Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Hessen"
Zu den "Synagogen im
Kreis Gießen"
Hungen mit
Inheiden, Utphe und Villingen (Stadt Hungen, Kreis
Gießen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Hungen bestand eine jüdische Gemeinde bereits im
späten Mittelalter. Schon im 14. Jahrhundert könnten Juden in der Stadt gelebt
haben, doch liegen urkundliche Nachweise erst seit 1426 vor. Damals wird eine
Familie genannt, die aus Wölfersheim (Jakob von Wölfersheim und Moses von
Wölfersheim) zugezogen war, eine andere aus Langsdorf (Moses von Langsdorf
1458). Die jüdischen Familien lebten von Einnahmen aus dem Pfandleihgeschäft.
Da 1463 ein jüdischer "scholemeister" (Schulmeister; Schule =
Synagoge) genannt wird, ist davon auszugehen, dass noch mehrere jüdische
Familien in der Stadt lebten und diese einen Betsaal oder eine Synagoge
hatten.
Auch im 16. Jahrhundert bestand eine jüdische Gemeinde mit eigenen
Einrichtungen: 1510 erteilte Graf Bernhard III. (Ortsherrschaft Grafen
von Solms) der Judenschaft das Recht auf einen Friedhof.
Einschränkungen gab es in der Zeit des Dreißigjähriges Krieges: 1623
wurde den Hungener Juden auf Grund einer Klage der Krämerzunft das Hausieren verboten; 1633
wurden auf Befehl Graf Wilhelm II. verarmte Juden ausgewiesen. 1655 gab es in
der Stadt fünf jüdische Hausbesitzer, 1666
wurden 53 jüdische Einwohner in acht jüdischen Familien gezählt. Im 18.
Jahrhundert dürften kontinuierlich acht bis zehn jüdische Familien in
Hungen gelebt haben. Damals gehörten auch die in Langsdorf lebenden jüdischen Personen
zur Gemeinde in Hungen. Nach 1765 bildeten die Langsdorfer Juden jedoch eine
eigene Gemeinde.
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich im 19. Jahrhundert
wie
folgt: 1818 62 jüdische Einwohner, 1828 54, 1861 83 (6,6 % von insgesamt
1.251 Einwohnern), 1880 105 (7,8 % von 1.350), 1900 93, 1910 85 (5,1 % von 85).
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert begann der Prozess der Ab- und
Auswanderung. So sind mehrere der jüdischen Einwohner nach Nordamerika
ausgewandert.
Um 1800 lebten die jüdischen Familien noch in sehr bescheidenen
wirtschaftlichen Verhältnissen, erst im Laufe des 19. Jahrhunderts besserte
sich die Situation nach Eröffnung mehrerer Handlungen und Läden.
Zur jüdischen Gemeinde in Hungen gehörten auch die in Inheiden und Utphe
lebenden jüdischen Personen (Inheiden: 1830 13, 1905 7, 1924 6, 1932 6; Utphe:
1830 9, 1905 6, 1924 4; 1932 5).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische
Schule, ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser
Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als
Vorbeter und Schochet tätig war. 52 Jahre wirkte allein (von 1842 bis 1894) der
Lehrer Salomon Salomonsohn. Um 1865 wird als Lehrer aus Hungen bei
einer Lehrerkonferenz in Nidda V. Cosmann
genannt.
Um 1924, als 73 jüdische Einwohner gezählt wurden (4,2 % von 1.748),
waren die Vorsteher der jüdischen Gemeinde Gustav Löb und Gustav Gonsenhäuser.
Als Lehrer und Kantor wirkte Jacob Höhnlein. Er hatte damals acht jüdische
Kinder in Religion zu unterrichten (1932 gleichfalls acht Kinder). An jüdischen
Vereinen bestand insbesondere der Wohltätigkeitsverein (1924 unter Leitung von
Gustav Gonsenhäuser). Von 1925 bis 1927 war Lehrer in Hungen Leo Singer. Seit 1929 war jüdischer Lehrer und Kantor Edwin Seelig
aus Nordhausen im Harz (bis September 1934;
danach in Kirchhain, 1936 nach Palästina emigriert). Anfang
der 1930er-Jahre waren von den etwa 18 jüdischen Familien zwei
Getreidehändler, sieben Textilhändler, fünf Viehhändler. Außerdem gab es
einen jüdischen Arzt (Dr. Siegfried Maier) und den jüdischen Lehrer.
1933 lebten noch 63 jüdische Personen in Hungen (3,7 % von 1.800).
In
den folgenden Jahren ist ein Großteil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen (insbesondere nach Frankfurt) beziehungsweise ausgewandert.
Bereits im März 1933 hatte ein SA-Trupp Gustav Gonsenhäuser in seiner
Wohnung überfallen (Kaiserstraße 27). Seit Oktober 1933 wurden die jüdischen
Viehhändler vom Viehmarkt in Hungen ausgeschlossen. Bauern, die noch mit
Juden Handel trieben, durften ihre Milch nicht mehr in der Molkerei Hungen
abliefern. Ernst Katz, der von
einem SA-Mann aus Hungen angegriffen wurden war, hatte sich gewehrt und wurde
dafür ins KZ Osthofen eingewiesen. Auf Grund eindeutiger
Zeugenaussagen wurde er jedoch wegen Notwehr freigesprochen und konnte Deutschland verlassen.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde nicht nur die Synagoge geschändet:
SA-Leute überfielen auch jüdische Häuser und Wohnungen. Vier Männer wurden
festgenommen, in das Gefängnis gesperrt und misshandelt. Unter den in das KZ
Buchenwald verschleppten Personen war der letzte Vorsteher Salomon Wiesenfelder,
der am 20. November 1938 an den Haftfolgen starb. 1939 wurden noch 13 jüdische
Einwohner in Hungen gezählt, am 31. Dezember 1940 waren es noch sieben. Am 15.
September 1942 wurden die letzten drei jüdischen Einwohner Hungens
deportiert. Aus Inheiden wurden 16 jüdische Personen deportiert, darunter das Ehepaar Meier und Rosa Steinhauer sowie Frieda Steinhauer, die bis
Oktober 1941 in Hungen gewohnt hatten und dann in ein "Judenhaus" in
Inheiden ziehen musste (Haus der Familie Katz Seestraße 21).
Von den in Hungen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Anna Gallinger geb.
Hess (1875), Samuel Gerendasi (1886), Gustav Gonsenhäuser
(1869), Paula Gonsenhäuser geb. Steinheiner (1874), Florenze Grünebaum geb.
Kahn (1900), Alexander Hirsch (1901), Bertha Kahn geb. Kaufmann (1871), Hermann
Kahn (1895), Julius Kahn (1867), Milli Martha Kahn (1887), Simon Kahn (1863),
Gerda Kaufmann geb. Sulzbach (1909), Emma Mannheimer geb. Stern (1861), Rosalie
Nelkenstock geb. Kahn (1870), Helene Oppenheimer geb. Klebe (1855), Hermann
Oppenheimer (1881), Ida Oppenheimer geb. Grünebaum (1884 oder 1885), Johanetta
Oppenheimer geb. Eichel (1881), Katharina (Karola) Oppenheimer (1915), Karoline
Oppenheimer (1891), Ruben Oppenheimer (1883), Berta
Saalberg geb. Katz (1864), Amalie Seckbach geb. Buch (1870)*, Johanna Stahl geb.
Cahn (1888), Frieda Steinhauer (1886), Meier (Moritz) Steinhauer (1884), Rosa
Steinhauer geb. Klein (1879), Susanne Steinhauer (1893), Lina Stern geb. Katz
(1865), Clementine Strauss geb. Stern (1882), Alfred Sülzbach (1877), Gertrud(e)
Wassermann geb. Meyer (1897), Salomon Wiesenfelder (1875, siehe unten Dokument
aus dem KL Buchenwald).
*) Frau des Architekten Max
Seckbach.
Von den in Inheiden geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Rosalie Joseph geb. Wallenstein (1881), Julius
Katz (1886), Levy Katz (1862), Recha Katz geb. Simon (1888), Emma Kuttner geb.
Gutmann (1874), Julius Kuttner (1876), Marta Kuttner (1912), Paula Löwenberg
geb. Katz (1890), Elfriede
Löwenstein geb. Katz (1914), Jennie Löwenstein (1941), Otto Löwenstein
(1909), Hilda (Henel) Simon geb. Eckstein (1861).
Nach 1945 kam ein jüdisches Ehepaar aus Theresienstadt nach Hungen
zurück: Jeremias Oppenheim und seine Frau Hedwig geb. Wiesenfelder. Herr
Oppenheim starb bereits 1946, seine Frau starb in Frankfurt am Main im September
1991.
Am 26. August 1990 wurde am jüdischen Friedhof in Hungen ein Mahnmal
zur Erinnerung an die jüdischen Einwohner von Hungen, Bellersheim, Obbornhofen
und Utphe eingeweiht. Auf dem Denkmal stehen die Namen der "in der Zeit der
Gewaltherrschaft 1933 bis 1945 ermordeten, vertriebenen und gedemütigten
jüdischen Bürger". Auf Grund der Forschungsarbeit der "Arbeitsgemeinschaft
Spurensuche" in Hungen konnte die Zusammenstellung vorgenommen
werden.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Lehrers, Vorbeters und Schochet 1862 / 1870 /
1875 / 1894 /
1901/ 1915 / 1921 (Hilfsvorbeter) / 1923 / 1925
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. August 1862:
"Für einen braven, tüchtigen Religionslehre rund Vorsänger ist
eine sehr empfehlenswerte Stelle in meinem Rabbinate: zu Hungen in
der Wetterau, offen mit 250 Gulden fixem Gehalt, freier Wohnung und
Akzidenzien, und nehme ich portofreie Bewerbungen um dieselbe gern
entgegen. Gießen, den 4. August 1862. Rabbiner Dr. Levi." |
|
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Juli 1870: "Konkurrenz-Eröffnung.
Die Stelle eines Religionslehrers und Vorbeters bei der israelitischen
Gemeinde zu Hungen, mit einem jährlichen Gehalt von 350 Gulden nebst
freier Wohnung und Akzidenzien ist zu besetzen. Konkurrenzfähige Bewerber
wollen sich unter Vorlage ihrer Zeugnisse binnen sechs Wochen bei dem
unterzeichneten Vorstand melden. Hungen (Oberhessen), den 4. Juli
1870.
Der Vorstand. S. Salomonsohn". |
|
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 14. September 1875: "Die Religionslehrer- und
Vorbeter-Stelle in der israelitischen Gemeinde zu Hungen ist zu
besetzen. Gehalt bei freien Wohnungsräumen 700 Reichsmark. Bewerber
wollen sich alsbald unter Beifügung ihrer Zeugnisse bei uns melden.
Hungen in Oberhessen, im August 1875. Der Vorstand der
israelitischen Religions-Gemeinde dasselbst." |
|
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. August 1894: "Die Stelle
eines Lehrers, Kantors und Schochets an hiesiger Gemeinde ist per alsbald
zu besetzen. Tüchtige Bewerber wollen sich schriftlich unter Beifügung
ihrer Zeugnisse an unterzeichneten Vorstand wenden.
Der Vorstand der israelitischen Religionsgemeinde Hungen.
B. Stern." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. März 1901:
"Wir suchen zum alsbaldigen Eintritt für hiesige israelitische
Religionsgemeinde einen Lehrer, Kantor und Schochet, mit einem
fixen Gehalt von 1.000 Mark nebst Schächterdienst, welcher ungefähr 300
Mark einbringen kann. Ebenso ist ein dauernder Nebenverdienst mit mehr als
200 Mark zu erwarten. Bewerber wollen gütigst unter Beifügung ihrer
Zeugnisse sich an den unterzeichneten Vorstand wenden.
Hungen, Oberhessen, 16. März.
Der Vorstand: H. Stern." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Oktober 1901:
"Da unser seitheriger Lehrer unerwartet zur Absolvierung seiner
Militärzeit einberufen worden, so suchen wir möglichst per sofort einen Religionslehrer,
der zugleich Vorbeter und Schochet ist, mit einem
Jahresgehalt von Mark 1.000 nebst Schechita, welche mindestens 200
Mark einbringt, nebst freier Wohnung etc. Bewerbungen mit Lebenslauf und
Zeugnisse erbitten wir bald. Hungen, Oberhessen, 17. Oktober.
Der Vorstand: Heinemann Stern." |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. März 1915:
"Infolge Berufung unseres Lehrers Herr Isak, der 10 Jahre in unserer
Gemeinde amtierte, nach Limburg a. Lahn ist die Stelle als Lehrer,
Kantor und Schochet für alsbald neu zu besetzen. Der
Grundgehalt beträgt 1.200 Mark, Nebeneinkommen ca. 1.000 Mark.
Reisekosten werden jedem zur Probe berufenen vergütet. Meldungen nebst
Zeugnisabschriften von seminaristisch gebildeten, stimmlich begabten
Herren erbeten an den
Vorstand der israelitischen Religions-Gemeinde Hungen. Salomon Kahn." |
|
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. September 1921: "Die
Israelitische Religionsgemeinde Hungen sucht für die hohen Feiertage
respektive für Rausch Haschonoh und Jom Kippur einen Hilfsvorbeter
gegen freie Station und freie Verpflegung. Bewerber wollen sich mit ihren
Gehaltsansprüchen an den Unterzeichneten werden.
Salomon Kahn, 1. Vorsteher." |
|
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. März 1923: "Die hiesige
israelitische Religionsgemeinde sucht per 1. März dieses Jahres eventuell
etwas später einen Lehrer und Schochet. Gehalt nach Übereinkunft.
Reisekosten bei Vorstellung wird vergütet.
Israelitische Religionsgemeinde Hungen (Oberhessen). J. Kahn." |
|
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. April 1923: "Religionslehrer,
Kantor und Schochet zum alsbaldigen Eintritt für unsere Gemeinde gesucht.
Gehalt unter Zugrundelegung von Gruppe 7 der Staatsbeamten. Reichsdeutsche
mit seminaristischer Ausbildung und guter Stimme wollen
Bewerbungsschreiben unter Beifügung von Zeugnissen und Lebenslauf richten
an Israelitische Religionsgemeinde, Hungen (Kreis Gießen in
Oberhessen)." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. April 1925:
"Infolge Berufung unseres seitherigen Lehrers an die Präparandenschule
Höchberg ist die Stelle eines orthodoxen Lehrers, Vorbeters und
Schochet per sofort neu zu besetzen. Gehaltsgruppe VII der
Staatsbeamten. Meldungen erbeten an den Vorstand der israelitischen
Religionsgemeinde Hungen (Oberhessen)." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. August 1925:
Infolge Berufung unseres seitherigen Lehrers an die Präparandenschule
Höchberg ist die Stelle eines Lehrers, Vorbeters und Schochets neu
zu besetzen. Gehalt nach Gruppe 8 sowie größeres Nebeneinkommen.
Angebote an den Vorstand der israelitischen Religionsgemeinde Hungen,
Gustav Löb." |
50-jähriges Dienstjubiläum von Lehrer Salomon Salomonsohn (1892)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Juni 1892: "Hungen
(Oberhessen). Allen Freunden, Schülern und Gönnern unseres allverehrten
Lehrers Herr S. Salomonsohn, diene zur Nachricht, dass derselbe in Kürze
nicht nur seinen 80. Geburtstag zurücklegt, sondern auch auf eine
segensreiche 50jährige Dienstzeit zurückblicken kann. Ein halbes
Jahrhundert der Arbeit und des Kampfes, der Erfolge und Verdienste,
welch’ eine riesige Spanne Zeit! Und doch hat Herr Salomonsohn mit
kurzen Unterbrechungen ausgefüllt im Dienste seiner Gemeinde Hungen, im
Dienste des Judentums, im Dienste der gesamten Menschheit und dabei die
Liebe und Achtung aller kreise zu erringen gewusst. Zahlreich werden die
Sympathieäußerungen sein, die ihm an seinem Jubiläumstag
entgegengebracht werden. Seine dankbare Gemeinde hat deshalb auch
Vorbereitungen getroffen, diesen Tag, es ist der 4. August dieses Jahres
in festlicher Weise zu begehen. Über den Verlauf der Feier werden wir später
berichten." |
|
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. August 1892: "Hungen, 5.
August (1892). Die gestrige Feier des 50jährigen Dienstjubiläums unseres
verehrten Lehrers, Herrn Salomonsohn, verlief in sehr würdiger Weise.
Nach dem Festgottesdienste, während welchem Herr Rabbiner Dr. Levi die
Festrede hielt und in warm empfundenen Worten das Leben und die Verdienste
des Jubilars schilderte, begab man sich zur gemütlichen Feier in das
Hotel zur Traube. Bis spät in die Nacht blieben die Teilnehmer zusammen.
Der Jubilar wurde in der mannigfachsten Weise geehrt. Abgesehen von den
zahlreichen Glückwünschen und Huldigungen, die ihm zuteil wurden, hatten
ihm viele seiner Schüler, Freunde und Gönner ein Ehrengeschenk, seine
Kollegen respektive der israelitische Landeslehrerverein Hessens eine
prachtvolle Gedenktafel gewidmet. Möge es dem Jubilar vergönnt sein,
alle die Wünsche, die ihm entgegen gebracht wurden, auch in Erfüllung
gehen zu sehen." |
|
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 19. August
1892:
ähnlicher, noch etwas ausführlicherer Bericht als in der Zeitschrift
"Der Israelit", siehe oben.
Zum Lesen bitte Textabbildung anklicken. |
Zum Tod von Lehrer Salomonsohn (1894 - 52 Jahre Lehrer in Hungen)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. November 1894: "Hungen im
Oktober (1894). Am 7. dieses Monats starb Herr Lehrer Salomonsohn, der
Senior der jüdischen Lehrer Hessens, im Alter von 82 Jahren. 52 Jahre
lang hat er in hiesiger Gemeinde als Lehrer amtiert und gleichzeitig auch
als Vorsteher während eines langen Zeitraumes seine Dienste ihr gewidmet.
Wenn auch ursprünglich dem Handwerkerstand zugehörig, hatte der
Verblichene trotzdem im Laufe der Jahre ein reiches Wissen gesammelt und
stand mit seinen Ansichten über Erziehung und Unterricht, sowie in seiner
Amtsführung überhaupt, vollkommen auf der Höhe unserer Zeit. Von der
Saat, die er in hiesiger Gemeinde gesät und von der warmen Verehrung und
Anerkennung, die man seinem Wirken zollte, legte sein vor wenigen Jahren
begangenes 50jähriges Jubiläum das beredteste Zeugnis ab, indem die
Beteiligung aus dem Kreise seiner Schüler, Freunde und Bekannte eine sehr
große war. Wenn auch von harten Schicksalsschlägen nicht verschont,
hatte der Dahingeschiedene sich doch eine seltene Körper- und
Geistesfrische bewahrt, und mit staunenswertem Eifer kam er noch im hohen
Alter bis vor 4 Monaten seinen Berufspflichten nach, wo er in würdiger
Anerkennung seiner Wirksamkeit von der Gemeinde mit vollständigem Gehalt
in den Ruhestand versetzt wurde. Möge der wackere Lehrer, der Kinder und
Kindeskinder erzogen und gebildet, seiner Gemeinde unvergessen bleiben. Seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Über Lehrer Leo Singer (Lehrer in Hungen von 1925 bis
1927)
Lehrer Leo Singer wurde am 3.
September 1897 in Moglino (Provinz Posen, Polen) geboren. 1925 bis 1927
war er Lehrer in Hungen. 1927 wechselte er nach Northeim. Hier blieb er
bis zum Herbst 1938 im Dienst der jüdischen Gemeinde. Danach war er in
der jüdischen Volksschule Hannover als Lehrer tätig. Am 15. Dezember
1941 wurde er nach Riga deportiert. Er wurde im KZ Kaiserwald bei Riga
ermordet. Ein "Stolperstein" erinnert an ihn in Northeim vor dem
Anwesen Untere Straße 27. |
Quelle: Lehrer
Leo Singer und der Betsaal der jüdischen Gemeinde Northeim. |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Antisemitische Äußerungen des Hungener Amtsrichters
(1901)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. September 1901: "Aus
Hessen, 10. September (1901). Zur der Notiz in Ihrer Nr. 71 des
'Israelit' betreffs Gebrauches eines ungeziemenden Ausdruckes
'Judenschule' seitens eines den Vorsitz führenden Gerichtsassessors in
einer rheinischen Stadt, wird uns als Gegenstück Folgendes mitgeteilt: In
dem oberhessischen Landstädtchen Hungen hatte sich der jüdische
Lehrer vor Gericht zu verantworten weil er angeblich in der Amtstracht der
evangelischen Geistlichen die Leiche 'des Juden G. Kahn' begleitete. In
Gemäßheit des Paragraphen 300 (8) des Strafgesetzbuches wurde der
Angeklagte zu einer Geldstrafe von 5 Mark verurteilt. Die seinerzeit gegen
das Urteil eingelegt Berufung musste aus formalen Gründen abgelehnt
werden, sodass das Erkenntnis die Rechtskraft erhalten hat. (In Rosenberg
sprach die dortige Strafkammer den jüdischen Kultusbeamten von einer
ähnlichen Anschuldigung frei.)
An der ganzen Sache wäre jedoch nicht sonderlich viel gelegen, wenn nicht
die Begründung des Urteils eine derartige wäre, die, was Form und
Ausdruck anbelangt, geradezu Unerhörtes leistet und wahrlich nicht den
Anforderungen entspricht, die man sonst an einen deutschen Richter zu
stellen gewöhnt ist. Das angezogene Urteil spricht sich zunächst in
einer solch' beleidigenden Weise gegen den gesamten jüdischen Lehrstande
aus, dass es Wunder nehmen muss, dass hiergegen noch keine energischen
Maßnahmen unternommen worden sind. Das Urteil sagt wörtlich von den jüdischen
Lehrern: 'Ihre Vorbildung und ihre soziale Stellung ist niedrig', Man
glaubt des Ferneren einer antisemitischen Versammlung beizuwohnen, wenn
man die Ausdrücke wie 'Judenbestattung', 'Judenlehrer', 'Jude' liest.
'Der evangelischen Kirche kann es', so wird in dem Urteil ausgeführt,
'nicht gleichgültig sein, ob ein jüdischer Vorleser, Kantor oder Lehrer
von einer niederen Bildung und sozialer Stellung, der auch gleichzeitig
das Amt eines Schächters versieht, sich die beregten Eingriffe in die
Rechte des Geistlichen straflos gestatten darf.'
Gegen dieses Urteil, das auch in anderen Beziehungen höchst
charakteristisch ist, und noch zahlreiche andere Angriffspunkte enthält,
wurde bei dem Landgerichtspräsidenten in Gießen Beschwerde erhoben;
dieser jedoch ja entschieden, dass zum disziplinarischen
Einschreiten gegen den betreffenden Amtsrichter keine Veranlassung
vorläge. In dem Antwortschreiben des Landgerichtspräsidenten wird
alsdann des Weiteren ausgeführt:
'Da indessen einzelne Stellen der Urteilsbegründung, wie die Eingabe
zeigt, zu irrigen Schlussfolgerungen Anlass gegeben haben, so habe er dem
betreffenden Richter empfohlen, bei der Abfassung gerichtlicher
Entscheidungen Ausdrücke und Wendungen tunlichst zu vermeiden, die unter
Umständen Anlass zu Missdeutungen oder als polemische, über den Rahmen
der zu treffenden Entscheidungen hinausgehende Erörterungen angesehen
werden könnten.'
Ob diese 'Empfehlung' des Gießener Landgerichtspräsidenten genügen
wird, dass der Hungener Amtsrichter in Zukunft derartige Ausdrücke und Redewendungen,
welche geeignet sind, den ehrenwerten Stand israelitischer Lehrer in der
Öffentlichkeit herabzuwürdigen und u beleidigen, vermeidet, müssen wir
bezweifeln. Von viel heilsamerer Wirkung wäre eine wirksame Bestrafung
des Richters gewesen, dessen Ausdrucksweise auf das Schärfste gegeißelt
und zurückgewiesen werden muss. Wenn der Antisemit Böckel, ein Landsmann
des Richters in Hungen, derartige Redewendungen gerbacht, wie sie das
angezogenen Urteil enthält, so ist das mit seiner Gesinnungs-tüchtigkeit
zu entschuldigen, bei einem Richter aber muss ein Urteil, ob es einen
Christen oder Juden betrifft, in Form und Ausdruck den billigen
Anforderungen entsprechen, welche man in Deutschland an die Vorurteilslosigkeit
der weder 'sozial nieder stehenden, noch ungebildeten' Richter zu stellen
gewohnt ist. L.-" |
Streit in der Gemeinde (1906)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 25. Januar
1906: "Hungen (Oberhessen).
Unerquickliche Gemeindeverhältnisse.
Der Artikel wird nicht ausgeschrieben. Bei Interesse zum Lesen bitte
Textabbildung anklicken.
Erstaunlicherweise wurden solche Konflikte einer großen Öffentlichkeit
über die Presse bekannt gemacht. |
Antisemitische Regungen (1909)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. April 1909: "Hungen, 20 März
(1909). Von vertrauenswerter Seite war dem Vorstand des Zentralvereins in
Berlin mitgeteilt worden, dass der Leiter der höheren Bürgerschule in
Hungen, Herr Otto Steuernagel, in den Unterrichtsstunden jüdischen Schülern
gegenüber verletzende Bemerkungen gemacht habe, die sie umso mehr
schmerzen mussten, als dies in Gegenwart der christlichen Mitschüler
geschehen war. Von der Ansicht ausgehend, dass die jüdische Jugend gegen
solche, das kindische Gemüt verbitternde Beleidigungen geschützt werden
müsse, erachtete es der Vorstand des Zentralvereins für angezeigt, die
Angelegenheit dem Großherzoglichen hessischen Ministerium des Innern,
Abteilung für Schulangelegenheiten, mit der Bitte um Abhilfe zu
unterbreiten. Darauf ist dem Zentralverein der Bescheid zugegangen, dass
der Leiter der höheren Bürgerschule zu Hungen mit aller Bestimmtheit
bestreite, die betreffende Äußerung gebraucht zu haben. Er gebe aber zu,
dass einige Ausdrücke besser unterblieben, bei ruhiger Überlegung auch
nicht erfolgt wären. Aus diesem Grunde sei vom Großherzoglichen
Ministerium des Innern der Direktor Steuernagel für die Zukunft
entsprechend belehrt worden." |
Versammlung des "Central-Vereins"
in Nidda und Gründung einer neuen Ortsgruppe
für Hungen, Nidda und Umgebung (1912)
Artikel
in "Im Deutschen Reich" vom Mai 1912 S. 236-237: "In der am
24. März in Nidda im Gasthaus zur
Traube stattgehabten Versammlung des Central-Vereins deutscher Staatsbürger
jüdischen Glaubens, hielt Herr Dr. Geiger über die Ziele und
Bestrebungen des Vereins einen mit lebhaften Beifall aufgenommenen Vortrag.
Nach Herrn Dr. Geiger sprach Herr Lehrer Rom in Nidda, der die
Anwesenden, soweit sie noch nicht dem Verein angehörten, veranlasste, ihren
Beitritt zu erklären. Es wurde alsdann zur Gründung einer Ortsgruppe für
Hungen, Nidda und Umgebung geschritten.
Als Sitz des Vereins wurde Hungen bestimmt, zum Vorsitzenden Herr
Max Stern - Hungen, zum Schatzmeister Herr Adolf Salzbach -
Hungen und zu Beisitzern die Herren Siegmund Sommer und
Theodor Levi Nidda, A. Simon
Echzell (statt Erbzell), Simon
Rothschild - Schotten, S.
Heynemann - Laubach gewählt wurden.
Die Ortsgruppe Hungen, Nidda und Umgegend
zählt bereits 62 Mitglieder." |
Der Nationalsozialist Haselmeyer
hetzt in einer Versammlung in Hungen gegen Juden und wird angezeigt (1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 20. Mai 1927: "Gießen.
(Verworfene Revision des Hakenkreuzlers Haselmeyer). Die Strafkammer
Gießen verurteilte seinerzeit den Journalisten Haselmeyer (Frankfurt,
jetzt Erlangen) zu zwei Monaten
Gefängnis wegen Vergehens nach § 8,1 des Republikschutzgesetzes, sowie nach
§ 130 Strafgesetzbuch (Aufreizung zum Klassenhass). Der Angeklagte hatte in
einer erregt verlaufenden Versammlung in Hungen die Republik einen
'Saustall' genannt, die mit Gewalt von den Juden gereinigt werden müsse. Er
hatte aufgefordert, die Juden zu beseitigen, da sie einer Spinne gleichend
ihre Netze überall hin ausbreiteten und alles auslaugten. Sie schändeten
deutsche Frauen und Mädchen, und das einzige Mittel gegen sie bestehe darin,
sie, wie die Drohnen im Bienenvolke, mit Gewalt zu beseitigen. Der üble
Hetzer muss nun wohl oder übel seine Gefängnisstrafe abbrummen, da die
dritte Instanz, der erste Strafsenat des Reichsgericht die Revision
kostenpflichtig verwarf." |
Antijüdische Maßnahmen setzen 1933 ein
Mitteilung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. September 1933: "Gießen.
Wie in Hungen, so hat, nach Wagners Süddeutschem
Nachrichtendienst, auch in Schotten
eine außerordentliche Generalversammlung der Molkereigenossenschaft
Hoherodskopf einstimmig beschlossen, jedes Mitglied aus der Genossenschaft
auszuschließen, das künftig mit Juden in geschäftliche Beziehungen
tritt." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Adolf Löb (1915)
Anmerkung: Adolf Löb ist 1837 in
Wohnbach geboren, wo er von 1861
bis 1889 als Ellenwarenhändler und Handelsmann lebte (Braugasse 60). 1889 zog
er mit seiner Familie nach Hungen, wo er als Kaufmann tätig war (im Laufe der
Jahre sehr unterschiedliche Waren). Er war verheiratet mit Bettchen geb. Stern
(1837-1875), seit 1876 mit Mathilde geb. Kahn (1850-1905). Adolf Löb hatte aus
den beiden Ehe zusammen neun Kinder, von denen fünf zum Zeitpunkt seiner Todes
bereits gestorben waren. Bei den zwei im Artikel genannten verheirateten
Töchter handelt es sich wohl um Olga (geb. 1861), Soffi/Cäcilie (geb. 1877,
lebte später in Endingen - CH), Hedwig (1883) und den Sohn Gustav
(1879-1927).
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Dezember 1915: "Hungen
(Oberhessen), 19. Dezember 1915. Im Alter von 79 Jahren wurde Herr Adolf Löb
unter zahlreichem Trauergefolge zu Grabe getragen. Er war der Typus eines
jüdischen Biedermannes, dessen an Kampf, Erfolg, Leid und Enttäuschung
reiches Leben getragen war von den Grundsätzen der Redlichkeit und
Rechtlichkeit, der schlichten, tief sitzenden Frömmigkeit und des unerschütterlichen
Gottvertrauens. Als langjähriger Verwalter des Unterstützungsvereins
hatte er reichliche Gelegenheit, sich der Armen und Bedürftigen
anzunehmen und ihnen sein gastliches Haus zu öffnen. Um den Toten trauern
zwei verheiratete Töchter und ein Sohn, der zurzeit an der Westgrenze
unter den Waffen steht. Am offenen Grabe verlieh der Schwiegersohn der
Verewigten, Herr Redakteur Schachnowitz, Frankfurt am Main, dem Schmerze
der Familie und der Gemeinde Ausdruck und widmete dem scheidenden Vater
und Schilderung seines Lebensganges und vorbildlichen Lebenswandels Worte
liebenden Gedenkens. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Mathilde Löb geb. Gernsheim (1922)
Anmerkung: Mathilde Löb war die Frau von Gustav Löb
(1879-1927) und damit Schwiegertochter des oben genannten Adolf Löb.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. November 1922: "Hungen
(Oberhessen), 24. November (1922), Eine unserer besten Frauen hat uns der
Tod mitten aus blühendem Leben entrissen. Frau Mathilde Löb geb.
Gernsheim, war ein Musterbild von Treue, Tapferkeit und Tüchtigkeit,
wahre Helferin ihres Gatten, liebreiche und zielbewusste Mutter und
Erzieherin ihrer Kinder, zärtliche Verwandte und Freundin aller, die
gleich ihr geraden Wesens und offenen Charakters dem Guten und Rechten
dienten. Von ihrem kurzen 42jährigen Lebensalter gehörten 17 Jahre der
treuesten aufopferndsten Pflichterfüllung an der Seite ihres Mannes in
Haus und Geschäft. Ihren Kindern suchte sie das Beste zu geben, was eine
Mutter geben kann: Bildung und Lauterkeit der Gesinnung, den
Nebenmenschen, die ihre Freundschaft suchten oder ihrer Hilfe bedurften,
ein liebevolles, mitempfindendes Herz. So wird ihre Bild unverwischlich im
ehrenden Andenken ihres Kreises fortleben.
An der Bahre, die von einer großen Trauerversammlung aus Nah und Fern
umringt war, entwarf Herr Lehrer Stein, Hungen, ein ergreifendes
Lebensbild der Frühverstorbenen, dem noch Herr Redakteur Schachnowitz,
Frankfurt am Main, herzliche Worte letzten Dankes im Namen der Familie
anfügte. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zwei Dokumente
aus der NS-Zeit |
|
Zur nachstehenden Kennkarte: am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
Kennkarte
des in Hungen
geborenen Alfred Sulzbach |
|
|
|
Kennkarte (ausgestellt
in Mainz 1939) für Alfred Sulzbach (geb. 7. September 1877 in
Hungen), Kaufmann,
wohnhaft in Mainz, am 25. März 1942 deportiert ab Mainz - Darmstadt
in das Ghetto Piaski, umgekommen |
|
|
|
|
Dokument aus dem KL
Buchenwald zu einem Todesfall unter den nach dem Novemberpogrom 1938 nach
Buchenwald Eingewiesenen |
|
|
Anzeige des Todes von Salomon Wiesenfelder in
den Unterlagen des KL Buchenwald: zum "Dienst vom 20.11.38 7.00 Uhr bis
21.11.38 7.00 Uhr": "Folgende Häftlinge verstarben am 20.11.38: ... 3.30
(Uhr) der Jude Salomon Wiesenfelder, N 30428..."; Quelle: YIVO Institute for
Jewish Research
https://www.yivo.org/Holocaust-Archive, Logbook from Buchenwald
concentration camp, March 1938-January 1939. Seite 276 Signatur ist nicht
verfügbar".
Das Dokument wurde vermittelt über Andreas Hanke, der über das KL Buchenwald recherchiert und dabei das
Diensttagebuch des Blockführers vom Dienst aus dem
Jahr 1938 bearbeitete. A. Hanke wäre interessiert, mit Angehörigen von
Salomon Wiesenfelder in Kontakt zu treten: Mail:
hanke.a@live.de.
Salomon Wiesenfelder ist nach Hanno Müller u.a. "Judenfamilien in Hungen" S.
17 am 21. März 1875 in Eiterfeld
geboren, war Handlungsreisender in
Montabaur, von wo er 1901 nach Hungen kam. Er war zwischen 1931 und 1935
Gemeindevorsteher. Er war verheiratet mit Hilda geb. Kahn (geb. 1863,
gest. 1941), mit der er eine Tochter hatte: Hedwig (geb. 1903, gest. 1991).
Hedwig war verheiratet mit Jeremias Oppenheim, geb. 1893; nach 1945
einziger Rückkehrer nach Hungen, wo er am 3. Mai 1946 verstarb: Grab im
jüdischen Friedhof Hungen:
https://www.lagis-hessen.de/en/subjects/idrec/sn/juf/id/18364. |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst (16. Jahrhundert) dürfte ein Betsaal vorhanden
gewesen sein. 1673 wurde eine erste Synagoge erbaut ("Schule", später
"alte Synagoge" genannt).
Eine neue Synagoge wurde nach dreijähriger Vorbereitung in Planung und
Finanzierung 1832 eingeweiht. In der Zeit während des Baus der Synagoge
wurde das davor liegende Gebäude als Synagoge verwendet. Das Nebengebäude zur
Synagoge wurde als Badhaus mit Schule und Lehrerwohnung eingerichtet. Die
Synagoge war ein zweigeschossiges, verputztes Fachwerkhaus mit einem
geschweiften Walmdach, auf dessen Spitze ein Davidstern angebracht war. Die
Fenster- und Türöffnungen waren mit Rundbögen versehen. 1885 wurde
eine Heizung eingebaut sowie Reparaturen vorgenommen.
1892 beschädigten - in einer Zeit des auch in Hungen deutlich spürbaren
Antisemitismus - Jugendliche die Hungener Synagoge. 1899 wurde das
Gebäude gründlich renoviert.
Über 100 Jahre war die Synagoge Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens in Hungen.
1932 konnte das hundertjährigen Bestehen der Synagoge
gefeiert werden:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juni 1932: "Hungen
(Oberhessen), 12. Juni (1932). Am vergangenen Samstag feierte unsere
Gemeinde das 100jährige Bestehen der Synagoge. Im Rahmen des
Freitagabend-Gottesdienstes begrüßte Lehrer Seelig in seiner Ansprache
Herrn Provinzialrabbiner Dr. Hirschfeld, Gießen sowie ehemalige Hungener
Lehrer und noch viele Gäste, die es sich nicht hatten nehmen lassen, in
alter Anhänglichkeit und Liebe den Ehrentag der Gemeinde mitzufeiern. –
Samstagmorgen nach dem Frühgottesdienst fanden sich in der schön geschmückten
Synagoge Bürgermeister Fendt als Vertreter der Behörde, Pfarrer Bock als
Vertreter der Geistlichkeit und Rektor Schaad als Vertreter der Schule
ein. Alsdann ergriff Herr Provinzialrabbiner Dr. Hirschfeld das Wort zu
seiner Festpredigt, die einen tiefen Eindruck auf alle Zuhörer hinterließ.
Anschließend sprachen Prediger Isaak, Limburg und Lehrer Stein, Markt
Berolzheim. Sie gaben in beredten Worten ihrer Freude Ausdruck, ihrem früheren
Wirkungskreise ihre Glückwünsche persönlich übermitteln zu können.
Der erste Vorsteher, Herr S. Wiesenfelder, trug noch interessante
Eintragungen aus der Chronik vor, um zu zeigen, wie sich die jüdische
Gemeinde von jeher aufs engste mit allen Mitbürgern Hungens verbunden fühlte.
Die erhebende Feier fand mit dem Olenugebet ihren Abschluss.
Anlässlich der Hundertjahrfeier stiftete der Frauenverein trotz der Not
der Zeit unter großen Opfern unter der bewährten Leitung ihrer ersten
Vorsitzenden, Frau Paula Gonsenhäuser, ein Porauches (sc.
Toraschreinvorhang) nebst Schulchandecke (sc. Decke für den Lesepult), außerdem
wurde von Familie Katz, Hungen, eine wundervolle silberne Torakrone, von
Adolf Katz, Frankfurt am Main, ein herrliches Toramäntelchen gestiftet.
Auch der Jugendbund Hungen überreichte ein selbst angefertigtes Toramäntelchen." |
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die
Inneneinrichtung der Synagoge durch SA-Leute zerstört. Torarollen,
Gebetbücher wurden auf die Straße geworfen; die Möbel wurden auf dem
Marktplatz verbrannt. Ritualien sollen teilweise auf dem Rathaus abgeliefert
worden sein, sind seither jedoch verschwunden.
Die politische Gemeinde erwarb wenig später für 7.600 RM das
Synagogengebäude, zu dem auch Schule, Lehrerwohnung und im Keller das rituelle
Bad gehörten.
Nach 1945 ging das Gebäude in Privatbesitz über und wurde zu einem
Wohnhaus umgebaut.
1990 wurde eine Gedenktafel mit folgendem Text angebracht:
"Ehemalige Synagoge eingeweiht 1832 unter dem Rabbinat Oberhessen - am 10.
November 1938 unter nationalsozialistischer Herrschaft geschändet und im Innern
zerstört."
Adressen/Standorte der Synagogen:
|
Alte
Synagoge: Saalgasse 3 (frühere Anschrift: Schlossgasse Gebäude Nr. 120) |
|
Neue Synagoge: Blitzenstraße 38. |
Informationen zur jüdischen Geschichte vor
Ort: über die Arbeitsgruppe Spurensuche; Kontakt gegebenenfalls über
das Kulturamt der Stadt Hungen (Leiter Erhard Eller)
Fotos
(Quelle: Altaras 1988 S. 83; Altaras 1994 S. 69; Arbeitsgruppe
Spurensuche s.Lit.: Jüdisches Hungen S. 12; Fotos 2008: Hahn, Aufnahmedatum
28.3.2008)
Historische Fotos |
|
|
|
Blick zur ehemaligen
Synagoge |
Rechts die Synagoge. Der
Fraueneingang
führte über die kleine Treppe sowohl zur
Frauenempore wie
auch ins Gemeindehaus. |
|
|
|
|
Das zum Wohnhaus
umgebaute
Synagogengebäude |
|
|
|
Ehemalige
Synagoge rechts der Mitte, links
das ehemalige Schul- Gemeindehaus. Der
ehemalige Fraueneingang ist mit Glassteinen
zugemauert (Foto August 1984) |
Die 1990 angebrachte
Hinweistafel |
|
|
|
|
Das
Synagogengebäude um 1970
(Foto Else Bender, Hungen
Quelle: Umschlagbild der Dokumentation
"Judenfamilien in Hungen" s.Lit.) |
|
|
|
Das Foto wurde vom
Kirchturm
aus aufgenommen |
|
|
|
|
Das
Gebäude der ehemaligen Synagoge im März 2008 |
|
|
|
|
|
Das ehemalige
Schule und Gemeindehaus
und anschließend die ehemalige Synagoge |
Das ehemalige
Synagogengebäude |
|
|
|
|
|
|
|
Blick zur
ehemaligen Synagoge |
Die 1990
angebrachte Hinweistafel |
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Januar 2009:
Auch in Hungen werden ab 2011 "Stolperstein" gelegt und weitere
aktuelle Aktivitäten der Arbeitsgruppe "Spurensuche" |
Bericht in der Gießener Allgemeinen vom 15.
Januar 2009 (Artikel):
"'Spurensucher' holen 'Stolpersteine' auch nach Hungen
Hungen (us). Seit ihrer Gründung im Jahr 1988 hat die Arbeitsgruppe 'Spurensuche' in Hungen einiges erreicht: sie hat die Errichtung des Denkmals am jüdischen Friedhof initiiert, sie organisiert dort alljährlich am 10. November die Gedenkfeiern, und sie hat vier Broschüren herausgebracht, die vor allem das Schicksal der jüdischen Einwohner Hungens während es Nationalsozialismus in den Blick nehmen. Nun will die Gruppe ihr Arbeitsspektrum erweitern...". |
|
Mai 2009:
Publikation zu "Judenfamilien in
Hungen" wird vorgestellt. |
Artikel im "Gießener Anzeiger" vom 22. Mai 2009: "Schicksale und Beziehungen rekonstruiert.
"Judenfamilien in Hungen" weist Weg zu Gräbern - Reiches Archivmaterial ausgewertet - Ergänzungen früherer Werke.
HUNGEN (ivi). Es ist ein bemerkenswertes Werk, das Hanno Müller im Hungener Rathaussaal der Öffentlichkeit vorlegte. Hinter dem schlichten Titel "Judenfamilien in Hungen" verbergen sich 412 Seiten, gefüllt mit akribisch recherchierten Daten über das Leben von Juden in Hungen, Inheiden, Utphe, Villingen, Obbornhofen, Bellersheim und Wohnbach. Den Anstoß zu diesem Familienbuch hatten der Steinbacher und seine Co-Autoren Dieter Bertram und Friedrich Damrath durch die Schriften und Bücher erhalten, die der Hungener Arbeitskreis Spurensuche in den letzten Jahren über jüdische Familien in Hungen publizierte..." |
|
November 2010:
Gedenkstunde zum Novemberpogrom 1938 |
Artikel in der "Gießener
Allgemeinen" vom 1. November 2010 (Artikel):
"Gedenkveranstaltung in Hungen
Hungen (pm). Auch in diesem Jahr organisiert die Hungener Arbeitsgruppe 'Spurensuche' wieder eine Veranstaltung zum Gedenken an die
'Reichspogromnacht', die in Hungen am 10. November 1938 stattfand.
Nazihorden zertrümmerten damals systematisch das Innere der Synagoge und jüdische Geschäfte...". |
|
Juni 2018:
Schüler reinigen die
"Stolpersteine" |
Artikel in der "Gießener Allgemeinen" vom
22. Juni 2018: "Schüler säubern Stolpersteine.
Mit den Stolpersteinen, die an vielen Orten im Landkreis zum Gedenken an die
Opfer des Nationalsozialismus verlegt wurden, ist es wie mit der Geschichte:
Vergisst man sie, werden sie nicht mehr beachtet. Dann schreiten Menschen
über sie hinweg oder an ihnen vorbei, ohne ihnen Beachtung zu schenken. Umso
wichtiger ist es, immer wieder die Bedeutung von Stolpersteinen und
Geschichte hervorzuheben und darauf aufmerksam zu machen, was niemals wieder
passieren darf. Mit den Stolpersteinen, die an vielen Orten im Landkreis zum
Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus verlegt wurden, ist es wie mit
der Geschichte: Vergisst man sie, werden sie nicht mehr beachtet. Dann
schreiten Menschen über sie hinweg oder an ihnen vorbei, ohne ihnen
Beachtung zu schenken. Umso wichtiger ist es, immer wieder die Bedeutung von
Stolpersteinen und Geschichte hervorzuheben und darauf aufmerksam zu machen,
was niemals wieder passieren darf. Dieser Aufgabe widmeten sich in den
vergangenen Tagen Schüler der neunten Klasse der Gesamtschule Hungen: Im
Rahmen einer Projektwoche beschäftigen sie sich mit den Geschehnissen
während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland und Hungen – am
Anfang und Ende der Woche stand dabei jeweils ein Stolperstein im Zentrum
der Aufmerksamkeit. Außerdem verschafften die Jugendlichen den
Stolpersteinen in der Hungener Innenstadt neuen Glanz: Viele der Steine
hatten sich mittlerweile in die umgebende Pflasterung eingepasst – auf den
ersten Blick waren Namen und Lebensdaten der ehemaligen Hungener nicht mehr
zu erkennen. Diesen Umstand beseitigten die Schüler und berichteten
gemeinsam mit Lehrer Armin Trus und Hubert Wiesenbach vom Arbeitskreis
"Spurensuche" aus dem Leben und dem Schicksal der jüdischen Mitbürger. Nur
eine kleine Aktion – aber ein Wirken gegen das Vergessen. Das denken auch
viele der Schüler: "Man darf nicht zulassen das so etwas wieder passiert",
sagt beispielsweise Laurenz Weimer. Für seinen Mitschüler Johannes Brumhard
hat es noch eine andere Bedeutung: "Man lernt die damaligen Opfer kennen –
auch das ist ein Teil der deutschen Geschichte". Bereits in den Tagen vor
der Putzaktion beschäftigen sich die Schüler mit der Thematik: So besuchten
sie die Gedenkstätte in Hadamar."
Link zum Artikel |
|
April 2019:
In Hungen werden weitere
"Stolpersteine" verlegt |
Artikel in "mittelhessen.de" vom 11. April
2019: "Gunter Demnig verlegt in
Langsdorf, Hungen und
Grüningen 32 'Stolpersteine'
'Die 'Stolpersteine' sollen uns an das erinnern, was die Menschheit kann,
aber nicht darf, und die guten Menschen bei ihrem Tun unterstützen', sagte
eine Nachfahrin jüdischer Nazi-Opfer. 32 'Stolpersteine' wurden in Hungen,
Langsdorf und Grüningen verlegt.
Langsdorf/Hungen/Grüningen (hek/ger). 'Die 'Stolpersteine' sollen uns an
das erinnern', was die Menschheit kann, aber nicht darf, und die guten
Menschen bei ihrem Tun unterstützen.' Yael Chalfan fasste bei der Verlegung
von 'Stolpersteinen' in Hungen für ihre Großeltern und ihren Vater
die Bedeutung dieser Art der Erinnerung in einfachen Worten zusammen.
Insgesamt 32 der im Boden eingelassenen Steine mit den Messingtafeln mit
biografischen Daten verlegte der Künstler Gunter Demnig am Mittwoch in
Langsdorf, Hungen und
Grüningen.
In Langsdorf wurde dabei zum ersten Mal
im Licher Stadtgebiet ein solcher 'Schritt in der Erinnerungskultur an das
jüdische Leben', wie es Bürgermeister Bernd Klein beschrieb, gemacht. Dieser
sei umso wichtiger, da mit dem zeitlichen Abstand zu den schrecklichen
Geschehnissen der NS-Zeit 'deren Bedrohlichkeit zu schwinden drohe. Deswegen
müssen wir Sorge tragen, dass so etwas nie wieder passiert', betonte Klein
bei der Gedenkveranstaltung in der Straße 'Im Himmerich'. Dort hatte die
Familie von Max und Bertha Oppenheimer ihre letzte selbst gewählte Wohnung
in Deutschland. In der Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli 1934 wurden sie in
ihrem Haus von einem in Hungen stationierten SS-Sturm mit Dolchen und
Schusswaffen überfallen und schwer misshandelt. Max Oppenheimer wurde bei
dem Überfall so schwer verletzt, dass er zwei Tage später im Krankenhaus in
Gießen verstarb. Seine Witwe Bertha und ihre vier Kinder Zilly, Siegfried,
Hugo und Gerhard verließen Langsdorf Ende 1935. Bis 1933 hatten sie dort in
guter Nachbarschaft gelebt. Nach einer Station in Kulmbach gelang ihnen die
Flucht in die USA. 'Enkel und Urenkel von ihnen leben noch dort, aber es ist
bisher leider kein Kontakt zustande gekommen', erklärte Ursula Jack, die die
'Stolperstein'-Verlegung in Langsdorf
maßgeblich vorangetrieben hat. Dass sie erst jetzt zustande kam, lag daran,
dass der frühere Bewohner des Hauses sich gegen 'Stolpersteine' vor dem
Gebäude ausgesprochen hatte.
DIE NEUVERLEGTEN STOLPERSTEINE. In Hungen: Vor dem Haus 'Kaiserstraße 5': Julius Katz, Jahrgang 1867, 1939 nach Palästina geflüchtet
-
Mally Katz, geboren 1886, 1939 nach Palästina geflüchtet -
Ernst Katz, geboren 1907, 1934 nach Palästina geflüchtet
Vor dem Haus 'Kaiserstraße 9': Carl Friedrich Stein, geboren 1889, 1935 nach Palästina geflüchtet
-
Martha Stein, geboren 1893, 1935 nach Palästina geflüchtet -
Walter Stein, geboren 1920, 1934 in die USA geflüchtet -
Gerhard Stein, geboren 1922, 1935 nach Palästina geflüchtet
Vor dem Haus 'Gießener Straße 16': Helene Oppenheimer, geboren 1855, 1942 ins Konzentrationslager (KZ)
Theresienstadt deportiert, ermordet am 12.11.1942 -
Hermann Oppenheimer, geboren 1881, 1938 in 'Schutzhaft' in Buchenwald
genommen, 1942 ins KZ Theresienstadt deportiert, 1944 im KZ Auschwitz
ermordet -
Gitta Ida Oppenheimer, geboren 1884, 1942 ins KZ Theresienstadt deportiert,
1944 im KZ Auschwitz ermordet -
Emmi Oppenheimer, geboren 1910, 1936 nach Südafrika geflüchtet -
Zessi Oppenheimer geboren 1911, 1938 nach England und 1941 in die USA
geflüchtet -
Margit Oppenheimer, geboren 1913, 1935 nach Palästina geflüchtet -
Sofie Oppenheimer, geboren 1918, 1939 nach England geflüchtet -
Kurt Manfred Oppenheimer, geboren 1923, 1939 nach England geflüchtet
Mit Gedanken der Langsdorfer
Konfirmanden, in welcher Welt sie zukünftig leben wollen - einer friedlichen
Welt ohne Rassismus und Diskriminierung - endete die Gedenkveranstaltung
rund um die Verlegung in Langsdorf.
In Hungen verlegte Gunter Demnig im Anschluss 15 'Stolpersteine' vor
drei Gebäuden, von denen Bürgermeister Rainer Wengorsch hofft, dass
Passanten im übertragenen Sinne darüber stolpern und zum Nachdenken angeregt
werden, 'wenn sie einen Blick auf das Haus werfen und an die erinnert
werden, die fehlen, denen ihr Leben genommen wurde'. Und an die Nachfahren
der mit einem 'Stolperstein' Bedachten, die aus Israel, Kanada und Südafrika
extra für die Verlegung angereist waren, drückte er die Hoffnung aus: 'Mögen
die 'Stolpersteine' einen kleinen Beitrag zur Versöhnung leisten.'
Elf 'Stolpersteine' erinnern jetzt im Pohlheimer Stadtteil
Grüningen an damalige Nachbarn, Freunde
und Bekannte. Der Erste davon wurde in der Langgönser Straße 1 ins Pflaster
eingelassen. Nur Hammer, Meißel und Kelle mit entsprechendem Zement benötigt
Demnig in ruhiger Arbeit zur Verlegung. Kurze Zeit später strahlte im Glanz
der Sonne das Messingschild vor dem früheren Zuhause und erinnert an den
1867 geborenen Grüninger Adolf Hess.
Zahlreiche Bürger, darunter Bürgermeister Udo Schöffmann, würdigten in
Stille den Moment der Verlegung. 2009 wurden in einer vom verstorbenen Frank
Pötter initiierten Aktion 20 'Stolpersteine' in
Watzenborn-Steinberg
verlegt. Heute tragen unter anderem Tim und Simone van Slobbe die 'Stolperstein'-Initiative
in Pohlheim. Am Abend wurde in einer
Andacht mit Pfarrer Matthias Bubel und dem Chor 'Laudate' der ehemaligen
Mitbürger gedacht und bei einem Rundgang durch
Grüningen an den 'Stolpersteinen' Halt
gemacht."
Link zum Artikel |
|
Januar 2020:
Weg nach Ingrid Meybohm benannt -
engagiert in der Erinnerungsarbeit |
Artikel im "Gießener Anzeiger" vom 10.
Januar 2020: "Weg in Hungen nach Ingrid Meybohm benannt. Ein beliebter
Weg in Hungen erhält den Namen der engagierten Lehrerin und
Kommunalpolitikerin Ingrid Meybohm.
HUNGEN - Auf einen gemeinsamen Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen hin, hat die Hungener Stadtverordnetenversammlung
einstimmig beschlossen, den Fußweg von der Albert-Schweitzer-Straße
unterhalb des Rodtbergs entlang durch den Grassee bis zur Lindenstraße mit
dem Namen "Ingrid-Meybohm-Weg" zu benennen. Ingrid Meybohm war mehr als 40
Jahre lang als Lehrerin an der Gesamtschule Hungen tätig. Gerade für die
schwächeren Schüler hat sie sich eingesetzt. Um der ihr wichtigen Verbindung
zu den Grundschulen willen ließ sie sich nach Villingen und Inheiden
abordnen und führte ihre dortigen Klassen dann später an der Gesamtschule
weiter. Ingrid Meybohm war 1984 Mitgründerin des Hungener Stadtverbandes der
Grünen. Ihre Partei vertrat sie von 1997 bis zu ihrem Tode im Ortsbeirat.
Dort war Ingrid Meybohm mit ihrem großen Wissen über ihre Heimatstadt immer
eine kluge Ratgeberin, die mit ihrer positiven Lebenseinstellung motivierte.
Neben ihrem kommunalpolitischen Engagement übte sie zahlreiche ehrenamtliche
Tätigkeiten aus, wie in der Flüchtlingshilfe und im Erzählcafé des Vereins
zur Förderung einer Stätte der Kultur, Beratung und Begegnung im heutigen
Hungener Kulturzentrum in der alten Grundschule. Ingrid Meybohm war
gewissermaßen "Erfinderin" und bis zuletzt Motor dieser beliebten
Einrichtung. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Christoph Fellner von Feldegg hob
hervor, dass Ingrid Meybohm 1988 Mitbegründerin der Arbeitsgruppe
Spurensuche war. Sie gehörte zu denen, denen es gelang, die Hungener
Bevölkerung und die politischen Mandatsträger davon zu überzeugen, ein
dauerhaftes Gedenken an jüdisches Leben in Hungen durch das Aufstellen eines
Gedenksteins mit den Namen der Ermordeten zu verankern. Mit ihrer
wohltuenden tiefen Stimme und ihrem klaren Vortrag, den sie viele Jahre bei
den Gedenkfeiern am Judenfriedhof übernahm, verlieh sie den ermordeten
jüdischen Bürgern Hungens alljährlich den Respekt und die Würde, die ihnen
die Nazis genommen hatten. Mit Nachfahren der jüdischen Familien in Hungen
stand sie vielfältig in Kontakt. Zuletzt hatte sie auf die Stolpersteine
verwiesen, die vor einigen Häusern in Hungen, in denen jüdische Familien
lebten, auf Initiative der AG Spurensuche in den Boden eingelassen wurden.
Von den Spenden bei ihrem Begräbnis wurden in ihrem Sinne weitere
Stolpersteine in Hungen verlegt."
Link zum Artikel |
|
Januar 2020:
In Bellersheim und Utphe werden
weitere Stolpersteine verlegt |
Artikel in der "Gießener Allgemeinen" vom
10. Januar 2020: "Stolpersteine für Utphe
Hungen. Mit Stolpersteinen erinnert der Künstler Gunter Demnig an Menschen,
die von 1933 bis 1945 Opfer des Nazi-Regimes wurden. Mittlerweile hat er 75
000 der Gedenkplaketten gesetzt, jeweils vor dem letzten frei gewählten
Zuhause der Betroffenen. Auch in Bellersheim und Utphe sollen nun
Stolpersteine gesetzt werden.
Die 'Arbeitsgruppe Spurensuche Hungen' erforscht seit 30 Jahren die
Familiengeschichte ehemaliger jüdischer Mitbürger. Die Gruppe initiierte und
begleitete in den vergangenen Jahren die Verlegung von inzwischen 37
Stolpersteinen in Hungen. Im Zuge des Ortsjubiläums '1250 Jahre Bellersheim'
hatte sich im Dorf eine eigene Arbeitsgruppe gegründet, welche die
Geschichte jüdischer Familien aus Bellersheim recherchierte. Für zwei dieser
Familien sollen nun Stolpersteine verlegt werden: Für Julius Kuttner,
seine Frau Emma und die Tochter Martha werden Steine vor der ehemaligen
Schneiderwerkstatt in der Münzenberger Str. 22 gesetzt. Martha Kuttner wurde
nach Treblinka gebracht und ermordet. Das Ehepaar Kuttner starb im KZ in
Theresienstadt. Vor der Münzenberger Straße 10/12 sollen Gedenkplaketten für
die Familie Löb in den Gehweg eingelassen werden.
Gleichzeitig wurde von Seiten des TSV Utphe angeregt, anlässlich des
bevorstehenden 90. Vereinsjubiläums des jüdischen Mitbegründers und Ersten
Vorsitzenden sowie seiner Familie mit Stolpersteinen zu gedenken. Die
Recherche zur Familiengeschichte übernahm hier die 'Arbeitsgruppe
Spurensuche Hungen'. Zunächst werden ab 9.30 Uhr die Steine in Bellersheim
gesetzt. Im Anschluss wird Demnig in Erinnerung an die Familie Wetterhahn in
der Utpher Weedstraße 12 Stolpersteine setzen.
Herstellung und Verlegung eines Steines kosten 120 Euro. Die 'Arbeitsgruppe
Spurensuche' freut sich über Spenden. Das Konto der Stadtkasse ist bei der
Sparkasse Laubach-Hungen eingerichtet, IBAN DE71 5135 2227 0001 0004 39,
Stichwort 'Stolpersteine', gegebenenfalls den Stadtteil angeben. Für
Spendenquittungen sollte auf der Überweisung die vollständige Adresse des
Spenders angegeben sein."
Link zum Artikel |
Artikel zum Thema auch im "Gießener
Anzeiger" vom 16. Januar 2020: "Stolpersteine für Utphe und Bellersheim..."
Link zum Artikel |
|
Artikel von Christina Jung in der "Gießener
Allgemeinen" vom 3. Februar 2020: "Elf neue Stolpersteine.
Wetterhahn, Kuttner, Löb. Drei Namen, drei jüdische Familien. Gelebt haben
sie in Utphe und Bellersheim, die einen sind vor den Nazis geflohen, die
anderen wurden deportiert. Seit gestern erinnern in den beiden Dörfern elf
Stolpersteine an ihre Schicksale. Eine fremde Melodie erklingt in der
Bellersheimer Ortsmitte, gespielt wird sie von einem Klarinettisten. Um ihn
haben sich rund 50 Menschen versammelt, die der Hatikvah lauschen. Die
Nationalhymne des Staates Israel bedeutet Hoffnung, und die ist an diesem
Morgen verbunden mit der Erinnerung. Die Erinnerung an drei Hungener
Familien, die Opfer der Nationalsozialisten wurden. Dass sie einmal im Raum
Hungen gelebt haben, ist seit gestern für jeden sichtbar. Elf Stolpersteine
erinnern an ihre Schicksale - sechs in Bellersheim, fünf in Utphe. Der
Künstler Gunter Demnig hat sie verlegt.
Berthold Wetterhahn soll ein begeisterter Fußballer gewesen sein. Als der
beliebte Sport aus England Anfang des 20. Jahrhunderts auch in Deutschland
immer mehr Menschen begeisterte, war es der damals 30-Jährige, der in Utphe
gemeinsam mit anderen eine Mannschaft bildete. Und weil der altehrwürdige
Turnverein einen Zusammenschluss ablehnte - der erfolgte erst 20 Jahre
später -, gründeten die Kicker 1930 einfach einen eigenen Sportverein mit
Berthold Wetterhahn an der Spitze. Dass dieser jüdischen Glaubens war,
störte damals niemanden. "Auf dem Platz war es egal, welcher Religion man
angehörte, entscheidend war wie heute, dass das Runde ins Eckige muss",
sagte 90 Jahre später ein Nachfolger Wetterhahns, der Vorsitzende des TSV
Utphe, Sven Möser, anlässlich der Stolpersteinverlegung in Utphe. Doch nur
ein paar Jahre später sollte es nicht mehr egal, sondern von entscheidender
Bedeutung sein, ob man zum Gottesdienst in die Kirche oder Synagoge ging.
Wetterhahn, der in der Weedstraße 12 (damals Hauptstraße) mit seiner Frau
Paula einen Gemischtwarenladen und einen Viehhandel betrieb, bekam die
Haltung der Nationalsozialisten zu spüren. Ab 1934 boykottierten sie sein
Geschäft, sein Sohn Alfred wurde in der Schule verspottet und verprügelt und
später in einem Kinderheim in Dietz Opfer einer pogromartigen Aktion. Paula
Wetterhahn litt an nervösen Angstzuständen und massiven Schlafstörungen.
Schließlich verkaufte die Familie ihren Besitz in Utphe und zog 1936 nach
Frankfurt, wo man sich in der Anonymität der Großstadt Erleichterung
versprach. Vergebens. Paula Wetterhahn fand keine angemessene Arbeit, hielt
die Familie mit Putzstellen über Wasser. Zu ihren Angstzuständen kam eine
Asthmaerkrankung hinzu. An einer Auswanderung in die Vereinigten Staaten
führte für die Wetterhahns kein Weg mehr vorbei. Doch die Bemühungen
verliefen zunächst wenig erfolgreich. Lediglich Berthold Wetterhahn konnte
1937 einen Dampfer nach New York nehmen. Erst sieben Monate später gelang es
ihm, die Bürgschaften für den Rest seiner Familie und die
Einreisegenehmigung zu bekommen. 1938 flohen Mutter, Frau und Kinder nach
Amerika und fanden in Hartford, Connecticut, eine neue Heimat.
Die Hungener AG Spurensuche hatte die Geschichte der Wetterhahns
recherchiert, die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in Utphe gelebt hatten.
1933 gehörten Berthold Wetterhahn, seine Frau Paula, seine Mutter Friederike
und zwei Kinder, Beatrice und Alfred, dazu. An ihr Schicksal erinnern seit
gestern im Pflaster vor dem ehemaligen Wohnsitz der Wetterhahns fünf
Messingtafeln, die übrigens alle über Spenden finanziert wurden. Vereine,
Privatpersonen und ortsansässige Firmen hatten sich beteiligt. Der TSV Utphe
übernahm die Kosten für jene Messingtafel, die an den ehemaligen Ersten
Vorsitzenden erinnert.
Erinnern, niemals vergessen - das war auch das Thema von Bürgermeister
Rainer Wengorsch. 37 Stolpersteine wurden in den vergangenen Jahren in
Hungen verlegt. Seit gestern sind es elf mehr. 'Die AG Spurensuche kommt
Haus für Haus voran', erklärte Wengorsch und gab angesichts des zunehmenden
Populismus und Anschlägen wie den auf die Synagoge in Halle seiner Hoffnung
Ausdruck, dass man auch 'von Kopf zu Kopf' vorankomme. Die Steine holten die
Geschichte in den Alltag zurück, seien ein stetiges Zeichen der Erinnerung.
Diese Arbeit werde vor allem deshalb immer wichtiger, weil es kaum noch
Zeitzeugen gebe, die an die 'historische Schuld' erinnerten. Wengorsch
betonte: 'Die Wetterhahns waren Bürger von Utphe.' So wie die Kuttners und
Löbs Bürger von Bellersheim waren. Hier hatte sich während des Dorfjubiläums
im vergangenen Jahr eine eigene Arbeitsgruppe gegründet, die sich auf
Spurensuche begeben, eine Broschüre zusammengestellt und im November eine
Gedenkveranstaltung abgehalten hatte (die GAZ berichtete ausführlich).
Während die Familie Kuttner 1941 zunächst ins Judenhaus nach Inheiden
umziehen musste und später nach Treblinka beziehungsweise Theresienstadt
deportiert wurde, hatte Familie Löb - ebenso wie die Wetterhahns - die
Zeichen der Zeit frühzeitig erkannt. Siegfried Löb wanderte 1933 nach
Palästina aus und konnte später seine Eltern nachholen.'"
Link zum Artikel
Vgl. Artikel von Rose-Rita Schäfer im "Gießener Anzeiger" vom 3. Februar
2020: "Stolpersteine in Bellersheim und Utphe verlegt.
Elf Stolpersteine wurden zum Gedenken an ermordete beziehungsweise geflohene
jüdische Familien von Gunter Demnig in Bellersheim und Utphe verlegt..."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Germania Judaica III,1 S. 578-579. |
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 406-407. |
| Friedrich Prokosch: Chronik unserer Stadt 782-1982.
Hrsg. vom Magistrat der Stadt. Hungen
1982 S. 80-94. |
| Inge Wolter: Geschichte der Juden in Hungen. In:
Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde. N.F. vol. 41. 1983 S.
253-280. |
| dies.: Der Judenpogrom in Hungen. Hungen 1988. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 82-83. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 69. |
| Gerhard Steinl: Protokollbuch der jüdischen
Religionsgemeinde zu Hungen, 1826-1907: eine Transkiptions- und
Judenmatrikel der Stadt Hungen, 1823-1876: eine Auswertung. Stadtarchiv
Hungen 1992. 491 S. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S.
40-41. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 172-174. |
| Gabriele Reber: Lasst meine Bilder nicht sterben,
Amalie Seckbach. Bruchstücke einer Biographie. Frankfurt 2006. |
| "Arbeitsgruppe
Spurensuche": Jüdisches Hungen. Einladung zu einem Rundgang.
Reihe: Orte jüdischer Kultur. Haigerloch 2006.
Zur Vorstellung der Broschüre: Artikel
bei www.hungen.info |
| Hanno Müller, Dieter Bertram, Friedrich Damrath:
Judenfamilien in Hungen und in Inheiden, Utphe, Villingen, Obbornhofen,
Bellersheim und Wohnbach. ISBN 978-3-940856-16-6 Hungen
2009.
Zu beziehen über den Magistrat der Stadt Hungen - Stadtarchiv -
Kaiserstraße 7 35410 Hungen E-Mail |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Hungen
Hesse. Jews lived there from the 15th century and a community was
established in 1700. Numbering 105 (8 % of the total) in 1880, it was affiliated
with the Orthodox rabbinate of Giessen, but services held in the synagogue (built
in 1832) were accompanied by an organ and choir. After Worldwar I, a local
branch of the German Zionist Organization was established. In March 1933, some
prominent Social Democratics (including a number of Jews) were arrested. The
anti-Jewish boycott won popular support, and on the 'Night of the Long Knives'
(30 June 1934) SA and SS troops beat Jews attending Sabbath services. On Kristallnacht
(9-10 November 1938), Nazis vandalized the synagogue's interior and attacked
community leaders. Of the 66 Jews living in Hungen after 1933, at least 29
emigrated (mainly to the United States or Palestine) by 1939; more than 20 were
deported to the Theresienstadt ghetto in 1942.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|