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Kelkheim (Taunus) (Main-Taunus-Kreis)
Jüdische Geschichte
Übersicht:
Zur jüdischen Geschichte
in Kelkheim
In Kelkheim bestand zu keiner Zeit eine jüdische
Gemeinde. Auch gab es vermutlich keine jüdische Personen, die sich im 19./20.
Jahrhundert in der Stadt (gemeint: Kelkheim) auch nur zeitweise niedergelassen haben.
Im Kelkheimer Stadtteil Ruppertshain (Robert-Koch-Straße) bestand seit
1895 die Ruppertshainer Heilstätte (eine Lungenheilstätte), die durch den
Frankfurter Rekonvaleszenten-Verein errichtet wurde. Einen großen Teil der
Baukosten trug die Baronin Hannah Mathilde von Rothschild (Königstein).
1899 wurde die Einrichtung durch einen Anbau vergrößert. In der Lungenheilstätte
arbeiteten bis zu ihrer Vertreibung in der NS-Zeit auch jüdische Ärzte. Die
Einrichtung bestand (zuletzt als "Gerhard-Domagk-Klinik") bis 1982. Das Gebäude
("Zauberberg" genannt) wird derzeit für Künstleratelier und für Praxen genutzt.
Im Kelkheimer Stadtteil Fischbach lebte Anna Schmitt geb. Wertheimer
(geb. 3. August 1893 in Lambsheim als
Tochter von Karl und Luise Wertheimer), die zur katholischen Kirche konvertiert
war, aber auf Grund ihrer Abstammung im September 1943 deportiert und im
Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurde. Anna Schmitt war seit 1921
verheiratet mit dem (nichtjüdischen) Kaufmann Emil Schmitt und wohnte mit ihm
zunächst in Frankfurt. 1933 verzogen sie nach Kelkheim, dem Geburtsort von Emil
Schmitt. 1939 wurde Emil Schmitt zur Wehrmacht eingezogen, aber im April 1941
vermutlich wegen seiner Ehe mit einer Jüdin verlassen. Am 19. Mai 1943 wurde er
von der Gestapo verhaftet und in das KZ Natzweiler/Elsass überstellt. Zuletzt
war er im KZ Dachau, wo er bei Kriegsende durch die Alliierten befreit wurde. Er
starb jedoch an den Folgen der KZ-Haft am 16. Dezember 1945 in Bad Mergentheim.
Für Emil und Anna Schmitt wurden am Mauerweg 10 im Juni 2014 in Frankfurt
"Stolpersteine" verlegt. Vgl.
https://frankfurt.de/frankfurt-entdecken-und-erleben/stadtportrait/stadtgeschichte/stolpersteine/stolpersteine-im-nordend/familien/scheuer-selma-und-simon-eugen-und-betty-kloos-und-anna-und-emil-schmitt
Gleichfalls in Fischbach überlebte ein Frankfurter Jude, weil ihn eine
Fischbacher Familie in ihrem Haus versteckte.
In der NS-Zeit waren Frankfurter Juden tagsüber in Arbeitskolonnen in
Kelkheim zur Zwangsarbeit verpflichtet. Der Einsatz war möglich über die 1906
gebaute Eisenbahn von Frankfurt-Höchst nach Königstein, die mit den Haltestellen
Hornau, Mitte und Münster auch die Ortsteile von Kelkheim anfährt (danach weiter
nach Schneidhain und Endstation Königstein). So arbeiteten von April bis Oktober
1939 auf Antrag von Bürgermeister Graf in Kelkheim 20 Frankfurter Juden unter
strenger Beaufsichtigung in der städtischren Obstanlage, bei der Ausbesserung
von Feldwegen und beim Kartoffelspritzen. Die jüdischen Arbeiter waren in zwei
Räumen des Gasthauses "Taunusblick" lagermäßig untergebracht. Sonntags konnten
sie ihre Familien in Frankfurt besuchen. Weitere Informationen und Dokumente
siehe
https://www.kelkheim.de/_data/017_-_DdA_-_KiDR_-_Judenlager.pdf (Kopie
eingestellt auch in dieser Website).
Von den in Kelkheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): aus Fischbach Anna
Schmitt geb. Wertheimer (1893).
Fotos
Foto von Anna Schmitt geb. Wertheimer und der "Stolpersteine" für sie und ihren
Mann Emil Schmitt siehe
https://frankfurt.de/frankfurt-entdecken-und-erleben/stadtportrait/stadtgeschichte/stolpersteine/stolpersteine-im-nordend/familien/scheuer-selma-und-simon-eugen-und-betty-kloos-und-anna-und-emil-schmitt
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
April 2015:
Erinnerung an das Schicksal von
Anna Schmitt
|
Artikel
von Robin Kunze in der "Frankfurter Neuen Presse" vom 13. April
2015:
"Geschichte einer Fischbacherin. Das Schicksal der Anna Schmitt
Eichendorffschüler beschäftigen sich mit der Nazi-Diktatur und mit und deren
Konzentrationslagern. Aus ihren Erkenntnissen formten sie in Bühnenstück,
das sich mit einer Ausstellung gut ergänzt.
Ganz schlicht an einer Wäscheleine im Foyer der Eichendorffschule hängen die
Dokumente – Register, amtliche Briefe, Verzeichnisse. Sie erzählen die
Geschichte der Kelkheimerin Anna Schmitt, die 1943 im Konzentrationslager
Auschwitz ermordet wurde. 'Von Fischbach nach Auschwitz' taufte Historikerin
Heidi Stögbauer diese Ausstellung, die sie vor der Premiere des
Theaterstückes 'Mala und Edek' präsentierte. 'Es ist unglaublich, was sich
aus dieser Zeit an Schriftstücken noch alles finden lässt', erklärt
Stögbauer. Vor acht Jahren begann sie mit ihrer Forschung über Holocaust
Opfer aus dem Main-Taunus-Gebiet und stieß dabei auf Anna Schmitt, die, wie
sich später herausstellte, die Schwägerin ihrer Großtante war. Über den
'International Tracing Service' (ITS; zu Deutsch: 'Internationaler
Suchdienst') gelangte Stögbauer an wertvolle Dokumente, die Stück für Stück
den Weg Anna Schmitts von Fischbach nach Auschwitz offen legten. Eines
dieser Dokumente, ein Register für Mitmenschen jüdischen Glaubens, zeigt
etwa, dass im Zeitraum von Juli bis September 1938 insgesamt 243 Juden im
Main-Taunus-Kreis lebten. Viele davon lebten in Hofheim, Flörsheim und Bad
Soden, in der Kelkheimer Spalte findet sich dagegen nur ein Eintrag: Anna
Schmitt. 'Aus einer Heiratsurkunde geht hervor, dass sie zunächst in
Frankfurt heiratete', berichtet Stögbauer. '1933 zog sie dann mit ihrem Mann
Emil nach Fischbach.' Wahrscheinlich habe das Ehepaar dort Schutz vor der
Erfassung durch die Gestapo gesucht. Doch Emil Schmitt wurde für eine
Straftat verurteilt und kurz darauf inhaftiert. 'Es muss sich um ein kleines
Vergehen gehandelt haben, für das man heute höchstens eine Bewährungsstrafe
bekommen würde', erzählt Stögbauer. Sich zu verstecken war nun schwierig,
und es trat der schlimmste Fall ein: Einem Brief des Landrats vom 19. Mai
1943 ist zu entnehmen, dass Anna Sara Schmitt in Schutzhaft genommen wurde
und mit einer Rückkehr nicht zu rechnen sei. 'Eine Transportliste belegt
dann, dass Anna Schmitt Ende September 1943 vom Frankfurter Hauptbahnhof aus
nach Auschwitz gebracht wurde', sagt Stögbauer. Eine am 11. November
ausgestellte Sterbeurkunde dokumentiert Schmitts Tod am 15. Oktober. Gerne
würde Heidi Stögbauer auch mehr über Anna Schmitts Geschichte vor der Zeit
der Nazi-Diktatur berichten, ist diesbezüglich aber realistisch. 'Ich weiß,
dass sie mit ihrem Ehemann eine wohl gute Ehe in Frankfurt führte',
berichtet die Historikerin, 'viel mehr lässt sich heute aber wohl nicht mehr
finden.' Die Suche gibt sie allerdings nicht auf. 'Man will ja der
Holocaust-Geschichte immer ein Stück Leben entgegensetzen', so Stögbauer.
Genau dies tat das Theater Domino bei der anschließenden Premiere ihres
neusten Stückes 'Mala und Edek'. Es erzählt die historisch belegte
Geschichte eines Paares, das im Konzentrationslager Auschwitz den Tod fand.
Das Kammerstück schafft es dabei sehr gut, mit nur wenigen Mitteln einen
Eindruck vom Innenleben der Auschwitz-Gefangenen zu vermitteln. Drei
Vorstellungen. an der Eichendorffschule wird es noch geben. Am kommenden
Freitag und Samstag hebt sich der Vorhang jeweils um 20 Uhr, am
darauffolgenden Sonntag bereits um 16 Uhr. Der Eintritt in die
Eichendorffschule (Lorsbacher Straße 28) kostet 10 Euro (ermäßigt: 8 Euro).
Die kleine Ausstellung zu Anna Schmitt läuft parallel. Nach den Vorstellung
folgt jeweils eine Gesprächsrunde..."
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Wolf Gruner: Der geschlossene Arbeitseinsatz
deutscher Juden. Zur Zwangsarbeit als Element der Verfolgung 1938-1943.
Berlin 1997. |
| Kelkheim in der Zeit des Nationalsozialismus. 2018.
Societätsverlag. 19,80 €.
Dazu Pressebericht in der "Frankfurter Rundschau" vom 5. Januar 2019:
https://www.fr.de/rhein-main/nicht-alle-zeitzeugen-wollten-reden-10991237.html
|
| Monika Öchsner: Dokumentation der Ausstellung
"Kelkheim im Dritten Reich". 1983 von Stadtarchivar Dietrich Kleipa geplant
und durchgeführt. Im Auftrag der Stadt Kelkheim (Taunus) - Kulturreferat Dr.
Beate Matuschek - recherchiert und zusammengestellt durch Monika
Öchsner, Kunsthistorikerin M.A. Wiesbaden. März 2019. |
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