Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia
Judaica
Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und
bestehende) Synagogen
Übersicht:
Jüdische Kulturdenkmale in der Region
Bestehende
jüdische Gemeinden in der Region
Jüdische
Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur
und Presseartikel
Adressliste
Digitale
Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Rheinland-Pfalz"
zu den "Synagogen im
Westerwaldkreis"
Grenzhausen (Gemeinde
Höhr-Grenzhausen, Westerwaldkreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Grenzhausen bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938.
Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. 1683
waren vier jüdische Familien am Ort (Hirtz, Jacob, Musch und Nathans Frau),
die sich in den Jahren zuvor am Ort niedergelassen haben (1671 wurden noch keine
Juden am Ort genannt). 1690 bis 1695 wohnen Musch, Nathans Frau und
Jacobs Frau in Grenzhausen; alle drei Lebten vom Schlachten und hatten daher zum
Schutzgeld auch Schlachtgeld an die Ortsherrschaft abzuführen. 1695
werden vier Familien aufgeführt: Musch, Veitel, Jacobs Frau und Itzig, 1707
wieder drei Familien: Veitel, Itzig Moses und Isack Nathan. Bis 1778
erhöhte sich die Zahl der jüdischen Familien auf elf. In diesem Jahre wird
auch erstmals ein
"Schulmeister" (Vorbeter/Lehrer) genannt, ein
"Judenvorsteher" erstmals 1796 Leib Calmen).
1806 waren
elf jüdische Familien am Ort, womit Grenzhausen im Gebiet der damaligen
Grafschaft Neuwied und dem heutigen Westerwaldkreis die zahlenmäßig stärkste
jüdische Gemeinde hatte. Im Laufe des 19. Jahrhunderts nahm die Zahl der
jüdischen Einwohner nur unwesentlich zu und ging dann durch Aus- und Abwanderung
zurück: 1815 waren es
neun jüdische Familien mit 55 Personen, 1823-24 acht jüdische Familien, die
teilweise vom Viehhandel lebten. Einige ältere Leute waren ohne Beruf und
lebten in ärmlichen Verhältnissen (vgl. die Spendenaufrufe unten). 1871 wurde die höchste Zahl von 69
jüdischen Einwohnern festgestellt, 1895 wurden noch 64 jüdische Einwohner
gezählt.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
jüdische Schule, ein rituelles Bad und einen Friedhof. Zur Besorgung
religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als
Vorbeter und Schochet tätig war.
Um 1925, als zur jüdischen Gemeinde noch 22 Personen gehörten (1,1 %
von etwa 2.000 Einwohnern) waren die Vorsteher der Gemeinde Moritz Busch, J.
Meyer und M. Rosenberg. 1932 (21 jüdische Einwohner) war Vorsteher
weiterhin Moritz Busch. Als Religionslehrer der damals drei schulpflichtigen
jüdischen Kinder in Grenzhausen kam Lehrer Goldbach aus Selters nach
Grenzhausen. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Bad Ems (beziehungsweise
Rabbinatsbezirk Ems und Weilburg).
1933 lebten noch 25 jüdische Personen in Grenzhausen. Von diesen sind in
den folgenden Jahren vier nach Frankreich ausgewandert. Andere verzogen nach
Frankfurt und weiteren Städte innerhalb Deutschlands, zwei verstarben 1936/37
in Grenzhausen. 1938 war letzter jüdischer Gemeindevorsteher Max Rosenberg.
Von den in Grenzhausen geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", verglichen mit der Liste im
Buch von ): Thekla Beuler geb. Busch
(1890), Max Fuldheim (1883), Max Fuldheim (1887), Daniel Haas (1873), Jenny Haas
geb. Strauß (1875), Dora Haas geb. Blumenfeld (1869), Gertha Haas (1902),
Gustav Haas (1908), Ilse Haas (1934), Ingfried Haas (1937), Irma Haas geb.
Weinberg (1901), Johanette Haas (1892), Walter Haas (1899), Emma Hecht
geb. Fuldheim (1886), Johanna Hein geb. Haas (1866), Ida Herrmann geb. Cahn
(1878), Max Herrmann (1907), Henriette Herz geb. Haas (1889), Bettchen Kahn
geb. Löwenthal (1857), Selma Marcus geb. Meyer (1891), Berthe (Berte) Meyer
geb. Haas (1898), Frederic (Fritz) Meyer (1893), Max
Rosenberg (1889), Rosa Rosenberg geb. Levi (1895), Rosa Schnug geb. Fuldheim (1889), Minna Steinhardt geb.
Schott (1873),
Regina Sürth geb. Fuldheim (1891), Minna Winter geb. Schott (1884).
Anmerkung: Die Recherche in den angegebenen Listen ist schwierig, weil es bei
"Grenzhausen" zu Verwechslungen kommt mit Personen aus dem
polnischen Ort Slupce/Slupca (vormals Grenzhausen im Wartheland).
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Anzeigen - Spendenaufrufe aus der Gemeinde
Für eine unter Armut und Krankheit des
Familienvaters leidende Familie (1886)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. November 1886: Aufruf!
Obschon die Mildtätigkeit unserer Glaubensgenossen bei gegenwärtiger
Zeit sehr in Anspruch genommen ist, so sehen sich die Unterzeichneten
dennoch veranlasst, auf diesem Wege für einen hiesigen alten kranken
Familienvater die Wohltätigkeit edeldenkender Menschen in Anspruch zu
nehmen.
In hiesiger Gemeinde lebt ein 75jähriger Witwer mit 3 Kindern in den
dürftigsten Verhältnissen; die Familie, durch verschiedene
Schicksalsschläge schon heimgesucht, hat sich bis hierhin kümmerlich mit
Hilfe edelgesinnter Freunde ernährt. Doch plötzlich ist der alte Mann
aufs Krankenlager geworfen und zwar so, dass die beiden älteren Kinder,
welche körperlich schwächlich (das dritte besucht die Schule) den alten
Vater aufgeben und niederlegen müssen, also nicht von ihm weichen
können. Die Familie ist durch diesen Fall in die äußerste Not versetzt
und ist das Schlimmste zu befürchten, wenn nicht schleunige Hilfe von
Auswärts kommt, denn die hiesige Gemeinde ist klein und besteht meist aus
unbemittelten Familien.
Milde Gaben wolle man gefälligst richtigen an die Expedition dieses
Blattes, sowie an die Unterzeichneten.
Grenzhausen, 24. November 1886. J. Fuldheim, Vorsteher. Wilhelm
Müller, Dekan. Corcilius, Bürgermeister.
Auch wir sind gern bereit, Gaben entgegenzunehmen und weiter zu
befördern. Die Expedition des 'Israelit'." |
Für eine unter Armut und Krankheit leidende Familie
(1893)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Februar 1893: "Es
wird hiermit der Wahrheit gemäß bescheinigt, dass der Händler Liebmann
berg dahier eine Frau, zwei Kinder im Alter von 12 und 7 Jahren, wovon das
ältere fallsüchtig und stets krank ist, sowie einen Enkel von 2 Jahren
zu ernähren hat. Er war den Winter krank, ist daher sehr arm und außer
Stande, die schuldigen Zinsen zu zahlen; wenn nicht mildtätige Leute
helfen, wo wird ihm sein Häuschen zwangsweise verkauft, Mark 100 -
wörtlich hundert Mark würden für jetzt genügen. Grenzhausen, 23.
Februar 1893. Der Bürgermeister: Corcilius.
Vorstehendes wird gerne bestätigt und ist dringende Hilfe nötig. Zur
Empfangnahme von Haben ist gerne bereit. Der Kultusvorsteher: Meyer." |
Für ein armes, älteres Ehepaar (1900)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. März
1900: "Herzliche Bitte! Welche edeldenkende Leser dieses
Blattes helfen den Unterzeichneten, ein der jüdischen Kultusgemeinde zu
Grenzhausen (Unterwesterwald) angehörendes altes, braves und fleißiges
Ehepaar zu unterstützen? Diese beiden alten Leute, welche sich
kümmerlich von einem kleinen Gemüsehandel und von Botengängen nähren, bewohnen
einen kleinen Anbau der alten Synagoge, wofür sie, obwohl derselbe sehr
feucht und baulich äußerst mangelhaft ist, hohe Miete zahlen müssen. Da
nun eine andere, für ihr Geschäft passendere Einzelwohnung hier kaum
oder nur unter Aufwendung größerer Kosten zu haben ist, so beabsichtigen
die Unterzeichneten, den beiden Alten zu einem eigenen Häuschen zu
verhelfen, das nach Anschlag des Baumeisters etwa 260 Mark kosten soll.
Weil aber die Leute diese Summe nicht aufbringen können, zumal ihnen noch
ihre Ersparnisse vor etwa einem Jahr gestohlen wurden, ihre verheirateten
Kinder für sich genug zu kämpfen haben, so wenden sich die
Unterzeichneten an die Mildtätigkeit Edeldenkender mit der Bitte um
Unterstützung. Etwaige Beträge wolle man unter 2422 an die
Geschäftsstelle dieses Blattes, oder an die Unterzeichneten
einsenden.
Grenzhausen, 10. März 1900. Dr. Weingarten, Rabbiner zu Ems - G.
Krull, Rektor zu Grenzhausen." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeigen der Metzgerei Heimann Fuldheim (1902 / 1903)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 10. November 1902:
"Für meine Metzgerei und etwas Viehhandel suche per sofort
einen angehenden
Gehilfen.
Gehalt nach Übereinkunft.
Heimann Fuldheim, Grenzhausen." |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 30. Juli 1903:
"Für meine Metzgerei, mit etwas Viehhandel dabei, suche
sofort einen anständigen
Jungen
als Gehilfe. Gehalt nach Übereinkunft.
H. Fuldheim, Grenzhausen (Nassau)." |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine Synagoge wird zwar erstmals 1843 erwähnt, doch wird bereits im 18. Jahrhundert (1778) ein jüdischer Schulmeister genannt, der als Vorbeter und Lehrer
dafür zuständig war, was in der "Judenschule" vor sich ging. Damit
kann vorausgesetzt werden, dass es seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
zumindest einen Betsaal gab. 1843 wurde von der jüdischen
Gemeinde ein zweistöckiges Haus in der Judengasse (jetzt: Seiferwiese) gekauft
und zur Synagoge umgebaut. Das Gebäude lag jedoch in einem sehr feuchten
Bereich, woran das Haus und seine Einrichtung schwer litt. Zwei Torarollen
gingen durch die Feuchtigkeit, vermutlich durch Schimmelbefall verloren, was ein
schwerer Verlust für die Gemeinde bedeutete.
Um 1890 wollte die
jüdische Gemeinde eine neue Synagoge erstellen. Ein Baufond wurde angelegt,
eine "hochherzige Gönnerin" der Gemeinde gab einen ersten größeren
Betrag; über Eigenbeträge und Spenden aus anderen Orten wollte man das Geld
für den Neubau besorgen.
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Mai 1890:
"Aufruf! Edle Glaubensgenossen! Wir besitzen kein
Gotteshaus! Das Betlokal, das uns bisher als solches diente, ist in
Wahrheit dieses Namens nicht würdig. Abgesehen davon, dass es im Hofe
eines alten Hauses sich befindet, ist es auch derart feucht, dass - es ist
schrecklich daran zu denken - zwei Torarollen vollständig zu
Grunde gingen und begraben werden mussten. Es ist nun unser sehnlichster
Wunsch, eine neue, bescheidene Synagoge zu errichten. Von einer
hochherzigen Gönnerin unserer Gemeinde haben wir bereits eine ansehnliche
Summe zum Baufond erhalten. Doch, woher das übrige Geld nehmen. Unsere
Gemeinde ist unbemittelt und kann die Kosten unmöglich tragen!
Edle Brüder und Schwestern! Unterstützt unser Unternehmen! Jeder
trage sein Scherflein bei, damit wir noch vor dem Herannahen der heiligen
Herbstfeiertage ein neues Gotteshaus seiner hehren Bestimmung übergeben
können. Seiner Ehrwürden, Herr Bezirksrabbiner Dr. Weinharten, sowie
Herr J. Kaufmann, Buchhandlung in Frankfurt am Main, Börnestraße 41,
sind bereit, Gaben für diesen Zweck in Empfang zu nehmen. Über die
eingehenden Spenden wird in diesen Blättern dankend quittiert
werden.
Der Vorstand der Kultusgemeinde Grenzhausen, Löb Busch.
Die vorstehenden Angaben des Vorstandes der hiesigen Kultusgemeinde werden
hiermit, als der Wahrheit gemäß, beglaubigt.
Grenzhausen, 23. April 1890. Der Bürgermeister, Corcilius." |
Auch wenn die Gemeinde nach diesem Aufruf am liebsten
im Herbst 1890 eine neue Synagoge eingeweiht hätte, dauerte es noch mehrere
Jahre, bis man an eine Realisierung des Planes denken konnte. Erst auf Grund
einer weitgehenden Finanzierung durch Charles Ullmann (Leipzig) zum ehrenden Gedenken
an seine aus Grenzhausen stammende Mutter wurde der Neubau der Synagoge ermöglicht. Ullmann hatte 1896
zunächst das 2,81 ar große Eckgrundstück Kasinostraße/Steinrauschsweg
gekauft. Die neue Synagoge wurde 1898/99 erbaut und am 2. Februar 1900 unter
großer Anteilnahme der ganzen Bevölkerung eingeweiht.
Zur Einweihung liegen
zwei Berichte vor: aus der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" (oben)
vom 16. Februar 1900 und aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19.
Februar 1900 (unten):
"Grenzhausen
bei Koblenz, 9. Februar (1900). Hier fand am Freitag die feierliche Einweihung
der neuen Synagoge statt. Ein stattlicher Festzug, an dem sich der
Bürgermeister, der Landrat Dr. Schmidt aus Montabaur, das Lehrerkollegium, der
Gemeindevorstand sowie zahlreiche Bürger beteiligten, begab sich von der alten
Synagoge durch die reich beflaggten Feststraßen nach dem neuen Gotteshaus. Die
alle Hörer tief ergreifende Festrede hielt Rabbiner Dr. Weingarten aus Ems.
Abend fand unter großer Beteiligung der ganzen Einwohnerschaft ein Konzert
statt, wobei von Rabbiner Dr. Weingarten das Kaiserhoch ausgehracht wurde. Der
Bau der Synagoge wurde auf Veranlassung und auf Kosten des Herrn Charles Ullmann
und zwar zur Erinnerung an die verstorbene Mutter des Letzteren ausgeführt."
|
|
"Grenzhausen
(Westerwald). Das Bedürfnis einer neuen Synagoge war in unserer Gemeinde schon
längst vorhanden, doch fehlten uns die hierzu nötigen Mittel. Frau Joseph
Ullmann aus Leipzig, welche hier geboren und ihrem letzten Wunsch gemäß zur
ewigen Ruhe gebettet ist, suchte neben ihrer Sorge für die Hebung ihres
Geburtsortes auch unserer Gemeinde ein würdiges Gotteshaus zu verschaffen. Der
Tod setzte ihrem Streben ein Ende, aber was sie unerfüllt mit ins Grab
genommen, das hat in pietätvoller, hochherziger Weise ihr edler Sohn, Herr
Charles Ullmann in Leipzig, zur Verwirklichung geführt. Durch den
Bürgermeister ließ er ein schön gelegenes Grundstück gegenüber dem Casino
kaufen und dort auf eigene Kosten eine stilvolle Synagoge, über deren Eingang
'Ullmann-Stiftung' zu lesen ist, aufbauen. Auf speziellen Wunsch des
Bezirksrabbiners Herrn Dr. Weingarten in Ems wurde eine Mikwe im Erdgeschosse eingerichtet.
Am 2. Februar konnte der Bau unter Beteiligung der gesamten Bürgerschaft seiner
heiligen Bestimmung übergeben werden. Fast sämtliche Häuser des Ortes
prangten an diesem Tage in Flaggenschmucke und kündigten das Herannahen der
Festlichkeiten an. Um zwei Uhr versammelten sich die Gemeindemitglieder und
zahlreiche Gäste zum letzten Male in dem alten Bethause, woselbst Herr Lehrer
Cohn aus Vallendar den Minchagottesdienst, unterstützt von einem Chore, leitete
und Herr Bezirksrabbiner Dr. Weingarten aus Ems ergreifende Abschiedsorte an die
Anwesenden richtete. Unterdessen hatte sich auf der Straße eine große
Menschenmenge angesammelt, sodass die Festordner Mühe hatten, Raum für den
aufzustellenden Festzug zu gewinnen. Dieser zog auf einem Umwege unter Musik-
und Gesangbegleitung nach der neuen Synagoge. Vor dem Portale derselben
überreiche Fräulein Fuldaheim mit einer sinnigen Ansprache den Schlüssel dem
Bürgermeister, Herrn Corcilius, dieser, indem er versprach, die Synagoge in der
städtischen Schutz zu übernehmen, dem Kgl. Landrat Herrn Dr. Schmidt aus
Montabaur, und dieser hinwiederum, indem, er der Gemeinde zu dem Werke
gratulierte, dem Bezirksrabbiner, Herrn Dr. Weingarten aus Ems, welcher die
Türe der Synagoge öffnete, sodass der Innenraum sich den erstaunten Blicken
zeigte. Nachdem
die Festteilnehmer, unter denen wir außer dem Ladrat und Bürgermeister auch
den Pfarrer des Ortes und den Rektor mit dem Lehrerkollegium bemerkten, ihre
Plätze eingenommen hatten, wurden unter Gesangbegleitung des Synagogenchores
die üblichen Rundgänge vollzogen, und nach einem Liede, gesungen vom
Männergesangverein von Grenzhausen, bestieg Herr Bezirksrabbiner Dr. Weingarten
die Kanzel, um eine erhebende Weihepredigt zu halten, mit Zugrundelegung des Wochenabschnittes:
|
'Sie sollen mir ein Heiligtum bauen, auf dass ich in ihrer Mitte wohne.'
Mit einem Gebete für Kaiser und Reich, den Stifter des Gotteshauses und die
Gemeinde schloss die ergreifende Predigt, an welche sich das Abendgebet,
geleitet von Herrn Lehrer Cohn anreihe. Die Behörden und sämtliche
christlichen Bürger, die zahlreich erschienen waren, harrten mit der
andächtigen Gemeinde bis zum Schlusse aus, um sich dann um 8 Uhr im Hotel
Corcilius in festesfroher Stimmung wieder einzufinden. Herr Dr. Weingarten
brachte das Kaiserhoch aus und betonte in seinem Toaste auf die Bürgerschaft,
das friedliche und harmonische Verhältnis, das in Grenzhausen zwischen allen Bürgern
bestehe und nicht zum mindesten dem gerechten Sinne des Bürgermeisters zu
danken wäre. Es folgten die Toaste des Bürgermeisters auf die Gemeinde und des
Herrn Rosenberg auf den Stifter Herrn Ullmann, den Krankheit leider vom Erscheinen
gehindert. Die Festlichkeiten am nächsten Tage wurden eingeleitet durch den
Festgottesdienst und die Festpredigt des Herrn Dr. Weingarten und beschlossen
durch ein Bankett am Samstag Abend. Hervorzuheben ist noch, dass der christliche
Männergesangverein durch öftere Gesangspiecen das Bankett herrichtete."
|
Bis 1905 war als Besitzer der Synagoge Charles Ullmann in Leipzig
eingetragen; dann ging das Gebäude in den Besitz der Gemeinde über. Im
Kaufvertrag wurde festgehalten, dass die Synagoge "nicht belastet und, so
lange die Juden in Grenzhausen wohnen, nicht veräußert werden" dürfe.
Die Synagoge wurde nur bis Anfang der 1920er-Jahre regelmäßig für
Gebete und Gottesdienste der kleiner werdenden Gemeinde verwendet. Nach 1925
fanden nur noch zu den hohen Feiertagen Gottesdienste statt.
Im August 1938 wurde die Synagoge verkauft, dennoch wollten SA-Leute beim
Novemberpogrom 1938 auch die Synagoge in Grenzhausen zerstören. Sie brachten
Holz in die Synagoge, wurden jedoch von einem Nachbarn darauf hingewiesen, dass
das Gebäude nicht mehr in jüdischem Besitz sei. Einige Jahre später wurde das
Gebäude zu einem bis heute bestehenden Wohnhaus umgebaut.
Adresse/Standort der Synagoge: alte Synagoge in
der Seiferwiese 4 (ehemalige Judengasse), neue Synagoge (von 1900) in der
Kasinostraße 9
Fotos
|
Neue Fotos werden noch
erstellt;
über Zusendungen freut sich der Webmaster;
Adresse siehe Eingangsseite |
|
Die ehemalige Synagoge in der
Kasinostraße
(Quelle: Landesamt s.Lit. S. 188) |
|
|
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Februar 2020:
Gedenkfeier und
Zeitzeugengespräch
Hinweis: die
Zeitzeugin ist aus Münster, nicht aus Grenzhausen. Link zu dem im Artikel
genannten Projekt arbeit und Lernen e.V.:
https://www.paulev.de/
|
Artikel
in "Blick-aktuell" vom :
"Zeitzeugengespräch mit Liesel Binzer - Gedenkfeier für die Opfer
des Nationalsozialismus
Am 27. Februar im Keramikmuseum Höhr-Grenzhausen, Lindenstraße 13
Höhr-Grenzhausen. Liesel Binzer, die 1936 in Münster als Liesel Michel
geboren wurde, musste zusammen mit ihrer Mutter Hilde und ihrem Vater
Bernhard, der im Ersten Weltkrieg beide Beine verloren hatte und mit dem
Eisernen Kreuz ausgezeichnet worden war, im Jahr 1938 nach der
Reichspogromnacht in ein Judenhaus in Münster ziehen. Prägend war für sie
dann die Zeit im KZ Theresienstadt, in das sie am 31. Juli 1942 im Alter von
fünf Jahren und neun Monaten zusammen mit ihren Eltern deportiert wurde.
Insgesamt 15.000 Kinder waren in Theresienstadt interniert. Nur 150 haben
überlebt. Dass sie eine dieser Überlebenden ist, ist für sie noch heute eine
beklemmende Vorstellung. Als ein Wunder bezeichnete sie überdies die
Tatsache, dass sowohl ihre Mutter als auch ihr schwerbehinderter Vater die
Shoa überlebt haben. Von den drei Jahren in Theresienstadt und auch über ihr
Leben danach wird sie am Donnerstag, 27. Februar, ab 19 Uhr im Keramikmuseum
Höhr-Grenzhausen berichten. Das Projekt Arbeit und Lernen e.V. und die
Partnerschaft für Demokratie im Kannenbäckerland, bestehend aus den
Verbandsgemeinden Höhr-Grenzhausen und Ransbach-Baumbach, laden alle
Interessierten zu der Veranstaltung ein. Der Eintritt ist frei. Die
Veranstaltung wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms 'Demokratie leben!'"
Link zum Artikel https://www.blick-aktuell.de/Berichte/Gedenkfeier-fuer-dieOpfer-des-Nationalsozialismus-433878.html |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 277-278. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 188-189 (mit weiteren Literaturangaben).
|
| Joachim
Jösch/Uli Jungbluth u.a. (Hrsg.): Juden im Westerwald. Leben,
Leiden und Gedenken. Montabaur 1998. S. 165-174 u.ö. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Grenzhausen. The community,
numbering 86 (5 % of the total) in 1885, built a new synagogue in 1900 but
dwindled to 25 in 1933. Though no longer in Jewish procession, the synagogue was
burned on Kristallnacht (9-10 November 1938). Jews who did not emigrate perished
in the Holocaust.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|