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Leer (Kreisstadt,
Ostfriesland)
mit Orten der Umgebung
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Leer bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts
zurück. Erstmals werden Juden in der Stadt 1611 genannt (im Flachsregister 1611
die Juden Menne und Joseph Haim). 1637 waren drei Juden (mit Familien in der
Stadt), 1678 fünf. Die jüdischen Familien lebten vom Handel, Verkauf von
Fellen u.ä., vom Schlachten und vom Geldverleih. .
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1804 127 jüdische Einwohner (von insgesamt 5.052 Einwohnern), 1828 173,
1861 224 (von 8.750), 1871 256 (von 8.932), 1885 306 (von 10.409), 1895 302 (von
11.470), 1905 266 (von 12.347).
Zur jüdischen Gemeinde in Leer gehörten auch die in umliegenden Orten lebenden
jüdischen Personen wie Ihrhove (1885 13
jüdische Einwohner, 1895 12, 1905 8, 1925 2), Loga
(1828 24, 1867 17, 1885 26, 1895 23, 1905 26, 1925 17), Neermoor
(1895 1, 1925 1), Rhauderfehn (1871 3, 1885
13, 1895 10, 1905 7, 1925 6) und Warsingsfehn
(1867, 5, 1885 13, 1895 6, 1905 11, 1925 7).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Schule
(israelitische Volks- und Religionsschule), ein rituelles Bad und ein Friedhof. Die
Schule befand sich um 1840/50 in einem Gebäude an der Kirchstraße. 1909
erbaute die Gemeinde ein neues jüdisches Schulhaus an der Deichstraße (heute
Ubbo-Emmius-Straße 14; siehe Bericht zum Grundstückskauf für dieses Gebäude
unten). Zur
Besorgung religiöser Aufgaben war ein Lehrer angestellt, der zugleich
als Vorbeter (Kantor) und Prediger tätig war (vgl. Ausschreibungen der Stelle
unten). Dazu gab es zeitweise einen weiteren Angestellten der Gemeinde, der als
Schochet, Hilfsvorbeter und Synagogendiener tätig war (vgl. Ausschreibungen der
Stelle unten). Unter den Lehrern der Gemeinde waren Lehrer H. Mayer (1879
bis nach 1904 in Leer, vermutlich bis 1905/06; zu seinem 25-jährigen
Ortsjubiläum siehe Bericht unten), Lasser Abt (1906 bis 1922 in Leer) sowie Ignatz Popper
(geb. 1873 in Ahrensburg, 1922 bis 1935 Lehrer in Leer, danach in Maßbach,
1941 mit seiner Frau Nanette und den beiden Töchtern von Frankfurt aus deportiert und wenige Tage später
in Kowno ermordet). Die Gemeinde gehörte zum Landrabbinatsbezirk Emden.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Julius Frank
(geb. 3.6.1884 in Volksdorf, gest. 25.6.1918 an den Kriegsverletzungen), Iwan Rosenstein (geb. 4.6.1895 in
Leer, gef. 27.8.1915), Bernhard de Vries (geb. 17.7.1895 in Leer, gef.
14.5.1918) und Wilhelm de Vries (geb. 24.11.1890 in Leer, gef. 24.4.1915).
Außerdem sind gefallen: Aron Jacobs (geb. 4.5.1892 in Leer, vor 1914 in Lathen
wohnhaft, gef. 8.8.1915), Sanitäts-Unteroffizier Max Markreich (geb. 2.11.1889
in Leer, vor 1914 in Lingen wohnhaft, gef. 10.10.1917). Aus Loga ist
gefallen: Alex Benjamin (geb. 14.12.1892 in Aschendorf, gef. 13.7.1915). Mehrere
der jüdischen Kriegsteilnehmer aus Leer kamen mit hohen Auszeichnungen aus dem
Krieg zurück; vgl. die Datei
"Leeraner jüdische Soldaten".
Um 1924, als zur Gemeinde etwa 300 Personen gehörten (2,3 % von insgesamt
etwa 13.000 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Lehmann Rosenberg,
Louis Pels und J. Janßen. Der Repräsentanz gehörten an: Moses de Vries, Louis
Roseboom, W. Weinberg (Schulvorstand), G. Wertheim, Isaac Feilmann, Harry Knurr und
J. Polack. Als Lehrer, Kantor und Prediger war der bereits genannte Ignatz
Popper angestellt, als Schochet, Hilfsvorbeter und Synagogendiener Abraham de
Vries. Er unterrichtete an der jüdischen Volksschule 17 Kinder und erteilte
auch den Religionsunterricht am Gymnasium und am Städtischen Lyzeum (zusammen
16 Kinder). Die Witwe L. Abt war in der Gemeinde als Handarbeitslehrerin aktiv,
J. Janßen als Rechnungsprüfer.
1924 gehörten zur jüdischen Gemeinde in Leer etwa 30 jüdische
Personen, die in Neermoor, Warsingsfehn, Ihrhove, Wertrhauderfehn und
Loga lebten.
1932 gab es in Loga 16 jüdische Einwohner, in Warsingsfehn 6, in
Ihrhove
3 und in Westrhauderfehn 9.
An jüdischen Vereinen gab es insbesondere: ein Männer-Verein -
Gemiluth Chassodim (Brüderschaft, 1924/32 unter Leitung von Moses de
Vries mit 75 Mitgliedern), ein Frauenverein (1924 unter Leitung von Ella
Rosenberg mit 70 Mitgliedern; zum Tod von Maria Rosenberg 1928, die dem Verein
60 Jahre vorstand, siehe Bericht unten), der Verein Frieden (Scholaum,
1924/32 unter Leitung von Moses de Vries), der Armenverein (1924/32 unter
Leitung von L. Rosenberg; Zweck und Arbeitsgebiet: Unterstützung
Hilfsbedürftiger), der Jugendbund (1924/32 unter Leitung von L.
Mergentheim mit 50 Mitgliedern), der Waisenhausverein des "Waisenhauses
Emden" mit Sitz in Leer (1924 unter Leitung von Rudolf M. Rosenberg mit
30 Mitgliedern). Um 1930 schlossen sich die Wohlfahrtsvereine (Männerverein,
Frauenverein, Armenverein und Verein Frieden) zu einer Örtlichen Zentrale
für jüdische Wohlfahrtspflege zusammen.
1932 waren die Gemeindevorsteher Lehmann Rosenberg (1. Vors.), David
Hirschberg (2. Vors.) H. Gans (3. Vors.). Als Lehrer und Kantor war weiterhin Ignatz
Popper tätig (wohnt Ubbo-Emmius-Straße 12), als Hilfskantor J. Wolffs
(wohnhaft Wilhelmstraße). Lehrer Ignatz Popper unterrichtete im Schuljahr
1931/32 15 Kinder an der Jüdischen Volksschule und erteilte weiteren 9 Kindern
der Gemeinde den Religionsunterricht.
1933 lebten etwa 280 jüdische Einwohner in der Stadt. Einige der jüdische
Familien seien exemplarisch genannt, die in den folgenden Häusern lebten
beziehungsweise ihre Gewerbebetriebe hatten: Annenstraße 37 (Familie Bernhard
Roseboom, Viehhandlung), Kampstraße 37: Familie David Hirschberg (Gastwirt, im
Vorstand der Synagogengemeinde und Stadtverordneter), Königstraße 34: Familie
Oskar de Vries (Viehhändler), Mühlenstraße 2: Familie Jakob Lipmann Pels
(Schlachtermeister), Mühlenstraße 17: Familie Hermann Gans (Uhren-, Gold- und
Silberwarenhandlung), Mühlenstraße 24: Familie Harry Knurr (Manufaktur- und
Modewarengeschäft), Mühlenstraße 84: Familie Jonas de Vries (Klempnerei und
Fahrradhandlung), Mühlenstraße 139: Familie Wolf Nathan Weinberg
(Schlachtermeister), Neue Straße 66: Familie Jette Rosenberg
(Rohproduktenhändlerin), Rathausstraße 22/24: Familie Louis Aron (Manufaktur-
und Modewarenhandlung), Reformierter Schulgang 1: Familie Jonas Mergentheim,
dann Ludwig Mergentheim
(Kaufmann)
In
den Jahren nach 1933 ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Lehrer Popper verließ die
Gemeinde 1935, um eine Stelle in Maßbach (Unterfranken) anzutreten. Danach
unterrichteten noch die Lehrer Hermann Spier und Seligmann Hirschberg in Leer.
Als weiterer Kultusbeamter (Schochet, Hilfskantor und Synagogendiener) war bis
zur Deportation 1940 Joseph Wolffs in Leer, der mit seiner Familie bis November
1938 im Synagogengebäude lebte (danach im Haus der Familie
Mergentheim).
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört (siehe unten). Jüdische Wohnhäuser und die noch bestehenden jüdischen Geschäfte wurden
durch SA-Leute und andere Nationalsozialisten überfallen und teilweise völlig
demoliert. Von den jüdischen Familien wurde die Herausgabe von Bargeld und
Wertgegenständen erzwungen; viele der jüdischen Einwohner wurden misshandelt.
Jüdische Einwohner wurden mit ihren Kindern durch die nächtlichen Straßen
getrieben und im Viehhof auf der Nesse gefangen gehalten. Die jüdischen Männer
wurden am folgenden Tag in das Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt. 1939
wurden die noch in der Stadt lebenden jüdischen Personen gezwungen, in
sogenannten "Judenhäusern" (u.a. Kampstraße 37, Pferdemarktstraße
22 [1982 abgebrochen]) zusammenzuziehen. 1940 verließen die letzten
Familien im Zusammenhang mit der Evakuierung Ostfrieslands gezwungenermaßen die Stadt und wurden in andere Städte
umgesiedelt.
Von den in Leer geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Rosa Abt geb. Löwenthal
(1874), Karoline Aron geb. Hess (1871), Louis Aron (1875), Alfred Aussen (1908),
Liesel Aussen (1936), Paula Aussen geb. Aron (1925), Moritz Baruch (1890),
Sophie Baruch geb. Petzon (1890), Anna van der Berg geb. Schulenklopper (1896),
Erich Jakob van der Berg (1918), Hermann van der Berg (1925), Isaak van der Berg (1886), Mary van der Berg
geb. Josephs (1902), Isaak Beutel (1888), Moritz Böhm (1881), Betti Braaf geb. de Vries
(1866), Frida Braaf (1929), Meta Braaf geb. Levie (1907), Mathilde (Tilli)
Braunschild geb. Cohen (1913), Paul Brüll (1893), Bertha Cohen geb. Weinstein
(1883), Esther Cohen (1881), Hartog Cohen (1878 oder 1883), Henderiena (Henderina)
Cohen (1886), Levi Daniel Louis Cohen (1881), Marianne (Maria) Cohen geb.
Grünberg (1890), Willi Cohen (1884), Charlotte van Dam geb. Wijnberg (1909),
Regina van Dam geb. van Wien (1873), Hannchen Dreifuss geb. Rosendaal-Bendix
(1891), Elise Engers geb. de Vries (1899), Amalia Falkenburg (1872), Henriette
Feilmann geb. Gerson (1879), Isaak Feilmann (1872), Moses Feilmann (1868), Sara
Feilmann geb. Plaut (1871), Renate Elfriede Fiebelmann (1929), Theda Frank geb.
Cohen (1886), Erna Frenkel geb. Aron (1905), Jette Michel Jetta Gans (1886),
Salomon Michel Gans (1882), Erna Gellert geb. Kugelmann (1919), Bernhard Goldschmidt (1929), Edith
Goldschmidt (1925), Hartwig Goldschmidt (1892), Helene Goldschmidt geb. Wolffs
(1913), Rahel Goldschmidt geb. Hirschberg (1902), Angelika Grünberg geb. Schaap
(1890), August Grünberg (1926), Elfriede Grünberg (1927), Frauke Elfriede
Grünberg (1923), Henriette (Henni) Grünberg geb. Schaap (1895), Hermann
Grünberg (1876), Martha Grünberg geb. Schönthal (1895), Philipp Josef
Grünberg (1883), Ruth Grünberg (1923), Wilhelm Grünberg (1891), Julie
Hammerschlag (1906), Martin Hammerschlag (1898), Goldine Hirschberg geb. Amram
(1894), Rosemann Hirschberg (1890), Seligmann Hirschberg (1894), Eva Horn geb.
Rosenberg (1897), Helene Isaak (1894), Sara Else Isaak (1895), Adolf Jacobs
(1894), Alfred de Jonge (1901), Henny de Jonge geb. Rosenboom (1907), Minna
Kargauer geb. Rosenberg (1887), Karl Kiesler (1884), Curt Landsberg (1925),
Friederike Landsberg (1922), Recha Landsberg geb. Dreyfuss (1894), Simon
Siegfried Landsberg (1884), Jakob de Leeuw (1883), Meta de Leeuw geb. de Vries
(1894), Sophie de Leeuw geb. Mindus (1884), Amalie Levie geb. van der Walde
(1888), Hartog de Levie (1885), Klara de Levie geb. de Mindus (1893), Norbert de
Levie (1923), Sophie de Levie geb. de Vries (1884), Fritz Levy (1889), Henriette
Levy geb. Lehmann (1891), Marianne Levy (1921), Julius Mass (1886), Herbert
Menkel (1921), Karl Menkel (1886), Liny Menkel geb. van den Berg (1890), Isak
Menkes (1887), Else Mergentheim (1886), Martha Mergentheim (1879), Marie
Messcher geb. Rosenberg (1904), Helene Meyer (1889), Karl Neuer (1899), Debora
Polak geb. Levy (1877), Isaak Polak (1882), Ignatz Popper (1873), Käthe Popper (1905),
Lea Popper (1908) Nanette Popper geb. Marx (1881), Efraim Reichmann (1898), Adele Roseboom geb. Roseboom (1875),
Auguste Roseboom (1874), Betty Roseboom geb. de Vries (1886), Erich Roseboom
(1913), Hedwig Roseboom geb. Katzenstein (1884), Hinderika Roseboom geb. Mindus
(1884), Isaak M. Roseboom (1876), Klementine Ruth Roseboom geb. Friedberg
(1914), Louis Roseboom (1870), Meyer Roseboom (1877), Meyer A. Roseboom (1907),
Sara Roseboom (1879), Victor Roseboom (1885), Walter Roseboom (1901), Hermann
Rosemann (1890), Irmgard Rosemann (1920), Jacob Rosemann (12878), Martha
Rosemann (1914), Rosa Rosemann geb. Norden (1887), Ascher Rosenberg (1866),
Elisabeth Rosenberg (1927), Elle Rosenberg geb. Rosenberg (1871), Greta
Rosenberg geb. Schönthal (1898), Jacob Rosenberg (1896), Jettchen (Jette)
Rosenberg (1876), Karl Rosenberg (1924), Lehmann Rosenberg (1866), Maria (Mariechen)
Rosenberg (1898), Sagis Selig Rosenberg (1893), Sammy Rosenberg (1900), Siegmund
Rosenberg (1904), Johanna Rothschild geb. Frank (1913), Schaje Schattweg (1897),
Ferdinand Schenker (1897), Fritz Schlesinger (1894), Selig Schmatnik (1897),
Alexander Schöntag (1901), Rachel Schwarz geb. Cohen (1913), Hermann Spier
(1899), Max Spitz (1885),
Salomon Stein (1886), Paul Stern (1897), Flora Suskind geb. de Vries (1873),
Eduard Urbach (1899), Heinrich Bernhard Urbach (1903), Ida Vorzanger geb. Rose
(1873), Alfried de Vries (1893), Bertha de Vries geb. Wolffs (1885), Elisa de
Vries (1929), Johanna (Hannchen) de Vries (1874), Harry de Vries (1914),
Helene de Vries geb. Levy (1873), Jenny de Vries geb. Danziger (1864), Jonas de
Vries (1877), Jonas de Vries (1880), Jonas Hartwig de Vries (1892) Julius de
Vries (1897), Julius de Vries (1912), Ludwig Lehmann de Vries (1903), Marianne
de Vries geb. Lehmann (1885), Martin de Vries (1929), Menne de Vries (1901),
Mirjam de Vries geb. Schulenklopper (1874), Oskar de Vries (1897), Sara de Vries
geb. Weinthal (1895), Sicilia de Vries (1922), Sigmund de Vries (1895), Wilhelm
de Vries (1919), Alfred Weinberg (1889), Berta Weinberg geb. Benjamin (1896),
Flora Weinberg geb. Grünberg (1886), Gustav Wertheimer (1876), Lilli Wertheim
(1913), Rosa Wertheim geb. Löb (1880), Isidor Wijnberg (1905), Johanna
Wijzenbeek geb. David (1880), Ernst Wolf (1883), Ida Wolffs geb. Dannenberg
(1875), Joseph Wolffs (1880), Berta Zadick geb. Markreich (1890), Paul Zdekauer
(1894), Henriette Zilversmit geb. Lion (1902), Karl Zilversmit
(1880).
Aus Ihrhove sind umgekommen: Esther de Benjamin geb. Levie (1866), Ester
Cohen (1881), Hartog N. Cohen (1878), Else Isaak (1903), Helene Isaak (1894),
Sara Else Isaak (1895), Sara (Zartje) de Jonge geb. Levie (1880 oder 1881),
Israel Mindus (1890), Gustav Eduard Nerden (1905), Henderika Roseboom geb.
Mindus (1884), Albert Sachs (1898).
Aus Loga sind umgekommen: Sophie Benjamin (1894), Henderiena (Henrina
o.ä.) Cohen (1886), Levi Daniel Louis Cohen (1881), Paula (Pauline) Cohen geb.
Cohen (1890), Rosa Cohen (1892) Siegfried Hesse (1865), Henry de Jonge (1910),
Alwine Mendels geb. Benjamin (1906), Rosa (Röschen) Menkel geb. Roseboom
(1895), Walter Menkel (1890), Gertje Mindus geb. de Levie (1863), Simon Philipp
Müklker (1865), Elsbeth Betti de Vries (1927), Setta (Senta) Rosa Will geb.
Roseboom (1871).
Aus Warsingsfehn sind umgekommen: Heimann Driels (1920), Joseph Jonas
Driels (1885), Nathan Driels (1884), Wilhelmine (Minchen) Driels geb. Pels
(1886), Frieda Mosen Gans geb. Zilversmit (1888), Augusta Pels geb. Zilversmit
(1883), Emma Zilversmit (1919).
Aus Westrhauderfehn sind umgekommen: Alfred Koch (1886), Hartwig Müller
(1891), Alfred Weinberg (1889), Flora Weinberg geb. Grünberg
(1886).
Vgl. für weitere Angaben (auch für weitere Namen) die Datei
"Shoa" der Archivpädagogischen Anlaufstelle in Leer
(pdf-Datei).
Und die Publikation "Liesel
Aussen, 7 Jahre, ermordet in Sobibor..." Lebens- und Leidenswege jüdischer
Bürger und Bürgerinnen der Stadt Leer in der NS-Zeit. Leer 2008. Hrsg. von
der Archivpädagogischen Anlaufstelle, zusammengestellt von Menna Hensmann,
Stadtarchiv Leer.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer und weiterer Kultusbeamten
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / (Schochet) 1852 /
1862)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 22. November 1852: "Ein unverheirateter Mann, der sich dem
Schulfache gewidmet und gründlicher Unterricht in der hebräischen
Sprache, in Geschichte, Geographie, im Rechnen, Schreiben und in der
deutschen Sprache erteilen kann, wird auf Mai 1853 eine Anstellung bei der
israelitischen Gemeinde in Leer in der Provinz Ostfriesland gegen
Bezug eines jährlichen Gehalts von 150 bis 180 Thalern Kourant erhalten
können. Darauf Reflektierende, die sich übrigens einer Prüfung bei dem
Landrabbiner zu unterwerfen haben, können die Bedingungen bei dem
Gemeindevorstand entgegennehmen, an den sie sich mit portofreien Briefen
zu wenden haben." |
|
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 20. Mai 1862: "Zum September dieses Jahres wird an der
hiesigen Elementar- und Religionsschule die Lehrerstelle vakant. Als
fester Gehalt sind bis 300 Thaler Courant bewilligt, welcher sich indessen
durch Privatunterricht bedeutend erhöhen lässt. -
Qualifizierte Bewerber wollen sich baldigst franco dem Unterzeichneten
melden.
Leer, 23. April 1862. Der Vorstand der Synagogen-Gemeinde. Jos.
A. Reicher, Hermann van Biema, M. Koppel." |
Ausschreibungen der Stelle des Schochet, Hilfsvorbeters
und Synagogendieners (1900 / 1922)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Oktober
1900:
"Die Stelle eines Schochets, Hilfsvorbeters und Synagogendieners
in hiesiger Gemeinde ist auf den 1. Dezember dieses Jahres zu besetzen.
Jährliches Gehalt 1.000 Mark und freie Wohnung. Examinierte Bewerber
werden ersucht unter Beilegung ihrer Zeugnisse sich baldigst zu melden. Es
werden nur Reichsangehörige berücksichtigt.
Der Vorstand der Synagogengemeinde Leer in Hannover:
J. Mergentheim." |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2.
März 1922: "Die Stelle eines
Synagogendieners, Schochets und Hilfsvorbeters
ist zum 1. Mai dieses Jahres zu besetzen. Für diese Ämter wird bei
freier Dienstwohnung ein Einkommen von mindestens 18.000 Mark gewährt.
Aussicht auf Nebenverdienst ist vorhanden. Bewerbungsgesuche nebst
Zeugnissen sind dem Unterzeichneten sofort einzureichen.
Leer (Ostfriesland), den 21. Februar 1922.
Der Vorstand der Synagogengemeinde: L.
Rosenberg." |
25-jähriges Dienstjubiläum von Lehrer H. Meyer (in
Leer seit 1879) (1904)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 25. Januar 1904: "Emden, 19. Januar (1904). Am 1.
dieses Monats feierte Herr Lehrer H. Meyer in Leer das seltene
Jubiläum seiner 25-jährigen Tätigkeit als Lehrer der dortigen Gemeinde.
Der Jubilar hat es verstanden, sich die Achtung und Liebe weiterer Kreise
zu sichern. Allgemein bedauerte man, dass der Zeitpunkt der Feier nicht
früher bekannt geworden ist. Einige Lehrer aus der Umgebung hatten es
sich nicht nehmen lassen, ihrem Herren Kollegen persönlich ihre
Glückwünsche zu übermitteln. H." |
Traueranzeige für Lehrer Lasser Abt (1922, Lehrer in Leer
von 1906 bis 1922)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
18. Mai 1922: "Nachruf.
Am Donnerstag, den 4. Mai, verschied in später Abendstunde plötzlich und
unerwartet der Lehrer, Kantor und Prediger unserer Gemeinde
Herr Lehrer L. Abt.
Fast 16 Jahre versah er sein Amt, dem er sich mit seiner ganzen Kraft
hingab. Durchdrungen von tiefer Religiosität war er der Erzieher unserer
Kinder, der Freund unserer Jugend und der Führer unserer Gemeinde.
Sein Andenken wird uns unvergesslich sein.
Leer, den 5. Mai 1922.
Der Vorstand und Ausschuss der Synagogengemeinde Leer. L. Rosenberg,
I. Vorsitzender." |
Lehrer i.R. Popper aus Leer übernimmt die Religionslehrerstelle in Maßbach
(1935)
Anmerkung: Lehrer Ignatz Popper (geb. 25.1.1873 in Ahrensburg) war bis 1935
Lehrer und Kantor an der jüdischen Volksschule und in der Gemeinde in Leer /
Ostfriesland (zuvor in Weener); er war verheiratet mit
Nanette geb. Marx (geb. 1881 in Oberdorf); nach
seiner Zurruhesetzung übernahm Lehrer Popper noch einige Zeit den Unterricht
und die Betreuung der Gemeinde in Maßbach; am 22. November 1941 ist das Ehepaar
Popper von Frankfurt aus nach Kowno (Kauen) deportiert und dort wenige Tage
später ermordet worden. Die beiden Töchter Käthe (geb. 1905 in Lingen) sowie
Lea (geb. 1908 in Weener) wurden gleichfalls
von Frankfurt aus deportiert. Der einzige Überlebende der Familie, Sohn Alfred
(geb. 1911 in Weener) hat 1938 noch in die USA
emigrieren können (gest. 1992 in Falmouth, Maine, USA).
Mitteilungen
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Juni
1935: "Stellenbesetzungen: Der Lehrer Hermann Rosental, bisher in
Frankfurt am Main, wurde nach Neumarkt, der Schulamtsbewerber Färber nach
Rockenhausen berufen. - Der pensionierte Volksschullehrer Popper in Leer
übernahm die Religionslehrerstelle in Maßbach." |
Über den jüdischen Lehrer Hermann Spier (von 1935 bis
1938 Lehrer in Leer)
(erstellt unter Mitarbeit von Waltraut Zachhuber, Magdeburg)
Hermann Spier ist am 20.
Januar 1899 in Merzhausen geboren. Er hat sich am Lehrerseminar in Kassel
ausbilden lassen und dort im Februar 1920 seine erste Lehrerprüfung
abgelegt. Er war seit 1924 verheiratet mit Caroline (Lene) geb.
Nussbaum, geb. 1900, gest. 1938; zur Familie von Caroline geb.
Nussbaum siehe Seite
über Sara Nußbaum bei Regiowiki Kassel). Das Ehepaar hatte zwei
Kinder: Henriette genannt Henny (geb. 1924) und Berna (geb.
1928, Geburtsanzeige siehe unten). Nachdem Hermann Spier einige
Zeit in Northeim unterrichtete, war seine
erste ständige Stelle in Abterode, wo er seit dem 1. Oktober 1927
tätig war. Hier in Abterode hat Spier im Mai 1929 seine zweite
Lehrerprüfung abgelegt. Nachdem Anfang 1934 die Israelitische
Elementarschule in Abterode aufgelöst worden war, bewarb sich Hermann
Spier auf die Lehrerstelle im ostfriesischen Leer, die er im April 1935
antreten konnte. Bis 1938 blieb Spier in Leer. Seine Frau Caroline starb
Anfang Oktober 1938 an Multipler Sklerose. Nach dem Novemberpogrom 1938
meldete Hermann Spier, der inzwischen die Lehrerstelle in Hildesheim
übernommen hat, seine Kinder für einen Kindertransport nach England an.
Am 6. Januar 1939 verließen Henny und Berna Spier Deutschland. Hermann
Spier wurde im März 1942 nach Warschau deportiert und in Treblinka
ermordet.
Foto links aus dem Fotoarchiv von Yad VaShem Jerusalem (Link). |
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Lehrer Hermann Spier
um 1936
in Leer
(Quelle der beiden Fotos:
Website der Gesellschaft
für christlich jüdische Zusammenarbeit Ostfriesland) |
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Ehepaar Spier mit Landrabbiner
Dr. Samuel Blum (Emden) |
Lehrer Hermann Spier
mit Familie |
Personalkarte für
Lehrer
Hermann Spier in Abterode |
Aus dem jüdischen
Gemeinde- und Vereinsleben
Vorträge von Landrabbiner Dr. Buchholz in Leer
(1883)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 27. März 1883: "Wie uns aus Leer geschrieben wird, hielt
der Landrabbiner Dr. Buchholz aus Emden daselbst im Vereine junger
Kaufleute im Laufe des Winters mehrere Vorlesungen, die allgemeinen
Beifall gefunden, besonders die letzte über den Spiritismus in
geschichtlicher Beziehung und in der Gegenwart." |
Antisemiten-Versammlung in Leer - die erste in
Ostfriesland - und weitere Mitteilungen (1891)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 18. Dezember 1891: "Leer, 10. Dezember (1891). Am
Sonntag den 6. dieses Monats fand auch hier eine Antisemiten-Versammlung
statt - die erste in Ostfriesland. Das Referat hatte der Pastor a. D.
Danneil - Bielefeld übernommen; derselbe sprach über 'Das Deutschtum
im Kampfe um sein Dasein.' Der Vortrag währte ca. 2 Stunden. - Herr Paul
Hug aus Bant (Sozialdemokrat) versuchte die Ausführungen des Vorredners
zu widerlegen, konnte aber in Folge des Lärmens der Antisemiten mit
seinem Vortrage nicht durchdringen. - Übrigens hat sich hier schon in
voriger Woche ein 'Verein zur Abwehr des Antisemitismus' gebildet,
dem sofort die angesehensten Bürger der Stadt ohne Unterschied der
Konfession und politischen Stellung beigetreten sind. Es ist deshalb und
da speziell die ostfriesische jüdische Bevölkerung sich in keiner Weise
etwas zu Schulden kommen lässt, wohl nicht zu befürchten, dass der
Antisemitismus hier viele Anhänger finden wird. - An der Spitze des
hiesigen antisemitischen 'Reformvereins' stehen zwei Lehrer, ein lutherischer
Volksschullehrer und ein königlicher
Navigationslehrer." |
Die Antisemiten verstärken ihre Aktivitäten (1894)
Anmerkung: beim Reichstagsabgeordneten Leuß handelt es sich um Hans Leuss (Leuß;
geb. 1861 auf Spiekeroog, gest. 1920 in Neustrelitz, siehe Wikipedia-Artikel
Hans Leuss. Der Navigationslehrer Johann Heinrich Wilhelm Döring (geb. 1825
in Remels, gest. 1906 in Papenburg) siehe den Beitrag im Biographischen Lexikon
der Ostfriesischen Landschaft: Johann
Heinrich Wilhelm Döring.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 12. Januar 1894: "Leer (Ostfriesland), 8. Januar (1894).
Die Agitationen der Antisemiten werden in unserer Provinz ganz
besonders eifrig betrieben, besonders durch den königlichen Navigationslehrer
Döring, welcher Vorsitzender des ostfriesischen Reformvereins ist. Um
die Bewegung wiederum mehr in Fluss zu bringen, hielt vor Kurzem der Reichstagsabgeordnete
Leuß, ein geborener Ostfriese, einen Vortrag, zu dem zum größten
Teil politisch unerfahrene, junge Leute und Neugierige gekommen waren. Der
Agitator liebt es bekanntlich, durch drastische Ankündigungen die
Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und so lautete dieses Mal sein Thema:
'Die Juden, die Verderber der Staaten und Völker.' Es waren mir die so
oft gehörten Hetzereien, die er der Versammlung auftischte, aus deren
Mitte bald energische Protestrufe laut wurden, wodurch oft langanhaltender
Lärm entstand. Die zahlreichen Gegner des Herrn Leuß totzuschreien oder
gar aus dem Saal zu entfernen, war trotz der Kraftworte des Vorsitzenden
nicht möglich, und so blieb nichts Anderes übrig, als die Versammlung zu
schließen. Herr Leuß wird darüber nicht böse gewesen sein, einesteils
hatte er ja das Eintrittsgeld in der Tasche, und dann traten ihm auch in
sachlicher Weise sehr tüchtige Redner entgegen, da zahlreiche Bürger von
Ruf und Ansehen gegen diese Verhetzungen öffentlich Stellung genommen
haben." |
Antisemitische Agitation gegen den
jüdischen Schlächter (1894)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 20. Juli 1894: "Leer, 13. Juli (1894). Vor einigen
Tagen wurde bei einem hiesigen jüdischen Schlächter Fleisch einer tuberkulösen
Kuh beschlagnahmt. Ohne Unterschied der Parteischattierung wurde dieses
gewissenlose Gebaren von der Presse scharf gegeißelt. Aber im Lager der Antisemiten
war man mit dieser Abfertigung nicht zufrieden. Vielmehr wurde das
Gerücht verbreitet, dass man bei dem Fleisch der an der Tuberkulose
erkrankten Kuh eine Kindesleiche gefunden habe. Schon munkelte man
von einem Ritualmord. Aber der eifrigen Bemühung der Polizeiorgane gelang
es alsbald, festzustellen, dass an dem ganzen Gerücht kein wahres Wort
sei, und dass man dasselbe nur ausgestreut habe, um die wegen obigen
Vorfalls entstandene Aufregung zu benutzen, die Geister aufeinander zu
hetzen. Die Verbreiter dieser Nachricht sind bereits ermittelt, und werden
sich dieselben demnächst zu verantworten haben. Leider wird hier in der
letzten Zeit von königlichen Beamten für den Antisemitismus energisch
Propaganda gemacht, jedoch bis jetzt war der einsichtsvolle Teil hiesiger
Stadt für den Sozialismus der Dummen nicht zu
gewinnen." |
Die Antisemiten verbreiten falsche Gerüchte über
einen "Juden Pohlmann" (1894)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 21. September 1894: "Leer, 16. September (1894). Das
antisemitische 'Volk', das Organ Stöckers, enthält in seiner Nummer vom
4. dieses Monats wörtlich Folgendes: 'Aus Leer schreibt man uns: Über
den Nachlass des Juden Pohlmann, der sich erst zu vergiften versuchte
und sich dann ertränkte, weil er wegen Betruges verhaftet werden sollte,
ist der Konkurs eröffnet worden. Die Unterbilanz beträgt 800.000 Mark,
großenteils durch diese verschwenderische Lebensweise Pohlmann's
hervorgerufen. Viele kleine Leute sind um ihren Sparpfennig gebracht.' Von
gut unterrichteter Seite wird uns in Bezug auf diese Schilderung
mitgeteilt, dass davon nur der von Pohlmann freiwillig gesuchte Tod
Wahrheit ist; übertrieben sind alle sonstigen Darlegungen mit Ausnahme
der einen Behauptung, dass Pohlmann Jude gewesen. Diese Meldung ist
erfunden und, falls sie aus Leer stammt, von dort als wissentliche Lüge
in die Welt gesandt. Der verstorbene Pohlmann stammt, wie seine Gattin,
aus alten unzweifelhaft christlichen, ostfriesischen Familien, deren Namen
im Lande guten Klang haben. Einer der Schwiegersöhne Pohlmanns ist
königlicher Landrat." |
Der "Verein für Tierschutz und
Geflügelzucht" äußert sich über das Schächten (1894)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
9. August 1894: |
Ein Teil der Gemeinde spaltet sich aus "rein
materiellen Gründen" ab und bildet einen Verein "Jeschurun" (1896)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
5. Oktober 1896: "Leer (Ostfriesland), 2. Oktober (186). Vor
einigen Monaten sind in hiesiger Synagogengemeinde Zwistigkeiten
ausgebrochen, die zur Folge hatten, dass mehrere Mitglieder ausgetreten
sind und eine neue Gemeinde unter dem Namen Jeschurun gebildet haben. Die
Synagogengemeinde hat eine neue Friedhofsordnung erlassen, welche die
behördliche Genehmigung erlangt hat. Dieses neue Statut gestattet den aus
der Synagogengemeinde Ausgetretenen sowie deren Familienmitgliedern das
Betreten des Friedhofes nur mit besonderer schriftlicher Erlaubnis,
untersagt gänzlich das Halten von Leichenreden bei Beerdigungen von
Ausgetretenen oder deren Familienmitgliedern, sowie das Aufstellen von
Leichensteinen oder sonstigen Erinnerungszeichen auf deren Gräbern. Die
Leichen der Ausgetretenen werden nicht in der für die Gemeindemitglieder
geltenden Reihenfolge, sondern außer derselben an jedesmalig
anzuweisenden Plätzen beerdigt. Vom Eingang des Frieshofes an haben sich
die Ausgetretenen jeder Tätigkeit beziehungsweise Hantierung mit dem
Sarge zu enthalten. Der weitere Transport erfolgt durch Beauftragte der
Gemeinde gegen Vergütung von 20 bis 50 Mark. Wie es heißt, wollen die
Mitglieder der Jeschurun gegen diese überaus schroffe und 'schneidige'
Ordnung protestieren." |
|
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
15. Oktober 1896: "Leer (Ostfriesland). Zu dem Berichte über
den Austritt einiger Mitglieder aus der hiesigen Gemeinde bemerke ich zur
Aufklärung wahrheitsgemäß wie folgt:
Der Austritt von 9 Personen aus der hiesigen Gemeinde, die über 80
Mitglieder zählt, ist durch keinerlei religiöse Differenzen erfolgt. Der
äußere Anlass war die Nichtbestätigung eines Mannes als Schulvorsteher,
den die vorgesetzte Behörde als hierzu ungeeignet abgelehnt hatte. Diesem
gelang es im Vereine mit einem früher bereits aus der Gemeinde
Ausgetretenen, der wahrscheinlich gerne wieder Vorsteher spielen wollte,
einige mit der hohen Steuerlast der Gemeinde unzufriedene Elemente zu
betören und gleichfalls zum Austritt zu bewegen. Der eigentliche innere
Anlass zum Austritt ist ein rein materieller. Die Synagogengemeinde, auf
welcher in Folge des vor einigen Jahren vorgenommenen Neubaues der
Synagoge und durch den inzwischen erfolgten Wegzug reicher Mitglieder eine
schwere pekuniäre Last ruht, musste sich durch strenge Maßregeln, zu der
die 'schneidige' Friedhofsordnung gehört, welche nach der für die
Gemeinde Trier genehmigten gearbeitet ist, vor weiterem frivolem Austritt
schützen, der die Gefahr in sich schließt, dass die neue Synagoge zur
Subhastation kommen muss.
Die Ausgetretenen bilden keine Gemeinde und dürfen sich offiziell als
solche nicht bezeichnen, da dieses gegen das Gesetz ist und die Bildung
einer neuen Gemeinde nur durch Königliche Verordnung erfolgen kann. Sie
bilden einen Verein, dessen Mitglieder zumeist wie das als Vorbeter
fungierende (Mitglied) Entweiher des Schabbat sind und lassen die
Schechitah von Leuten ausüben, die seit Jahren keine diesbezügliche
Prüfung mehr abgelegt und denen nach dem Religionsgesetz jede Qualifikation
hierzu abgesprochen werden muss." |
Kritik an der "kleinlichen Art" des
Synagogenvorstandes (1900)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
5. November 1900: "Leer, 31. Oktober (1900). Ein interessanter
Straffall beschäftigte das hiesige Schöffengericht. Unter der
Anschuldigung, den Gottesdienst gestört zu haben, stand ein hiesiger
achtbarer Mann vor den Schranken. Die Störung hat der derzeitige
Synagogenvorstand darin gefunden, dass der Angeschuldigte, wie er dies
seit einer langen Reihe von Jahren getan hat, sich von seinem Vater nach
Beendigung des Gottesdienstes beziehungsweise nach Ein Keloheinu 'benschen'
ließ. Trotzdem, dass durch diesen altehrwürdigen Gebrauch die Andacht
des Einzelnen weder gestört, noch der Gesamtgottesdienst beeinflusst
worden war, stellte der Herr Synagogenvorsteher M. Strafantrag, welchen
den Erlass eines Strafmandates zur Folge hatte. In dem Verhandlungstermin
bekundete zum allgemeinen Erstaunen der Synagogenvorsteher zu Gunsten des
Berufenen, sodass eine Freisprechung erfolgen musste.
Bedauerlich ist es, wenn solche internen Vorkommnisse, zudem so
kleinlicher Art, an die weite Öffentlichkeit gezerrt werden. Oder will
man in Leer durch solches Vorgehen die Liebe zur Religion und Gemeinde
fördern? Gerade hier tut es Not, dass jedes kleine Ereignis rasch in
verständiger Weise beseitigt wird und dass nichts geschieht, was die
schön vorhandenen Gegensätze in der Gemeinde noch vergrößert. Denn
nichts trägt mehr zum Abfall vom Judentum bei, als solcher unnütze
Streit, was ja die Erfahrung gerade hier in den letzten Jahren zur Evidenz
erwiesen hat. V." |
Für den Neubau einer jüdischen Schule wurde ein Grundstück erworben (1909)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
4. November 1909: "Leer, 28. Oktober (1909). Die hiesige
israelitische Gemeinde hat an der Deichstraße neben dem Gymnasium ein Grundstück
erworben, auf dem ein neues Schulgebäude mit Lehrerwohnung errichtet
wird. Die Ausführung des Baues wurde der Firma Thien hier
übertragen." |
Landesrabbiner Dr. de Haas referiert über den Talmud
(1924)
Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 13. März 1924: "Leer. Vor
den führenden christlichen Persönlichkeiten Leers beantwortete Landesrabbiner
Dr. de Haas (Oldenburg) die Frage: 'Ist der Talmud eine
Geheimschrift?'. Die zahlreich Erschienenen folgten mit größter
Aufmerksamkeit den fachlichen, ruhigen, wissenschaftlich einwandfreien
Ausführungen des Redners, der gerade durch dieses objektive Vorgehen die
Schaumschlägereien gewisser deutschvölkischer 'Talmudforscher' in das
gebührende Licht setzen konnte." |
Ein Schiur (Lerngemeinschaft) wurde gegründet
(1924)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
1. Mai 1924: "Leer, Ostfriesland, 16. April (1924). Hier haben
sich einige Baal-ha-Battin (Familienvorsteher) zusammengefunden und einen
Schiur gebildet, welcher wöchentlich unter Leitung unseres Herrn
Lehrer Popper abgehalten wird, Es wird vorläufig Mischnajos und
Kizzur-Schulchon oruch gelernt." |
Jüdische Viehhändler werden bestraft, nachdem sie sich
gegen Hakenkreuz-Provokationen gewehrt haben
(1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Wiesbaden und
Umgebung" vom 11. November 1927: "Jüdische Bürger, die
hakenkreuzlerische Provokation abwehren, erhalten hohe Gefängnisstrafen.
Hannover (J.T.A.). Am 4. August 1926 kam es auf dem alten Viehmarkt in
Leer zu einem lärmenden Zwischenfall, indem zwei Studenten, mit
Hakenkreuzen geschmückt, durch Zurufe die jüdischen Viehhändler
provozierten und diese sich die Provokation energisch verbaten. Einige
christliche Landwirte nahmen die Partei der Studenten. Es kam zu einem
Zusammenstoß, bei welchem ein Student und ein Landwirt schwer verprügelt
wurden und - nach Feststellung der Anklage - sogar Fußtritte erhielten.
Es wurde nun Anklage erhoben gegen die Viehhändler Jacob de Vries, Jonas
de Vries, Adolf de Vries, Hermann de Bries, Moses de Vries, Siegfried
Landberg, Isaak de Vries, Max Hirschberg, Benjamin de Levie aus Leer,
Benno de Levie aus Oldenburg, Simon Sachs aus Aschendorf und den
Viehbegleiter Peter Gelder aus Leer.
Die Verhandlung fand dieser Tage vor dem Schöffengericht in Emden statt.
Die Staatsanwaltschaft hatte in dem Vorfall öffentliche Zusammenrottungen
mit Begehung von Gewalttätigkeiten (Landfriedensbruch) erblickt.
Freigesprochen wurden die Angeklagten Moses de Vries, Benjamin de Levie,
Simon Sachs und Peter Gelder. Die anderen Angeklagten erhielten
Gefängnisstrafen von 3 bis zu 7 Monaten, Jakob de Leuw wurde außerdem zu
einer Geldbuße von 400 Mark und Adolf de Vries zu einer solchen von 500
Mark verurteilt. Allen Verurteilten wurde bedingter Strafaufschub auf drei
Jahre zugebilligt." |
Treffen der agudistischen Jugend in Leer (1936)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Mai
1936: "Emden, 18. Mai (1936). Am Lag B'aumer (10. Mai
1936) veranstaltete die agudistische Jugend Ostfrieslands in Leer
ein Treffen, das einen ausgezeichneten Verlauf nahm. Nach herzlichen
Begrüßungsworten des Herr Joseph Wolff und Verlesung der
eingelaufenen Telegramme, nahm Walter Hirschberg, Emden, das Wort
zu einem Referat über die Leistungen der Agudas Jisroel. Nach Toraworten
von Albert Mindus und Meier van der Walde, sprach Simon
van der Walde über die Lage in Erez Jisriel und rief zu unablässiger
Tätigkeit für unser Land auf. Kurt Lypold und Henny van der
Walde erörterten die Möglichkeiten praktischer Arbeit in den
Gruppen. das Treffen hat zweifellos der agudistischen Tätigkeit in
Ostfriesland neuen Auftrieb gegeben." |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zum Tod von Kaufmann Joseph Aron Reicher (1879)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Januar
1879: "Nachruf!
Leer. Am Dienstage, 12. Tewet (7. Januar 1879) starb
hierselbst der Kaufmann Joseph Aron Reicher nach kaum vollendetem
64. Jahre seines ebenso strebsamen wie wirksamen Lebens nach nur kurzem
Unwohlsein.
Als die Trauerkunde sich durch die Stadt verbreitete, war Jeder bestürzt.
Niemand wollte daran glauben, denn der Verstorbene stand gleich geliebt
wie geachtet da.
Anspruchslos im höchsten Grade, gleich friedlich und freundlichen gegen
Kind wie gegen Greis, ein gute Jehudi bei Ausübung von Wohltätigkeit
Lebenden sowie wie Verstorbenen gegenüber immer einer der ersten, stand
er, in guten Verhältnissen lebend und gewandt mit der Feder, einem Juden,
Juden wie Nichtjuden, mit Rat und Tat zur Seite, weder Mühe noch Opfer
scheuend. Unzählige verdanken ihm hierdurch ihr gutes Auskommen.
Nichtverheiratet, war der Verstorbene seiner Familie, von der er immer
einige Mitglied um sich hatte, ein zweiter Vater.
Zu der am 14. Tewet, Donnerstag (9. Januar 1879) stattgefundenen Beisetzung
waren nicht allein aus der ganzen Umgegend von hier Bekannte und Freunde,
sondern selbst aus Hamburg Neffen und Nichten herbeigeeilt. Der hiesige Lehrer,
Herr Meyer, selbst hier am Orte erst einige Tage anwesend, und der
dadurch den Verstorbenen gar nicht gekannt, gab trotzdem in kurzen,
treffenden Worten vor der Beisetzung den allgemeinen sich ihm
kundgebenden Gefühlen Ausdruck. Unter Nichtjuden ist hier selten, bei
Juden seit Menschengedenken kein so starkes Leichengefolge gesehen worden;
unter ersteren waren alle Klassen der Bevölkerung vertreten. Die meisten
der im Hafen liegenden Schiffe hatten ihre Flaggen halbstock, ein Zeichen
der Trauer.
Ein solches Leben verdient hier durch einige Zeilen gewürdigt zu werden. Seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Gerson Pels (1902)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Dezember 1902:
"Leer in Ostfriesland. In der Schabbosnacht vom 22. auf den
23. November ist im Alter von 52 Jahren, in Folge einer Herzlähmung, ein
sehr wohltätiger Mann zu einem besseren Leben eingezogen, der es wohl
verdient, dass seiner in diesem Blatte ehrend gedacht wird; es ist Herr
Gerson Pels seligen Andenkens. Er hatte das Lehrerseminar in Hannover
besucht und mehrere Lehrerstellen in der Provinz Hannover, in Westfalen
und der Rheinprovinz bekleidet, hat sich aber später dem kaufmännischen
Berufe gewidmet und hier in Leer ein Manufakturwarengeschäft gegründet.
Selbst schon früh verwaist, fühlte er es, was es heißt, keine Heimat
mehr zu haben, weshalb er sich ganz besonders derer angenommen hat, die
von ihrer heimatlichen Erdscholle vertrieben worden sind; denn als als
Russland vertriebene Juden 1890 und 1891 nach Argentinien auswanderten,
sammelte er unermüdlich Gelder für die Unglücklichen und gab selbst aus
seinen Mitteln, soviel er nur eben vermochte, ging täglich mehrmals mit
einigen wohltätigen Frauen zur Bahn und erquickte mit Speise und Trank
die hier durchkommenden, über Holland fahrenden Auswanderer, deren Zahl
manchmal 2-300 Personen betrug. Auch sonst hat er viel Gutes getan. Mit
dem Glaubenseifer eines Pinchas trat er gegen den Antisemitismus
öffentlich auf. Er verbreitete in Ostfriesland und weit über die Grenzen
Ostfrieslands hinaus Flugblätter, in denen er die Verleumdungen der
Antisemiten widerlegte, wodurch er bewirkte, dass die antisemitischen
Redner in Aurich, Emden, Norden, Jever und an anderen Orten Ostfrieslands
nicht wieder aufgetreten sind.
In Folge eines von dem Verstorbenen früher geäußerten Wunsches ist er
in Emden an der Seite seiner früh heimgegangenen Eltern zur letzten Ruhe
gebettet worden, woselbst Herr Landrabbiner Dr. Löb eine tief ergreifende
Rede hielt. Möge der Entschlafene sanft und in Frieden ruhen. Ehre seinem
Andenken!" |
Zum Tod der Frau von Daniel de Vries geb. Stein
(1915)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Januar
1915: "Leer (Ostfriesland), 10. Januar (1915). Von einem
schweren Verluste ist die hiesige Gemeinde betroffen worden. Am 16.
Tewes (2. Januar 1915) starb im Alter von 45 Jahren Frau Daniel de
Vries, geborene Stein, in einem Krankenhause in Bremen, wohin sie zwei
Tage zuvor gebracht worden war, um dort von einem plötzlich aufgetretenen
Leiden Heilung zu finden. Die Entschlafene hat sich durch ihre seltene
Energie, durch ihr opferwilliges, hingebendes Wesen als Vorsitzende des
hiesigen israelitischen Frauen-Vereins ungemein verdient gemacht und ein
bleibendes Andenken in unserer Stadt erworben. Ihr Tod lässt eine Lücke
zurück, die sich noch oft sowohl in ihrer Familie als auch in der ganzen
Gemeinde fühlbar machen wird." |
Zum Tod des Uhrmachers Jakob N. Gans (1924)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
13. März 1924: "Leer (Ostfriesland), 20. Februar (1924). Am 1.
Adar (= 6. Februar 1924) starb im hohen Alter von fast 82 Jahren der Uhrmacher
Jakob N. Gans. Der Verstorbene war wegen seines ehrlichen und
aufrichtigen Charakters in seinem Berufe in der ganzen Stadt und in der
ganzen Umgegend hochgeschätzt. 'Jofeh Talmud Thauro in Derech Erez' (sc.
'schön ist das Studium der Tora zusammen mit weltlichen Studien')
war sein Wahlspruch. Neben seinem Geschäft amtierte der Verstorbene l'schem
Mizwoh (zur Ehre von Gottes Gebot, ehrenamtlich) eine lange
Reihe von Jahren als Chasen (Kantor) und brachte nach den alten
Melodien, womit er die ganze Gemeinde zu fesseln verstand, die Gebete vor.
Am 21. Mai 1916 Lag boomer 5676 feierte der Dahingeschiedene mit
seiner Gattin, die im gleich frommen Sinne als echte jüdische Hausfrau
ihm stets zur Seite stand, ihm vor 8 Jahren in die Ewigkeit vorangegangen ist,
das seltene Fest der goldenen Hochzeit. Anlässlich dieser Feier verlieh
der damals in Emden amtierende Landrabbiner Herr Dr. Hofmann dem
Jubilar wegen seines großen jüdischen Wissens und seiner aufrichtigen Frömmigkeit
den Chower (Titel eines 'Ehrenrabbiners'). - Herr Lehrer Popper gedachte
in seiner Trauerrede der Verdienste des Verstorbenen . Seine Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Marie Rosenberg, Vorsitzende und
Ehrenvorsitzende des Israelitischen Frauenvereins (1928)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
26. April 1928: "Leer (Ostfriesland), 24. April (1928). Einen
schweren Verlust hat unsere Gemeinde mit dem Hinscheiden der Frau Marie
Rosenberg Witwe zu beklagen. Sechzig Jahre lang war sie Vorsitzende
und Ehrenvorsitzende des Israelitischen Frauenvereins, in welchem sie für
Darbende und Kranke in vorbildlicher Weise gesorgt hat. Stets war ihr Haus
und ihre Hand offen für Trostsuchende und Hilfsbedürftige. Mit klugen
und aufrichtenden Worten verstand sie jeden Ratsuchenden zu erfreuen. Ihr
Haus war ein Mittelpunkt unserer Gemeinde. Als sie nun fast 90-jährig
starb, gab ein stattliches Leichenbegängnis ihr das letzte Geleite. Herrn
Landrabbiner Dr. Blum - Emden und Herr Lehrer Popper sprachen am Sarge
dieser Esches Chail (wackeren Frau) Worte des Abschiedes. Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
70. Geburtstag von Schächter und Vorbeter Abraham de Vries (1931)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
10. September 1931: "Leer (Ostfriesland), 26. August (1931).
Der Mitbegründer und wohl das älteste Mitglied des Schächterverbandes
der Landrabbinatsbezirke Emden - Ostfriesland, Herr Abraham de Vries
in Leer, konnte diese Woche in selten körperlicher und geistiger Frische
seinen 70. Geburtstag feiern. Sein edler Charakter, seine Aufrichtigkeit
und Zuvorkommenheit, seine Liebenswürdigkeit sicherten ihm den Dank der
Gemeinde, die gerne an seiner Simchoh (= freudiger Anlass) Anteil nahm.
Einige Jahrzehnte hat Herr A. de Vries in Leer das Amt eines Schochet
(Schächter) und Schliach Zibbur (Vorbeter) zur vollsten
Zufriedenheit der Gemeinde ausgeübt und noch heute ist er Dank seiner
Rüstigkeit noch in der Lage und bereit, vertretungsweise auszuhelfen. Wir
wünschen dem Kollegen auch ferner Gesundheit ad meo weeßrim SChonoh (bis
120 Jahre)." |
60. Geburtstag der Frau von Jos. Wolffs (1935)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
23. Mai 1935: "Leer, 20. Mai (1935). Am Dienstag, den 21. Mai,
feíerte Frau Jos. Wolffs, Leer, ihren sechzigsten Geburtstag. Das
Wolff'sche Haus ist eine Stätte echter Jüdischkeit und wahrer
abrahamitischer Gastfreundschaft. Wir wünschen Frau W. weiteres
segensreiches Wirken an der Seite des trefflichen Gattung und im Kreise
der Ihren. (Alles Gute) bis 120 Jahre." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige des Tuch- und Manufaktur-Geschäfts M.D. Hesse
in Loga (1860)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 27. März 1860: "Für mein Tuch- und Manufaktur-Geschäft
suche ich zum 1. Mai dieses Jahres einen Commis, der gewandter Verkäufer
sein muss; ohne gute Zeugnisse braucht sich keiner zu melden.
Loga bei Leer, im Königreich Hannover, den 16. März 1860. M.
D. Hesse." |
Anzeige des Bankgeschäftes Carl
Heymann (1890)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
20. Oktober 1890:
"Ich suche einen Volontär oder angehenden Commis mit schöner
Handschrift per sofort.
Leer, Oktober 1890. Carl Heymann, Bankgeschäft."
|
Anzeige des Metzgermeisters N. Weinberg (1902)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Oktober 1902:
"Gesucht auf sofort ein tüchtiger solider Metzgergeselle, bei
dauernder Stellung.
N. Weinberg, Leer in
Ostfriesland."
|
Anzeige des Hotels Löwenstein (1902)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juli 1902:
"Leer in Ostfriesland.
Hotel Löwenstein.
koscher. Telefon Nr. 270.
Direkt am Markt gelegen, feine Betten, helle freundliche Zimmer. -
Restauration zu jeder Tageszeit. - Zivile
Preise." |
Anzeige für koscheren Kaffee (1904)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. März
1904:
"Wir liefern auch dieses Jahr:
Oster-Kaffee,
geröstet, unter Aufsicht eines von Seiner Ehrwürden Herrn Landrabbiner
Dr. Löb zu Emden bestellten Schomers (Aufsehers), und empfehlen
speziell unsere hochfeine
Java-Guatemala-Melange à Pfd. 1,20 Mark, 9 Pfd. Franco, gegen
Nachnahme. Aufträge frühzeitig erbeten.
J. G. van Delden & Co., Leer (Ostfriesland)." |
Anzeigen des Manufaktur-, Modewaren- und
Konfektionsgeschäftes Gerson Pels (1922 / 1928 / 1929)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. März 1922:
"Suche auf sofort für mein Manufaktur-, Modewaren- und
Konfektionsgeschäft wegen Verheiratung meiner bisherigen
eine erste tüchtige flotte Verkäuferin,
die auch im Abändern von Konfektion bewandert ist. Samstags und Feiertage
geschlossen. Bild und Zeugnisse sind einzusehenden an:
Gerson Pels, Leer in Ostfriesland." |
|
Anzeige
in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 19. Oktober 1928: "Suche per
sofort für mein Manufakturwaren-, Mode- und Konfektionsgeschäft
einen
tüchtigen, selbstständigen Verkäufer
zum Besuchen eines seit 45 Jahren eingeführten Landkundschaft
(Dauerstellung) bei hohem Gehalt und Provision. Dieser muss etwas modern
dekorieren können. Ia Zeugnisse und beste Referenzen Vorbedingung. Kost
und Logis um Hause. Zeugnisse mit Bild und Gehaltsansprüchen erbeten.
Ferner stelle ich ein
Lehrmädchen und einen Lehrling
mit höherer Schulbildung bei entsprechender Vergütung, freier Kost
und Logis ein. Bild mit Zeugnisabschrift erbeten an
Gerson Pels, Leer in Ostfriesland, Oststr. 22. Gegründet
1882". |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Februar 1929:
"Suche für mein Manufaktur-, Mode- und Konfektionsgeschäft per 15.
März oder 1. April 1929
2 tüchtige Verkäufer,
die auch gleichzeitig etwas im Dekorieren bewandert sind und eine seit ca.
60 Jahren eingeführte Kundschaft bereisen können, bei hohem Gehalt und
Provision. Kost und Logis im Hause. Bild mit Zeugnisabschriften erheben.
Ferner suche
1 Lehrling
mit guten Schulkenntnissen. Kost und Logis im Hause, gegen geringe monatliche
Vergütung. - Außerdem
1 perfekte Verkäuferin
für Damenkonfektion und sonstige Damenartikel gegen hohes Gehalt. Gerson
Pels, Leer, Ostfriesland, gegr. 1882". |
Hochzeitsanzeige von Willy Mendels und Alwine geb.
Benjamin (1933)
Anmerkung: Willy (Wilhelm) Mendels (geb. 23.12.1896 in Harsewinkel) und
Alwine Mendels (geb. 19.7.1906 in Loga) wohnten zunächst in Kamp-Lintfort,
später in Düsseldorf. Wilhelm Mendels wurde am 17. November 1938 in das KZ
Dachau verbracht und dort mehrere Wochen festgehalten. Beide wurden am 27.
Oktober 1941 von Düsseldorf in das Ghetto Litzmannstadt (Lodz) deportiert, von
dort am 14. Mai 1942 in das Vernichtungslager Kulmhof (Chelmno), wie sie kurz
nach Ankunft ermordet wurden.
Anzeige in der Zeitschrift des "Central-Verein"
("CV-Zeitung") vom 30. März 1933:
"Willy Mendels - Alwine Mendels geb. Benjamin.
Vermählte. März 1933.
Lintfort (Kreis Mörs) - Loga bei Leer" |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst (Ende des 17. Jahrhunderts, 1690 im Haus
"Drei Kronen" genannt) war ein
Betraum vorhanden, in dem die Gottesdienste abgehalten wurden.
Im 18. Jahrhunderts war die Synagoge noch in demselben Gebäude "Drei
Kronen", dessen Adresse mit der Kirchstraße angegeben wurde (1763). Dieses
Gebäude gehörte später einem Ch. G. Teune, der es zu einem Packhaus
umbaute.
Bis 1885 befand sich die Synagoge im Gebäude Pferdemarktstraße 22. Dieses
Gebäude wurde nach Fertigstellung der neuen Synagoge von Torfkaufmann Michel
Hans erworben und zu einem Wohnhaus umgebaut (1982 abgebrochen).
1885 wurde eine neue Synagoge erbaut. Die Grundsteinlegung war am
4. Juni 1883. Die Einweihung war am 28. Mai 1885 in Anwesenheit von Landrabbiner
Buchholz aus Emden. Über die Einweihung liegt ein Bericht aus der
"Allgemeinen Zeitung des Judentums" vor:
Die Einweihung der Synagoge (1885)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. Juni 1885:
"Aus Norden schreibt uns Herr Oberlehrer A. Levy über
die Einweihung der neuen Synagoge zu Leer: Am 28. vorigen Monats
fand die Feier der Einweihung programmmäßig statt, und, sagt der 'Leerer
Anzeiger', bot dem zahlreich versammelten Publikum aus Nah und Fern und
aus allen Konfessionen das Schauspiel einer wahrhaft schönen und
erhebenden religiösen Festlichkeit. Es wird sich wohl keiner, dem es
vergönnt war, die ergreifende Weiherede des Herrn Landrabbiners Dr.
Buchholz aus Emden anzuhören, des Eindrucks haben erwehren können, dass
hier eine Feierlichkeit echt religiöser Erbauung ohne alle konfessionelle
Engherzigkeit abgehalten wurde. Nicht als etwas an sich Geheiligtes und
Gott Wohlgefälliges, sondern als ein schönes Sinnbild des Tempels im
Herzen der Menschen stellte Redner das neue Gotteshaus hin, als ein
Liebesband zwischen Himmel und Erde, zwischen dem Schöpfer und den
Geschöpfen; als einen Wegweiser in den Labyrinthen des Lebens, auf
welchen der Mensch in allen seinen Taten und Leiden sich beziehen, dessen
Bild er stets vor seiner Seele halten soll, damit die Stimme des Wahren
und Guten in ihm selbst lebendig bleibe und ihn anleite, den rechten Pfad
zu wandeln; endlich als einen Quell der Tröstung und der Freude in der
öden, dürren Wüste des Daseins, einen Halt und eine Stütze in aller
Anfechtung und Gefahr. So erhält das Gotteshaus in der durch und durch
echt humanen und vorurteilsfreien Anschauung des Redners seine wahre Weihe
erst dadurch, dass es zu einer Freistätte wird, in welche sich der Mensch
aus allen Sorgen und Armseligkeiten des täglichen Lebens flüchten, und
wo er ungestört den Sabbat der Seele, das innige Versenken in die ewige
Güte und Wahrheit, feiern kann. Auch die Gesangvorträge wurden zu
allgemeiner Befriedigung ausgeführt. Das Innere der Synagoge ist sehr
würdig und geschmackvoll hergestellt." |
Ein besondere Ereignis in der Geschichte einer jüdischen Gemeinde
beziehungsweise einer Synagoge ist die Einweihung einer neuen Torarolle,
über die aus dem Jahr 1890 ein Bericht vorliegt:
Einweihung einer Torarolle (1890)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. März
1890: "Leer in Ostfriesland. Am 27. Februar wurde in
hiesiger Gemeinde eine neue Sefer Tora (Torarolle) eingeweiht. Der
Gottesdienst nahm in unserem wahrhaft schönen Gotteshause, welches eine
Zierde der Stadt ist und zu diesem Zwecke durch Blumen- und Girlandenschmuck
wie durch strahlenden Kerzenglanz geziert war, um 3 Uhr seinen Anfang.
Schon vor Beginn war das Gotteshaus bis auf den letzten Platz gefüllt und
fehlten heute wie bei ähnlichen Anlässen die Angesehensten der
verschiedenen Konfessionen nicht. Herr cand. phil. Meyer hielt die
eine Stunde dauernde Festpredigt, welche bei den Glaubensgenossen sowohl
als auch bei den zahlreich vertretenen christlichen Mitbürgern unserer
Stadt tiefen Eindruck hervorgerufen." |
1910 wurde die Synagoge umgebaut, teilweise neu gebaut. Über die Wiedereinweihung
am 12. Juni 1910 liegt der folgende Bericht vor:
Einweihung der großenteils neuerbauten Synagoge (1910)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 8. Juli 1910: "In Leer fand am 12. vorigen Monats unter
großer Beteiligung der Gemeindemitglieder, des Bürgermeisters und
einiger Herren aus dem Bürgervorsteher-Kollegium die Einweihung der zum
weitaus größten Teil neu erbauten Synagoge statt. Der feierliche Akt
vollzog sich in sinniger Weise unter Reden und Absingen von Chorälen. Herr
Pels begrüßte in einer Ansprache den Bürgermeister und die Herren
aus dem Bürgervorsteher-Kollegium." |
Einweihung einer Torarolle (1926)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
26. August 1926: "Leer (Ostfriesland), 29. Juli (1926). Ein
Freudentag für unsere Gemeinde war es, als wir eine Sefer Tora einweihen
konnten, welches Herr David Gans - Frankfurt auf Anregung unseres Herrn
Lehrer Popper zu Gunsten der hiesigen Chewro gemilus chasodim
(Wohltätigkeitsverein) gestiftet hat. Herr Gans, welcher der Gemeinde
Leer entstammt, schenkte das Sefer nebst völligem Zubehör zum
Gedächtnis seiner vor Jahresfrist verstorbenen Mutter Gesine Gans geb.
van Wien. Ein schönes Zeichen von Kindesliebe und Hochherzigkeit in
unserer so materiell eingestellten Zeit. Gott verlängere seine Tage." |
50-jähriges Synagogen- und 25-jähriges Schuljubiläum
(1935)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
4. Juli 1935: "Leer, 27. Juni (1935). Der 21., 22. und 23.
Juni dieses Jahres standen hier im Zeichen des 50-jährigen Synagogen- und
des 25-jährigen Schuljubiläums. Den Auftakt zu diesen Feiern gab ein Festgottesdienst
am Freitagabend, bei dem der seit zwei Monaten hier amtierende Lehrer
und Prediger Hermann Spier eine zu Herzen gehende Rede hielt, die von
Chorgesängen umrahmt war. Am Schabbosmorgen gedachte Herr Landrabbiner
Dr. Blum in seiner fesselnden Weise dieser für unsere Gemeinde so
denkwürdigen Tage. Das schönste Erlebnis dieser Tage war jedoch die
Schulfeier am Sonntagmorgen. Im festlich geschmückten Gemeindesaal hatten
sich die jetzigen und ehemaligen Schüler der Schule, das Landrabbinat,
der Schulvorstand und viele Mitglieder der Gemeinde eingefunden, die den
Vorträgen der Kinder und den hebräischen Gesängen mit großem Interesse
folgten und begeistert Beifall zollten. Hohe Geldspenden wurden dem Lehrer
für die Schule zur Erweiterung der Schülerbibliothek zur Verfügung
gestellt. Das Schulausschussmitglied, Herr Harry Knurr, hielt alle
Anwesenden im Bilde fest. Der Sonntagabend sah die gesamte Gemeinde mit vielen
auswärtigen Gästen versammelt. Der Synagogenvorsteher D. Hirschberg
begrüßt mit herzlichen Worten die Festversammlung, die alsdann einem
sehr interessanten und tiefgründigen Vortrag über die Geschichte der
Juden in Leer des Schulvorstehers Semmy Rosenberg mit
Aufmerksamkeit folgte. Herr Landrabbiner Dr. Blum überbrachte die
Glückwünsche des Landesverbandes. Ein vorgesehener Lichtbildervortrag
des Lehrers Spier musste ausfallen, da ein Projektionsapparat nicht zu
beschaffen war. H.K." |
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge
niedergebrannt. Die Brandruine wurde in der Zeit vom 20. November bis zum 20.
Dezember 1938 abgebrochen.
Von der Synagoge existieren heute noch die Kellergewölbe. Auf dem Grundstück
wurden eine Autowerkstatt und eine Tankstelle erbaut. Wiedergefunden wurde 1982 eine der beiden
Gebotstafeln, die sich über dem Haupteingang befanden: das Original kam nach Tel Aviv, ein Duplikat
ist in Leer (Gedenkstein auf dem
Jüdischen Friedhof, Groninger Straße).
Am 10. November 2002 wurde eine neue Gedenkstätte in der Nähe des Synagogen-Grundstücks der Öffentlichkeit übergeben: In den Boden eingelassener
Magen David, drei Stelen mit Tafeln, die Angaben zur
jüdischen Gemeinde Leer und die Namen aller Ermordeten enthalten; außerdem an der bisherigen Gedenktafel eine Platte mit einer Darstellung der
Synagoge.
Seit 2013 gab es Pläne seitens der Stadt Leer und der Ostfriesischen
Landschaft, die Reste der Synagoge
auszugraben. Neben dem Keller der ehemaligen Synagoge wird auch ein Ritualbad
(Mikwe) unter der Erde vermutet. Diese Reste der Synagoge waren in den Jahren
des Zweiten Weltkrieges zugeschüttet
worden. 2020 lagen konkrete Pläne für die Neubebauung des
Grundstückes der Synagoge vor, nachdem die Autowerkstatt und die Tankstelle
inzwischen stillgelegt wurden. Auf dem Synagogengrundstück soll ein großes Wohn-
und Bürogebäude erstellt werden. Vorher wird von Archäologen der Ostfriesischen
Landschaft das Grundstück nach Überresten der Synagoge durchsucht (vgl.
Presseartikel vom Mai 2020 unten).
Adresse/Standort der Synagoge: Heisfelder
Straße 44
Fotos
Die Synagoge in Leer
(Quelle: Foto links eingestellt von
Frank-E. Skrotzki in www.synagogen.info
ohne weitere Quellenangabe; auch im
Fotoarchiv
von Yad Vashem, Jerusalem) |
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Die Zerstörung der
Synagoge
im November 1938
(Quelle: Fotos eingestellt von Gadi Edelheit,
Israel in www.synagogen.info
ohne weitere Quellenangabe) |
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Die brennende Synagoge |
Die zerstörte Synagoge |
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Gedenken an die Synagoge |
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Gedenkstätte
für die zerstörte Synagoge am Platz der Synagoge (seit 2002) |
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Rest einer Gebotstafel |
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Eine der
beiden Tafeln mit den Zehn Geboten, die sich auf der Synagoge befanden,
wurde von einem am Pogrom beteiligten SS-Mann als Treppenstufe in seinem
Garten
benutzt. Nach seinem Tod 1982 wurde sie 1984 an eine Synagoge in
Tel Aviv übergeben. |
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Die ehemalige jüdische
Schule
(Fotos: Pressestelle Landkreis Leer) |
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Das Gebäude der ehemaligen
jüdischen Schule |
Blick in die Ausstellung:
Hebräische Lesefibel von
Michael Abraham (1916) sowie Schiefertafel und Griffel |
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
1985/2013:
Rückblick auf die Besuche von
Holocaust-Überlebenden in Leer |
Artikel von Edgar Behrendt in der
"Ostfriesen-Zeitung" vom 29. Juli 2013: "Bewegende Rückkehr der Leeraner
Juden.
Historie. 1985 kamen 60 Holocaust-Überlebende erstmals nach dem Krieg
wieder in ihre Heimat..."
Link zum Artikel (eingestellt als pdf-Datei) |
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November 2010:
Erinnerungsarbeit in der TGG zum
Novemberpogrom 1938 |
Artikel
von Edgar Behrendt in "Der Wecker" vom 7. November 2010: "Das Mädchen mit
der Schleife im Haar.
In der TGG-Aula in Leer wird am Dienstag der Pogromnacht 1938 gedacht.
Parallel wird die Ausstellung über jüdische Schicksale in der Stadt
eröffnet..."
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken |
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Mai 2013:
Die Reste der ehemaligen Synagoge sollen
ausgegraben werden |
Artikel von Edgar Behrendt in der "Ostfriesen-Zeitung2 vom 1. Juni 2013: "Leer will Synagogen-Reste
freilegen lassen.
Neben dem Keller wird auch ein Ritualbad – Mikwe genannt – unter der Erde vermutet. Am ehemaligen Standort an der Heisfelder Straße stehen heute eine Tankstelle und eine Werkstatt. Der Eigentümer soll helfen.
Leer - Die Stadt Leer will die Reste der Synagoge an der Heisfelder Straße freilegen lassen. Das kündigte Bürgermeister Wolfgang Kellner zu Beginn der Jüdischen Woche an. Im Gespräch mit der OZ berichtete er, dass die Archäologen der Ostfriesischen Landschaft ihre Bereitschaft signalisiert hätten, entsprechende Ausgrabungen auf Kosten der Stadt vorzunehmen. Das Problem: Dort, wo die Synagoge bis zur Pogromnacht 1938 stand, befindet sich heute eine – allerdings stillgelegte – Werkstatt und Tankstelle.
Die Stadt hat den Eigentümer – die Firma Wittrock aus Rhede – angeschrieben und sie um Kooperation gebeten. Eine Anfrage der OZ bei dem Unternehmen blieb unbeantwortet. Die Firma soll der Stadt aber mitgeteilt haben, dass sie das Gespräch mit der Ostfriesischen Landschaft suchen wolle. Der Bürgermeister ist optimistisch, dass die Firma Wittrock einlenkt, zumal sie ihre eigenen Bauvorhaben auf dem Grundstück ohnehin nicht umsetzen könnten, bevor nicht die Archäologen ihre Arbeit dort gemacht hätten.
Nach der Zerstörung der Synagoge wurden die Reste zugeschüttet
Vermutet wird, dass sich unter der Werkstatt noch die Umrisse des Kellers befinden. Auch das Frauenbad, Mikwe genannt, könnte möglicherweise freigelegt werden, hofft Kellner, der weiß, dass der in den Kriegsjahren amtierende Bürgermeister Erich Drescher – ein Nazi – nach der Zerstörung der Synagoge vorhatte, dort einen Luftschutzbunker oder einer Bedürfnisanstalt – ein WC – zu bauen. Beides sei nicht realisiert worden. Stattdessen habe man die Reste zugeschüttet.
Landrat Bernhard Bramlage und die wissenschaftliche Leiterin des Projektes
'Ehemalige Jüdische Schule' in Leer, Historikerin Anna Flume, kündigten gegenüber der OZ an, die Stadt bei ihrem Vorhaben unterstützen zu wollen. Die Geschichte der Synagoge in Leer sei eng mit der der Jüdischen Schule verbunden. Es liege im Interesse aller Beteiligten, die Orte jüdischen Lebens in Leer sichtbar zu machen und für die Zukunft zu erhalten". |
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Juli 2013:
Weiterer Bericht zu den Überlegungen, die Reste
der Synagoge auszugraben |
Artikel von Petra Herterich in der
"Ostfriesen-Zeitung" vom 27. Juli 2013 (Link
zum Artikel): "Landschaft will nach Synagoge graben
Die Überreste des jüdischen Gotteshauses in Leer liegen unter einer Werkstatt und einer Tankstelle. Ohne die Zustimmung des Besitzers können die Archäologen nicht arbeiten. Aber auch in die umgekehrte Richtung ist man aufeinander angewiesen.
Leer - Die Ostfriesische Landschaft engagiert sich für die Pläne der Stadt Leer, die Reste der Synagoge an der Heisfelder Straße freizulegen. Es gab inzwischen ein erstes Gespräch zwischen dem Archäologen Dr. Jan Kegler und dem Inhaber des Grundstücks, auf dem seit Jahren die Reste einer ehemaligen Aral-Tankstelle nebst Werkstatt vor sich hin gammeln. Das Gelände gehört der Firma Wittrock aus
Rhede.
'Ich habe mit Herrn Helmut Wittrock telefoniert und ihm alle Unterlagen geschickt, die wir bisher zur Geschichte und Lage der Synagoge zusammengetragen
haben', erklärt Kegler auf OZ-Anfrage. Darunter seien auch alte Katasterpläne gewesen, die den Standort der Synagoge deutlich umreißen.
'Das Gebäude stand mit seinen äußeren Grenzen im Bereich der alten
Werkstatthallen', so Kegler. Der Archäologe hat der Firma Wittrock erklärt, dass man bereit sei, zu prüfen, ob und was sich für Überreste des jüdischen Gotteshauses im Boden unter den Hallen befinden.
'Das sind ja zunächst keine großen Ausgrabungen, sondern nur erste kleine
Eingrabungen', betont Kegler.
Die Firma Wittrock könnte ohnehin keine Bauvorhaben auf dem Gelände umsetzen, bevor die Archäologen nicht ihre Arbeit gemacht hätten.
'Wir sind vorsichtig optimistisch, dass sich die Firma Wittrock unserem Anliegen nicht verschließen
wird', erklärt Bürgermeister Wolfgang Kellner. Dass es zu einem Gespräch zwischen Helmut Wittrock und dem Archäologen der Landschaft gekommen ist, sei
'ein positives Zeichen'." |
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Hinweis
auf die Gedenkstätte Ehemalige jüdische Schule Leer
(aus der Website http://www.landkreis-leer.de/Leben-Lernen/Kunst-Kultur/Jüdische-Schule;
Foto links zeigt das Schulgebäude im Oktober 2013).
Der Landkreis Leer schafft in der Ehemaligen Jüdischen Schule einen Ort der Erinnerung und des Gedenkens, für Ausstellungen und kulturelle Veranstaltungen zum jüdischen Leben damals und heute.
Durch die Einrichtung einer Begegnungsstätte wird durch den Landkreis Leer ein wichtiger Schritt gemacht, der Opfer zu gedenken, die Erinnerung wach zuhalten, aber auch jüngeren Menschen eine Annäherung an die nur schwer fassbare Zeit des Nationalsozialismus zu ermöglichen.
ZEITZEUGEN: In der ständigen Ausstellung des Hauses werden filmische Interviews mit ehemaligen Schülern gezeigt: Zu sehen sind die Interviews von Ilse Polak, Albrecht Weinberg und Manfred Gans.
Aktuelle Veranstaltungen.
Zum Haus & Klassenzimmer: In der Ehemaligen Jüdischen Schule, die jetzt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, wird der Klassenraum als solcher wieder erkennbar sein. Das Klassenzimmer sowie die weiteren Räume der ehemaligen Lehranstalt dienen zukünftig als Raum für Ausstellungen und Veranstaltungen wie Lesungen, Seminare und Konzerte. Jüdisches Leben soll an diesem Ort dargestellt und erklärt werden.
Das Gebäude befindet sich in einem sehr guten baulichen Zustand und der Ursprungszustand konnte weitestgehend wiederhergestellt bzw. bewahrt werden.
Das Erdgeschoss des Hauses wurde in den letzten Jahren als Tierarztpraxis genutzt, das Ober- sowie das ausgebaute Dachgeschoss als Wohnung. Das neu angefügte Treppenhaus wird als Ausstellungsfläche- und Raum integriert.
Bei den Restaurierungsarbeiten konnten im ehemaligen Versammlungsraum der jüdischen Gemeinde, und Wohnzimmer des jeweiligen Lehrers, Schablonenbemalungen mit einem Synagogenmotiv freigelegt werden.
Das Gebäude wird in die Denkmalliste des Landesamtes für Denkmalschutz aufgenommen. Im Außenbereich ist die Pflasterung erneuert worden, und der Garten wird hergerichtet.
Ehemalige Jüdische Schule Leer Ubbo-Emmius-Straße 12
26789 Leer
Weitere Informationen und Kontaktadressen siehe http://www.landkreis-leer.de/Leben-Lernen/Kunst-Kultur/Jüdische-Schule
Vom 15. Oktober 2014 bis 31. Januar 2015:
Ausstellung: "...Kein abgelegener Ort im gantzen Flecken
vorhanden ist..." - 340 Jahre jüdische Geschichte in
Leer
Informationen zur Ausstellung siehe http://www.landkreis-leer.de/Leben-Lernen/Kunst-Kultur/Jüdische-Schule/Aktuelle-Veranstaltungen |
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Oktober 2019:
Öffentliche Führung durch die
ehemalige jüdische Schule |
Pressemitteilung des Landkreises Leer vom
26. September 2019: "Öffentliche Führung in der Ehemaligen Jüdischen
Schule
Nächsten Donnerstag, 3. Oktober, findet in der Ehemaligen Jüdischen Schule
ab 15 Uhr eine öffentliche Führung statt.
Die Gedenk- und Begegnungsstätte Ehemalige Jüdische Schule ist heute eines
der letzten Zeugnisse jüdischen Lebens in Leer. Seit wann gibt es sie? Was
charakterisierte sie als jüdische Schule? Wer waren die Menschen, die hier
arbeiteten, lebten und den Unterricht besuchten? Und wie sieht heute die
Nutzung des Hauses aus?
Darüber sowie über die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Leer, die nach
dem Synagogenbrand in der Progromnacht 1938 und der Zwangsaussiedlung und
Deportation der letzten Juden bis Anfang 1940 ihr Ende gefunden hat, soll
die Führung informieren.
Außerdem kann die neue Sonderausstellung mit ihrem Fokus auf ein spannendes
Gebiet der Sprachwissenschaft besichtigt werden: Die Erforschung der
Marktsprache der Viehhändler, eingebettet in die Geschichte des jüdisch
geprägten Viehhandels der Region. Führung und Besuch der Ausstellung sind
kostenfrei." |
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März bis Mai 2020:
Ausstellung in der ehemaligen
jüdischen Schule |
Mitteilung
der Gedenk- und Begegnungsstätte Ehemalige Jüdische Schule vom Februar 2020
: "Nach Auschwitz. Eine Sonderausstellung zu Albrecht Weinbergs 95.
Geburtstag
12. März bis 17. Mai 2020 in der Ehemaligen Jüdischen Schule Leer
Seine Geschichte und seiner Persönlichkeit machen Albrecht Weinberg,
Überlebender der Shoah und letzter jüdischen Zeitzeuge in Leer, einzigartig.
Unermüdlich spricht er vor Schülerinnen und Schülern über seine
Vergangenheit und leistet einen unermesslichen Beitrag zu unserer
Erinnerungskultur. Ihm zu Ehren und zum Anlass seines 95. Geburtstages zeigt
die Ehemalige Jüdische Leer ab dem 12. März 2020 eine besondere Ausstellung.
Mit dem Titel 'Nach Auschwitz', der einen doppelten Wortsinn begreift,
referiert sie auf das Trauma der Shoah, das auch heute noch einen zentralen
Platz im Leben Albrecht Weinbergs einnimmt. Mit den Erinnerungsstücken
seiner Vergangenheit beleuchtet die Ausstellung zum Einen das, was Herrn
Weinberg einst nach Auschwitz sowie in die Konzentrationslager
Mittelbau-Dora und Bergen-Belsen brachte: seine Herkunft. In Bildern seiner
Gegenwart, festgehalten von dem aus Israel stammenden und heute in Berlin
lebenden Fotografen Benyamin Reich, nähert sich die Ausstellung zum Anderen
der Frage, was für Albrecht Weinberg nach Auschwitz kam. Wie sieht ein Leben
aus, dessen Mittelpunkt die Hölle der Vernichtungslager bildet – ein Leben,
in dem die Gedanken auch 75 Jahre später immer wieder an die Orte des
Grauens zurückkehren?
Die Sonderausstellung 'Nach Auschwitz' ist vom 12. März bis 17. Mai 2020,
jeweils donnerstags bis sonntags von 14 bis 18 Uhr in der Ehemaligen
Jüdischen Schule Leer zu besichtigen. Der Eintritt ist frei.
Kontakt: Ehemalige Jüdische Schule Leer - Ubbo-Emmius-Straße 12 -
26789 Leer Mail: ejs@lkleer.de
Tel. 0491 99 92 08 32"
Flyer zur
Ausstellung (pdf-Datei). |
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März 2020:
Synagoge soll in Neubau präsenter
werden |
Artikel von Katja Mielcarek in der "Ostfriesenzeitung" vom 10. März 2020: "Synagoge
soll in Neubau präsenter werden.
Bauen. Investor stellt neuen Entwurf für Gebäude an der Ecke Heisfelder
und Friesenstraße vor..."
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken. |
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Mai 2020:
Vor der geplanten Bebauung des
Synagogengrundstückes soll eine archäologische Untersuchung durchgeführt
werden |
Artikel
von Katja Mielcarek in der "Ostfriesenzeitung" vom 14. Mai 2020: "Synagoge:
Aus Gedanken werden Fakten. Geschichte. Archäologen werden am Standort der
alten Synagoge in Leer nach Überresten suchen..."
zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken. |
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Juni/August 2020:
Die aufgefundenen Überreste der
Synagoge werden dokumentiert |
Artikel in NDR.de vom 11. Juni 2020: "Reste
ehemaliger Synagoge in Leer freigelegt.
Archäologen legen die Überreste der Leeraner Synagoge frei und gleichen ihre
Untersuchungen mit alten Bauplänen ab.
Mehr als 80 Jahre nach ihrer Zerstörung in der Reichspogromnacht haben
Archäologen die Fundamente der früheren Synagoge in Leer freigelegt. Nach
Angaben der Ostfriesischen Landschaft, die die Grabungen verantwortet, war
der prächtige Kuppelbau am 28. Mai 1885 fertiggestellt und in der Nacht vom
9. auf den 10. November 1938 von den Nazis niedergebrannt worden. Kaum eine
Woche später sei die Ruine abgerissen und eingeebnet worden, hieß es von der
Kultureinrichtung mit Sitz in Aurich. Bis in die 1960er-Jahre habe das
Grundstück brach gelegen, dann seien dort eine Werkstatt und eine Waschhalle
für die benachbarte Tankstelle errichtet wurden. Inzwischen erinnert eine
Gedenktafel an den Standort der Synagoge.
Wissenschaftler graben sich durch einen halben Meter Brandschutt. Dank der
Grabungen sei es jetzt möglich, die letzten Reste der Synagoge vor ihrer
endgültigen Zerstörung zu dokumentieren, so die Ostfriesische Landschaft.
Denn auf dem Grundstück soll nun ein Wohn- und Geschäftshaus entstehen. Die
Wissenschaftler fanden den Angaben zufolge in zwei Metern Tiefe das
Fundament der nördlichen Außenwand der Synagoge. Auf ihm liege als
'Zeitkapsel' die Brandschicht des Feuers aus dem November 1938, so die
Ostfriesische Landschaft. Außerdem gut 50 Zentimeter Bau- und Brandschutt.
Man sei nun in der Lage, die Untersuchungsergebnisse mit alten Bauplänen
abzugleichen und Spekulationen über die präzise Lage des Gebäudes zu
beenden. Die Forscher öffneten außerdem den Eingang in das Untergeschoss der
ehemaligen Rabbinerwohnung. Dort seien drei Stufen entdeckt worden, die
möglicherweise zu einem rituellen Tauchbad führten, hieß es."
Link zum Artikel |
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Artikel
von Katja Mielcarek in der "Ostfriesen-Zeitung" vom 29. August 2020: "Das
Grauen ist auch heute noch greifbar. Geschichte: Archäologen haben Überreste
der Synagoge und der Habe des letzten Kantors gefunden..."
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken.
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September 2020:
Das Gymnasium in Rhauderfehn
wird nach Albrecht Weinberg benannt
Anmerkung: Albrecht Weinberg (Jahrgang 1925) wurde 1943 nach Auschwitz
deportiert; hat die Zeit in Konzentrationslagern überlebt. Zu den
Stolpersteinen für seine Familie (und ihn) siehe
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Rhauderfehn.
Zu seiner Lebensgeschichte vgl. aus der Website des
Max-Windmüller-Gymnasiums Emden einen
Presse-Artikel (eingestellt als pdf-Datei bzw.
Link zum Artikel) |
Artikel in der Ostfriesen-Zeitung" vom 11. September 2020: "Rhauderfehner
Schule heißt jetzt Albrecht-Weinberg-Gymnasium..."
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken |
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Februar 2021:
Zur Erinnerung an die Synagoge
- Idee zur Neugestaltung des Synagogenplatzes |
Artikel von Katja Mielcarek in der "Ostfriesenzeitung" vom 20. Februar 2021:
"Erinnerung an Synagoge sichtbar wachhalten.
Geschichte: Leeranerin schlägt ein großes Modell des Gotteshauses statt
eines Wohn- und Geschäftshauses vor..."
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken
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Juni 2024:
Weitere 20 Stolpersteine in
Leer verlegt - Dritte Verlegung von Stolpersteinen
Anmerkung: Die erste Verlegung war am 22. Oktober 2022, die zweite
am 5. März 2023, vgl. zu den damals verlegten Steinen
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Leer
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Artikel
von Jonas Bothe in der "Ostfriesenzeitung" vom 30. Mai 2024: "Neue
Stolpersteine. Das sind die Schicksale von 20 jüdischen Leeranern
20 neue Stolpersteine sollen am Wochenende in Leer verlegt werden, um an die
ehemaligen jüdischen Mitbürger der Stadt zu erinnern. Wir haben ihre
Schicksale zusammengefasst.
Leer - Vor der Zeit des Nationalsozialismus gehörten die jüdischen
Familien Benjamin, Weinberg, Mendels, Menkel, de Vries und Mindus zu den
Bürgern der Stadt Leer. Sie waren Schüler, Vieh- oder Einzelhändler. Doch
als die Nazis an die Macht kamen, wurden viele Familienmitglieder deportiert
und ermordet. Nur sehr wenige konnten fliehen und überlebten. Am kommenden
Wochenende soll dieser Familien gedacht werden. Dort, wo früher ihre Häuser
in Loga sowie in der Innenstadt standen, sollen 20 Stolpersteine ins
Straßenpflaster eingesetzt werden. Nachfahren der Familien werden ebenfalls
vor Ort sein. Der Künstler Gunter Demnig ist dieses Mal hingegen nicht
dabei.
Die Verlegung. Der erste Teil der Stolpersteinverlegung beginnt am
Sonntag, 2. Juni 2024, um 11 Uhr an der Hohen Loga 34. Weiter geht es danach
zur Hohen Loga 14 sowie zum Roten Weg 24 in Loga. Die Veranstaltung wird
etwa zwei Stunden dauern. Die Stolpersteinverlegung wird von Schülerinnen
und Schülern der BBS II und der Möörkenschule unterstützt. Interessierte
sind herzlich eingeladen. Im Anschluss findet ein Empfang im Gemeindehaus
der Friedenskirche statt.
Am Montag, 3. Juni, werden ab 9 Uhr in der Mühlenstraße 98 weitere
Stolpersteine verlegt. Die Veranstaltung wird im Wesentlichen von
Schülerinnen und Schülern des Teletta-Groß-Gymnasiums gestaltet.
Anschließend findet ein Empfang in der Ehemaligen Jüdischen Schule statt.
Auch dort sind Interessierte willkommen.
Auch diesmal gebe es wieder eine Broschüre, in der die
Lebensgeschichten der Familien und weitere Hintergründe dokumentiert sind.
Gegen einen Spendenbeitrag von zwei Euro könne dieses 60 Seiten starke Heft
an den Verlegetagen erworben werden, später auch noch in der Ehemaligen
Jüdischen Schule und dem Heimatmuseum.
Viel Energie habe die Recherchegruppe in die Erforschung der Lebensläufe der
Menschen gesteckt, für die jetzt Stolpersteine verlegt werden. 'Es ist immer
wieder erstaunlich, wie viele Fotos, Dokumente und Literatur zu den
einzelnen Menschen ausfindig gemacht werden kann', sagt der Sprecher der
Initiativ-Gruppe, Bernd-Volker Brahms. Dennoch sei die Recherche sehr
aufwendig. Viele Informationen würde man in den Arolsen Archives finden. Das
ist eigenen Angaben zufolge das weltweit größte Archiv über die Opfer und
die Überlebenden des NS-Regimes. Es hat seinen Sitz im nordhessischen Bad
Arolsen. Die Gruppe suche aber auch den Kontakt zu noch lebenden Verwandten.
Hohe Loga 34. Dort wohnten Esther Benjamin, Sophie Benjamin, Jacob
Weinberg, Berta Weinberg, Elfriede Weinberg und Alwine Mendels.
Esther Benjamin (geb. de Levie) wurde im Jahr 1866 in Oude Pekela geboren.
Sie übernahm 1908 nach dem Tod ihres Mannes Marco Salomon vermutlich den
Kolonialwarenladen in dem Gebäude. 1939 flüchtete sie nach Winschoten, wurde
1942 in Westerbork interniert und 1944 nach Theresienstadt deportiert. Sie
wurde am 18. November 1944 ermordet. Ihre Tochter Sophie Benjamin wurde im
Jahr 1894 geboren. Sie flüchtete 1939 zu ihrer Mutter in die Niederlande,
wurde 1942 in Westerbork interniert und 1944 nach Theresienstadt deportiert.
Im selben Jahr wurde sie in Auschwitz ermordet. Ihre Schwester Bertha
Weinberg (geb. Benjamin) wurde 1896 geboren. Sie war mit Jacob Weinberg
(geboren 1900 in Emden) verheiratet. Dieser wurde 1938 in 'Schutzhaft'
genommen und kam ins KZ Sachsenhausen. Nach seiner Rückkehr flüchteten sie
1938 mit der gemeinsamen Tochter Elfriede (geboren 1933) nach Rotterdam und
Amsterdam. Sie wurden 1940 unter anderem in Westerbork interniert. Am 16.
Mai 1944 wurden die drei ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Bertha
und Elfriede Agnes wurden dort am 7. Juli 1944 ermordet. Am 28. Februar 1945
wurde auch Jacob Weinberg im KZ Auschwitz für tot erklärt. Die weitere
Schwester von Sophie und Bertha, Alwine Mendels (geb. Benjamin), wurde 1906
in Loga geboren. Sie lebte nach der Hochzeit mit ihrem Mann am Niederrhein.
1941 wurde sie nach Lodz/Litzmannstadt deportiert und am 15. Mai 1942 in
Chelmno/Kulmhof ermordet.
Hohe Loga 14. Dort wohnten Walter Menkel, Rosa 'Röschen' Menkel,
Kurt Menkel, Heinz Menkel, Siegmund de Vries, Marie de Vries und Elisabeth
de Vries. Walter Menkel wurde 1890 in Lüdenscheid geboren. Er erlernte
den Beruf des Schlachters und Viehhändlers. 1938 kam er in 'Schutzhaft' ins
KZ Buchenwald. 1940 musste er unfreiwillig nach Bremen umziehen. 1941 wurde
er ins Ghetto nach Minsk deportiert und am 28. Juli 1942 ermordet. Rosa
'Röschen' Menkel (geb. Roseboom) wurde 1895 in Loga geboren. 1940 musste
auch sie unfreiwillig nach Bremen umziehen. 1941 wurde sie ins Ghetto nach
Minsk deportiert und am 28. Juli 1942 ermordet. Ihr Sohn Kurt Menkel wurde
1920 in Leer geboren. Wie sein Vater wurde er 1938 im KZ Buchenwald in
'Schutzhaft' genommen. 1940 musste er ebenfalls nach Bremen umziehen und
wurde 1941 ins Ghetto nach Minsk deportiert. 1943 wurde er nach Lublin
gebracht und kurz darauf ermordet. Sein Bruder Heinz Menkel wurde 1923 in
Leer geboren. 1941 wurde er ins Ghetto nach Minsk und 1943 ins KZ
Krakau-Plaszow deportiert. 1944 kam er ins KZ Flossenbürg. Kurz vor Ende des
Krieges musste er auf einem Todesmarsch in ein anderes Lager. Schließlich
wurde er von der UR-Armee befreit. Er kam zunächst nach Leer und starb am
13. Februar 1971 mit 47 Jahren. Siegmund de Vries wurde 1895 geboren. Er
flüchtete 1935 nach Mussel-Kande in die Niederlande, wurde 1942 in
Amersfoort interniert, schließlich nach Auschwitz deportiert und dort am 25.
August 1942 ermordet. Marie de Vries (geb. Roseboom) wurde 1897 geboren. Sie
flüchtete ebenfalls 1935 nach Mussel-Kande und überlebte in einem Versteck.
Ihre Tochter Elsbeth de Vries wurde 1929 geboren. 1935 kam sie mit auf die
Flucht in die Niederlande. Sie wurde 1943 verraten, in Westerbork interniert
und nur wenige Tage später nach Auschwitz deportiert. Sie wurde am 19.
November 1943 ermordet.
Roter Weg 24. Hier wohnten Geertje Mindus, Max Mindus und Selma
Mindus. Geertje Mindus (geb. de Levie) wurde 1892 geboren. 1941 wurde
sie nach Lodz/Litzmannstadt deportiert und am 17. Januar 1942 ermordet. Ihr
Sohn Max Mindus wurde 1895 geboren, dessen Frau Selma (geb. Poli) 1897. Er
war gelernter Viehhändler. 1940 mussten beide nach Berlin umziehen. 1942
wurden sie nach Theresienstadt deportiert. Sie wurden befreit und
überlebten. 1950 wanderten sie in die USA aus. 1952 erhielten sie das Haus
in Loga zurück. Sie kamen aber nicht zurück. Max wurde 66 Jahre alt und
starb am 28. August 1961, seine Frau Selma wurde 64 Jahre alt, sie starb am
7. November 1961.
Mühlenstraße 98. Hier wohnten Jonas de Vries, Bertha de Vries,
Elisa de Vries und Sicilia de Vries. Jonas de Vries wurde 1880 geboren.
Er war gelernter Kupferschmied und betrieb eine Klempnerei und eine
Fahrradhandlung in ihrem Haus. Er kam 1938 in 'Schutzhaft' ins KZ
Sachsenhausen. 1940 musste er mit seiner 1885 geborenen Frau Bertha (geb.
Wolffs) und seiner ältesten Tochter Sicilia (geboren 1922) nach Berlin
umziehen. Die jüngere Tochter Elisa kam 1929 zur Welt. Sie kam 1940 zunächst
nach Hildesheim in ein jüdisches Kinderheim, dann nach Berlin. Am 6. März
1943 wurden Jonas, Bertha und Elisa de Vries nach Auschwitz deportiert,
Sicilia knapp eine Woche später. Alle wurden dort ermordet."
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in
Niedersachsen und Bremen (Hrsg. von Herbert Obenaus in Zusammenarbeit
mit David Bankier und Daniel Fraenkel). Bd. II Göttingen 2005
(Abschnitt zu Leer von Daniel Fraenkel: S. 942-957; mit weiteren Literaturangaben). |
| Unsere jüdischen Nachbarn. Aus der Reihe:
Unterrichtsmaterialien der Archivpädagogischen Anlaufstelle. Eingestellt
auf der Website der Stadt Leer als pdf-Datei. |
| Leeraner jüdische Soldaten. Aus der Reihe:
Unterrichtsmaterialien der Archivpädagogischen Anlaufstelle. Eingestellt
auf der Website der Stadt Leer als pdf-Datei. |
| Gernot Beykirch: Jüdisches Lernen und die
Israelitische Schule Leer zur Zeit des Nationalsozialismus. 2006. Online
zugänglich
(pdf-Datei). |
| Reise
ins jüdische Ostfriesland. Hrsg. von der Ostfriesischen Landschaft -
Kulturagentur Georgswall 1-5 26603 Aurich. Tel.
04941-179957 E-Mail:
kultur[et]ostfriesischelandschaft.de. Erschienen im Juli 2013. 67 S.
Kostenlos beziehbar.
Internet: www.ostfriesischelandschaft.de
"Reise ins jüdische Ostfriesland" ist ein gemeinsames Projekt im Rahmen des dritten kulturtouristischen Themenjahres
"Land der Entdeckungen 2013". Am 9. November 2013 jährte sich zum 75. Mal die Pogromnacht von 1938 in Deutschland. Dies haben 17 Einrichtungen, davon neun Museen und fast alle ehemaligen Synagogengemeinden zum Anlass genommen, sich unter dem Titel
"Reise ins jüdische Ostfriesland" zusammenzuschließen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verschwand die jüdische Kultur im Vergleich zum übrigen Deutschland hier bemerkenswert schnell aus dem bis dahin gemeinsamen Alltagsleben von Juden und Nichtjuden.
"Reise ins jüdische Ostfriesland" will an das einst lebendige jüdische Leben in der Region erinnern.
Die Projekte zeigen in beeindruckender Weise, wie ein Thema aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden kann. Allen jedoch geht es insbesondere darum, dem vielfältigen jüdischen Leben in Ostfriesland bis zur Shoah und darüber hinaus wieder ein Gesicht zu geben. Denn Erinnerung ist ein Weg zur Heilung und damit zur Versöhnung. |
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Dokumentation zur Synagoge Leer von der Ostfriesischen Landschaft
(pdf-Datei) |
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