle eine geprüften Religionslehrers, Vorbeters
und Schochets verbunden mit der Erteilung des Religionsunterrichts in der
benachbarten Gemeinde Ebersheim
zu besetzen. Gehalt Mark 800.-. Besoldung für den Unterricht in Ebersheim
ca. Mark 200, Nebeneinkommen ca. Mark 400. Seminaristisch gebildete
Bewerber haben den Vorzug. Offerten sind zu richten an den Vorstand der
israelitischen Religionsgemeinde zu Hechtsheim bei Mainz." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Spendenaufruf von Lehrer J. Goldschmidt für eine verarmte
Familie (1884)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
7. Juli 1884: "Aufruf!
Obwohl die Mildtätigkeit unserer Glaubensgenossen sehr in Anspruch
genommen sein mag, finde ich mich doch durch folgenden so traurigen Fall
veranlasst, mich an die Wohltätigkeit unserer Brüder zu wenden in der
sicheren Hoffnung, keine Fehlbitte zu tun.
In dem benachbarten Orte M. befindet sich eine Familie, die zwar von jeher
arm, sich doch ernähren konnte, in der drückendsten Lage. Seit mehreren
Jahren ist die Frau durch eine Krankheit derart heimgesucht worden, dass
sie nicht im Stande ist, das Zimmer zu verlassen, um nur die geringste
Hausarbeit zu verrichten. Der Arzt verordnete dieser Frau (so bald es nur
sein kann), in ein Bad zu gehen, wodurch nur allein diesem Übel
abgeholfen werden kann. Diese Familie ist, wenn nicht baldige Hilfe kommt,
der größten Not preisgegeben. Ich wiederhole daher meine Mitte um
schnelle, schnelle Hilfe!
Ebersheim bei Mainz, den 30. Juni 1884. J. Goldschmidt,
Lehrer.
Auch ich bin gern bereit, Gaben in Empfang zu nehmen und
weiterzubefördern.
Mommenheim, den 30. Juni 1884. Der Bürgermeister Schneider.
Wir sind ebenfalls bereit, Gaben entgegenzunehmen und weiterzubefördern. Die
Expedition des 'Israelit'." |
Eine neue Torarolle soll angefertigt werden (1886)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
18. Januar 1886: "Annonce.
Die die hiesige Gemeinde beabsichtigt, eine neue Torarolle schreiben zu
lassen, so ersuche ich die Herren Toraschreiber, welche bereit sind, ein
solches gut und mit schöner Schrift zu liefern, ihre Meldung nebst
Kostenanschlag baldigst an den unterzeichneten Vorstand einschicken zu
wollen.
Ebersheim bei Mainz, 14. Januar 1886. Der Vorstand Ludwig Simon".
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Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Ferdinand Mayer ist 30 Jahre ehrenamtlicher
Vorbeter in der Gemeinde (1926)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Januar 1926:
"Am Schabbos Beschalach (d.i. Schabbat, 30. Januar 1926) sind
es 30 Jahre, dass Herr Ferdinand Mayer aus Harxheim den Gottesdienst in
unserer Gemeinde leitet. Es dürfte besonders hervorgehoben werden, dass
der Jubilar dieses Amt nur leschem mizwa (zur Ehre des
göttlichen Gebotes) und aus idealen Motiven heraus ausübte.
Besonders während der Kriegszeit war er es, der trotz aller
Schwierigkeiten den Gottesdienst aufrecht erhielt und dadurch sozusagen
das Fortbestehen unserer Synagoge ermöglichte." |
Ferdinand Mayer zieht nach Frankfurt (1934)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Oktober 1934: "Ebersheim-Harxheim,
20. Oktober (1934). Mit Rücksicht auf seine Gesundheit verließ Herr
Ferdinand Mayer am 15. Oktober dieses Jahres seinen Heimatort Harxheim, um
nach Frankfurt am Main zu übersiedeln. Durch diesen Wegzug verliert
unsere Gemeinde Ebersheim-Harxheim einen Mann, dessen Bereitschaft es zu
verdanken ist, dass in den trübsten Zeiten des Krieges und der
Nachkriegszeit uns ein regelmäßiger Gottesdienst erhalten blieb. 38
Jahre war er ehrenamtlicher Vorbeter und viele Jahre war er Vorstand in
der Gemeinde und der Chewra. Nicht nur unsere engere Gemeinde, sondern das
rheinhessische Landjudentum verliert durch den Wegzug des Herrn Mayer eine
sehr markante Persönlichkeit. - In einer würdigen Abschiedsfeier dankte
der erste Vorsteher, Herr Lazarus Goldschmidt, Herrn Mayer für sein
segensreiches Wirken in der Gemeinde und übermittelte ihm im Namen der
Gemeinde ein Abschiedsgeschenk. Der Landesverband Hessen überreichte in
einem Brief und einem Diplom seinen Dank." |
Über Arthur und Herbert Simon
Arthur Simon aus Ebersheim,
der sich an der TH Darmstadt zum Elektroingenieur hatte ausbilden lassen, wanderte 1903 in
die USA aus und wurde dort ein erfolgreiches Geschäftsmann.
Sein Sohn
Herbert Alexander Simon (siehe Foto links) erhielt 1978 den Nobelpreis für
Wirtschaftswissenschaft: Herbert Alexander Simon ist 1916 in
Milwaukee/Wisconsin geboren und 2001 in Pittsburgh, Pennsylvania
gestorben. Er war einer der einflussreichsten Sozialwissenschaftler des
20. Jahrhunderts. Den Nobelpreis erhielt er "für seine bahnbrechende
Erforschung der Entscheidungsprozesse in Wirtschaftsorganisationen".
Näheres im Wikipedia-Artikel
zu Herbert Simon (von dort auch das Foto). |
Kennkarten
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarten
für die in Ebersheim
geborenen Weinhändler Gustav und Moritz Berney |
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Gustav und Moritz Berney
waren die Söhne von
Joseph Berney in Ebersheim. Sie betrieben von Mainz aus einen
Weingroßhandel im internationalen Stil. Auch in Mainz blieben
sie eng mit ihrer Heimatgemeinde Ebersheim verbunden. |
Kennkarte (ausgestellt Mainz
1939) für Gustav Berney (geb. 23. November
1864 in Ebersheim), Weinhändler, wohnhaft in Mainz, am 27. September 1942
deportiert ab Darmstadt in das Ghetto Theresienstadt, wo er am
6. Dezember 1942 umgekommen ist |
Kennkarte (ausgestellt Mainz
1939)
für Moritz Berney (geb. 28. September 1862
in Ebersheim), Weinhändler
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Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war ein Betraum in einem der jüdischen Häuser
vorhanden. Nach den Recherchen von Berthold Tapp bestand eine Synagoge in
Ebersheim bereits vor dem 20. Juli 1842. Sie war in einem von der
jüdischen Gemeinde angekauften und später ausgebauten Gebäude in der damaligen Mainzer Straße
eingerichtet worden.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge durch auswärtige SA-Leute
angezündet und niedergebrannt. Die Brandruine wurde 1956
abgebrochen.
Im Frühjahr 2014 wurde am Standort der ehemaligen Synagoge eine Gedenktafel
im Boden eingelassen, auf der das Synagogengebäude dargestellt ist mit der
Inschrift: "Standort der 1840/1842 errichteten Synagoge Ebersheim. Sie
wurde im November 1938 niedergebrannt". Die Gedenktafel wurde durch den
Bildhauer Rainer Knußmann gestaltet. Sie wurde auf Initiative des Ortsbeirats
und der beiden Kirchengemeinden angebracht.
Vgl. Artikel in der "Allgemeinen Zeitung" vom 2. Mai 2014: "Tafel
erinnert an jüdische Schicksale".
Adresse/Standort der Synagoge:
Konrad-Adenauer-Straße 6 (ehemalige Mainzer Straße)
Fotos
(Quelle: historische Karte aus dem Beitrag von R. Büllesbach
s.u. mit Hinweis auf Quelle: IGL-Bildarchiv)
Die Synagoge
in Ebersheim |
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Die historische
Karte zeigt mehr zufällig die ehemalige Synagoge:
am linken Bildrand das
Gebäude mit dem hohen Giebel |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
April
2011: In Ebersheim sollen ein Mahnmal
für die Opfer des Nationalsozialismus aufgestellt sowie
"Stolpersteine" verlegt werden |
Artikel von Jan Storzyk in der
"Allgemeinen Zeitung" (Mainz) vom 2. April 2011 (Artikel;
es wird nur ein Teil des Artikels zitiert, der weitere Teil befasst
sich mit anderen Themen der Ortsbeiratssitzung):
"Stolpersteine auch in Ebersheim
EBERSHEIM. ORTSBEIRAT Vorsteher kündigt weitere Mahnmale für Opfer des Nationalsozialismus an
Nachdem es bei der Übergabe des restaurierten Kriegerdenkmals zu einer Kontroverse um den Umgang mit der NS-Zeit gekommen ist, die von der Polizei geschlichtet werden musste (Die AZ berichtete), hat der Ortsbeirat reagiert. In einem Eilantrag aller Fraktionen wurde beschlossen, dass ein zweites Mahnmal errichtet wird, mit dem ausdrücklich aller Opfer des Nationalsozialismus gedacht wird. Das durch Spenden finanzierte Mahnmal soll als Gedenktafel oder Stein mit Inschrift in räumlicher Nähe zum Kriegerdenkmal aufgestellt werden.
In diesem Zusammenhang hat Ortsvorsteher Helgi Schwedass (FDP) mitgeteilt, dass in Kürze auch in Ebersheim
'Stolpersteine' in Erinnerung an die während der NS-Zeit deportierten Ebersheimer Juden installiert werden. Nach Rücksprache mit dem Bauamt werden die markierten Steine vor den Häusern angebracht, in denen die Deportierten ihren letzten Wohnsitz hatten. Finanziert wird das Projekt von einer Ebersheimer
Familie." |
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August
2011: "Stolpersteine" wurden
am 29. August 2011 verlegt |
Artikel (red) in der
"Allgemeinen Zeitung" (Mainz) vom 27. August 2011 (Artikel):
"'Stolpersteine' in Ebersheim
EBERSHEIM (red). Der Kölner Künstler Gunter Demnig verlegt am Montag, 29. August,
'Stolpersteine' in Ebersheim. Die 'Stolpersteine' erinnern an jüdische Mitbürger, die in der Reichspogromnacht 1938 Ebersheim verlassen mussten.
'Sie wurden mit den großen Mainzer Sammeltransporten nach Piaski beziehungsweise Theresienstadt deportiert. Keiner kehrte zurück', erklären Marion und Johannes Poensgen, die die Stolperstein-Verlegung initiiert haben.
Mit der Verlegung der Stolpersteine in Ebersheim werde erstmals, nach fast 70 Jahren, öffentlich der Ebersheimer Juden gedacht, die Opfer des Holocaust wurden, so das Ehepaar Poensgen. Die Verlegung beginnt um 12.15 Uhr vor dem Weinbrunnen in der Römerstraße. Dazu ist die Bevölkerung ebenso eingeladen wie zu dem Vortrag am Abend um 19.30 Uhr im Sitzungssaal der Ortsverwaltung. Gunter Demnig spricht über
'Stolpersteine - gegen das Vergessen'. Anschließend besteht die Möglichkeit, mit dem Künstler ins Gespräch zu kommen." |
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Bericht über die Verlegung
der "Stolpersteine" in Ebersheim in
einem Artikel von Pia Ditscher in "Allgemeine Zeitung" (Mainz)
vom 30. August 2011:
Gegen das Vergessen (Allgemeine Zeitung, 30.08.2011)
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Bericht über die Einweihung
der Gedenktafel für die Synagoge im Frühjahr 2014:
Tafel erinnert an jüdische Schicksale (Allgemeine Zeitung, 02.05.2014) |
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September
2014: Vorstellung des Buches von
Berthold Tapp: "Die israelitische Gemeinde Ebersheim mit
Harxheim" |
Bericht der katholischen
Pfarrgemeinde St. Laurentius Ebersheim: "Nach dem Vortragsabend über die israelitische Gemeinde Ebersheim mit Harxheim im Frühjahr wurde am 25.9. das inzwischen erschienene Buch des Ebersheimers Berthold Tapp ebenfalls im Rahmen der kath. Erwachsenenbildung vorgestellt. Der Verfasser hatte Professor Lehnardt vom Fachbereich Judaistik an der Universität Mainz dafür gewonnen, an diesem Abend vor mehr als 80 Zuhörern im überfüllten Pfarrsaal zu sprechen.
Lehnardt hob eingangs hervor, dass die Vorstellung des Buches an einem glücklichen Tag geschehe, nämlich am Rosch Haschana, dem jüdischen Neujahrsfest. Er freue sich, dass in dem Buch von B. Tapp Gründung, Aufstieg und Untergang einer Landjudengemeinde geschildert werde. Die seien bisher selten in den Blick genommen worden. Auch sei die Verbindung der Gemeindegeschichte mit der religiösen Welt der Juden gut herausgearbeitet worden, ebenso wie die dem Judentum eigenen Gebote, die das Alltagsleben von der Beschneidung über den Religionsunterricht bis zu den Begräbnisriten. Man müsse bei den Landjudengemeinden von einer eher orthodoxen Religionsausübung ausgehen, die die Männer der Gemeinde mit Vorbeter/ Vorsänger und ohne Rabbiner verantworteten. Anders als in Städten gab es auf dem Lande keine liberalen Formen religiöser Praxis. Lehnardt wünschte sich mehr solcher Untersuchungen in Rheinhessen.
Der Autor B. Tapp berichtete anschließend, wie er durch Kontakte zu älteren Ebersheimern auch die untergegangene Welt der Juden hier im Ort entdeckte und schließlich selbst zu erforschen begann. Er schilderte- das Vorurteil der reichen Juden aufgreifend-, wie sich die Einkommensverhältnisse der Ebersheimer Juden darstellten. Er leitete sie ab von den Beiträgen, die jeder Jude zum Unterhalt der Gemeinde zu leisten hatte, basierend auf dem Steuerkapital. Daraus ergeben sich Einkommensschichtungen unter den 18 bis 20
Steuerpflichtigen mit wenigen reichen Juden (2) und zahlreichen in „sehr bescheidenen, wenn nicht ärmlichen Verhältnissen“ lebenden Juden. Abschließend schilderte er die Ereignisse der Reichspogromnacht in Nieder-Olm und Ebersheim 1938, die –wie sich aus den Akten ergibt- bereits 24 Stunden vor dem allgemeinen Pogrom, nämlich am 8. November stattfanden.
Eine lebhafte Diskussion der Zuhörer beendete den gelungenen Abend.
Das Buch ist im BoD Verlag erschienen und im Buchhandel wie auch beim Autor erhältlich.
ISBN 978-3-7357-4072-4". Link
zu amazon.de |
Bericht über die
Forschungsarbeit von Berthold Tapp:
Dokumente erstmals ausgewertet (Allgemeine Zeitung, 24.09.2014) |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 145-146. |
| Friedrich Eckert: Juden in Mainz-Ebersheim. Mainz
1992 (Mainz-Ebersheim. Vergangenes auf Bildern festgehalten Bd.
4).
Hinweis: dieses Buch ist komplett einsehbar über die Website "Ebersheimer
Album" - "Bücher
in der Bibliothek des Ebersheimer Albums". |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 69-72 (mit weiteren Literaturangaben).
|
| Dieter Krienke: Die Synagogen der Mainzer Vororte
Bretzenheim, Ebersheim, Hechtsheim und Kastel. In: Die Mainzer Synagogen.
Hrsg. von Hedwig Brüchert im Auftrag des Vereins für
Sozialgeschichte Mainz e.V. Mainz 2008. Weitere Informationen zu diesem Buch
bei den Literaturangaben auf der Seite zu den Synagogen
in Mainz. |
| Rudolf Büllesbach: Geschichte und Schicksal der
Ebersheimer Juden. Beitrag
veröffentlicht in regionalgeschichte.net.
|
| Berthold Tapp: Die israelitische Gemeinde Ebersheim
mit Harxheim und ihre Synagoge (1830-1938): Aufstieg und Untergang einer
rheinhessischen Landjudengemeinde. 2014. 116 S. 12.- €. BoD-Verlag ISBN
978-3-7357-4072-4. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Ebersheim Hesse. The community,
numbering 82 (4,8 % of the total) in 1871, dwindled to 25 by 1933. The remaining
Jews left after Kristallnacht (9-10 November 1938), when the synagogue was
destroyed.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|