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Nalbach mit
Diefflen
(Kreis Saarlouis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Nalbach bestand eine kleine jüdische
Gemeinde bis 1937/40. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./18.
Jahrhunderts zurück, als die ersten jüdischen Familien am Ort
beziehungsweise im Nalbacher Tal (das heißt vor allem auch in Diefflen)
lebten. Bereits 1591 wird eine Jud Meyer in Nalbach genannt.
1723
wird eine Jude aus Diefflen genannt, der damals wegen einem Verstoß gegen
kurtrierische Judenordnung aus dem Haus eines Christen ausziehen musste. 1733
lebten insgesamt zwölf jüdische Familien im Nalbacher Tal. 1808 wurden
16 jüdische Einwohner in Nalbach, 32 in Diefflen gezählt. Bis 1858 nahm ihre
Zahl auf 68 in Nalbach zu, um danach durch Aus- und Abwanderung zurückzugehen.
Nach dem Bau der Synagoge in Nalbach 1854 kamen die jüdischen Einwohner aus
Diefflen zu Gebet und Gottesdienst nach Nalbach. Auch die in Dillingen
im Laufe des 19. Jahrhunderts zuziehenden jüdischen Familien zählten zur
jüdischen Gemeinde in Nalbach und werden dort - zumindest teilweise und soweit
überhaupt möglich - die Gottesdienste besucht haben. Im Bericht von 1891
(siehe unten zum Brand der Synagoge) ist im Blick auf die Gemeindeglieder von
"15 wenig
begüterten Familien der Ortschaften Nalbach, Dieflen und Dillingen"
die Rede. Als Lehrer war um 1891 J. Heß, Lehrer tätig, den Vorstand bildeten
damals Daniel
Lazar, Daniel Levy I. und Moses Bonnem.
1895 wurden 33 jüdische
Einwohner in Nalbach, 20 in Diefflen, 37 in Dillingen gezählt. Die Gemeinde gehörte zum
Rabbinatsbezirk in Trier. Seit 1903 bildeten
die in Dillingen lebenden jüdischen Personen eine eigene Gemeinde.
Um 1925 war Gemeindevorsteher Moses Bonn.
Damals erhielten vier schulpflichtige jüdische Kinder ihren Religionsunterricht
bei Lehrer Josef Heß in Saarwellingen. 1932 war Vorsteher der in
Diefflen lebende Moses Weiler.
Im Juni 1933 lebten noch 24 jüdische
Personen in Nalbach (bei insgesamt 2.735 Einwohnern), zehn in Diefflen. Von
diesen konnte in den folgenden Jahren ein größerer Teil den Ort verlassen,
teilweise in andere Orte Deutschlands, teilweise in das Ausland. Beim Novemberpogrom
1938 wurden die noch verbliebenen jüdischen Familien überfallen und
misshandelt. Eine Augenzeugin berichtet: "...Leute aus unserer
Nachbarschaft haben die Häuser der Juden, die in der Hauptstraße standen,
geplündert... Auf dem Weg dorthin sah ich, wie sie die Juden auf der Straße
zusammentrieben und geschlagen haben... Sie haben die Juden mit
Koppelschlössern geschlagen; die haben wie wahnsinnig auf die Juden
draufgeschlagen". Die letzten jüdischen Einwohner wurden im Oktober 1940
nach Gurs deportiert.
Von den in Nalbach und Diefflen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in
der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem): Fanni Baum (1857), Rosa Bonn (1887), Charlotte Hanau
geb. Wolff (1877), Simon Hanau (1878), Karoline (Caroline) Herrmann geb. Wolff
(1865), Meta Hirsch (1906), Felix (Feliks) Adolf Jülich (1888), Hermann Kahn
(1864), Hermann Kahn (1888), Isaak Kahn (1874), Karoline (Karolina) Kahn geb.
Baum (1864), Klara Kahn (1905), Mathilde Lewy (Levie) geb. Kahn (1881), Therese
Metzler geb. Levy (1908), Max (Marcus) Rakhovsky (1893), Adolf Salomon (1890),
Louis Salomon (1900), Josephine Weiler (1889), Julia (Julchen, Jula) Weiler
(1887), Martha Weiler (1899)*, Samuel Weiler (1855), Theresia Weiler geb. Levy
(1857), Eugen Wolff (1897), Ferdinand Wolff (1882), Friedrich (Fréderique)
Wolff (1873), Hedwig(e) Wolff (1880), Wilhelmine Wolfskehl geb. Wolff (1879).
*Es wird noch eine zweite Martha Weiler geb. 1919 in Diefflen genannt,
eventuell sind die beiden Personen auch identisch mit Fehler im Geburtsjahr.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
In jüdischen Periodika des 19./20.
Jahrhunderts wurden - außer dem unten zitierten Artikel - noch keine
Berichte zur jüdischen Geschichte am Ort
gefunden. |
Zur Geschichte des Betsaales / der
Synagoge
Die in Nalbach und Diefflen
lebenden jüdischen Familien benützten zeitweise gemeinsame Einrichtungen, vor
allem nach dem Bau der Synagoge in Nalbach. Um 1850 war in Diefflen
ein Betraum im Haus des Herz Kahn eingerichtet. In Nalbach war "für
die Synagoge ein baufälliges Gebäude" vorhanden, "aber keinen Fond,
um es zu renovieren". Da die offenbar sehr armen jüdischen Familien
Nalbachs alleine keine Synagoge hätten bauen können, erhielten sie finanzielle
Unterstützung von jüdischen Familien aus Saarwellingen.
Diese gaben der Nalbacher Gemeinde die für den Bau noch nötigen Gelder auf fünf
Jahre ohne Berechnung von Zinsen. So konnte die Synagoge vermutlich 1853/54
erbaut und am 20./21. Oktober 1854 (Schabbat Bereschit) mit einem
großen Fest eingeweiht werden:
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. November
1854: "Eine arme, aus zwölf Mitgliedern bestehende Gemeinde,
Nalbach, eine Stunde von Saarlouis, hatte für die Synagoge ein
baufälliges Gebäude, aber keinen Fond, um es zu renovieren; da gingen
Leute aus der benachbarten Gemeinde Saarwellingen hin und schossen den
Armen, der Vorsteher L. Lazar an der Spitze, die noch nötigen Gelder auf
fünf Jahre ohne Zins vor, und nun wurde die Einweihung am Schabbat
Bereschit wirklich erhebend vorgenommen; in dieser kleinen Gemeinde,
wo noch nie eine Synagoge war, versammelte sich die ganze Gegend, sie
bekamen bei 100 Taler geopfert, unter allgemeiner Teilnahme der
christlichen Bevölkerung, Beamten und Geistlichkeit". |
Bei der Synagoge handelte es sich um einen Längssaal mit
Satteldach. Der Bau hatte die relativ kleinen Maße von ca. 6,30 m Breite und
ca. 10,70 m Tiefe. Durch die enge Bebauung und das fehlende Licht an beiden
Längsseiten war es nötig, den Eingangsgiebel und sicher auch die Giebel im
Bereich des Toraschreines mit großen Fenstern zu versehen. Auffallend war
vor allem die Fassade des Eingangsgiebels, die mit dem durch drei Okuli
aufgelockerten Schweifgiebel und der halbrunden Muschelnische an flämische oder
niederländische Barockarchitektur erinnert. Den unteren Bereich der Fassade
prägen romanisch-gotische Stilelemente. Unklar ist, ob die genannten architektonischen
Elemente bereits auf die Zeit von 1854 zurückgehen oder auf die Renovierung
1891/92, die nach dem nachstehend beschriebenen Ereignis notwendig war:
Am 27. November 1891 brannte die Synagoge ab. Überraschenderweise
wird das Gebäude als "schon seit Jahren baufällig" beschrieben. Um
einen sehr stabilen Bau kann es sich bei dem Bau von 1854 nicht gehandelt haben.
Vorstellbar sind Risse im Bauwerk durch Setzungen des nicht gut fundamentierten
Gebäudes.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. März 1891:
"Glaubensgenossen! Unsere Synagoge, die schon seit Jahren baufällig
war, ist am 27. November ein Raub der Flammen geworden; nur die morschen
Mauern blieben stehen. Die Provinzial-Feuerversicherung, bei der wir
versichert hatten, vergütete den geringen Betrag von nur 250 Mark, was
für einen Neubau kaum nennenswert ist, und dennoch müssen wir mit allem
Ernste daran denken, wenn unsere Gemeinde, die aus den 15 wenig
begüterten Familien der Ortschaften Nalbach, Dieflen und Dillingen
besteht, nicht ganz zerfallen soll.
Steht uns bei in dieser Not! Helft uns aufrichten das Haus unseres Gebetes
und neu begründen das Band, das uns Zerstreutliegende verbinden. Echod
ha Marbe, Weechod ja Mamot. 'Sei Eure Gabe groß oder klein', mit
innigstem Danke wollen wir sie entgegennehmen und Euch segnen.
Nalbach bei Saarlouis, 7. Januar 1891. Der Vorstand: Moses Bonu.
---
Wir sind gerne bereit, Obiges zu beglaubigen und es der Mildtätigkeit
anzuempfehlen. Saarwellingen, 9. Januar 1891. J. Heß, Lehrer. Daniel
Lazar, Vorstand. Daniel Levy I., Vorstand. Moses Bonnem, Vorstand.
---
Ich bin gerne bereit, Obiges zu beglaubigen und es der Mildtätigkeit
anzuempfehlen.
Malnach, 9. Januar 1891. Der Ortsvorsteher: Kockler." |
Auf Grund von eigenen Mitteln
einschließlich des Betrages der Feuerversicherung und vermutlich auf Grund
eines Darlehens sowie der aus anderen Gemeinden
eingegangenen Spendengeldern konnte die Synagoge noch 1891 oder 1892
umfassend renoviert werden. Ein Bericht zu ihrer Wiedereinweihung wurde noch
nicht gefunden.
Auch 1922 fand eine Renovierung statt.
Auf Grund der in der NS-Zeit zurückgegangenen Zahl der
jüdischen Gemeindeglieder wurde die Synagoge 1937 verkauft. Die
wichtigsten Ritualgegenstände wurden entfernt und ein Teil des Gebäudes
abgebrochen. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die verbliebene Ausstattung
der Synagoge demoliert. Vermutlich gab es auch einen Versuch der Brandstiftung.
Das Gebäude blieb jedoch insgesamt erhalten, wurde im Krieg 1944/45
durch Artilleriebeschuss beschädigt, konnte aber noch bis zum Abbruch 1950/51
als Lagerraum für landwirtschaftliche Vorräte verwendet
werden.
Standort der Synagoge: Mittelstraße 17
Fotos
Historische Fotos
(Quelle des Fotos links: Tigmann s. Lit. S. 63 oder
Landesamt s. Lit.
S. 448) |
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Die Synagoge in Nalbach,
Aufnahme zwischen 1937 und 1945. |
Postkarte aus Nalbach
von 1898 mit Synagoge
(2018 bei Auktion entdeckt, der Webmaster wurde
jedoch beim Bieten übersteigert) |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
März 2015:
In Nalbach sollen "Stolpersteine"
verlegt werden |
Artikel von Dieter Lorig in der
"Saarbrücker Zeitung" vom 5. März 2015: "Nalbach. Stolpersteine sollen die Erinnerung an Nalbacher Juden bewahren
Schüler der Erweiterten Realschule in Nalbach setzen mit ihrem Engagement ein Zeichen gegen das Vergessen
Schülerinnen und Schüler der Schule am Litermont haben in der Nalbacher Turnhalle ein neues Projekt öffentlich vorgestellt. Mit zehn so genannten Stolpersteinen werden sie in Nalbach die letzten Wohnorte verfolgter Juden während der NS-Zeit kennzeichnen.
Mit der Verlegung von so genannten Stolpersteinen soll in Nalbach an die Vertreibung und Vernichtung der dort vor 1940 ansässigen Juden erinnert werden. In das Projekt
'Kunstdenkmal Stolpersteine' des Kölner Künstlers Gunter Demnig sind die
'Schule am Litermont' (ERS), die Gemeindeverwaltung und das St. Wendler Adolf-Bender-Zentrum eingebunden.
Bei der öffentlichen Vorstellung des Projektes in der alten Nalbacher Turnhalle informierten Torben Kloß (15) und Lara Arand (14) aus der ERS-Klasse 9c über Details des Projektes. Demnach ist geplant, in Nalbach zehn Stolpersteine jeweils an den letzten frei gewählten Wohnorten verfolgter und deportierter Juden zu verlegen.
'Mit den verlegten Stolpersteinen vor den Häusern wird deutlich, dass diese Menschen mitten unter uns
lebten', sagte Bürgermeister Lehnert. Er lege besonderen Wert darauf, dass nur dort Steine verlegt werden, wo hierüber Einvernehmen mit den Hauseigentümern bestehe.
15 Schüler und Schülerinnen der ERS Nalbach arbeiten in den nächsten Monaten gemeinsam mit ihrer Deutsch- und Geschichtslehrerin Jennifer Willeke und Uwe Albrecht vom Bender-Zentrum die Geschichte der Nalbacher Juden auf.
Die Ergebnisse werden die Schüler schriftlich und in einem selbst gedrehten Videofilm dokumentieren. Jeder der 96 mal 96 Millimeter großen Stolpersteine kostet 120 Euro. Für sechs Steine gebe es bereits private Sponsoren, teilte Bürgermeister Lehnert mit. Weitere Sponsoren seien willkommen.
Geplant ist, die Stolpersteine in Nalbach während des Schuljahres 2015/16 zu verlegen. Allein im Saarland sind bereits in 36 Städten und Gemeinden Gedenksteine des Künstlers Demnig verlegt worden. Die quaderförmigen Betonsteine haben auf der Oberseite eine beschriftete Messingplatte. Darauf steht unter anderem der Name von Menschen, die während der NS-Zeit verfolgt, deportiert und ermordet wurden."
Link
zum Artikel |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Hans Eckert: Die Visionen des Aaron von Illingen.
Ottweiler 1988. |
| Eva Tigmann: "Was geschah am 9. November
1938?" - Eine Dokumentation über die Verbrechen an der jüdischen
Bevölkerung im Saarland im November 1938. Eine Veröffentlichung des
Adolf-Bender-Zentrums St. Wendel. 1998. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 463-464 (mit weiteren Literaturangaben). |
| Hans Peter
Klauck: Jüdisches Leben in der Stadt und im Landkreis Saarlouis 1680
- 1940. 956 S. Saarlouis 2016. ISBN 10: 3933926653 ISBN-13:
978-393396654 Preis: 44 € zuzüglich
Porto und Verpackung.
Bestellungen an: Vereinigung für die
Heimatkunde im Landkreis Saarlouis e.V. Kreisarchiv
Saarlouis Postfach 1840 66718 Saarlouis Tel.:
0-6831-444425 E-Mail
(heimatkunde[et]vfh-saarlouis.de)
Hinweis: Der Autor Hans Peter Klauck arbeitet seit Jahren an einer
Dokumentation aller jüdischen Mitbürger von ihrem ersten Auftreten im
Landkreis und der Stadt bis zur letzten Deportation durch die Nazis am 22.
Oktober 1940. Im Buch werden 12.483 jüdische Bewohner des Landeskreises
dokumentiert mit sehr vielen historischen Fotos und Dokumenten. Die
jüdischen Geschäfte und Gewerbe in den einzelnen Orten des Kreises sind
ausführlich beschrieben. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Nalbach
Saar. Jews were present by the early 18th century. In 1808, their population was
16, reaching a peak of 68 in 1858 and then dwindling to 23 (total 2,735) in June
1933. A synagogue consecrated in 1854 and a cemetery were shared with the Jews
of Diefflen. The Synagogue was damaged on Kristallnacht (9-10 November
1938) and afterwards razed. Sixteen Jews left in the Nazi era but only a few
managed to find a haven. The rest were expelled or deported to the Gurs
concentration camp up to the end of 1940. Fourteen perished in the
Holocaust.
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