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Friedhöfe in der Region"
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Leipzig (Freistaat
Sachsen)
Alte jüdische Friedhöfe
Zur Geschichte der jüdischen Friedhöfe in Leipzig
Für die Zeit des Mittelalters wird in "Germania Judaica" von
keinem jüdischen Friedhof in Leipzig berichtet.
Alter Friedhof I im Johannistal:
Die in Leipzig verstorbenen Juden
wurden bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts auf den Friedhöfen in
Dessau oder
Naumburg beigesetzt. Seit 1798 gab es Bemühungen zur Anlage eines jüdischen
Friedhofes in der Stadt, vor allem von Seiten polnischer Juden aus Brody, die
regelmäßig die Messen besuchten. 1814 wurde von Seiten der Stadt die
Genehmigung zur Anlage eines Friedhofes im Johannistal erteilt. Auf dem daraufhin angelegten alten
jüdischen Friedhof I an der Stephanstraße wurde bereits am 28. November
1814 die erste Beisetzung (Alexander Mendel aus Danzig) vorgenommen. Bis zur
offiziellen Schließung 1864 fanden 334 Beisetzungen auf diesem Friedhof statt.
In der NS-Zeit wurde der Friedhof von Seiten der Stadt gekündigt mit der
Begründung, dass an dieser Stelle ein Volkspark entstehen würde. Die jüdische
Gemeinde erhielt gerade noch die Erlaubnis zur Umbettung der Toten in ein
Gemeinschaftsgrab auf den neuen jüdischen Friedhof. Von den Grabsteinen dieses
Alter Friedhof II an der Berliner Straße: 1862 konnte die jüdische Gemeinde ein neues Gelände zur Anlage eines
Friedhofes erwerben. Am 2. März 1864 fand die erste Beisetzung statt (Ephraim
Friedemann aus Tikin/Russland). Über 60 Jahre wurden auf diesem aus heutiger
Sicht alten jüdischen Friedhof die Toten der jüdischen Gemeinde
beigesetzt, darunter mehrere prominente Persönlichkeiten der Stadt. 1864 wurde
eine Friedhofshalle erbaut. Die Friedhofsfläche umfasst 198,28 ar. In der
NS-Zeit wurde der Friedhof teilweise verwüstet. Beim Bombenangriff auf Leipzig
am 4. Dezember 1943 gab es Zerstörungen (vermutlich wurde damals auch die
Friedhofshalle zerstört). Der Zustand der Grabsteine ist sehr unterschiedlich.
Neuer Friedhof: Um 1900 bemühte sich die Gemeinde wiederum um die Anlage eines neuen
Friedhofes,
da die volle Belegung des alten Friedhofes absehbar war. Seit 1922 konnte der
Plan umgesetzt werden. 1925 begannen die Pflanzungen des beim Krankenhaus St.
Georg erworbenen Gelände. Am 6. Mai 1928 wurde der neue Friedhof Friedhof eingeweiht. In der
NS-Zeit wurde der Friedhof teilweise verwüstet. Die Feierhalle mit ihrer über
21,5 m hohen Kuppel - ein Meisterwerk der funktionellen Architektur der
1920er-Jahre - wurde in der Pogromnacht 1938 in Brand gesetzt und im Februar
1939 abgebrochen. Der Friedhof wurde auch nach 1945 (und bis zur Gegenwart)
belegt. Es sind über 1.000 Grabstellen angelegt. Die Friedhofsfläche umfasst
43,20 ar.
Zu einer Schändung kam es am 14. Februar 2003 (30 Grabsteine wurden auf dem Friedhof
umgeworfen).
Lage der Friedhöfe
Alter Friedhof: Berliner Str. 123; Neuer Friedhof:
Delitzscher Str. 224.
Fotos
des alten Friedhofes Berliner Straße
Fotos vom Frühjahr 2014:
(Fotos von Inge Laidig, Keltern-Weiler, Aufnahmedatum April 2004)
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Blick auf den Friedhofseingang
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Tore für Besucher und Zufahrt |
Hinweistafel am
Eingang
von der Berliner Straße |
Blick vom Eingang auf das
ehemalige
Haus des Friedhofwärters |
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Das
Foto in höherer Auflösung |
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Auf der Säule der
Hinweis: "In der
Kinderabteilung wurden zwischen
1900 und 1927 99 Kinder beerdigt"
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"Während der Zeit des Nationalsozialismus
war
es jüdischen Kindern verboten, in öffentlichen
Grünanlagen zu spielen. Hier war der einzige
Ort in Leipzig, wo sie spielen durften". |
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Grabstein rechts für
Ida Dunayer
geb. Gottmann (1900-1928)
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Erneuerter
Kindergrabstein für
Ruth Kirschbaum (1934-1941)
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Vorne Mitte Kindergrab für
Fritz Grosz (1922-1922),
links dahinter für Rosa Klughaupt
geb. Rauch (1872-1910) |
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Teilansicht des Friedhofes
Dieses
Foto in höherer Auflösung
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Familiengrabstein
für Familie Pfefferblüth:
Moritz Pfefferblüth (1870-1933) und
Rosa Pfefferblüth geb. Eller (1872-1929) |
Grabstein für Rosa
Blomberg
geb. Miletzky
(1857-1925) |
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Grabstein für Jacob Plaut
(Ehrenmitglied der Gemeinde,
1817 Nordhausen - 1901 Nizza) und
links für Caroline Plaut
geb. Blach verw. Herz Cusel Plaut (gest. 1874) |
Grabstein
Mitte für Manfred Gabbe
aus Ilmenau (gest. 1925 im 21.
Lebensjahr)
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Teilansicht des
Friedhofes mit
Blick auf Haus des Friedhofwärters
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Grabstein für Prof.
Dr. Julius Fürst
(Orientalist an der Universität Leipzig)
(1805-1873, Wikipedia-Artikel)
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Grabsteine
Mitte für Max Rosenfelder
(1859-1937) und Johanna Rosenfelder
geb. von Gerhardt (1863-1900)
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Grabsteine für
Rabbiner Dr. Salomon Mandelkern
(1840-1902; Verfasser einer hebräischen Konkordanz,
Wikipedia-Artikel) und Agathe Mandelkern geb. Byck
(gest. 1912 im 62. Lebensjahr) |
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Grabsteine von rechts
für Ison Loewenheim
(1828-1883; ancestry.com)
und Friederike Loewenheim geb. Hirsch (1831-1891) |
Grabsteine
Mitte (vor Familiengrab) für
Bella Händler (1830-1886) und den Rauchwarenhändler
Nathan Händler (1820-1887, weitere
Informationen) |
'Teilansicht des
Friedhofes
Das
Foto in höherer Auflösung
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Grabsteine vorne
links für Helene Joachimsthal
(1880-1904), rechts für Henriette Hohenthal
(gest. 1904 im 64. Lebensjahr)
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Grabstein
für Max Bielefeld (1844 Karlsruhe - 1904)
und Emmy Bielefeld geb. Wallach (1855 Kassel - 1925)
sowie für das Ehepaar Dr. Franz Wolfson und
Hedwig Wolfson geb. Bielefeld (Suizid 19.12.1938) |
Grabstein für
Leon Fein (1845-1901)
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Grabstein rechts
für
Rabbiner Simon HaLevi Horovitz |
Grabstein
mit Foto für das Kind
Ephraim Max Marcus (1897-1904) |
Grabstein für Sophie Lentschner (1846-1907)
und Moritz Lentschner (1843-1919) |
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Grabstein für Fanny
Wallach geb. Nussbaum (1853-1941)
mit Gedenkinschrift für in der NS-Zeit
umgekommene Familienangehörige |
Teilansicht -
Grabstein links für Fanny Debora Eichner
geb. Frühauf (1855-1916) und Hirsch Eichner (1855-1938)
(Eichner
family) Das
Foto in höherer Auflösung |
Familiengrabstätten - links
für Familie Kuritzkes,
Mitte für Familie Ch. Reiss [Chaim Reiss und Helene Reiss],
rechts für Familie Sigmund ...) |
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Grab-/Gedenksteine für
Angehörige der
Familie Goldschmidt: Louis Calman Goldschmidt (1850-1922)
und Lina Goldschmidt geb. Becker (1864-1924?) |
Grabstein
für Oberkantor Rafael Frank
(geb. 1867 in Ichenhausen,
gest. 1920 in Leipzig)
Wikipedia-Artikel
Rafael Frank |
Neuerer (zusätzlicher?)
Grabstein für
Oberkantor Rafael Frank (geb. 1867
Ichenhausen,
gest. 1920 in Leipzig) |
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Teilansicht des
Friedhofes
Das
Foto in höherer Auflösung
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Teilansicht
des Friedhofes
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Grabstein für Dr. med.
Joseph Eisenberg
(1848 Lonitz - 1914) und Anna Eisenberg
geb. Strupp (1859 Meiningen - 1928( |
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Grabstein für Robert
Löwenbach
(1830 Nieder-Marsberg - 1908) und Henriette Löwenbach
geb. Mark (1839 Fritzlar - 1915) |
Grabstein
links für Selma Wildau (1836 Bleicherode
- 1912),
rechts für Moritz Sommer (1829 Rotenburg
Fulda - 1909) und
Bertha Sommer geb. Wallach (1834 Ziegenhain
- 1918) |
Grabstein für Rosa Gugenheim geb. Weil
(1837 Alt-Breisach - 1911) und Samuel Gugenheim
(1834 Alt-Breisach - 1929) |
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Grabstein Mitte für
Lazar Freier (1862 Sereth
- 1909 Sonneberg Thür.),
rechts für Carl Lewin
(gest. 1909 im 61. Lebensjahr) |
Grabmal für
Rabbiner Dr. Abraham Meyer Goldschmidt
(gest. 1889, Artikel
in Deutsche Biographie) und seine Frau
Henriette Goldschmidt geb. Benas (Wikipedia-Artikel) |
Familiengrabstätten
für Familie Neugass
(Albert Neugass, 1858-1926, weitere
Informationen)
und Familie Beilin |
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| Germania Judaica jeweils Artikel Leipzig: Bd.
I S. 155-156; Bd. II,1 S. 477-478; Bd III,1 S. 728-735. |
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Manfred
Unger, Hubert Lang und Leipzig Rat des Bezirkes: Juden in
Leipzig - Eine Dokumentation zur Ausstellung anlässlich des 50. Jahrestages
der faschistischen Pogromnacht. Verlag: Hermann Duncker 1988. 239 S.
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| Zeugnisse jüdischer Kultur S. 234-248. |
| Brocke/Ruthenberg/Schulenburg
S. 448-471. |
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Katrin
Löffler: Leipzigs alter jüdischer Friedhof im Johannistal. Lehmstedt
Verlag Leipzig 2022. ISBN 13: 978-3-95797-138-8. 128 S. Preis: 22,00 € (D)
22,70 € (A) 30,00 (CHF).
Inhalt: 1937 wurde der älteste jüdische Friedhof von Leipzig zwangsweise
eingeebnet – ein unersetzbarer kultureller und stadtgeschichtlicher Verlust.
Nur siebzehn Grabsteine blieben erhalten; seitdem befinden sie sich auf dem
Neuen Israelitischen Friedhof. Der weitgehend vergessene Friedhof bezeugt
eindrücklich, wie spezifisch und einzigartig die Geschichte der Leipziger
Juden durch die Messe geprägt war. Er entstand 1814 auf Initiative von
Messjuden aus dem galizischen Brody, lange bevor sich in Leipzig eine
jüdische Gemeinde gründen durfte. Die meisten der bis 1864 hier bestatteten
Personen stammten aus dem ost- und südosteuropäischen Raum von Wilna bis
Shklow und Jassy, sie kamen aber auch als Messebesucher aus Amsterdam,
Birmingham oder Paris. Die profund erzählte Geschichte des Friedhofs, der
sich im Johannistal befand, ist nicht zuletzt ein Denkmal für die Menschen,
die an diesem Ort bestattet waren und deren Namen nunmehr wieder gegenwärtig
sind.
Buchvorstellung von Ralf Julke in der "Leipziger Zeitung" vom 23.12.2022:
https://www.l-iz.de/bildung/buecher/2022/12/leipzigs-alter-judischer-friedhof-im-johannistal-katrin-loeffler-503054
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