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Kastellaun (VG
Kastellaun, Rhein-Hunsrück-Kreis
)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Kastellaun bestand eine jüdische Gemeinde bis
1938/42. Ihre Entstehung geht in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts
zurück. Erstmals wird 1862 ein jüdisches Ehepaar am Ort genannt. 1895
wurden 64 jüdische Einwohner gezählt. Gemeindevorsteher zur Zeit der Gründung
der Gemeinde (um 1892) war Isaak Forst II.
An Einrichtungen bestanden nach 1892 eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule und ein Friedhof.
In der Religionsschule besuchten im Schuljahr 1924/25 14 Kinder den Unterricht,
der durch Lehrer Hermann Fein aus Boppard erteilt wurde. 1932 wurden 11
jüdische Kinder durch den Lehrer Ludwig Gabel aus Hasenthal unterrichtet
(letzterer wird auch bei der Einbringung einer neuen Torarolle 1931 genannt,
siehe Bericht unten). An
jüdischen Vereinen bestand der Israelitische Wohltätigkeitsverein (Chewra
Gemilus Chasodim, 1932 unter dem Vorsitz von Isaak Forst) und die Frauen-Chewra
(Wohltätigkeitsverein, 1932 unter dem Vorsitz von Babette Forst).
1924, als die Höchstzahl von 90 jüdischen Einwohner erreicht wurde,
waren die Vorsteher der Gemeinde Isak Forst, Hermann Marx, Albert
Katzenstein, Adolf Forst, Julius Kohn. Der Repräsentanz gehörten an die Herren
Bernhard Forst, Albert Katzenstein, Josef Kirch, Jonas Mayer, Siegmund Forst,
Hermann Kahn und Julius Kahn. 1932 waren die Vorsteher der Gemeinde Isaak
Forst (1. Vors.), Adolf Forst (2. Vors.) und Leo Schwarz (3. Vors.). Der
Repräsentanz unter dem Vorsitz von Bernhard Forst gehörten neun Mitglieder an.
1933 wurden 85
jüdische Einwohner gezählt. In den folgenden Jahren ist auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Im Juni 1933 waren es
bereits nur noch 66 jüdische Einwohner. Bis 1938 ging die Zahl der jüdischen
Einwohner auf etwa 20 bis 30 zurück. Nach dem Novemberpogrom 1938 wurden die
jüdischen Männer in das KZ Dachau verschleppt und dort für mehrere Wochen
festgehalten. Die letzten jüdischen Einwohner wurden 1942 deportiert.
Von den in
Kastellaun geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Cerline (Zilly) Bier geb. Forst
(1895),
Bella Forst (1928), Hannelore Forst (1931), Jakob Forst (1882),
Manfred Forst (1924), Rosa Forst geb. Baer (1893), Betty Hirsch (1903), Hugo
Hirsch (1876), Irma Hirsch (1905), Rosa Hirsch geb. Lorch (1874), Ella Jacobsohn
geb. Katzenstein (1902), Walter Jacobsohn (1899), Albert Katzenstein (1874),
Jenny Katzenstein geb. Rosenthal (1877), Rosa de Leeuw geb. Wolf (1901), Herta
Loeb geb. Seligmann (1910), Harry Schwarz (1928), Heinrich (Zwi) Seligmann (1880), Franziska Wolf
(geb. ?), Ludwig Wolf (1885).
Am 19. März 1986 wurde der Öffentlichkeit auf dem jüdischen Friedhof
von Kastellaun in der Hasselbacher Straße ein Gedenkstein übergeben, dessen
Errichtung vom Kastellauner Stadtrat Ende Mai 1985 beschlossen worden war. Auf
dem Stein stehen die Worte: "Zur Erinnerung an die Angehörigen
jüdischer Familien aus Kastellaun, die in der Jahren der
nationalsozialistischen Herrschaft aus ihrer Heimat vertrieben, deportiert oder
ermordet wurden. Die Synagoge stand in der Eifelstraße. Sie wurde am 10.11.1938
zerstört. Die Bürger der Stadt Kastellaun".
Ende September 2009 wurden in Kastellaun 20 "Stolpersteine"
zur Erinnerung an jüdische Personen verlegt, die in der NS-Zeit ermordet
wurden. Zur Gedenkfeier am 29. September 2009 war auch ein Enkel des ermordeten
Ehepaares Albert und Jenny Katzenstein anwesend. Einer der insgesamt sechs
Verlegeorte war das Haus Marktstraße 22 - direkt gegenüber dem Rathaus - vor
dem ehemaligen "Haus Katzenstein", wo vier "Stolpersteine"
verlegt wurden.
Links: Foto von Stefan Haas: Stolperstein für Siegmund Forst
(1879)
Berichte aus
der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Berichte
zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Rika Kahn geb. Forst (1931)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. November 1931: "Kastellaun,
1. November (1931). Kurz nach Vollendung ihres 66. Lebensjahres verstarb
nach viertägigem Krankenlager Frau Rika Kahn geb. Forst, tief
betrauert von ihrem Gatten, den vier Kindern und Angehörigen. Mit ihr ist
eine gottesfürchtige, schlichte, selbstlose Frau zu Grabe getragen
worden. Das zahlreiche Trauergefolge zeugte von ihrer besonderen
Beliebtheit sowohl bei den Glaubensgenossen als auch bei der
nichtjüdischen Konfession. Am offenen Grabe gab Herr Lehrer Gabel
in seiner Trauerrede beredten Ausdruck, indem er in kurzen Strichen das
Bild der Entschlafenen zeichnete. Möge Gott den trauernden
Hinterbliebenen Trost spenden. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst (1891) richteten die jüdischen Familien
einen Betsaal ein, den sie anmieteten. Da sie noch nicht über die
nötigen Ritualien verfügten, veröffentlichten sie eine Bitte in der
Zeitschrift "Der Israelit", dass auswärtige Gemeinden ihnen Ritualien
zur Verfügung stellten:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Februar 1892:
"Herzliche Bitte! Die israelitische Kultusgemeinde Kastellaun im
Hunsrück, welche jetzt aus 12 Mitgliedern besteht, fand ihrem
Herzensdrange folgend das Bedürfnis, sich ein allgemeines Betlokal
einzurichten. Daher mieteten sie sich ein diesen Anforderungen
entsprechendes Zimmer und ist es ihnen nur mit Anwendung aller Mittel
möglich, den Mietzins aufzubringen. Nun fehlt es ihr noch an allen
nötigen Zeremoniellgeräten und ergeht daher ihre Bitte an alle
Kultusgemeinden, um gefällige Übersendung von derartigen überflüssigen
Geräten. Gefällige Gaben nimmt der unterzeichnete Vorstand gerne
entgehen und ist eine jede derselben, möchten dieselben noch so gering
sein, trotzdem sehr angenehm.
Kastellaun im Hunsrück. Isaak Forst II.,
Vorstand." |
Noch im selben Jahr 1892 konnten die Kastellauner
jüdische Gemeinde einen "Hofraum groß 85 Meter (= qm), nebst aufstehenden
Gebäulichkeiten" für 1.965 Mark erwerben. Sie verpflichteten sich,
"das auf der Parzelle stehenden Gebäude gemeinschaftlich auszubauen und
auf gemeinsame Kosten herzurichten". In der Folgezeit wurde das "in
der Eifel" stehende Gebäude zu einer Synagoge umgebaut. 1899 wurde ein
"Statut für die Synagogen-Gemeinde zu Castellaun" erlassen.
Einer der letzten besonderen Höhepunkte in der
Synagogengeschichte war die Einbringung einer neuen Torarolle im August 1931:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. September 1931: "Kastellaun
(Hunsrück), 15. August (1931). Am 7. August fand in der hiesigen Gemeinde
eine erhebende Feier statt. Trotz der Wirtschaftsnot war es dank dem
Opfersinn der Gemeinde, insbesondere der hochherzigen Spende eines
Gemeindemitglieds sowie durch Zuschüsse privater jüdischer Institutionen
gelungen, eine neue Torarolle zu schreiben. Nachdem die Torarolle
in der Wohnung des bereits erwähnten Spenders unter Beteiligung aller
übrigen Gemeindemitglieder zu Ende geschrieben worden war, wurde sie
unter feierlichem Baruch Haba ('Gesegnet, der da kommt...')-Gesang
und unter Vorantragung von Fähnchen seitens der Kinder und der übrigen
Torarollen durch die Gemeindeältesten in die Synagoge gebracht. - Am
darauf folgenden Schabbat Reeh (= Schabbat mit der Toralesung Reeh
= 5. Mose 11,26 - 16,17, das war Schabbat, 8. August 1931) wies Herr
Lehrer Gabel in seiner Ansprache auf die große Mizwe-Tat (=eine
Tat nach biblischem Gebot) von 'Und nun, schreibt euch diesen Gesang
auf' (5. Mose 31,19) hin und schloss mit dem Wunsche, dass das
jüdische Leben in der hiesigen Kehilla (Gemeinde) durch vertieftes
Torastudium eine Stärkung erfahren möge." |
Bis 1938 blieb die Synagoge in Kastellaun Mittelpunkt des jüdischen
Gemeindelebens der Stadt.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge geschändet und von etwa zehn
Männern "mit eisernen Feuerhaken niedergerissen, das Mauerfachwerk mit
schweren Zuschlaghämmern niedergeschlagen". Wenig später wurden die Ruine
des Gebäudes vollends abgebrochen. Die Stadt erwarb am 16. Dezember 1942 das
Grundstück, der Kaufpreis wurde mit den Abbruchkosten von 550 Reichsmark
verrechnet.
Adresse/Standort der Synagoge: Eifelstraße
Fotos
(Historisches Foto in Landesamt s. Lit. S. 204).
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Foto von 1937 mit
der Synagoge in Mittelpunkt der Aufnahme (Gebäude mit dem
Rundfenster und
den darunter sichtbaren Rundbogenfenster) |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 204-205 (mit weiteren Literaturangaben).
|
| Judith Pies: Die Problematik der Wiedergutmachung -
Ein Beispiel aus Kastellaun (Hundsrück). In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit
in Rheinland-Pfalz. Hrsg. von Matthias Molitor
und Hans-Eberhard Berkemann in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für
politische Bildung Rheinland-Pfalz. Erschienen im Verlag Matthias Ess in Bad
Kreuznach. 6. Jahrgang, Ausgabe 1/1996 Heft Nr. 11 S. 47-53. Online
zugänglich (pdf-Datei). |
| Christof Pies: Gemeinsame Erinnerung - Jüdische
Überlebende des Nationalsozialismus begegnen Bürgern und Schülern ihrer
Heimatstadt. Projektwoche der Integrierten Gesamtschule Kastellaun. 2000.
Schriftenreihe Kastellaun in der Geschichte Bd. 1. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Kastellaun im Hunsrueck
Rhinleand. Jews were present in the 14th century and apparently expelled in the
1380s.
In the modern period, they are first mentioned in 1862. A cemetery
was opened in 1879 and a synagogue was consecrated c. 1892. Jews dominated the
cattle trade, the town's economic mainstray, and were also prominent in the farm
produce trade. They were well integrated in the local life. In 1892, they
numbered 12 families. In June 1933, about four months after the Nazi rise to
power, the Jewish population numbered 66. In that year, a Jew was elected to the
municipal council but anti-Jewish measures were strictly enforced, undermining
the economic and social position of the Jews. On Kristallnacht (9-10
November 1938), the synagogue was destroyed and Jewish men were sent to the
Dachau concentration camp. Most of the Jews left before the onset of
deportations, about 20 making it to the United States. The last nine were
deported to Auschwitz in April and August 1942.
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