In Lambsheim bestand eine jüdische Gemeinde bis
1940. Bereits im Mittelalter lebten Juden in der Stadt. Aus den Jahren
1387, 1399, 1404 und 1408 liegen einzelne Nachweise vor. 1343 kam es zu
einem Pogrom gegen die Juden in Lambsheim und anderen pfälzischen Orten (siehe
unten).
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in das 17./18. Jahrhundert
zurück. 1658 wird eine jüdische Familie in Lambsheim genannt. 1668 sind
es zwei Familien. 1743 werden 34 jüdische Einwohner gezählt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1804 82 jüdische Einwohner (6,1 % der Gesamteinwohnerschaft), 1808 85
(5,4 %), 1819 116, 1825 107 (5,1 %, dazu die im neu gegründeten, damaligen
Ortsteil von Lambsheim Maxdorf lebenden 20 jüdischen Einwohner), 1826
134 (Lambsheim und Maxdorf), 1833 152, 1848 184 (in 36 Familien), 1875 95, 1900
65, 1910 54 (in 1908 19 jüdischen Familien).
1809/10 werden die folgenden jüdischen Haushaltsvorstände genannt:
Lazare Abraham (Gebrauchtwarenhändler), David Bär (Viehhändler), Jacob Cahn
(Viehhändler), Joseph Cahn (Papierhändler) Salomon Cahn (Viehhändler) Samuel
Cahn, Lazarus David, Jacob Kaufmann jun., Jacob Kaufmann sen. Jacob Moses
Kaufmann (Viehhändler), Simon Lang (Kolonialwarenhändler), Abraham Simon jun.
(Kolonialwarenhändler), Abraham Simon sen. (Kurzwarenhändler), David Simon,
Naphtali Simon (Viehhändler), Alexander Weill (Kolonialwarenhändler), Levy
Weill (Viehhändler), Samuel Weingarten (Trödler), Lazare & Joseph
Weill.
Zur jüdischen Gemeinde in Lambsheim gehörten die in Eppstein,
Flomersheim und seit 1900 die in Weisenheim
am Sand lebenden jüdischen Personen. In Eppstein wurden gezählt:
1801 26 jüdische Einwohner (5,5 % der Gesamteinwohnerschaft), 1808 30 (5,6 %),
1825 29 (4,4 %), 1924/32 je ein jüdischer Einwohner. 1809/10 gab es in Eppstein
die folgenden jüdischen Haushaltsvorstände Jacques Beer sen., Jacques Beer
jun. Isaac Hartmann und die Witwe von Aron Isaac. In Flomersheim wurden
gezählt: 1801 7 jüdische Einwohner (2,4 % der Gesamteinwohnerschaft), 1808 6
(1,5 %), 1825 15 (2,6 %).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde Lambsheim eine Synagoge (s.u.), eine
Schule (nach 1842 bis 1874 eine jüdische Elementarschule), ein rituelles Bad
und einen Friedhof. Zur Besorgung
religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich
als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. Ausschreibungen der Stelle unten).
Unter den Lehrern des 19. Jahrhundert sind bekannt: Isaak Stern (1842-1843),
Isaac Singer (1843-1852, später Lehrer und Kantor in Frankenthal),
Jakob Ehrlich (1853-1858), Moses Weil (1858-1861), Moritz Dreifuß (1861-1869),
Simon Wenk (1869-1874), R. Bechhöfer von 1875 bis
1879 (siehe Anzeigen unten) und Jacob Friedrich Wilhelm Mayer-Eppstein von 1879
bis 1899 (siehe Anmerkung unten), Raphael Jacob (1899-1908, später Lehrer in
Malsch, dann
Heidelberg), Samuel Weilmann
(1908), Michael Guggenheim (1908-1912), Alfred Popper (1913), Levi Lazarus (ab
1914, = Kantor in Frankenthal). Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Frankenthal.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Ludwig Lang (geb.
14.10.1884 in Lambsheim, gef. 23.12.1916). Außerdem ist gefallen: Eugen
Schmelzer (geb. 14.11.1887 in Lambsheim, vor 1914 in Mannheim wohnhaft, gef.
20.8.1914).
Um 1924, als zur Gemeinde etwa 33 Personen gehörten (1 % von insgesamt
etwa 3.400 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Ludwig Simon, Moses
Friedmann (Weisenheim), Ludwig
Freiberg und Albert Lang. Als Religionslehrer kam regelmäßig nach Lambsheim
Lehrer Heinrich Schottland aus Frankenthal. Er hatte damals in Lambsheim drei
jüdischen Kindern den Religionsunterricht zu erteilen. Als Rechner der Gemeinde
war Joh. Eschenfelder tätig. An jüdischen Vereinen gab es insbesondere
den Israelitischen Kranken-Unterstützungsverein (1847 gegründet, 1924
unter Leitung von Ludwig Simon). 1932 waren die Gemeindevorsteher Martin
Lang (1. Vors.), Ludwig Freiberg (2. Vors.) und Moritz Roßmann (aus Weisenheim
am Sand). Lehrer Schottland aus Frankenthal erteilte auch im Schuljahr
1931/32 drei jüdischen Kindern der Gemeinde den
Religionsunterricht.
Nach 1933 ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder (1933: 31 Personen) auf Grund der Folgen des
wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Bis 1936 ging die Zahl auf
24 jüdische Einwohner zurück, bis 1937 auf 19, bis 1938 auf 17 und bis 1939
auf elf. Im Oktober 1940 wurden acht jüdische Einwohner nach Gurs
deportiert. In Lambsheim konnten zwei jüdische Frauen, die mit christlichen
Männern verheiratet waren, zurückbleiben.
Von den in Lambsheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Leo Benjamin (1890),
Emilie (Emilia) Berlin-Maas (1857), Ferdinand Chan (1873,
"Stolperstein" in Münster i.W., Windthorststr. 11), Sally (Salomon) Chan (1872), Lydia Einstein geb. Seligmann (1900),
Anna Herzberger geb. Wolff (1869), Eduard
Hirsch (1878), Lina Kirchheimer geb. Lang (1877,
Biographie), Barbara (Betty) Kloos geb. Wertheimer (1885,
"Stolperstein" in Frankfurt, Mauerweg 10), Emma Kohlmann geb. Kaufmann (1866), Albert Lang (1883), David
Lang (1903), Gerda (Gertrud, Gerta) Lang geb. Kern (1897), Ilse Elisabeth Lang
geb. Neu (1909), Manfred Lang (1930), Franziska Löb geb. Cahn (1878), Johanna Mayer geb. Wolf (1856), Clara
Moritz geb. Chan (1865), Cäcilie Rotschild geb. Wolff (1863), Alfred Salmon (1890),
Erwin Salmon (1921), Selma
Scheuer geb. Wertheimer (1889,
"Stolperstein" in Frankfurt, Mauerweg 10), Adolf Schmelzer (1889), Bertha
Schmelzer (1859), Leopold Schmelzer (1863), Anna Schmitt geb. Wertheimer (1893,
"Stolperstein" in Frankfurt, Mauerweg 10, vgl. Seite zu
Kelkheim),
Rita Silberpfennig geb. Jacob (1904), Isaac Simon (1873), Simon
Simon (1866), Jacob Wolf (1885). Hinweis: die in einigen Listen als Opfer der NS-Zeit genannte Emma Salmon
geb. Dellheim (1900) war bis 15. März 1941 in Gurs, danach u.a. im Lager
Rivesaltes; sie überlebte und wanderte zusammen mit ihrer jüngsten Tochter
Ingeburg (1935) in die USA aus.
Vgl. Informationsblatt von Jochen Glatt (Lambsheimer Heimatfreunde - Verein für
Geschichte und Kultur e.V.): "Vor
75 Jahren: Lambsheimer Juden und das Internierungslager Gurs"
(pdf-Datei; eingestellt im Oktober 2015). Aus Eppstein ist umgekommen: Rosa Loeb (1855).
Hinweis auf verlegte "Stolpersteine" für aus Lambsheim
stammende jüdische Personen (unvollständig, vgl. Links in der Liste oben)
Im Februar 2014 beschloss der Hauptausschuss der Gemeinde Lambsheim,
fünf Stolpersteine vor den Anwesen in der Hauptstraße 48 und 74
verlegen zu lassen. Die noch 2014 verlegten "Stolpersteine" erinnern
seitdem an Albert, Gertrud, David und Elisabeth Lang
(Hauptstraße 48) sowie an Erwin Salomon (Hauptstraße 74).
Im
November 2015 wurde in Eppstein (Stadtteil von Frankenthal) ein
Stolperstein für Rosa Loeb vor dem Anwesen Hauptstraße 58 verlegt.
2023 werden in Lambsheim (Pfalz) weitere Stolpersteine
verlegt, u.a. in der Hauptstraße 48 für die Familie Fritz
Lang (Eltern und Kind).
Am
9. November 2022 wurden in
Frankenthal (Ecke
Schnurgasse/Bahnhofstraße) sechs Stolpersteine verlegt
für die jüdischen Familien Lang und Salmon: für Alfred Salomon (1890-1941),
Selma Salmon geb. Lang (1893-1942), Edwin Adolf Salmon (1925-1943), Fritz Lang
(1907 - befreit aus Auschwitz), Ida Lang geb. Bähr (1909-1942), Freya Karoline
Lang (1934 - überlebte nach Deportation). Informationen in
http://juden-in-frankenthal.de/(vgl. Abbildungen/Kennkarten unten).
Für Herbert Salmon (nicht: Salomon) aus Lambsheim wurde in Köln im
Stadtteil Altstadt-Nord in der Jakordenstr. 17 ein Stolperstein verlegt (Foto
links), vgl. Link
(NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln).
Der Artikel von Dr. Hirsch
Hildesheimer wird nur teilweise - den Pogrom von 1343 betreffend -
abgeschrieben, ohne Fußnoten/Anmerkungen. Dazu bitte die Textabbildungen
oben anklicken. Der Verfasser (Sohn von Esriel Hildesheimer) war seit 1880
Dozent für jüdische Geschichte und Geographie am Rabbinerseminar in Berlin.
Vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hirsch_Hildesheimer.
Artikel in "Dr. Bloch's österreichische Wochenschrift" vom 5. Januar 1900:
"Die Blutlüge.Von Dr. Hirsch Hildesheimer in Berlin.
Ludwig IV. der
Baier(vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_IV._(HRR))hat noch zweimal seine kaiserliche Autorität zum Schutze der von Blutanklagen
heimgesuchten Juden eingesetzt. In einem der beiden Fälle konnte
dies erst, nachdem, wie in Überlingen, die Raserei bereits zahlreiche Opfer
gefordert hatte, geschehen, um ferneren Morden Einhalt zu tun; im zweiten
gelang es seinem energischen Eingreifen, das drohende Urteil noch
rechtzeitig abzuwehren.
'Im Jahre 5103, am Sabbat den 24. Nissan (19.
April 1343) wurden die Mitglieder der Gemeinde Wachenheim, in derselben
Woche die von Lambsheim, sowie die von Neustadt bei Speyer und am Sabbat
Neumond Ijar (26. April) die Kranken, welche in Germersheim untergebracht
waren, mit allen dort anwesenden Gesunden verbrannt, so berichtet das
Nürnberger Memorbuch (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Nürnberger_Memorbuch) über eine blutige Verfolgung, welche nicht auf die
genannten Städte der Rheinpfalz beschränkt geblieben zu sein scheint, sondern
sich auch auf Mosbach und andere Orte ausgedient hat. Über den Vorwand zu
diesen Gräueltaten erzählt der bereits erwähnte zeitgenössische Mönchs-Chronist Johann von Winterthur
(vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_von_Winterthur) wörtlich also:
'Im Jahre 1343 am Osterfeste ward bei Worms in einer Höhle im Walde ein
Einsiedler von wunderbarer Heiligkeit, wie der herrliche Ausgang seines
Lebens auf das Klarste gezeigt hat, von den Juden getötet, ja, wie das
Gerücht bezeugt, zerrissen, zerfleischt und von Glied zu Glied zerteilt. So ermordet fanden ihn die Leute jener Gegend und
begruben ihn unter
großer Teilnahme und Trauer. Als das Leiden desselben der Herzog von
Heidelberg(gemeint:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ruprecht_I._(Pfalz)) der Brudersohn des Kaisers Ludwig
(Ludwig IV. der Bayer s.o.), hörte, begann er, da er an
seinem Körper viele Jahre vorher einen Lupus mit grausamem Schmerz ausgehalten
hatte, zu ihm, zu dem er als einem heiligen Mann Zutrauen hegte, inständig zu beten, dass er ihm
seine langwierige Krankheit wegnehmen und die Gesundheit schenken möchte. Er
wurde sogleich erhört und erhielt das vollständige Wohlbefinden wieder. Dass dasselbe an ihm im vollsten Maße nur durch das Verdienst des
heiligen Mannes zustande gebracht war, fühlte er und verbrannte nun, von
einem sozusagen unaussprechlichen göttlichen Zorn entflammt, alle Juden
seines Gebietes. Dieser Einsiedler gewährte nach seinem Tode denen, die ihn
anriefen, verschiedene und vorzügliche Arten Heilungen und zog eine ungemein
große Menge Menschen aus den benachbarten und umliegenden Gegenden herbei.
Als aber der erwähnte Herzog gesehen, dass der genannte Einsiedler, namens
Ludwig, in so erstaunlichen Wundern zurückleuchte, so hätte er vom Kaiser,
den er darum anging, gerne die Erlaubnis ausgewirkt, die Juden im ganzen
Reiche Deutschlands martern zu dürfen'.
Mit diesem erbaulichen Bericht stimmt
die Darstellung des um die gleiche Zeit schreibenden Johannes, Abtes
des Zisterzienserklosters Viktring bei Klagenfurt (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Stift_Viktring und
https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_von_Viktring), darin überein, dass die
Beweiskraft der 'größten Wunder, in denen der Ermordete zu leuchten begann',
die 'Schuld' der Juden festgestellt und ihre Verbrennung zur Folge gehabt hat.
Von der wunderbaren Heilung des Heidelberger Herzogs und von seinem
Eingreifen überhaupt erwähnt dieser Chronist nicht das Geringste. Schon
dieses sein Schweigen über das wichtigste Detail, über die Stellungnahme des
Landesherren, macht die betreffende Angabe Johanns von Winterthur verdächtig
und die Rolle, welche der Pfalzgraf gespielt haben soll, ist mit dem, was
wir über seine geistigen Qualitäten und über seinen Charakter sonst
erfahren, so völlig unvereinbar und steht zumal mit den wohlwollenden
Gesinnungen, welche er von Anbeginn bis zum Schluss seiner mehr wie
50-jährigen Regierung den Juden gegenüber betätigte, in so krassem
Widerspruch, dass wir in der Darstellung des Barfüßermönchs von
Winterthur zweifellos eine jener zahlreichen Erdichtungen, welche er in
seiner kritiklosen Wundergläubigkeit nachschrieb, oder eine jener Personen-Verwechslungen, zu welcher die von ihm selbst
beklagte Gedächtnisschwäche
ihn verleitete, zu erblicken haben. Herzog von Heidelberg war im Jahre
1343 Ruprecht I., welcher seit dem Vertrag von Pavia (4. August
1329, vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hausvertrag_von_Pavia) Mitregent seines Bruders Rudolf's
II. (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_II._(Pfalz)), durch die am 18.
Februar 1338 vollzogene Teilung der gemein-
samen Herrschaft die größere Hälfte der pfälzischen Lande mit der Hauptstadt
Heidelberg erhielt. Ruprecht I. hat sich aber allezeit als ein hochsinniger
Beschützer der Juden bewährt, und die bloße Tatsache, dass er zur Zeit des
'schwarzen Todes' (1349) den aus Speyer und Worms Geflüchteten in Heidelberg
und anderen Städten der Pfalz gastliche Aufnahme gewährte, ist ausreichender
Beweis, dass er unmöglich sechs Jahre zuvor so grausam gegen die Juden
seiner Herrschaft gewütet haben kann. Zudem erscheint es völlig
ausgeschlossen, dass Ruprecht I., ein Herrscher von so 'glänzenden
Regenteneigenschaften, an dessen Namen keine entehrenden Handlungen haftete'
derart skurrilen Wunderglaubens, und noch dazu des Wahnwitzes fähig gewesen
sein sollte, vom Kaiser 'die Erlaubnis, die Juden im ganzen Deutschland
martern zu dürfen', mordwütig zu erbitten. Kennzeichnet sich diese
Ungeheuerlichkeit als die Ausgeburt einer überhitzten Mönchs-Phantasie, so
steht andererseits dokumentarisch fest, dass Kaiser Ludwig IV. gerade aus
Anlass dieser Blutbeschuldigung sich der Juden jener Striche schützend
annahm. In einer Urkunde gegeben in
Mergentheim, 15. Mai 1343, belobte er die Stadtbehörden von Speyer für
den Schutz, den sie den in ihrer Mitte und in der Umgegend ansässigen Juden
zuteil werden ließen, und fordert sie auf, 'alle Juden, es sei auf dem
Lande, in der Stadt oder wo sie dessen nötig haben, wider Jedermann, wer er
sei oder wie er genannt wird, zu schirmen und nicht zu gestatten, dass sie
jemand angreift oder irgendwie beschwert'. Die Datierung der Urkunde, welche
wenige Wochen nach dem Geschehnis von 1343 erging, und die Tatsache, dass
dasselbe in der Diözese Speyer, zu der
Wachenheim,Lambsheim, NeustadtundGermersheimgehörten,
sich zugetragen hat, lässt keinen Zweifel, dass die an die angebliche
Ermordung des Eremiten Ludwig geknüpfte Verfolgung das Eingreifen des
Kaisers veranlasst hat'.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Februar 1875: "Die
Anstellung eines Vorbeters und Religionslehrers für die israelitische
Kultusgemeinde Lambsheim, im Bezirksamte Frankenthal, wird unter
Anberaumung eines Meldungstermins von 3 Wochen von heute an zur Bewerbung
ausgeschrieben.
Die Gehaltsbezüge bestehen: a) bar aus der israelitischen
Kultuskasse 300 Gulden, b) für Beheizung 25 Gulden und c) die
Schächtergebühren und Kasualien, welche sicher ertragen 100
Gulden, zusammen 425 Gulden.
Außerdem erhält der Anzustellende schöne geräumige Wohnung im
Synagogen-Gebäude.
Bewerber um diese Stelle wollen ihre Gesuche, mit Zeugnissen belegt, im
angegebenen Termine persönlich bei dem Unterzeichneten einreichen.
Lambsheim, den 19. Januar 1875. Der israelitische Synagogen-Vorstand. gez.
H. Kahn."
Auf die Anzeige bewarb sich Lehrer R.
Bechhöfer, der freilich nur drei Jahre blieb (vgl. Anzeigen unten).
Nach seinem Weggang war die Stelle auf den 15. März 1879 wieder
auszuschreiben:
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Dezember 1878:
"Vakanz. Mit dem 15. März 1879 wird die Vorsänger-,
Religionslehrer- und Schächterstelle zu Lambsheim, Pfalz, vakant.
1) Gehalt aus der Kultuskasse 565 Mark, 2) Für Beheizung 35
Mark, 3) Für Sabbat-Vorträge 35 Mark, 4) Die Schächtergebühren
und Kasualien ertragen circa 300 Mark, Summa 935 Mark.
Außerdem sehr schöne geräumige Wohnung im Synagogengebäude, bestehend
in 4 Zimmer und Keller, und Brunnen im Hofe, die der Anzustellende in
freien Genuss bekommt. Reflektierende wollen sich baldigst an den Vorstand
wenden.
Lambsheim (Pfalz), 16. Dezember 1878. Der Vorstand."
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Januar 1908:
"Die Stelle eines Religionslehrers, Vorbeters und Schächter dahier
ist zum 1. Februar eventuell später neu zu besetzen. Gehalt 600 Mark
Fixum nebst freier Wohnung. Nebenverdienst ungefähr 800-1000 Mark.
Bewerber wollen Zeugnisse alsbald an den Synagogen-Vorstand in Lambsheim
(Pfalz) einsenden."
Ausschreibungen im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 24. Juli 1908: "Aus der Lehrerwelt.
Frankfurt am Main. Vakanzen. - Lambsheim
in der Pfalz (4300 Einwohner, 19 jüdische Familien), Lehrer, Vorbeter
und Schächter per sofort oder später, 700 Mark, freie Wohnung, 800 bis
1000 Mark Nebenverdienst. - Trabelsdorf
bei Bamberg (500 Einwohner, 15 jüdische Familien), Lehrer, Vorbeter und
Schächter per bald, 700 Mark, freie Wohnung und Heizung, 3-400 Mark
Nebenverdienst. - Eberbach in Baden,
Hilfsvorbeter für die hohen Feiertage, - Braunfels
an der Lahn (1500 Einwohner), 1300 Mark Gehalt. - Hechingen
in Hohenzollern (4400 Einwohner, 82 jüdische Familien), Lehrer und
Vorbeter, 1400 Mark Anfangsgehalt (2400 Mark Höchstgehalt), freie
Wohnung, 1000 Mark Nebeneinkommen. - Nordheim
a.d. Rhön (1200 Einwohner, 15 jüdische Familien), 1100 Mark
Gehalt."
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Oktober 1911: In
hiesiger Gemeinde ist die Stelle eines Religionslehrers, Vorbeters und Schächters per 1. Januar 1912 eventuell früher neu zu besetzen. Gehalt
Fixum 600 Mark bei freier Wohnung; Nebenverdienst 800-1000 Mark.
Verheiratete Bewerber deutscher Staatsangehörigkeit wollen ihre Gesuche
nebst Zeugnissen an den Unterzeichneten richten.
Lambsheim (Pfalz), den 4. Oktober 1911. Der Vorstand: Ludwig Simon."
Irritationen um die Bescheinigung des Bezirksrabbiners für die Stopfgänse von
Lehrer Bechhöfer (1878)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Januar 1878:
"Ich nehme Aufträge auf schöne fette Stopfgänse zur Versendung bis
Pessach an. Auf Verlangen sende auch eine Bescheinigung des Rabbiners,
Herrn Dr. Salvendi in Dürkheim a. Haardt. Bestellungen werden pünktlich
besorgt.
Preis per Pfund 86 P. Gewicht 10-11 Pfund recht fett. R. Bechhoefer,
Lehrer in Lambsheim bei Frankenthal (Rheinbayern).
Von der von Lehrer Bechhöfer angebotene
Bescheinigung wusste der Bezirksrabbiner allerdings nichts, weswegen er
eine Anzeige nachfolgen ließ:
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Januar 1878: "Mit
Bezugnahme auf das Inserat des Herrn R. Bechhöfer in Lambsheim in Nr. 3
des Israelit S. 69 Spalte 2, erkläre ich hiermit, dass derselbe niemals
die dort erwähnte 'Bescheinigung' von mir erhalten; das Weitere ergibt
sich dann von selbst.
Dürkheim a.d. Haardt. Dr. Adolf Salvendi, Bezirks-Rabbiner."
Hinweis auf den jüdischen Lehrer Jacob Friedrich
Wilhelm Mayer Eppstein (Lehrer in Lambsheim von 1879 bis 1899)
Jacob Friedrich Wilhelm Mayer Eppstein
(geb. 1846 in Saarwellingen; ein
Enkel des Lehrers Jacob Mayer Eppstein und Vater von Oskar Eppstein,
Weiteres zu ihm auf der Seite zu
Gemünden im Hunsrück) war seit 1867 Lehrer an der jüdischen
Elementarschule in Gemünden im
Hunsrück, bis die Familie im August 1874 nach Essenheim
übersiedelte, wo er bis April 1879 tätig war. Von
April 1879 bis zu seinem Tod am 14. Februar 1899 war er Lehrer der jüdischen Gemeinde in Lambsheim.
Zeitweise unterrichtete er auch in Nachbargemeinden. So erhielt er 1884
die behördliche Genehmigung, auch den Religionsunterricht in Dirmstein
zu erteilen. Er wurde im jüdischen
Friedhof in Lambsheim beigesetzt.
(Foto aus der Sammlung Rolf Michael Mayer)
Zur Familiengeschichte siehe Beitrag von Rolf Michael Mayer: Vom
Taunus über Frankfurt und Mannheim nach Fußgönheim, Ruchheim und
Mutterstadt. HaLevi - Eppstein - Eppler - Mayer. Vier Namen - eine
Familie. 2009. Eingestellt
als pdf-Datei.
Über Lehrer Raphael Jacob (1877-1942,
Lehrer in Lambsheim von 1899-1908)
Raphael Jacob (geb. 1.
Oktober 1877 in Sierck / Diedenhofen in Lothringen) war (zweiter) Lehrer,
Kantor und Schochet der jüdischen Gemeinde in
Heidelberg bis 1940. Vor Heidelberg
war er von 1899 bis 1908 Lehrer und Kantor in Lambsheim, danach in
Malsch (HD). Raphael Jacob war
verheiratet mit Ernestine geb. Fromm (geb. 21. Juni 1881 in
Großlangheim). Die beiden hatten
zwei Kinder: Rita (geb. 1904 in Lambsheim, verheiratet mit
Kurt Silberpfennig aus Thorn/Westpreußen, wohnhaft in Heidelberg, Frankfurt
am Main und Steckelsdorf; beide ermordet in Auschwitz); Bella (geb. 1905 in
Lambsheim, weitere Geschichte nicht bekannt). Raphael Jacob und seine
Frau Ernestine wurden am 22. Oktober 1940 in das südfranzösische
Internierungslager Gurs deportiert. Am 14. August 1942 wurden sie in das
Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo sie ermordet wurden.
Dokumente zu
Raphael und Ernestine Jacob (Quelle: Archiv Yad Vashem Jerusalem)
Kennkarten für
Raphael Jacob und Ernestine geb. Fromm,
ausgestellt am 3. Mai 1939 von der Polizeidirektion
Heidelberg (mit eingedrucktem "J" für Juden)
Gedenkblätter
in Yad Vashem Jerusalem für Raphael Jacob
und Ernestine geb. Fromm, ausgestellt von einer Nichte
Raphael Jacobs 1984 in Mannheim (Ilse Lewin)
Artikel in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der
Rheinpfalz" vom 1. April 1938: "Aus Lambsheim. Am
17. März 1938 vermählte sich Herr Karl Kahn aus Lambsheim
mit Fräulein Paula Katz aus Dahn
(Pfalz)."
Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Scans der Karten erhalten von Renate Young.
Links: Kennkarte für Elisabeth Lang geb.
Neu (geb. 17. August 1909 in Fränkisch-Crumbach);
die Kennkarte wurde am 16. Februar 1939 in Frankenthal ausgestellt.
Elisabeth lebte mit ihrem Mann David Lang in Lambsheim, von wo sie am 22. Oktober 1940 in das
südfranzösische Lager Gurs deportiert wurde (danach in Rivesaltes und in
Drancy). Am 11. September 1942 wurde sie in das Vernichtungslager
Auschwitz deportiert, wo sie ermordet wurde.
Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in
Deutschland.
http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm
Für Elisabeth Lang geb. Neu wurde im Mai 2014 ein Stolperstein verlegt
(siehe unten).
Kennkarte für Julius
Jacob Hirsch (1876 Lambsheim -
1940 Lublin)
Kennkarte für Albert
Lang
(1883 Lambsheim -
1941 Rivesaltes)
Kennkarte für David
Lang
(1903 Lambsheim - 1943 Ghetto Theresienstadt)
Kennkarte für Fritz
Lang
(1907 Lambsheim -)
Kennkarte für Leo Benjamin
(1890 Lambsheim - 1942 KZ Auschwitz)
Kennkarte für Erwin
Salmon
(1921 Lambsheim - ?)
Kennkarte für Adolf
Schmelzer
(1889 Lambsheim - 1942 KZ Auschwitz)
Kennkarte für Jacob
Wolf
(1885 Lambsheim - 1943 KZ Majdanek)
Einzelne Fotos
Moritz Einstein
(1886) und Lydia Einstein geb. Seligmann (1900), beide 1943 in
Auschwitz ermordet
Emilie Berlin geb. Maas
(1856),
umgekommen 1943 in Westerborg
Lina Kirchheimer geb.
Lang (1877),
umgekommen 1942 in Noé
Erinnerung an Anna Schmitt
geb. Wertheimer
Anna
Schmitt geb. Wertheimer ist 1893 in Lambsheim geboren und wohnte später
in Frankfurt. Sie wurde 1943 in das KZ Auschwitz deportiert, wo sie am 15.
Oktober 1943 ermordet wurde. Ein Stolperstein erinnert in Frankfurt an sie
(siehe oben).
Grabstein in Gurs für
Isaac Simon (1873-1941) (Foto erhalten von Renate Young)
Rechts: Hochzeitsfoto
und Titel eines Liederheftes zum Hochzeitsfest in Heidelberg für Isaak Simon
und Flora geb. Weil
Grabstein in
Gurs für Isaak Simon II (geb. 31. Dezember 1873 in Lambsheim,
umgekommen 10. November 1941 Lager Gurs) war verheiratet seit 26. Februar
1902 in Offenburg (mit Feier in Heidelberg) mit Flora geb. Weil (geb. 16. Januar 1879
Schmieheim, gest. 16. April 1926
Bad Dürkheim).
Isaak Simon II war Weinkommissionär in
Bad Dürkheim; er wurde am 22.10.1940 nach Gurs deportiert.
Kinder: Dr. Erwin Simon (geb. 14. Januar 1903 in Bad Dürkheim, gest.
2001 in Oldenzaal, Niederlande; siehe Informationen zu seiner Person und
Familie links) und Anita (geb. 23. Mai 1908 Bad Dürkheim, gest. 1922
Bad Dürkheim). (Informationen von Renate Young)
Biographieblatt zu
Dr. Erwin Simon
Über die Familie Loeb in Eppstein(früher
Eppstein (Pfalz))
(zusammengestellt von Paul Theobald,
Frankenthal)
im Oktober 2015 werden in der Stadt Frankenthal (Pfalz) wieder
"Stolpersteine" verlegt werden. Darunter soll auch der Stolperstein für
Rosa Loeb (Löb), die in Eppstein (damals: Eppstein (Pfalz)) wohnte.
In Eppstein hatte am 7. November 1853 Daniel Loeb (geb. 5. März 1823 in
Assenheim, gest. 6. Januar 1883 in Eppstein) die 34-jährige
Susanna geb. Weiler geheiratet (geb. am 3. Oktober 1819 in Eppstein,
gest. 17. Mai 1906 ebd.). Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor: Rosa
(geb. 8. Januar 1855 in Eppstein (Pfalz), umgekommen am 4. Februar 1941 in
Hadamar), Veronika (geb. 7. November 1858 in Eppstein, gest. 30. Dezember 1889 in Eppstein),
Knabe (geb./gest. 10. August 1860 in Eppstein) und Elisabetha
(geb. 26. Juli 1861 in Eppstein).
Die Tochter Rosa Loeb blieb unverheiratet und wohnte in Eppstein in der Hauptstraße 48 (heute Dürkheimer
Straße); sie betrieb hier einen kleinen Krämerladen. Das Anwesen Hauptstraße 48 war ihr Eigentum.
Rosa Loeb war ab 1937/38 in der Kreis-Kranken-(Heil-) und Pflegeanstalt Frankenthal untergebracht. Sie wurde am 22. Oktober 1940 nicht in das
"Camp de Gurs" gebracht, weil ihr Ableben erwartet wurde. Zu Beginn des Jahres 1941 kam sie in die Landes-Heil-Anstalt Heppenheim. Zusammen mit 17 Heppenheimer Patienten wurde sie am 4. Februar 1941 im Rahmen eines Sammeltransportes
"nach einer für Juden vorbehaltenen Anstalt" verlegt. Dieser Transport endete in Hadamar mit dem Vermerk
"Ort unbekannt". Da es keine Unterbringungsmöglichkeiten gab, ist mit Sicherheit anzunehmen, dass sie in Hadamar umgebracht wurde.
Nach der Emigration: Todesanzeigen in der amerikanisch-jüdischen Zeitschrift
"Der Aufbau" Anmerkung: Beim "Aufbau" handelt es sich um eine deutsch-jüdische
Exilzeitung, die 1934 gegründet wurde und bis 2004 in New York erschien. Der
Aufbau entwickelte sich in der NS-Zeit rasch zur wichtigsten Informationsquelle
und Anlaufstelle für jüdische und andere deutschsprachige Flüchtlinge in den
USA. Vgl. Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Aufbau_(jüdische_Zeitung).
Der "Aufbau" kann online gelesen werden:
https://archive.org/details/aufbau.
Anzeigen für
Ludwig Simon,
früher in Lambsheim -
"Aufbau" vom 3. März 1944
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für Binchen Seligman geb. Wolff,
früher Lambsheim-Regensburg
"Aufbau" vom 3. Dezember 1948
Eine jüdische Schule (Schule und Synagoge), die
"nächst dem Rathaus" lag, wird bereits in einem Ratsprotokoll vom 15.
Dezember 1705 erwähnt.
1823 berichtet der Bürgermeister im Jahresbericht der Gemeinde:
"Die jüdischen Glaubensgenossen dieser Gemeinde halten ihren Gottesdienst
in einem gemieteten Lokale, wofür sie dem Eigentümer einen jährlichen Zins
geben". Der Eigentümer war damals der Jude Löw. 1829 erwarb die
jüdische Gemeinde das inzwischen Simon Abraham gehörende Haus in der "Vordergass"
(Teil der heutigen Hauptstraße), um als künftig als jüdisches Gemeindehaus zu
verwenden. Im Keller wurde eine Badestube und eine Küche eingerichtet, im Erdgeschoss
ein Schulsaal sowie die Lehrerwohnung und im Obergeschoss die Synagoge.
Über 100 Jahre war die Lambsheimer Synagoge Mittelpunkt des jüdischen
Gemeindelebens am Ort. Mehrfach wurde sie renoviert. 1848 wurden die
Betpulte (Ständer) durch Bänke ersetzt. 1881 erhielt die Synagoge einen
neuen Treppenaufgang, der zur Männersynagoge und zum Frauenbereich führte. Wie
lange nach 1933 noch Gottesdienste abgehalten wurden, ist nicht bekannt. Mitte
der 1930er-Jahre löste sich die Gemeinde auf.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde durch Mitglieder der SA und der
Hitlerjugend das jüdische Gemeindehaus und die Synagoge gestürmt und die
gesamte Inneneinrichtung demoliert. Inventar und Kultgegenstände wurden auf die
Straße geworfen, der Leichenwagen verbrannt. Der im Betsaal gelegte Brand wurde
durch Nachbarn gelöscht, die Angst vor einem Übergreifen des Brandes auf ihre
Gebäude hatten. Die jüdische Gemeinde musste das Anwesen für 1.000 RM an die
Milchlieferungsgenossenschaft Lambsheim verkaufen. Im Oktober 1948 kam
das Anwesen an die jüdische Kultusgemeinde der Rheinpfalz, die die es wenig
später an einen Privatmann verkaufte, der es abreißen ließ. 1957 wurde
das Grundstück neu bebaut.
Text der 1993 angebrachten Gedenktafel am Rathaus der Gemeinde: "Auf dem Platz des heutigen
Anwesens Nr. 43 stand die Synagoge der Jüdischen Kultusgemeinde. Das Gebäude
1829 angekauft, wurde in der Nacht vom 9.-10. November 1938 aus Hass in Brand
gesetzt! Nach dem Verkauf im Jahre 1948 wurde es vollständig abgerissen. 1957
entstand an gleicher Stelle ein Wohn- und Geschäftshaus. In Würdigung des
Wirkens und der Verdienst der ehemaligen jüdischen Mitbürger. Gemeinde
Lambsheim 1993."
Neben der Synagoge gab es in Lambsheim in dem Haus der Familie Weill eine
private Betstube. Nach O. Weber s.Lit. stammt das Gebäude aus der Zeit um 1780.
Die Familie Weill habe um 1800 die Betstube eingerichtet, die auch von der
jüdischen Gemeinde genutzt wurde. Das Haus ist als Wohnhaus
erhalten.
Adresse/Standort der Synagoge:
Synagoge in der Hauptstraße 43; private Betstube der Familie Weill in der
Hauptstraße 52.
Fotos
(Historische Fotos aus den Beständen des Historischen Archivs
Lambsheim; neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 22.6.2008)
Die Synagoge
auf
einer Postkarte (1917)
Die am
27. Juni 1917 geschriebene Postkarte zeigt die Hauptstrasse in
Lambsheim
die Synagoge ist markiert - rechts Ausschnitt aus der Karte (in
höherer Auflösung)
Fotos vom
Einzug der
amerikanischen Soldaten 1945 Fotos vom
Einzug der
amerikanischen Soldaten 1945
Das
Synagogengebäude - hinter
dem vorbeifahrenden Lastwagen
Das
Synagogengebäude - links
des vorbeifahrenden Panzers; im
Vordergrund das Rathaus
Der Standort
der Synagoge in der Gegenwart
Standort der ehemaligen
Synagoge und
das an ihrer Stelle 1957 erbaute
Wohn- und Geschäftshauses
(hinter parkendem Auto)
Standort der ehemaligen
Synagoge
(Mitte) und Rathaus (links), an dem
sich die Gedenktafel befindet: die
Nachbargebäude der früheren Synagoge
sind alle noch erhalten (vgl. mit den
historischen Fotos oben)
Mai
2014: Die Verlegung von
"Stolpersteinen" in Lambsheim
Artikel (ww) in der
"Rhein-Pfalz" vom 10. Mai 2014: "Frankenthal Land. Gedenken auf
Messingplatten. Stolpersteine sollen an ermordete Bürger des Dorfes erinnern
In mehr als 500 deutschen Orten, darunter Frankenthal, Dirmstein und
Großkarlbach, gibt es sie schon, am Mittwoch bekommt auch Lambsheim
Stolpersteine. Sie sollen an die Opfer des Dritten Reichs erinnern, genauer
gesagt an fünf Lambsheimer Bürger, die von den Nazis verschleppt wurden und
in der Folge starben. Am morgigen Dienstag, 19 Uhr, gibt der Erfinder und
Hersteller der Stolpersteine, Gunter Demnig, im Lambsheimer Rathaus eine
Einführung ins Thema. Auf fünf mit Messing beschlagenen Steinen sind die
Namen und Lebensdaten von fünf jüdischen Verfolgten des Dritten Reichs
eingraviert. Die Steine werden am Mittwoch in der Hauptstraße vor den
Häusern 48 und 74 in den Boden eingelassen, damit Passanten, die im
übertragenen Sinn über sie stolpern, zum Nachdenken angeregt werden. Schüler
der Justus-von-Liebig-Realschule plus Lambsheim-Maxdorf haben sich mit dem
Thema beschäftigt und werden während der Verlegung über das Schicksal der
Lambsheimer NS-Opfer sprechen. Idee und Konzept der Stolpersteine stammen
von dem Kölner Künstler Gunter Demnig, der sie seit 1997 herstellt und in
Europa verlegt. Was beim ersten Mal in Berlin noch ohne Genehmigung geschah
und erst später legalisiert wurde, ist inzwischen eine Aktion, für die viele
Kommunen lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Lambsheim beispielsweise hat
schon 2010 mit Demnig Kontakt aufgenommen, aber erst jetzt wird das Vorhaben
umgesetzt. Eine Bürgerin habe damals die Stolpersteine vorgeschlagen,
berichtet Belma Taso von der Lambsheimer Gemeindeverwaltung. Der
Hauptausschuss gab seine Zustimmung und auch die heutigen Anwohner waren
einverstanden. Ohne deren Okay kann eine solche Aktion nicht stattfinden. In
seinem Buch 'Lambsheim und seine Geschichte' von 1987 nennt Kurt Kinkel acht
Lambsheimer Juden, die in der Nacht zum 22. Oktober 1940 ins
Internierungslager im französischen Ort Gurs gebracht wurden. Quellen waren
die Druckschrift 'Dokumente des Gedenkens' vom Landesarchiv Speyer und
Aufzeichnungen im Lambsheimer Gemeindearchiv. Für die Aktion Stolpersteine
ist es allerdings zwingend, dass die Gemeinde das Schicksal der Familien
umfassend recherchiert und dokumentiert. Für die ehrenamtlichen Rechercheure
bedeutete das, noch einmal selbst an Kinkels und andere Quellen zu gehen und
Kopien oder Abschriften anzufertigen. Zum Beispiel von einer Anfrage des
Brandversicherungsamts Ludwigshafen aus dem Jahr 1948, in der es um
jüdischen Hausbesitz in der Gemeinde ging. Auch die richtige Verlegeadresse
musste herausgefunden werden. Denn die Stolpersteine sollen möglichst vor
der letzten selbst gewählten Wohnadresse der Opfer liegen und nicht an der
Stelle, wo sie zwangsweise einziehen mussten. Die Recherche lief
schließlich, so dokumentiert es Gerhard Hornberger, auf fünf Stolpersteine
hinaus für Bürger, die nach Gurs beziehungsweise Dachau deportiert wurden
und umkamen: Albert und Gertrud Lang sowie David und Elisabeth Lang, die in
der Hauptstraße 48 wohnten, und Erwin Salmon aus der Hauptstraße 74. Doch
nicht nur ihrer wird mit den gravierten Pflastersteinen gedacht, sondern,
allen verfolgten oder ermordeten Opfern des Nationalsozialismus. Die Kosten
für die fünf Steine und die Verlegearbeiten sind nach Angaben von Belma Taso
inzwischen durch vier Spenden von Vereinen und Privatpersonen gedeckt."
Link zum Artikel
Seiten im
"Lambsheimer Amtsblatt" zur
"Stolpersteine"-Verlegung am 14. Mai 2014
Amtsblatt vom 30.4.2014
Amtsblatt vom 8.5.2014
"Stolpersteine" wurden
verlegt in der Hauptstraße 48 für Albert Lang (1883), Gertrud Lang (1897), David Lang (1903), Elisabeth Lang
geb. Neu (1909; vgl. oben Kennkarte von 1939) sowie in der Hauptstraße
74 für Erwin Salmon (1921).
Artikel in der "Rhein-Pfalz" vom
Mai 2015: "Frankenthal Land. Nachts aus den Häusern verschleppt. Seit
Mittwoch erinnern fünf Stolpersteine an das Schicksal ermordeter Juden aus
dem Ort – Justus-von-Liebig-Realschüler gestalten Gedenkfeier
Im Oktober 1940 wurden die vierköpfige Familie Lang und Erwin Salmon nachts
von den Nazis aus ihren Häusern in Lambsheim in das Internierungslager Gurs
verschleppt. Mit fünf Stolpersteinen vor den Nummern 48 und 74 der
Hauptstraße wird nun seit Mittwoch an das Schicksal der Juden erinnert. Der
Künstler Gunter Demnig nutzt das Verlegen der Stolpersteine stets, um mit
Unterstützung von Menschen aus dem Ort Informationen über die einstigen
jüdischen Mitbürger zusammenzutragen. Die fünf durch Spenden finanzierten,
mit Messing beschlagenen Quader, auf denen Namen und Schicksale eingraviert
sind, sollen ein Mahnmal gegen die Gräueltaten der Nazis sein (wir
berichteten). Schweigend, fast schon meditativ, verlegte Demnig am Mittwoch
die Steine am letzten freiwillig gewählten Wohnsitz der Lambsheimer
NS-Opfer. Etwa 60 Bürger waren zu der von Zehntklässlern der
Justus-von-Liebig-Realschule gestalteten Zeremonie gekommen und legten Rosen
für die getöteten Juden nieder. 'Die Steine sollen daran erinnern, wachsam
zu bleiben', sagte Bürgermeister Herbert Knoll (CDU) in seiner
Eröffnungsrede. Einige der älteren Bewohner Lambsheims hätten vielleicht
noch Erinnerungen an die getöteten Juden, den jungen fehle oft der Bezug.
Deswegen sei die 'Sichtbarmachung' durch die eingravierten Schicksale so
wichtig, ergänzte Landrat Clemens Körner (CDU). Acht Schüler trugen im
Wechsel geschichtliche Fakten über die Juden in der Pfalz und die Situation
in Lambsheim vor. Dort hätten bereits im frühen Mittelalter Juden gelebt.
Schon damals seien sie verfolgt und ihrer Rechte beraubt worden. Im Laufe
der Geschichte hätten sie mal mehr, mal weniger Freiheiten eingeräumt
bekommen, bis sich ihre Situation mit der Weltwirtschaftskrise drastisch
verschlechtert habe. Hitler habe die Juden für die wirtschaftlichen Probleme
Deutschlands verantwortlich gemacht, sie ihrer Bürgerrechte beraubt und
systematisch ermordet. In der Nacht zum 22. Oktober 1940 wurden die fünf
Lambsheimer von den Nazis in das Internierungslager Gurs in Südfrankreich
verschleppt. David, Elisabeth und Gertrud Lang kamen anschließend nach
Auschwitz, wo sie mit großer Wahrscheinlichkeit ermordet wurden. Albert Lang
starb am 18. April 1941 im Lager Rivesaltes, und Erwin Salmon ist im Lager
Gurs 'verschollen'. An die Verfolgung der Juden erinnerten auch zwei Lieder,
die die Schüler Franziska Straßer, Anais Rother, Nico Schulz und Daniel
Barth zum Abschluss in jiddischer Sprache vortrugen. Das eine, 'Dona Dona',
ist ein bekanntes und in viele Sprachen übersetztes Stück, in dem ein Kalb,
das zur Schlachtbank geführt wird, sinnbildlich für die Juden im Dritten
Reich steht. Das andere, 'Dem Milners Trern' (Des Müllers Tränen), entstand
im 19. Jahrhundert. Es handelt vom Leiden unter der Heimatlosigkeit. Wer
näher am Schicksal der Juden in Lambsheim interessiert ist, kann sich
derzeit im Archiv der Gemeinde Lambsheim anhand einer Dokumentation darüber
informieren. Dort liegt auch eine bis ins 19. Jahrhundert zurückreichende
Chronik der Familie Lang aus. Das Projekt 'Stolpersteine' des Kölners Gunter
Demnig gilt als das größte, auf viele verschiedene Orte verteilte Mahnmal
der Welt. Lambsheim hatte sich schon 2010 mit dem gefragten Künstler in
Verbindung gesetzt. (bvo) "
Link zu dem Artikel
September 2023:
Weitere Stolpersteinverlegung
Video zur Stolpersteinverlegung
am 22. September 2023
Kurt Kinkel: Die Juden in Lambsheim. Manuskript
1981. 1982 veröffentlicht.
Alfred Hans Kuby (Hrsg.): Pfälzisches Judentum
gestern und heute. Beiträge zur Regionalgeschichte des 19. und 20.
Jahrhunderts. 1992.
Otmar Weber: Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter
besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz. Hg. von der
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz in Landau. 2005.
S. 107-108.
Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 69-72 (mit weiteren Literaturangaben).
Martina Graf: Abraham Weill aus Lambsheim - Eine
biografische Skizze. In: Heimatjahrbuch Rhein-Pfalz-Kreis
2013.
Paul Theobald: Artikel in "Die Rheinpfalz",
Ausgabe Frankenthal, am 9. November 2021:
"Als der Nazi-Mob wütete..." (über die Geschichte der Familie
Friedrich/Fritz Lang, seiner Frau Ida geb. Bähr und der Tochter Freya
Karoline, 1936 aus Lambsheim nach Frankenthal gezogen).
Lambsheim
Palatinate. A few Jewish families were present in 1343, all burned at the
stake following a blood libel. The community was again destroyed in 1349 during
the Black Death persecutions.
A permament Jewish settlement only emerged again in the mid-17th century. In
1658, there was one family; three in 1703; and seven (43 Jews) in 1743. The
Jewish population then grew to 81 in 1803; 152 in 1833; and a peak of 184 in
1848. Most were engaged in petty trade. A cemetery was opened in 1822 and a
synagogue was consecrated in 1829 with a mikve attached. With the founding of a
Jewish elementary school in 1842, a classroom and an apartment foor the teacher-hazzan
(who also served as the shochet from 1845) were set up in the synagogue.
The municipality partially financed the school, which reached an enrollment of
23-37 in the 1842-58 period. Declining attendance caused it to close down in
1874. A society to aid the sick was founded in 1856. The Jewish population
dropped to 95 in 1876 and 65 in 1900. In 1933 the Jewish population was 31 with
18 Jews from Weisenheim a. Sand and one from Eppstein belonging to
the congregation. In 1938, 11 Jews remained. On Kristallnacht (9-10
November 1938), Hitler Youth burned the contents of the synagogue and Jewish
homes and stores were wrecked. In all, 25 Jews left Lambsheim in the 1933-40
period: 11 for the United States, two for England, one for France, and 11 for
other cities in Germany. The eight remaining Jews were deported to the Gurs
concentration camp in October 1940, five perishing along with another Jew
originally from Lambsheim.
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