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Geiss-Nidda (Geiß-Nidda) (Wetteraukreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Bitte besuchen Sie auch die Website des
Jüdischen Museums Nidda e.V. (Zimmermann Strauss Museum)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Nidda lebten
Juden bereits im Mittelalter. Ob es zur Bildung eines jüdischen Gemeinde
mit eigenen Einrichtungen gekommen ist, ist unbekannt. Erstmals werden Juden in
der Stadt in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts genannt. 1277 wurde die
Judensteuer der in Nidda, Assenheim und
Münzenberg lebenden Juden von Rudolf
von Habsburg an Ulrich von Hanau übertragen, von diesem 1278 an die Grafen von
Falkenstein. Auch 1300 und 1303 werden Juden in der Stadt genannt. Bei der Judenverfolgung
in der Pestzeit 1348/49 waren möglicherweise auch Juden aus Nidda unter den
Opfern. Den Grafen von Hanau stand die Judensteuer auch nach Urkunden von 1401,
1404, 1414, 1442, 1456, 1468, 1492, 1521 und 1529 zu. Aus den Urkunden geht
jedoch nicht hervor, wie viele jüdische Personen/Familien damals in der Stadt
lebten. Es könnte auch sein, dass die jeweilige Verpfändung der Judensteuer nur
theoretisch formuliert wurde, ohne dass in diesen Jahren jüdische Personen in der Stadt
lebten. 1509 wird erstmals namentlich ein Itzing Jud von Nidd genannt.
Erst aus dem 17. Jahrhundert gibt es weitere namentliche Nennungen von
Juden in der Stadt: 1622 werden als jüdische Hausbesitzer Jeckel, Joseph und
Schmuel genannt. 1660 wurde durch den Landgrafen die Missionierung der Juden
angeordnet. Mehrfach wird Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts ein Jud
David genannt. Um 1800 waren die Familien des Jacob Emanuel, Abraham und Löw
Hirsch sowie Ascher David in der Stadt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
folgt: 1828 40 jüdische Einwohner (2,3 % von insgesamt 1.700 Einwohnern),
1861 77 (4,3 % von 1.823), 1880 77 (4,3 % von 1.782), 1893 104 (in 22 Familien),
1894 109 (in 22 Familien), 1897 89 (in 24 Familien), 1900 95 (4,9 % von
1.950), 1910 96 (4,5 % von 2.130). In
Geiß-Nidda lebten 1830 14 jüdische
Personen, 1897 23, 1905 20.
Die meisten der jüdischen Haushaltsvorstände waren als
Viehhändler oder Kaufleute tätig, doch gab es auch Handwerker (Schneider, Bäcker,
Metzger, Uhrmacher, Schlosser, Schuhmacher (Isidor Rollhaus) sowie einen Gastwirt.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule,
ein rituelles Bad und einen Friedhof (beziehungsweise mehrere Friedhöfe in
unterschiedlichen Zeiten, seit 1891 eigener
Friedhof in Geiß-Nidda). Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war
ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter tätig war. Als
Lehrer werden genannt: um 1873 Lehrer Benjamin Heidingsfelder und Lehrer G.
Bamberger (beide im Lehr- und Handels-Institut s.u.),1884/85 Lehrer M. Frank, um
1889/1893 Lehrer L. Schloß (erteilt 1893 auch den Religionsunterricht in
Langsdorf), um 1895 Lehrer Schmal, um 1896 J. Plaut, um 1906 B. Rohrheimer,
um 1919 Lehrer Katz. Die
jüdische Gemeinde gehörte zum orthodoxen Bezirksrabbinat
Gießen. Im
Blick auf die Schulverhältnisse zählte die jüdische Gemeinde Nidda 1893 14, 1894
22, 1896 19, 1897 25 schulpflichtige Kinder. Seit 1912 war Nidda mit
Geiß-Nidda und
Nieder-Mockstadt
zu einem Lehrerband zusammengeschlossen.
An jüdischen Vereinen werden genannt: der Israelitische
Wohltätigkeitsverein (um 1893 unter Leitung von L. Grünebaum, L. Zimmermann,
M. Rollhaus, H. Löb und A. Wallenstein. 1894 unter Leitung von L. Grünebaum, M.
Rollhaus und K. Löb, 1897 unter Leitung von Th. Levi, M. Rollhaus, L. Zimmermann
und K. Löb).
Von den Gemeindevorstehern werden in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts genannt: um 1869 Löb Katz (gest. 1872, siehe Bericht unten), um
1886/87 David Leopold, um 1889 David Leopold mit den Herren Schiff und
Zimmermann, um 1893 Gerson Katz, S. Grünebaum und W. Zimmermann. um 1897 Gerson
Katz, M. Schiff und S. Grünebaum.
Als Synagogendiener wird um 1893 M. Daub genannt.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Hugo Leopold (geb.
19.4.1893 in Nidda, gef. 8.3.1916) und Unteroffizier Moritz Levi (geb. 22.3.1890
in Nidda, gef. 19.7.1917). Aus Geiß-Nidda fiel Adolf Stern (geb. 28.2.1887 in
Geiß-Nidda, gef. 28.8.1914). Außerdem fiel San.Sgt. Hermann Grünebaum (geb.
7.6.1880 in Nidda, vor 1914 in Saarburg Kreis Trier wohnhaft, gef. 12.6.1918).
Um 1924, als noch 60 jüdische Einwohner gezählt wurden (2,5 % von
insgesamt 2.350 Einwohnern, dazu 16 in
Geiß-Nidda), waren die Vorsteher
der Gemeinde Theodor Levi, Jacob Wallenstein und Emanuel Eckstein. Als Lehrer
und Schochet in der Gemeinde war der Lehrer Abraham Kaufmann aus Schotten
in Nidda tätig. Er unterrichtete damals fünf schulpflichtige jüdische Kinder
aus Nidda in Religion. An jüdischen Vereinen bestand vor allem der Israelitische
Wohltätigkeitsverein (1905 unter Leitung von T. Levi, 1924 unter Leitung von Emanuel Eckstein, 1932 unter
Leitung von Max Strauß: Zweck und Arbeitsgebiet: Unterstützung Hilfsbedürftiger
und Durchreisender). 1932 war die Gemeindevorsteher Emanuel Eckstein (1.
Vors.), Ludwig Stein (2. Vors.) und Karl Stern (3. Vors.). Im Schuljahr 1931/32
waren zehn jüdische Schulkinder in Religion zu unterrichten.
1933 lebten wie 1925 noch 60 jüdische Personen in der Stadt, dazu 19 in
Geiß-Nidda. In den folgenden Jahren ist der Großteil der jüdischen
Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der in der Stadt
besonders heftigen Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert (u.a.
zehn
in die USA, vier nach Palästina, eine Person nach Holland).
Antijüdische Maßnahmen in Nidda (1935)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Mai 1935: "Gießen.
Wie der Landespressedienst des 'Deutschen Nachrichtenbüros' meldet,
hat der Gemeinderat von Nidda in seiner letzten Sitzung folgenden
Beschluss gefasst: 'In der Folge werden nur noch diejenigen
Handwerker, Fuhrleute, Geschäftsleute usw. mit Lieferungen und Arbeiten
für die Stadt berücksichtigt, die der Bürgermeisterei gegenüber eine
eidesstattliche Erklärung abgeben, dass sie und ihre Familienangehörigen
mit nichtarischen Personen keine Geschäfte tätigen'." |
Beim Novemberpogrom 1938 wurde das Haus
des letzten Gemeindevorstehers Emanuel Eckstein verwüstet. Die gesamte
Einrichtung wurde auf die Straße geworfen und geplündert. Auch das Haus der
Familie Rollhaus in Geiß-Nidda wurde verwüstet. Beide Familien verließen
Nidda und flüchteten nach Frankfurt. Emanuel Eckstein kehrte am 19. Oktober 1939
noch einmal nach Nidda zurück. Von dem Lehrer Fritz Geiger angestiftet, hetzten
50 bis 60 Schulkinder den 66 Jahre alten Mann zu Tode, indem sie ihn mit
Steinwürfen durch die Bahnhofstraße trieben. Eckstein starb im Bahnhof an
Herzversagen, nachdem man ihm auch noch ein Glas Wasser verweigert hatte, um das
er gebeten hatte. Seine Frau Sita, die Tochter Berta, der Schwiegersohn Josef
Kugelmann und das Enkelkind Sigrid wurden nach den Deportationen ermordet.
Von den in Nidda und Geiss-Nidda geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", Ergänzungen auf Grund der Recherchen von Wolfgang
G. Stingl, Nekrologium): Berta
Arenstein geb. Stern (1880), Minna Beifus geb. Stern (1879, Geiss-Nidda), Josefine
Berold geb. Raudnitz (1890, Nidda), Emanuel Eckstein (1873), Sitta Eckstein geb. Katz (1875), Gidda Freudenthal geb. Heilbronn (1875 Geiss-Nidda),
Dina Hamburger geb. Wallenstein (1900, Nidda), Hugo Hamburger (1895), Klara
Hirsch geb. Stock (1887), Johanna Katz geb. Leopold (1886), Sally Katz (1887), Erna Rosa Katzenstein geb. Meyer (1899,
Geiss-Nidda), Pauline Kaufmann geb.
Leopold (1883), Siegfried Kaufmann (1876), Bertha Kugelmann geb. Eckstein
(1903), Josef Kugelmann (1896), Siegmund Kugelmann (1931), Sigrid Kugelmann (1931), Arthur
Leopold (1886), Dora Leopold geb. Sichel (1886), Erich Leopold
(1895), Karoline Leopold (1889), Rosa Bella Leopold (1888), Jeanette Löb geb. Freund (1859),
Jenny Mayer geb. Rollhaus (1883, Geiß-Nidda), Manfred Mayer (1923, Geiss-Nidda),
Sophie Philipp
geb. Meyer (1892, Geiss-Nidda), Mathilde Rosenbaum geb. Meyer (1886, Geiss-Nidda), Ida Schiff (1868), Hedwig Schott geb. Leopold (1894), Bertha Sichel geb. Leopold
(1887), Frieda Lotte Sichel (1918), Ilse Bella Sichel (1920), Nathan Sichel
(1885), Johanna Simon geb. Meyer (1887 Geiss-Nidda, "Stolperstein" in
Eschbach), Emma Schwarzhaupt (1868),
Ilse Bela Sichel (1920), Lotte Sichel (1918), Hilda Stein geb. Stern
(1890, Geiss-Nidda), Leopold Stein (1891, Geiss-Nidda), Clementine Stern geb.
Zimmermann (1881), Josef Stern (1885, Geiss-Nidda), Max Stern (1875), Siegfried
Stork (1884), Bertha Wallenstein (1866),
Ida
Wallenstein geb. Baumblatt (1872), Rosa
Wallenstein geb. Hecht (1867), Wilhelm Wallenstein (1901), Ida
Weisenbach geb. Rollhaus (1887 Geiss-Nidda).
1986 wurde in der Johanniterturm-Anlage in der Ortsmitte ein Gedenkstein
aufgestellt mit dem Text: "Zur Erinnerung an unsere 91 jüdischen Bürger,
die während der Gewaltherrschaft 1933-1945 vertrieben und ermordet wurden. Die
vom Faschismus verfolgten jüdischen Familien: Eckstein, Katz, Katzenstein,
Kugelmann, Leopold, Levi, Mayer, Naumann, Rollhaus, Salm, Sichel, Sommer, Stein,
Strauss, Wallenstein, Wertheim. Im Gedenken und zur Mahnung: Stadt Nidda."
An den 1939 ermordeten Emanuel Eckstein erinnert unweit des Bahnhofes die Emanuel-Eckstein-Anlage.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers, Vorbeters
und Schochet 1869 / 1886 / 1887 / 1893 / 1907 / 1911
Anmerkung: es war für die Gemeinde aus unbekannten Gründen
mehrmals sehr schwer, eine geeignete Person für die Stelle zu finden. 1886/87
war unter dem Vorsteher David Leopold fast ein Jahr lang die Stelle
ausgeschrieben; auch 1893 finden sich unter dem Vorsteher Gerson Katz über
mehrere Monate Anzeigen für die zu besetzende Stelle. Bei allen Ausschreibung
findet sich zwischen der und der letzten Ausschreibung eine deutliche
Aufbesserung des angebotenen Lehrergehaltes, vermutlich, um die Stelle
attraktiver zu machen.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Februar 1869:
"Israelitischer Lehrer.
Die israelitische Religionsgemeinde Nidda- Geiß-Nidda sucht einen
geprüften Lehrer, welcher zugleich als Vorsänger und Schächter zu fungieren
im Stande ist. Als Gehalt sind 300 fl. vorgesehen.
Lusttragende werden eingeladen, sich binnen 4 Wochen bei unterzeichnetem
Vorstand zu melden. Reisekosten werden nicht vergütet.
Nidda, am 4. Februar 1869. Für den Vorstand Löb Katz."
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Anzeigen in der
Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. März 1886 (ausgeschrieben
noch für Nidda-Geißnidda!), 13. September 1886, 11. November 1886 und
27. Januar 1887. Text der
Anzeige
vom 11. November 1886: "Die Lehrer- und Vorbeterstelle der hiesigen
israelitischen Religionsgemeinde soll durch einen seminaristisch
gebildeten, ledigen Lehrer per sofort besetzt werden. Gehalt 6-700 Mark,
Nebenverdienst in Aussicht. Bewerber wollen sich unter Einreichung ihrer
Zeugnisse baldigst melden. Der Vorstand der israelitischen
Religionsgemeinde Nidda (Oberhessen). David Leopold." In der Ausschreibung
im Januar 1887 werden an Gehalt statt bislang 6-700 Mark nun 6-800 Mark
angeboten. |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. August 1893: "Die Stelle eines
israelitischen Religionslehrers und Vorbeters ist sofort in hiesiger
Gemeinde zu besetzen. Gehalt beträgt Fixum 700 Mark, Nebenverdienst circa
200-300 Mark. Nur seminaristisch gebildete Bewerber und ledigen Standes
werden berücksichtigt. Gesuche, mit Zeugnissen versehen, sind sofort
einzusenden. Reisekosten erhält nur derjenige, welcher die Stelle
antritt. Der Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde Nidda: Gerson
Katz." In der Anzeige vom 11. Dezember 1893 werden Fixum 900 Mark
angeboten. |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1907: "In unserer
Gemeinde ist die Stelle eines Religionslehrers und Vorbeters am 15.
April zu besetzen. Gehalt Mark 900 nebst kleinem Nebeneinkommen.
Seminaristisch gebildete Bewerber wollen sich unter Einreichung von
Zeugnissen melden. Der Vorstand der Israelitischen Religionsgemeinde Nidda
(Hessen). |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April 1907: "In unserer
Gemeinde ist die Stelle des
Religionslehrers und Kantors
vakant.
Gehalt 1.000-1.200 Mark nebst Nebeneinkommen. Den seitherigen Lehrern war
es ermöglicht an der Volksschule oder höheren Bürgerschule zu
hospitieren, um zum Staatsexamen zugelassen zu werden.
Offerten nebst
Zeugnisabschriften erbitte an den Vorstand der israelitischen Gemeinde Nidda
in Hessen zu richten." |
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Ausschreibung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 22. Dezember 1911:
"Frankfurt am Main. Vakanzen. - Nidda, Religionslehrer- und Kantor,
1.200 Mark und Nebeneinkommen." |
Versammlung israelitischer Lehrer
der Provinz Oberhessen in Nidda (1865)
Artikel in "Der Israelitische Lehrer" vom 31. August 1865: "Protokoll
der ersten Versammlung israelitischer Lehrer der Großherzoglichen Hessischen
Provinz Oberhessen, abgehalten zu Nidda, den 7. August 1865.
In Folge des Aufrufs vom 18. Juni dieses Jahres (Nummer 27 des
israelitischen Lehrers) waren erschienen am 7. August, morgens 11 Uhr, im
Gasthaus zur "Traube" in Nidda, die Herren: Dr. Levi Großherzoglicher
Provinzial-Rabbiner aus Gießen; Lehrer
Morgenstern aus Friedberg; Lehrer Isaac
aus Alsfeld; Lehrer S. Mayer aus
Gießen; S. Simon, früher Lehrer jetzt
Kaufmann in Gedern; Lehrer L. Ullmann aus
Gedern; Lehrer G.C. Bamberger,
Echzell; Lehrer L. Wertheimer,
Heldenbergen; Lehrer S. Strauß,
Nieder-Mockstadt; Lehrer V.
Cosmann, Hungen; Lehrer Kuttnauer,
Düdelsheim; Lehrer N. Sichel,
Ober-Seemen; Lehrer J. Nathan,
Altenstadt... "
Zum weiteren Lesen des Textes, der sich nicht auf Nidda bezieht, bitte
Textabbildung anklicken |
Anzeigen des Lehr- &
Handels-Institutes zu Nidda von G. Bamberger (1871 / 1872)
Anzeige
in "Der israelitische Lehrer" vom 29. März 1871: "Von
Großherzoglicher Oberstudien-Direktion konzessioniertes
Lehr-Institut zu Nidda (Bad Salzhausen).
Unser seither in Echzell bestandenes
Institut haben wir nach Nidda verlegt und mit dem dortigen vereinigt. Das
Sommer-Semester beginnt den 24. April. Vorbereitung für's Handelsfach und
für die höheren Gymnasialklassen. Prospekte gratis.
Echzell im März 1871. Der Institutsvorstand: Bamberger & Heidingsfelder. " |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Mai 1872: "Von
Großherzoglicher Oberstudien-Direktion konzessioniertes
Lehr- & Handels-Institut zu Nidda.
Das Sommer-Semester beginnt Montag, den 3. Juni. Knaben vom 7. Jahre an
finden Aufnahme. Pension im Hause des Unterzeichneten. Sorgfältige
Erziehung. Gründliche Vorbereitung für die höheren Klassen der Gymnasial-
und Realschulen, sowie für's Handelsfach und für's
Einjährig-Freiwilligen-Examen. Prospekte und nähere Auskunft durch den
Instituts-Vorstand G. Bamberger."
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. September 1872: "Von
Großherzoglicher Oberstudien-Direktion konzessioniertes
Lehr- & Handels-Institut zu Nidda (Bad Salzhausen), Station der
Oberhessischen Eisenbahn (Jüdisches Pensionat).
Gründliche Vorbereitung für die oberen Klassen der Gymnasien und
Realschulen, sowie für das Handelsfach und Einjährig-Freiwilligen-Examen.
Knaben von 7 Jahren an finden zu jeder Zeit Aufnahme.
Näheres im Prospekt. Der Institutsvorsteher G. Bamberger."
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Heirat von Lehrer und
Institutsvorsteher Benjamin Heidingsfelder und sein beruflicher Wechsel in den
Kaufmannsstand (1873)
Anmerkung: nach Hanno Müller: Juden in Gießen S. 207 wird Benjamin
Heidingsfeld(er) 1874 in Gießen genannt (Walltorstraße A 96) als Kaufmann und
Generalagent der Deutschen Creditbank in Frankfurt am Main sowie als Agent des
Annoncen-Agentur Rudolf Mosse. Er war verheiratet mit Sophie geb. Kahn. Die
beiden hatten einen Sohn Otto Joseph (geb. 21.3.1874).
Artikel
in "Der Israelitische Lehrer" vom September 1873 S. 38: "Ingelheim.
Wenn wir Beweise dafür suchen, dass die jüdischen Gemeinden der Gegenwart
ihre Pflicht gegen die Lehrer leider schlecht erfüllen, so finden wir sie in
dem Umstande, dass leider wieder zwei der tüchtigsten und strebsamsten
unserer jungen Kollegen den Schulstab niedergelegt haben, um in den mehr
Erfolg und größere Freiheit verheißen den Dienst Merkurs über zu treten.
Herr Benjamin Heidingsfelder, der soeben sich vermählte, früher
Lehrer und Institutsvorsteher in Echzell und
Nidda in Oberhessen, gründete
eine Schreibmaterialienhandlung und Annoncenagentur in
Gießen und (Lehrer)
Lichtenberg, früher in Ruhrort, dann in Braunschweig, tritt eine
Reisestelle in einem Leinengeschäft an. Valet dem Lehrerstande, nachdem man
ihm Jahre lang mit Begeisterung angehört - es ist ein grausames Wort, und
doch, wir können den Männern leider nur zustimmen -! Mögen Sie in der
Freiheit des kaufmännischen Berufes ihrer Kollegen und der edlen Strebungen
und Ziele nicht vergessen, die uns verbunden. Wir reichen Ihnen schmerzlich
bewegt, doch voll frohen Mutes auf ihre glückliche Zukunft die Freundeshand.
Mögen Sie unser Allzeit freundlich gedenken und auch als Diener des Merkur
mit uns arbeiten am Höchsten: an der Verherrlichung des freien,
fortschreitenden Judentums und an der Hebung der Schule." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Spendenaufruf für einen Seminaristen in
Burgpreppach
(1886)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. März 1886:
"Dringende Bitte!
Der begabte Sohn einer ganz allein stehenden,
unbemittelten Lehrerswitwe hat sich dem israelitischen Lehrerfach
gewidmet, die Vorschule in Burgpreppach seit vorigem Jahre absolviert und
befindet sich derzeit auf einem Seminarium. Die Mutter hat ihre früheren
kleinen Ersparnisse gänzlich dem hoffnungsvollen Sohne geopfert, einige
Wohltäter in Frankfurt am Main und in anderen kleinen Städten haben die
Witwe unterstützt, wodurch die Kosten der Vorschule gedeckt werden
konnten. Zur Fortsetzung des Studiums, welches noch etwa 1 ½ bis 2 Jahre
dauern wird, fehlen aber jetzt alle Mittel. In dieser sehr bedrängten
Lage bittet die schon betagte Mutter edle Menschenfreunde um einige
Unterstützung; die kleinste Gabe wird dankbar entgegen genommen. Chr.
Jost in Nidda.
Die Expedition dieser Blätter ist bereit, Gaben entgegenzunehmen und
weiter zu befördern. Die Expedition des 'Israelit'." |
Spendensammlung und -aufruf für Juda Schloß (1876)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. April 1875: "Die durch uns in der
jüngsten Zeit an die Witwe Schweich in
Schmalkalden eingesandten Gelder
kamen von der Post mit dem Bemerken zurück, dass dieselbe gestorben sei. Wir
werden daher den Ertrag der noch übrigen uns zugekommenen Spenden, wenn
nicht von Seiten der verehrlichen Spender anderweitige Verfügung getroffen
werden sollte, dem noch immer hilfsbedürftigen erblindeten Juda Schloß in
Nidda zuwenden. Die Redaktion."
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Mai 1876: "Der
erblindete Juda Schloß in Nidda, der sich noch immer im hilfsbedürftigen Zustande
befindet, bittet uns dringend um weitere Unterstützung. Da der Vorrat von
den früheren eingegangenen Spenden aufgezehrt ist, richten wir an wohltätige
Menschenfreude die ergebene Bitte, uns milde Gaben für den so unglücklichen
Mann zukommen zu lassen. Die Redaktion des ‚Israelit’." |
Versammlung des "Central-Vereins"
in Nidda und Gründung einer neuen Ortsgruppe für Hungen, Nidda und Umgebung (1912)
Artikel
in "Im Deutschen Reich" vom Mai 1912 S. 236-237: "In der am
24. März in Nidda im Gasthaus zur Traube stattgehabten Versammlung
des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, hielt Herr
Dr. Geiger über die Ziele und Bestrebungen des Vereins einen mit
lebhaften Beifall aufgenommenen Vortrag. Nach Herrn Dr. Geiger sprach Herr
Lehrer Rom in Nidda, der die Anwesenden, soweit sie noch nicht
dem Verein angehörten, veranlasste, ihren Beitritt zu erklären. Es wurde
alsdann zur Gründung einer Ortsgruppe für
Hungen, Nidda und Umgebung geschritten. Als Sitz des Vereins wurde
Hungen bestimmt, zum Vorsitzenden Herr
Max Stern - Hungen, zum Schatzmeister
Herr Adolf Salzbach - Hungen und zu
Beisitzern die Herren Siegmund Sommer und Theodor Levi
Nidda, A. Simon Echzell
(statt Erbzell), Simon Rothschild -
Schotten, S. Heynemann -
Laubach gewählt wurden. Die Ortsgruppe
Hungen, Nidda und Umgegend zählt bereits
62 Mitglieder." |
Gründung einer Gruppe der Agudas
Jisrael Bewegung für Nidda, Hungen und Niedermockstadt (1914)
Anmerkung: vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Agudath_Israel_Weltorganisation.
Artikel
in "Das jüdische Blatt" vom 12. Juni 1914: "Deutschland.
Aus der Agudas Jisroel-Bewegung. ...
In Hanau wurde eine Jugend- und Mädchengruppe, ebenso in Nidda für
die Orte Nidda, Hungen und
Niedermockstadt, gegründet..." |
In der NS-Zeit: antijüdische
Beschlusse des Gemeinderates von Nidda (1935,
wie oben aus der
Zeitschrift "Der Israelit")
Artikel
im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main" vom Juli
1935 S. 435: "Frankfurt am Main. Nach Meldung des
Landespressedienstes des Deutschen Nachrichtenbüros hat der Gemeinderat von
Nidda folgenden Beschluss gefasst: 'In der Folge werden nur noch diejenigen
Handwerker, Fuhrleute, Geschäftsleute usw. mit Lieferungen und Arbeiten für
die Stadt berücksichtigt, die der Bürgermeisterei gegenüber eine
eidesstattliche Erklärung abgeben, dass sie und ihre Familienangehörigen mit
nichtarischen Personen keine Geschäfte tätigen.'"
|
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Artikel
in "Jüdische Allgemeine Zeitung" vom 5. Juni 1935: "Nach
Veröffentlichungen in der Presse hat der Gemeinderat von Nidda folgenden
Beschluss gefasst: 'In der Folge werden nur noch diejenigen Handwerker,
Fuhrleute, Geschäftsleute usw. mit Lieferungen und Arbeiten für die Stadt
berücksichtigt, die der Bürgermeisterei gegenüber eine eidesstattliche
Erklärung abgeben, dass sie und ihre Familienangehörigen mit
nichtarischen Personen keine Geschäfte tätigen.'" |
Berichte zu einzelnen Gemeindegliedern
Goldene Hochzeit des Ehepaares Meyer in Geiß-Nidda - gehalten vom jüdischen Lehrer
aus Schotten 1839
Artikel in
den "Israelitischen Annalen" vom 1. März 1839: "Großherzogtum
Hessen. – Eine rührend Feierlichkeit fand am 30. Januar in dem Dorfe
Geiss-Nidda (Kreis Nidda) statt. Die goldene Hochzeit eines stets durch
tugendhaften und friedsamen Wandel geachteten jüdischen Paares, - der
Mann, Herr Meyer, zählt 80 und seine Frau 83 Jahre – ward von der
ganzen Bevölkerung des Ortes, ohne Unterschied der Religion, festlich
begangen. Das ganz unbemittelte Paar war von Katholiken, Protestanten und
Israeliten der Umgegend sowohl für den Tag, als auch zur künftigen
Unterstützung, vielfältig beschenkt. Bürgermeister, Beigeordnete und
Rat des Ortes veranstalteten eine solenne Mahlzeit, an welcher die
verschiedenen Konfessionen des Ortes vereint waren. Die Trauung
verrichtete der jüdische Religionslehrer, Meyer Frank aus Botzen*,
nachdem er durch eine kräftige Predigt alle Anwesenden erbaut hatte. –
Diese Feierlichkeit hat einen tiefen Eindruck hinterlassen, und ein
wahrhaft herzerhebendes Beispiel von Eintracht gegeben, womit dieser durch
allgemein herrschende Tätigkeit und Mäßigkeit ohnehin sehr
emporgekommene Ort, noch insbesondere gesegnet ist.
Anmerkung. Wir sind doch hoch gestellte Menschenfreunde ersucht worden,
eine ausführliche Schilderung dieses Festes hier einzurücken, haben dies
aber als unserm Zweck fremd ablehnen müssen. Doch durfte die Sache nicht
ganz unerwähnt bleiben, und wir fügen schließlich hinzu, dass wir uns
freuen würden, wenn es beiläufig dazu dienen könnte, der Mildtätigkeit
einen Wink zu geben, welcher hinreichen möchte, um dem hochbejahrten
Jubelpaare den kurzen Rest der mühseligen Wanderschaft hienieden zu
erleichtern. Beiträge wird gern annehmen und zur zweckmäßigen
Verwendung befördern, die Redaktion der Annalen."
* Dazu Hinweis in "Israelitische Annalen" vom 8. März 1839:
"Berichtigung: Bogen 9 Seite 72 Spalte 2, Zeile 5 von oben statt
Botzen lies Schotten." |
Zum Tod von Löb Katz (1872)
Anmerkung: Kaufmann Löb Katz starb im Alter von 69 Jahren und wurde im
alten jüdischen Friedhof beigesetzt. Er war
verheiratet mit Emilie geb. Igersheimer.
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. September 1872: "Nidda, 21. August
(1872). Heute geleiteten wir einen Mann zu Grabe, dessen Andenken stets
ein gesegnetes bleiben wird. Herr Löb Katz, ein talmudisch gebildeter
Mann, weit bekannt ebenso sehr durch seine wahre Religiosität wie durch
seine Wohltätigkeit, ist aus dem Kreise der Seinigen geschieden, um in
ein besseres Jenseits einzugehen. Die rastlose Tätigkeit dieses Mannes
von Jugend an, im Geschäftsleben, wie wenn es galt, Gemeinnütziges zu fördern,
Gutes zu stiften, hatte früh schon seine Körperkraft gebrochen, während
sein Geist frisch und klar blieb bis wenige Monate vor seinem Tode. Schon
vor zwei Jahren hatte eine hartnäckige Krankheit diesen sonst so starken
Mann niedergeworfen und ihn für die Dauer des Gebrauches seiner Glieder
beraubt. Nur die sorgfältigste Pflege, wie die fromme Hingebung des
Verblichenen in seinen Leiden haben ihn so lange erhalten, bis vor einigen
Tagen eine große Schwäche sich seiner bemächtigte, dass er das Bett
nicht mehr verlassen konnte. Die letzten Worte des sanft Dahinscheidenden
waren Worte der Liebe, Versöhnung und des Gebetes. Katz hat ein Alter von
70 Jahren erreicht. Sein ganzes Leben gibt das Bild eines wahren, frommen
Mannes ab. Die Maximen des Judentums hatten so sehr Wurzel in diesem
energischen Manne gefasst, dass nichts imstande war, ihn nur einen Moment
in seinem Glauben wanken zu machen, was Wunder, wenn er für seinen
Glauben eintretend, für ihn kämpfend, im beständigen Kampfe, in edlem
Kampfe mit der Außenwelt lag! Herr Löb Katz war mit irdischen Gütern
reichlich gesegnet, das sollten alle, die mit ihm lebten, wohltätig
empfinden; allein wie oft im Leben das Gute verkannt wird, so wurden auch
die guten Absichten des Verstorbenen, besonders in Angelegenheit der
Gemeinde, in der er lebte, deren Faktotum er zeitlebens war, nicht so gewürdigt,
wie sie es verdient, und nur Undank und Unannehmlichkeiten waren die
Erfolge seiner Mühen. Die allgemeine Trauer, welche sein Ableben wachrief
und das große Leichenbegängnis gaben Zeugnis haben, wie der Verstorbene
allgemein beliebt und geachtet war. Die Kinder des Verstorbenen waren aus
der Ferne auf die Trauerbotschaft herbeigeeilt und ihre Tränen vereint
mit denen der hinterlassenen Witwe und der vielen Freunde, aber besonders
der Armen folgten ihm ins Grab.
Möge die Erde ihm leicht werden!" |
Zum Tod von Hannchen Mosbacher (nicht: Masbacher; 1895)
Anmerkung: Hannchen (Hanna) Mosbacher
geb. Ehrlich ist am 19. Juni 1836 in
Lohrhaupten bei Aschaffenburg als Tochter von David Ehrlich und seiner Frau
Carolin geb. Reis geboren. Am 4. Februar 1862 (oder schon am 17. November 1857)
heiratete sie den Pferdehändler Mendel (Emanuel) Mosbacher, der am 18. Oktober
1831 in Eschau geboren ist als Sohn von Feibel
(Vaibel) Mosbacher und seiner Frau Charlotte geb. Hahn (Quelle:
Biographische Datenbank
Jüdisches Unterfranken). 1879 zog das Ehepaar nach
Aschaffenburg um, wo Mendel Mosbacher
Eigentümer des Hauses Wermbachstraße 30 war. Einige Jahre später (um 1890?)
verzogen Mendel und Hannchen Mosbacher nach Nidda, wo Hannchen am 30. Januar
1895 gestorben ist. Mendel Mosbacher starb ebd. am 31. August 1895 (Nachweise in
den Sterberegistern unten).
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Februar 1895: "Aus
Oberhessen.
Wieder ist eine Fromme aus diesem Leben geschieden, wieder hat eine Treue
uns verlassen! Am 30. Januar ist zu Nidda Frau Hannchen Mosbacher – sie
ruhe in Frieden – nach längerem, schwerem Leiden in ein besseres
Jenseits abberufen worden. Sie war eine wackere
Frau in des Wortes wahrsten Sinn, welche sich Zeit ihres Lebens –
bis zum letzten Augenblick – eines streng jüdisch-religiösen
Lebenswandels beflissen! Sie hat es verstanden sich im Leben nützlich zu
machen, und Gewissenhaftigkeit und Milde waren die Grundzüge ihres
Wesens. War auch ihr ganzes Leben nichts als hingebende Pflichterfüllung,
so wollen wir heute dennoch keine Schilderung der hohen Tugenden und edlen
Eigenschaften der Verblichenen geben – es waren die Tugenden, wie jedes
brave, fromme, echt jüdische Weib übt. Trotzdem sie erst vor wenigen
Jahren mit ihrer Familie von Aschaffenburg nach Nidda gezogen war, hatte
sie sich auch dort schon zahlreiche Freunde und Freundinnen in allen
Schichten der Bevölkerung erworben, wie die überaus zahlreiche
Beteiligung am Leichenzug bewies.
Was sie war, lebt unvergesslich fort im Herzen alles Jener, die sie
kannten, und weit über den engen Kreis der Ihrigen hinaus lebt das
Andenken in der Gemeinde zu ewigem Ruhm und Beispiel fort. An ihrem Grabe
sprach Herr Lehrer Plaut ergreifende Worte des Nachrufes und des Trostes,
er führte auch, wie sie als treue Mutter, als zärtliche Gattin und als
fromme Israelitin lebte und starb. – Wir haben an ihr viele verloren,
und ihr Andenken gereiche uns zum Segen.
Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Unfalltod von Handelsmann L. Mayer (1904)
Anzeige im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 25. November 1904: "Herzliche
Bitte!
Der Handelsmann L. Mayer von Nidda wurde - auf einer Fahrt von
Frankfurt am Main nach Friedberg begriffen
- am 3. dieses Monats in Niederwöllstadt
vom Zuge erfasst und schrecklich verstümmelt. Derselbe hinterlässt eine
Witwe im Alter von 61 Jahren in bitterster Not. Ihres einzigen Ernährers
beraubt, hat sie nicht Unterhalt von heute auf morgen. Wir wenden uns
deshalb an alle edel denkenden Mitmenschen mit der herzlichen Bitte, die
Not dieser schwergeprüften Frau durch einen kleinen Beitrag lindern zu
helfen. Zur Empfangnahme von Gaben erklären sich gerne bereit: Römheld,
Oberamtsrichter; Roth, Bürgermeister; Sellheim, Amtsrichter; W. Bergen,
Lehrer; M. Grünebaum, 1. Vorsteher der israelitischen Gemeinde Nidda;
Carl Löb, Frankfurt am Main, Kronprinzenstr. 49 (Laden); die hebräische
Buchhandlung von Rothschild, sowie die Expedition dieses
Blattes." |
Dieselbe Anzeige erschien in der Zeitschrift
"Der
Israelit" vom 17. November 1904: |
Goldene Hochzeit von Gerson und
Klara Holtz (1915)
Artikel
in "Der Gemeindebote" vom 22. September 1915: "Das seltene
Fest der goldenen Hochzeit feierte in Nidda das Ehepaar Herr
Gerson und Frau Klara Holtz in voller Rüstigkeit. Der Großherzog
von Hessen ließ dem Jubelpaare sein Bild überreichen." |
81. Geburtstag der Witwe von Levi
Zimmermann (1931)
Anmerkung: es handelt sich um Rebecka Zimmermann geb. Loeb (geb. 8.
Juli 1850 in Berstadt als Tochter von
Mose Loeb). Sie war verheiratet mit dem Handelsmann Levi Zimmermann
(1850-1917; Kinder: Clementine geb. 1881 und Ida geb. 1883). Rebecka Zimmermann
starb am 21. September 1932 und wurde - wie auch ihr Mann - im
neuen jüdischen Friedhof in Nidda
beigesetzt.
Artikel
in "Mitteilungsblatt des Landesverbandes der Israelitischen Gemeinden in
Hessen" vom Juli 1931: "Nidda in Oberhessen. In seltener
geistiger und körperlicher Frische begeht am 8. Juli Frau Levi Zimmermann
Witwe dahier ihren 81. Geburtstag. Verehrt und hochgeschätzt von der
ganzen Stadt, besucht die Greisin noch an den hohen Feiertagen das
Gotteshaus. Im Sommer ist sie jeden Tag in ihrem Garten beim Haus tätig, wo
unter ihrer Hand die schönsten Gemüse und Blumen gedeihen. Möge der allseits
beliebten Frau noch eine lange Reihe von Jahren - bis 120 Jahre - in
voller Gesundheit beschieden sein." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeigen von Uhrmacher und Goldarbeiter D. Storck (1881
/ 1886 / 1887)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. September 1881: "Ein
Uhrmacher-Gehilfe findet dauernde Stellung bei
D. Storck, Uhrmacher und Goldarbeiter. Nidda (Hessen)."
|
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. August 1886: "D. Storck, Nidda
(Hessen).
Spezialität in silbernen Synagogen-Einrichtungen: Kronen, Glocken,
Bleche, Hände, Räuchertürme, Arm- und Chanukkaleuchter etc. Ebenso
Silber- und versilberter Waren zu Hochzeitsgeschenken. Zeichnungen
und Preise gratis".
|
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Mai 1887: "Spezialität in
silbernem Torarollenschmuck,
Jad, Taß, Ez Chaim. Nidda (Hessen). D. Storck".
|
Anzeige der Metzgerei Simon
Grünebaum (1886)
Anmerkung: Metzger Simon Grünebaum war verheiratet mit Betty geb. Sichel
(1847-1892), die im neuen jüdischen Friedhof
beigesetzt ist. Mehrere Kinder der beiden sind im
alten jüdischen Friedhof beigesetzt.
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. November 1886: "Metzgerei
Simon Grünebaum, Nidda, Oberhessen
empfiehlt KOSCHER
Fleischwurst, Cervelatwurst, Salamiwurst, Rauch- und Pökelfleisch
zu den billigsten Preisen".
|
Anzeige des (jüdischen) Gasthauses zur Post (1905)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 17. Februar
1905: "Gasthaus zur Post, Nidda.
Direkt am Bahnhof.
Einzig jüdisches Hôtel am Platze, den Herren Geschäftsreisenden bestens
empfohlen. M. Grünebaum." |
Lehrstellensuche von Bäckerei Ludwig Stein
(1924)
Anmerkung: Bäcker Ludwig Stein war verheiratet mit Sara geb. Stern
(1880-1932), die im neuen jüdischen Friedhof
beigesetzt ist.
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Mai 1924: "Per sofort.
Suche
für meinen Sohn (Obersekundaner),
Lehrstelle.
Am liebsten Pension
im Hause.
Ludwig Stein, Bäckerei, Nidda in Oberhessen." |
Anzeige des Manufaktur-, Herren-
und Damenkonfektionsgeschäftes J. Gottlieb (1890)
Anmerkung: es handelte sich um den Kaufmann Joseph Gottlieb, verheiratet mit
Gita geb. Bär, deren Sohn Ludwig mit neun Monaten 1891 starb und als erster auf
dem neuen jüdischen Friedhof beigesetzt wurde.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Februar 1890: "Per 15. Februar
suche ich für mein Manufaktur-, Herren- und Damenkonfektions-, Kurz- und
Kolonialwarengeschäft mit Landkundschaft einen Lehrling unter günstigen
Bedingungen.
J. Gottlieb, Nidda (Hessen)."
|
Verlobungsanzeige von Else Srog und
Albert Levi (1932)
Anzeige
in vom 10. November 1932. "Baruch HaSchem
Else Srog - Albert Levi Verlobte
Königsbach (Baden) Schabbat Lech
Lecha Nidda (Hessen)."
|
Zur Geschichte der Synagoge
Ein Betsaal war vermutlich seit 1695 vorhanden. Damals
wurde den Juden erlaubt, "an ihren Sabatten und Festtagen ohne Form einer
Synagoge in einem von offener Strasse entlegenen Gemach aus ihren Privathäusern
zusammenzukommen und ihr Gebet in der Stille zu verrichten". Ob der
erlaubte Betsaal bereits damals in der Gerberstraße 3-5 eingerichtet wurde ist
nicht bekannt. Hier jedenfalls befand sich im Dachgeschoss der beiden Gebäude
bis 1877 ein alter Betsaal mit einer tonnenartigen, teilweise ausgemalten und
mit einem Sternenhimmel versehenen Holzverkleidung. Da der Betsaal ("alte
Synagoge") sich in der Gerbergasse befand, wurde dieser Teil der
Gerbergasse auch "Synagogengasse" genannt. Für größere
Veranstaltungen hatte die Gemeinde noch die so genannte "Judeschule",
die sich zwischen dem linken alten Teil des heutigen Central-Cafés und dem
ehemaligen Haus der Färberei Ruppel befand.
1876/77 wurde eine neue Synagoge erbaut. Es handelte
sich um ein aus Basalt erstelltes Gebäude mit einer Grundrissfläche von 80
qm. Daneben befand sich das rituelle Bad (Mikwe). Sie wurde am
26. Oktober 1877 mit einem großen Fest der Gemeinde eingeweiht. Dabei wurden
die Torarollen der alten Synagoge feierlich und unter Gebeten entnommen und von
den ältesten Gemeindegliedern mit einer festlichen Prozession unter einem
Baldachin zur neuen Synagoge getragen. In der Prozession liefen in der
Reihenfolge mit: Kinder der Gemeinde, ein ausgewähltes Mädchen mit dem
Synagogenschlüssel, ein Musikkorps, der Gesangverein, der Baldachin mit den die
Torarollen tragenden Gemeindegliedern, begleitet von Kerzen tragenden Mädchen,
Rabbiner Dr. Levi aus Gießen mit dem Vorstand, Jungfrauen, Vertreter der
Behörden und der Stadt, Geistliche und Lehrer, Bauhandwerke, Festgäste und
sonstige Teilnehmer.
Aus
einem Artikel des Großherzoglichen Rabbiners der Provinz Oberhessen Dr.
Levi in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. November 1877:
"Gießen,
29. Oktober (1877). Als ein Zeichen fortschreitender Humanität und brüderlichen
Verhaltens und Verkehrens der christlichen Ortsgemeinde und Vorstände
gegen ihre jüdischen Mitbürger, wollen Sie gefälligst folgende
Tatsachen in Ihrer geschätzten Zeitung registrieren.
Im Laufe verwichenen Sommers, bei der Synagogenweihe zu Ortenberg, und
letzten Samstag, bei der zu Nidda, die ich vollzogen, und die beide in
solennester Weise stattgefunden, haben sich nicht bloß die betreffenden
christlichen Geistlichen und die Kreis- und Landbehörden am Zuge wie am
Gottesdienste beteiligt: es haben auch die verschiedenen christlichen
Gesangvereine bei der Feier in erhebendster Weise mitgewirkt, und die
Ortsvorstände einen namhaften Beitrag zu den Kosten des Synagogenbaues
geleistet…."
Es folgt im Artikel
ein Bericht über die Einweihung des Friedhofes in
Alsfeld. |
Die Synagoge blieb 60 Jahre lang Zentrum des
jüdischen Gemeindelebens in Nidda. 1927 konnte das 50-jährige Bestehen der
Synagoge festlich begangen werden:
Feier zum 50jährigen Bestehen der Synagoge 1927
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. November 1927: "Nidda, 7.
November (1927). Am Schabbat Chol
HaMoed feierte die Israelitische Gemeinde Nidda-Geiß-Nidda das 50jährige
Bestehen ihrer Synagoge. Zu Ehren des Tages war das schöne Gotteshaus
festlich geschmückt worden. Nach Schluss des Gottesdienstes am Schabbat-Morgen begann die eigentliche Feier, zu der die Vertreter
der Behörden und anderen Konfessionen eingeladen waren. Eingeleitet
wurde die Feier durch ein Baruch
Haba, gesungen von jugendlichen Mitgliedern der Gemeinde. Den Höhepunkt
der Feier stellte die Rede des Herrn Provinzialrabbiner Dr. Hirschfeld,
Gießen, dar, der den Zusammenhang zwischen Synagoge und Haus, Haus und
Synagoge in warmherzigen, beredten Worten schilderte. Als Vertreter der
Behörde beglückwünschte Kreisdirektor Dr. Gaßner, Büdingen, die
Gemeinde, ferner sprachen die Geistlichen der anderen Konfessionen ihre Glückwünsche
aus. Am Nachmittag fand ein Kommers statt. Der Vorstand der Gemeinde, Herr
E. Eckstein, begrüßte die Anwesenden; dann sprachen Herr Bürgermeister
Ringshausen im Namen der Stadt, Herr Rektor Gakert für die Schulen.
Theaterstücke, ernsten und heiteren Inhalts, verschönerten den
Nachmittag. Die wohl gelungene, würdige Feier des Tages endete abends mit
einem Festball." |
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Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 18. November 1927: "Aus Nidda. Die
Israelitische Gemeinde Nidda - Geiß-Nidda feierte das 50-jährige
Bestehen ihrer Synagoge. Die Festpredigt hielt Provinzialrabbiner Dr.
Hirschfeld - Gießen. Als Vertreter der Behörde beglückwünschte Kreisdirektor
Dr. Gaßner - Büdingen die Gemeinde, ferner sprachen die Geistlichen
der anderen Konfessionen ihre Glückwünsche aus. Nachmittags fand ein
Kommers statt. Nachdem der Vorstand der Gemeinde Herr E. Eckstein die
Anwesenden begrüßt, sprachen Bürgermeister Ringshausen im Namen
der Stadt, Rektor Gackert für die Schule. Theaterstücke verschönten den
Nachmittag. Die Feier endete abends mit einem
Festball." |
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Artikel
in '"Jüdisch-liberale Zeitung" vom 28. Oktober 1927: "Nidda
(Synagogenjubiläum). Anlässlich des 50jährigen Bestehens der hiesigen
Synagoge fand eine Feier in dem Gotteshaus statt, der auch Kreisdirektor
Dr. Gaßner (Büdingen) im Auftrage der Regierung, sowie die Vertreter der
evangelischen und katholischen Kirchengemeinden beiwohnten. die Festpredigt
hielt Rabbiner Dr. Hirschfeld (Gießen)." |
Nach 1933: In der nationalsozialistischen Zeit, als die Zahl
der jüdischen Familien am Ort schnell zurückgegangen war, ist das
Synagogengebäude 1937 oder erst im Juli 1938 durch das letzte Vorstandsmitglied
Emanuel Eckstein
zwangsweise verkauft werden.
Das Synagogengebäude wurde 1938/39 zu einem Mehrfamilienwohnhaus
umgebaut. Eine Hinweistafel erinnerte von 1981 bis 1985 an die Geschichte
des Hauses mit dem Text: "Ehemalige Synagoge mit Frauenbad der durch Auswanderung,
Deportation und Tod im Jahre 1937 aufgelösten jüdischen Gemeinde von Nidda.
Erbaut im Jahre 1877, eingeweiht unter großer Beteiligung der gesamten Niddaer
Einwohnerschaft am 26. Oktober 1877, verkauft vom letzten Vorsteher der
jüdischen Gemeinde Samuel [falsch für: Emanuel] Eckstein in private Hände im Jahre 1937, 1 Jahr vor
der Reichskristallnacht am 9. November 1938. Umgebaut zu Wohnungen in den Jahren
1938/39."
1985 wurde die Tafel entfernt, nachdem der Text stark umstritten war.
Stattdessen wurde am Johanniterturm ein Mahnmal errichtet, die im März
1986 enthüllt wurde. Auf einem roten Granitstein wird auf dem Mahnmal der
91 jüdischen Personen aus Nidda und Umgebung gedacht, die zwischen 1933 und
1945 vertrieben oder ermordet wurden. Stellvertretend wurden dazu 17 Namen
betroffener Familien in den Stein gemeißelt.
Im Jahr 2003 wurde im Haus Raun 62 das "Zimmermann-Strauß-Museum"
eröffnet. Dieses Museum hat seinen Namen nach der Familie Zimmermann Strauß,
die in der Niddaer Schlossgasse wohnte. In dem Museum sind Exponate ausgestellt,
die an das jüdische Leben in Nidda erinnern. Auch eine Präsenzbibliothek ist
vorhanden. Ein Gedenkzimmer erinnert an alle Niddaer Juden, die während der
NS-Zeit ermordet wurden. Ein weiterer Ausstellungsraum zeigt das Modell und
Gegenstände der 1877 erbauten Synagoge.
Das Museum ist sonntags von 14 bis 17 Uhr und nach Absprache geöffnet (Kontakt:
Dr. Wolfgang Stingl, Tel. 06043/2474)
Adresse/Standort der Synagoge: Schillerstraße
33
Fotos
Historische Aufnahmen |
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Der alte Betsaal befand
sich im Dachgeschoss
des nicht mehr bestehenden Doppelhauses
Gerberstraße
3-5 (Quelle:
http://juden.kunstobjekt.org/) |
Das 1876/77 erbaute
Synagogengebäude
(Quelle: Arnsberg Bilder s. Lit. S. 155
und Altaras 1988
S. 190) |
(Quelle:
http://juden.kunstobjekt.org/) |
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Das ehemalige Synagoge nach
dem Umbau zum Wohnhaus |
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Quelle: Altaras 1988
S. 190 |
Quelle: S. Jesberger aus
www.synagogen.info |
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Erinnerungen an die
Synagoge im jüdischen Zimmermann-Strauß-Museum
(Fotos von S. Jesberger aus
www.synagogen.info) |
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Modell der Synagoge
im Zimmermann-Strauß-Museum |
Parochet / Toraschreinvorhang
aus
der ehemaligen Synagoge |
Toramantel aus der
ehemaligen
Synagoge |
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Neue Fotos mit
höherer Auflösung als die obigen Fotos werden bei Gelegenheit
eingestellt;
über
Zusendungen freut sich der Webmaster der "Alemannia Judaica",
Adresse siehe Eingangsseite. |
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Geiß-Nidda
(Abbildungen erhalten von Hildegard Schiebe,
Zimmermann-Strauß-Museum) |
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Plan der jüdischen
Häuser in Geiß-Nidda und
Eintragung der Lage der Gedenkstätte |
Gedenkstein: "Zum
Gedenken an die jüdischen Familien von Geiss-Nidda Katzenstein, Maier,
Rollhaus, Stein, die in den Jahren der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft 1933-1945 misshandelt, verfolgt, vertrieben und ermordet
wurden. |
Im Haus in der Straße "Zum
Kreuz"
wohnte Familie Stein |
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte
Januar 2012:
Auch in Nidda sollten
"Stolpersteine" verlegt werden |
Artikel im "Kreisanzeiger" vom 26.
Januar 2012: "Stolpersteine: 'Wir brauchen kleine Mahnmale'.
Linke beantragen Verlegung zur Erinnerung an das Schicksal jüdischer
Mitbürger - Gerhard Winter: Aufarbeitung erfolgte 'umfangreich und
gründlich'..."
Link zum Artikel Stolpersteine:
'Wir brauchen kleine Mahnmale' (Kreis-Anzeiger, 26.01.2012) |
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November 2017:
Über das Jüdische Museum in der Stadt
("Zimmermann-Strauß-Museum")
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Artikel von Elfriede Maresch im
"Kreisanzeiger" vom 18. November 2017: "Nidda. Festen Platz in der Stadt.
JÜDISCHES MUSEUM Hildegard Schiebe ist neue Vorsitzende / Räumliche Veränderungen / Arbeit mit Jugendlichen intensivieren
NIDDA - Das Jüdische Museum Nidda, nach seinen großzügigen Sponsoren Zimmermann-Strauß-Museum benannt, bekam Ende 2016 eine neue Leitung: Vorsitzende ist nun Hildegard Schiebe. Der Kirchenhistoriker Professor Dr. Rudolf Grulich, schon lange im Institut für Kirchengeschichte Böhmen, Mährens und Schlesiens aktiv und im Kontakt zum Museum, steht ihr Schiebe als Stellvertreter zur Seite, Kassenwartin ist Gabriele Amendt. Der Tod des Museumsgründers, Pfarrer Dr. Wolfgang Stingl, hatte eine Lücke hinterlassen. Es war schwer, Nachfolger zu finden. Schiebe und Grulich erzählen lächelnd, was ihnen den entscheidenden Impuls gab.
'Schon bei der ersten Niddaer Nacht der Museen 2014 kamen erfreulicherweise 40 Besucher. Wir haben uns lange überlegt, ob wir uns der Museumsleitung stellen sollen, zumal wir beide nicht am Ort wohnen. ,Wir warten die Resonanz der Museumsnacht 2016 ab‘, entschieden wir. Als 200 interessierte Besucher aus mehreren Generationen kamen, waren die Würfel gefallen: Das Jüdische Museum hat seinen Platz in Nidda, soll weiterentwickelt werden. Unser Gästebuch zeigt, dass sich auch viele Auswärtige für die Dokumentation jüdischen Lebens in Nidda interessieren. Es gibt sogar einen Eintrag in arabischer Schrift, verfasst von einer Syrerin mit armenischen
Wurzeln.'
Hildegard Schiebe bringt Erfahrung in Ehrenämtern mit. Die 1948 Geborene wuchs im schwäbischen Ellwangen auf, ihre Eltern waren als Flüchtlinge aus dem oberschlesischen Tarnowitz gekommen. Die Tochter erlernte zunächst den Beruf der Erzieherin, in dem sie fünf Jahre lang tätig war. Sie machte das Abitur nach, wurde an der Pädagogischen Hochschule mit den Schwerpunkten Deutsch und Theologie zur Lehrerin ausgebildet, war in Grundschulklassen und an der Förderschule für Körperbehinderte tätig. Als sie mit ihrem Mann und den zwei Söhnen nach Bayern zog, verlangte das Kulturministerium eine Nachqualifikation in einem dritten Studienfach. So wechselte sie zur Diözese Würzburg und wurde im Religionsunterricht in der Grund-, der Sprachheil- und der Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen eingesetzt. Neben der Familienarbeit pflegte sie gebrechliche Angehörige und war ehrenamtlich im Pfarrgemeinde- und im Diözesanbeirat tätig.
Schiebe begann zunehmend, sich für das Judentum und das gemeinsame jüdisch-christliche Glaubenserbe zu interessieren, machte zwei Hebräischkurse bei Professor Grulich und kam in Kontakt mit dem Institut für Kirchengeschichte Böhmens, Mährens und Schlesiens in Geiß-Nidda. Diese Arbeitsverbindung sollte erhalten bleiben. Schiebe hielt dort kürzlich bei einem gut besuchten Tag der offenen Tür ein Referat:
'Der Anteil der Juden an der deutschsprachigen Kultur in Tschechien'. Einige Besucher ließen sich anschließend das Jüdische Museum zeigen.
Der neue Vorstand hat schon etliche Weiterentwicklungen im Museum auf den Weg gebracht. Eine Gasheizung sowie besser dämmende Fenster wurden eingebaut. Das bedeutet, dass ganzjährig Veranstaltungen geboten, Gruppen nach Voranmeldung geführt werden können. So ist der kleinere Raum im Erdgeschoss des alten Niddaer Ackerbürgerhauses, das zeitweise der jüdischen Familie Stern gehörte, nun ein Zimmer für Gespräche mit Besuchern, ein Teil der Bibliothek steht dort.
'Jüdisches Leben in Nidda' ist das Thema des großen, zur Raun hin gelegenen Raumes. Kleiderbügel mit Firmennamen erinnern an jüdische Textilgeschäfte in Nidda, an die selbst verständliche Zusammenarbeit mit christlichen Geschäftsleuten im Wirtschaftsleben der Stadt. Fotos jüdischer deportierter und ermordeter Familien hängen im Raum, aber auch Aufnahmen Unbekannter. Das Museumsteam ist dankbar, wenn sich alteingesessene Niddaer melden würden, die beim Identifizieren helfen könnten.
Auch jüdische Feste spielen eine Rolle, etliche schön gestaltete Ritualgegenstände sind ausgestellt. So in der Sabbath-Vitrine Leuchter und kunstvoll perforierte kleine Gewürzbüchsen, die den
'Wohlgeruch des Feiertags' verbreiten sollen. Ein verziertes Gründerzeit-Tischchen mit Marmorplatte ist für Chanukka, das jüdische Lichterfest, gedeckt. Es gibt einen Thoraschrein-Vorhang und drei gestickte Thora-Mäntel aus mehreren Epochen, die aus der Niddaer Synagoge stammen.
Genau darüber liegt im Obergeschoss des Museums das Synagogenzimmer mit dem Modell des 1877 in der Schillerstraße erbauten jüdischen Gebetshauses, nachdem der Synagogenraum in der Gerbergasse nicht mehr ausreichte. Dort gibt es Thorarollen samt weiteren Mänteln und viele jüdische Gebetbücher, manche in der Region gedruckt, etwa bei Friedrich Cloos in Nidda. Besonders interessant ist
'Stunden der Andacht', ein spezielles Gebetbuch für Frauen und Mädchen, 1855 verfasst von Fanny Neuda, Tochter und Ehefrau von Rabbinern im k. und k.-Kaiserreich, das in verschiedene Sprachen übersetzt wurde und im Lauf mehrerer Jahrzehnte die respektable Zahl von 28 Neuauflagen erreichte.
Ein kleineres 'Zimmer des Nicht-Vergessens' enthält Ordner mit Aufzählungen beschlagnahmten jüdischen Vermögens, Ghettogeld, Bilder jüdischer Friedhöfe. Splitter zerschlagener Grabsteine erinnern an Ausschreitungen, an die Reichspogromnacht. Bibelausgaben verschiedener Epochen, oft illustriert, aber auch jüdische Schriften finden sich im Zimmer
'Gemeinsame Wurzeln'. Stolz ist das Museumsteam auf die wachsende Bibliothek im ausgebauten Dachboden, der einen ruhigen günstigen Arbeitsraum darstellt. Interessierte sind eingeladen, nach Terminabsprache hierher zu kommen. Themenschwerpunkte der Bibliothek sind
'Jüdisches Leben in Hessen, Deutschland, Europa', 'Das Judentum, seine Theologie und
Geschichte', 'Der jüdisch-christliche Dialog', 'Gebete, Rituale, Symbole' und
'Antisemitismus und Holocaust'. Schiebe und Grulich erzählen noch von weiteren Plänen. Sie freuen sich, dass die evangelische Pfarrerin Hanne Allmansberger jedes Jahr mit einer Konfirmandengruppe das Museum besucht. Die Arbeit mit Jugendlichen soll ausgebaut, Schulen, Konfirmanden- und Firmgruppen eingeladen werden. Zum 80. Jahrestag der Reichspogromnacht im nächsten Jahr soll in besonderem Maß an die vertriebenen oder ermordeten Niddaer Judenfamilien erinnert werden, vielleicht auch mit einem Konzert. Insbesondere Rudolf Grulich lädt zur Nutzung der Bibliothek ein:
'Wir haben sehr lesenswerte Schätze!'
Kontakt zu Terminabsprachen für Besuche kann man unter der Mail-Adresse
info@niddas-juden.de aufnehmen. Am morgigen Sonntag, 19. November, ist das Museum von 14 bis 17 Uhr geöffnet."
Link
zum Artikel |
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November 2018:
Die Kirchenglocken läuten zur
Erinnerung an die Pogromnacht 1938 |
Artikel von red im "Kreis-Anzeiger" vom 5.
November 2018: "Läuten gegen das Vergessen in Nidda. Am 9. November
läuten in Nidda fünf Minuten lang sämtliche Kirchenglocken zur Erinnerung an
Novemberpogrome.
NIDDA - Als ein Zeichen des Gedenkens an das Schicksal der Juden, deren
planmäßige Ausrottung durch die Nationalsozialisten mit dieser Nacht begann,
werden am Freitag, 9. November, ab 18 Uhr in Nidda fünf Minuten lang die
Kirchenglocken beider Konfessionen läuten. Die Kirchengemeinden wünschen
sich zudem, dass möglichst viele Bürger eine Kerze in ein Fenster stellen.
Gleichzeitig findet eine Gedenkfeier am Mahnmal am Johanniterturm statt. Mit
Hinweisen auf den 80. Jahrestag der Reichspogromnacht, die auch in Nidda für
die jüdischen Bürger die 'Katastrophe vor der Katastrophe' war, hat der
Vorstand des Jüdischen Museums Nidda im Juni mit dem Verein 'Mehr Demokratie
leben' ein Konzert mit Abi Wallenstein in Bad Salzhausen veranstaltet, einem
Musiker, dessen jüdischer Vater aus Nidda stammt. Nun haben Hildegard
Schiebe und Rudolf Grulich wieder auf die Vorgeschichte aufmerksam gemacht
[...] Die Niddaer Synagoge blieb verschont, weil sie schon vorher verkauft
worden war und die neue Besitzerin vehement dagegen protestierte. Dass ein
mutiger Niddaer Fuhrunternehmer die Thorarollen an sich nahm, versteckte und
nach dem Krieg dem ersten Bürgermeister überbrachte, ist ein Beispiel von
Zivilcourage. Die Thorarollen kamen schließlich nach Israel und New York in
Synagogen, wo sich auch Niddaer Juden und ihre Nachfahren versammeln und
beten... "
Link zum Artikel |
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Februar 2019:
Über die Lebensgeschichte der
in Geiß-Nidda geborenen Ilse Stein
Zu Ilse Stein und ihrer Familie: genealogische Informationen Einstieg über
https://www.geni.com/people/Ilse-Stein/4429509058860056178
Ilse Stein ist am 5. August 1924 in Geiß-Nidda geboren als Tochter von
Leopold Stein (geb. 1891 in Crainfeld, umgekommen 1941 bei Minsk) und Hilda
geb. Stern (geb. 1890 in Geiß-Nidda, umgekommen 1943 bei Minsk).
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Artikel von Elfriede Maresch im
"Kreis-Anzeiger" vom 25. Februar 2019: "Geiß-Nidda: Ilse Steins
Lebensgeschichte als Mahnung
Das Leben der Jüdin Ilse Stein aus Geiß-Nidda spiegelt auch ein Stück
Zeitgeschichte wider. Jüdisches Museum und Kirchengemeinde erinnerten jetzt
an sie.
GEISS-NIDDA - Mit etwa 30 Besuchern hatten die Organisatoren, das
Jüdische Museum Nidda und die evangelische Kirchengemeinde Geiß-Nidda/Bad
Salzhausen, gerechnet. Gemeindepfarrerin Heike Schalaster und Hildegard
Schiebe (Jüdisches Museum) war bei der Begrüßung die Freude anzumerken, als
stattdessen 100 Interessierte den Geiß-Niddaer Gemeindesaal füllten. Dort
wurde die Lebensgeschichte der in Geiß-Nidda geborenen Jüdin Ilse Stein
dargestellt. Kurt Müller zeigte auf einem Straßenplan, wo jüdische Familien
lange Zeit in selbstverständlicher Nachbarschaft gelebt hatten, erinnerte an
den jüdischen Teil des Gemeindefriedhofs. Der Historiker und Radiojournalist
Johannes Winter hatte in den 1990er Jahren über das Schicksal jüdischer
Bürger Oberhessens geforscht und seine Bücher 'Herzanschlag' und 'Die
verlorene Liebe der Ilse Stein' mitgebracht, denn er war bei seinen
Recherchen auf die Spur der 1924 Geborenen gestoßen und konnte sie 1992 an
ihrem Wohnort Rostov am Don besuchen, was seinen Ausführungen besondere
Authentizität gab. Winters Forschungen waren auch nützlich für den
Dokumentarfilmer Ulf von Mechow und flossen in dessen Werk 'Die Jüdin und
der Hauptmann' ein. Doch zunächst berichtete Madeleine Michel, Studentin der
Geschichte in Gießen, über die Gedenkstätte Malyj Trostenez in einem Vorort
von Minsk. Sie war dabei, als Bundespräsident Walter Steinmeier 2017 dort
einen Erweiterungsabschnitt eröffnete. An dieser Stelle stand das Lager, in
das Ilse Stein mit ihren Eltern und ihren zwei Schwestern eingeliefert
wurde. Da hatte die Familie Stein bereits Schlimmes hinter sich:
schleichender Entzug der Bürgerrechte, Plünderung ihres kleinen Ladens in
der Reichspogromnacht, 'Verkauf' des Geiß-Niddaer Besitzes, der eher eine
Enteignung war, Ghetto-ähnliche Unterbringung in einem Frankfurter
'Judenhaus'. Sie schilderte, wie im Juli 1941 deutsche Truppen Minsk
bombardierten und eroberten. Im Zuge des 'Unternehmens Barbarossa' wurden 80
00 Juden auf einer Ghetto-Fläche von zwei Quadratkilometern
zusammengedrängt, Unterernährung und Seuchen waren die Folge. Das
eigentliche Vernichtungslage Malyj Trostenez war eines der größten in den
besetzten Gebieten, die Zahl der Todesopfer, neben rassisch auch politisch
Verfolgte, wird auf 206 000 aus mehreren Nationen geschätzt. Erst Ende Juni
1944 wurde das Lager aufgelöst, und die Rote Armee konnte Minsk befreien.
1994 konnte von Mechows Film ausgestrahlt werden, gestützt auf Recherchen in
Archiven mehrerer Länder, auf Filmaufnahmen der Kriegszeit, auf Gespräche
mit überlebenden Zeitzeugen des Lagers und der Partisanenbewegung. Doch
trotz verheerender Lebensverhältnisse im Minsker Ghetto reden heute noch
Überlebende von 'Schutzengeln', nämlich deutschen oder auch russischen
Verantwortlichen in der Lagerhierarchie, die wenigstens geringe Solidarität
erwiesen und Häftlinge schützten. Einer von ihnen war Willi Schulz,
Wehrmachtsbeamter, im Minsker Ghetto 'Judenaufseher' bei den Arbeitstrupps
und als loyaler Anhänger des NS-Systems geltend. Ein Widerstandskämpfer war
er ganz sicher nicht. Bewog ihn Mitgefühl, als er die Zwangsarbeiterin Ilse
und ihren Arbeitstrupp während einer Massenerschießung versteckte? Oder war
es zunehmende Verliebtheit des älteren Mannes in das junge Mädchen? Seine
Zuwendung und mangelnde Linientreue fielen auf, die Abkommandierung an die
Front stand bevor. In einer fast misslungenen Flucht rettete er sich mit
Ilse, ihren beiden Schwestern und 25 weiteren jüdischen Häftlingen zu den
Partisanen. Doch auch dort war Überleben schwierig: Schulz starb im
Umerziehungslager, Ilse, die nach Sibirien deportiert wurde und unter
unmenschlichen Bedingungen lebte, verlor ihr erstes Kind. Ihr gelang der
Aufbau einer neuen Existenz, sie lebte mit ihrer Familie in Rostov am Don,
als die Kontaktaufnahme mit den Spurensuchern aus Deutschland gelang. In den
Filmaufnahmen Mechows beeindruckt der Überlebenswille der älteren Frau. Sie
war einmal zu Besuch in Geiß-Nidda, traf sich mit ihrer Kindheitsfreundin
Milli Born. Doch ehe ihr großer Wunsch, dauerhaft nach Deutschland
zurückzukehren, realisiert werden konnte, starb Ilse Stein im Jahr 1993. Das
Buch von Johannes Winter erschien im Verlag Brandes & Apsel und hat die
ISBN-Nummer 978-3-86099-734-5."
Link zum Artikel
Vgl. Artikel im Gießener Anzeiger" vom 18. Dezember 2018: "Johannes
Winter liest in Gießen aus 'Die verlorene Liebe der Ilse Stein'..."
Link zum Artikel |
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Juni 2019:
Besuch von Politikern im
Zimmermann-Strauß-Museum |
Artikel von Elfriede Maresch im
"Kreis-Anzeiger" vom Juni 2019: '''Von Schabbat zu Schabbat': CDU besucht
Zimmermann-Strauß-Museum in Nidda
Anlässlich der bundesweiten CDU-Aktion 'Von Schabbat zu Schabbat - Gemeinsam
gegen Antisemitismus' haben CDU-Politiker das Zimmermann-Strauß-Museum in
Nidda besucht.
NIDDA - Anlässlich der bundesweiten CDU-Aktion 'Von Schabbat zu Schabbat
- Gemeinsam gegen Antisemitismus' haben Staatsministerin Lucia Puttrich, die
stellvertretende CDU-Kreisvorsitzende Barbara Heinz, Kreisbeigeordneter
Matthias Walther, weitere Kreisbeigeordnete sowie Mitglieder des
CDU-Kreisverbands, des Ortsverbands Nidda und der Jungen Union das
Zimmermann-Strauß-Museum in Nidda besucht. Museumsleiterin Hildegard Schiebe
gab als Einführung zum Museumskonzept zunächst einen kurzen
lokalgeschichtlichen Rückblick. 'Jüdische Niddaer waren ganz normale
Mitbürger, Geschäftsleute, Gewerbetreibende, die im ganzen Stadtgebiet und
auch in einigen Ortsteilen verstreut wohnten. Gettoisierung gab es hier
nicht. An der Einweihung der neuen Synagoge 1877 nahmen Vertreter der
Kommune und viele Ortsbürger teil, ebenso am 50-jährigen Bestehen. Als es
schon in den 1920er Jahren zu Schmierereien an der Synagoge kam, tadelte
Bürgermeister Erk dies öffentlich', berichtete Schiebe. Sie nannte
Menschenrechtsverletzungen nach 1933, wies aber auch auf mutige Beispiele
von Solidarität hin, wenn für jüdische Mitbürger heimlich eingekauft wurde,
wenn sie versteckt wurden oder Handwerksbetriebe trotz Nachteilen weiter für
sie arbeiteten. Ein Fuhrunternehmer konnte bei Übergriffen auf die Synagoge
1938 heimlich die Thorarollen herausholen und so vor der Zerstörung retten.
Schiebe betonte: 'Mit der Aktion ,Von Schabbat zu Schabbat' setzt die CDU
Zeichen gegen den aktuellen öffentlichen Antisemitismus.'
Puttrich erinnerte daran, wie sie schon 2018 mit einer Gruppe der Wetterauer
CDU anlässlich der Schabbat-Aktion die Synagoge in Bad Nauheim besucht
hatte. Auch durch osteuropäische Zuwanderer ist die Gemeinde dort gewachsen.
Aus Erzählungen von Familienangehörigen ist die Ministerin mit dem einstigen
jüdischen Leben in Nidda vertraut, aber auch mit der Entwicklung des
Jüdischen Museums. Sie erinnerte an Fred Strauß, den großzügigen Förderer
der Einrichtung. Als Siegfried Strauß 1914 in Nidda geboren und
aufgewachsen, konnte er rechtzeitig in die USA auswandern und seine Eltern
nachholen. Auch als erfolgreicher Geschäftsmann hat er die alte Heimat Nidda
nicht vergessen. Er kam zunächst inoffiziell zu Besuch, Kontakte zum
katholischen Pfarrer Dr. Wolfgang Stingl entwickelten sich. Mit Recht
kritisierte Strauß eine damals an der ehemaligen Synagoge angebrachte
Gedenktafel, in der von 'weggezogenen' jüdischen Bürgern Niddas die Rede
war. Das wurde geändert, auch auf Drängen der damals schon kommunalpolitisch
engagierten Lucia Puttrich. Sie setzte sich auch für die Benennung einer
Straße als Emanuel-Eckstein-Anlage ein. Interessiert und fördernd begleitete
Strauß die Bemühungen Stingls, Erinnerungen an das jüdische Nidda zusammen
zu tragen, ein Museumskonzept zu entwickeln und ein Haus entsprechend
einzurichten. Mehrfach war Strauß dann offiziell zu Besuch in Nidda und im
Museum, das 2001 eingeweiht werden konnte. Noch als 80-Jähriger habe er die
Ehepaare Lucia und Hagen Puttrich und Rolf und Elvira Hartmann im Cadillac
durch New York gefahren, als sie ihn dort im Rockefeller-Center besuchten.
Obwohl Angehörige von ihm in Konzentrationslagern ermordet wurden, habe er
sich nicht verbittern lassen. Die freundschaftliche Beziehung setzte sich
über Generationen fort, im November 2018 besuchte der Enkel des Förderers,
Matthew Strauß, Nidda und das Museum. Beim Rundgang erläuterte Schiebe die
Exponate, schilderte Lebensbilder jüdischer Niddaer sowie Feste und Rituale.
Die Fragen der Besucher zeigten, wie viel davon in Vergessenheit geraten
ist. Genau da sehen die Aktiven des Zimmermann-Strauß-Museums ihre Aufgabe:
der 'Nachbar Judentum' soll in Erinnerung bleiben, die Epochen guten
Zusammenlebens ebenso wie das Unrecht an den Juden und der viel zu geringe
zivile Widerstand."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Nidda |
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs
(innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus
hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar:
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41
Zu Nidda sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur
Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):
HHStAW 365,627 Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden
von Nidda 1795 - 1808: enthält Geburtsregister 1795 -1808,
Trauregister 1798 - 1803 und Sterberegister 1800 - 1805; enthält auch
Angaben zu Personen aus Ober-Seemen
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3055103
|
Bei Lagis-Hessen finden sich zu Nidda und
Geiß-Nidda an allgemeinen Registern, in denen auch jüdische Personen
genannt werden:
über die Links bei
https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/gsearch/sn/pstr?q=Nidda&submit=LAGIS-Suche.
Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Nidda, 1795-1808 (HHStAW
Abt. 365 Nr. 627, wie oben)
Nidda, Sterbenebenregister, 1884-1891 (HStAM Best. 924 Nr. 1259)
Nidda, Geburtsnebenregister, 1884-1891 (HStAM Best. 924 Nr. 1252)
Nidda, Sterbenebenregister, 1892-1899 (HStAM Best. 924 Nr. 1260)
Nidda, Sterbenebenregister, 1876-1883 (HStAM Best. 924 Nr. 1258)
Nidda, Geburtsnebenregister, 1876-1883 (HStAM Best. 924 Nr. 1251)
Nidda, Geburtsnebenregister, 1892-1900 (HStAM Best. 924 Nr. 1253)
Nidda, Heiratsnebenregister, 1890-1900 (HStAM Best. 924 Nr. 1255)
Nidda, Heiratsnebenregister, 1901-1912 (HStAM Best. 924 Nr. 1256)
Nidda, Sterbenebenregister, 1900-1912 (HStAM Best. 924 Nr. 1261)
Nidda, Sterbenebenregister, 1913-1925 (HStAM Best. 924 Nr. 1262)
Nidda, Sterbenebenregister, 1926-1938 (HStAM Best. 924 Nr. 1263)
Nidda, Sterbenebenregister, 1938-1950 (HStAM Best. 924 Nr. 1264)
Geiß-Nidda, Geburtsnebenregister, 1876-1887 (HStAM Best. 924 Nr. 678)
Nidda, Heiratsnebenregister, 1913-1925 (HStAM Best. 924 Nr. 1257)
Nidda, Heiratsnebenregister, 1876-1889 (HStAM Best. 924 Nr. 1254)
Geiß-Nidda, Geburtsnebenregister, 1888-1900 (HStAM Best. 924 Nr. 679)
Geiß-Nidda, Sterbenebenregister, 1926-1938 (HStAM Best. 924 Nr. 684)
Geiß-Nidda, Sterbenebenregister, 1876-1900 (HStAM Best. 924 Nr. 682). |
Literatur:
| Germania Judaica II,2 S. 586; III,2 S. 967-968. |
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 127-129. |
| ders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder -
Dokumente. S. 155. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 189-190. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 154. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 328-329. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 264-265. |
| Wolfgang Gilbert
Stingl: Fragmente jüdischen Lebens in Nidda. Nidda 1995. |
| ders.: "Jüdisches Leben in Nidda im 19. und 20. Jahrhundert".
Dissertation Frankfurt am Main 2001. 388 S., 67 Abb. € 15,00. ISBN
3-924072-32-9.
Buchbesprechung
in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 8. Juli 2002.
|
| Susanne Gerschlauer: Synagogen. In: Kirchen und
Synagogen in den Dörfern der Wetterau. Reihe Wetterauer Geschichtsblätter.
Beiträge zur Geschichte und Landeskunde Band 53. Im Auftrag des Friedberger
Geschichtsvereins hrsg. von Michael Keller. Friedberg 2004 S. 289-326. |
| dies.: Katalog der Synagogen. In: ebd. S.
555-580. |
| Johannes Winter: Herzanschläge. 1993. Hieraus
der Beitrag: 19.10.1939.
Emanuel Eckstein wird in Nidda/Jessen zu Tode gehetzt - Der letzte Lebenstag
des Emanuel Eckstein. |
| Johannes Winter: Die verlorene Liebe der Ilse Stein.
Deportation, Ghetto und Rettung. 2007. Informationen
zum Buch bei amazon.de |
|
Nidda
- New York - Eger. Gedenkschrift zum 100. Geburtstag von Siegfried
Strauss, eines jüdischen Niddaers, und Festschrift zum 70. Geburtstag von
Wolfgang Stingl. Hrsg. als Gemeinschaftsausgabe des Jüdischen Museums in
Nidda e.V. und des Instituts für Kirchengeschichte von
Böhmen-Mähren-Schlesien e.V. in Geiß-Nidda. Gerhard Hess Verlag 2015.
www.gerhard-hess-verlag.de
ISBN 978-3-87336-526-1. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Nidda
Hesse. Although Jews lived there in medieval times, a community was not
established until the 18th century, growing to 95 (5 % of the total) in 1900.
Affiliated with the Orthodox rabbinate of Giessen, it also had members in
Geiss-Nidda. The Nazi boycott forced Jews to leave, disbanding the community
(and disposing of the synagogue) before Kristallnacht (9-10 November 1938). Many
emigrated, the last Jew being stoned to death on 19 October 1939.
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