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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Rohrbach (Stadt Heidelberg, Rhein-Neckar-Kreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Rohrbach bestand eine jüdische Gemeinde bis 1937, deren
Entstehung in das 17. Jahrhundert zurückgeht. 1689 wird Moses Mayer genannt,
der zur Zeit des pfälzischen Erbfolgekrieges mit seiner Familie von Rohrbach
nach Mannheim geflüchtet war. Vielleicht lebten er und andere jüdische
Familien in der Rohrbacher "Judengasse" (seit 1921 in Blumenstrasse, 1927 in
Weingasse umbenannt).
Im 18. Jahrhundert werden 1712 die beiden jüdischen
Familienvorsteher Wolf und Kübele genannt; 1722 und 1743 gab es
je vier jüdische Familien am Ort. Im letztgenannten Jahr waren es die Familien
von Wolf Moyses, Moyses Wolf, Seligmann Kieffe und Joel Wolff. Als
"Konzessionsdiener" werden zusätzlich Nathan Moyses und Moyses Nathan
aufgeführt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1832 113 jüdische Einwohner, 1836 103, 1839 101; höchste Zahl um 1865 mit
122 Personen. Danach ging die Zahl durch Abwanderung der jüdischen Familien
zurück: 1875 93, 1880 87, 1885 69, 1890 54, 1895 44 jüdische Einwohner, 1905
42, 1910 39.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
jüdische Schule und ein rituelles Bad. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet
tätig war (siehe unten die Notiz zu den Lehrern Isack Billigheimer und Lehrer
Benedikt Rosenhain; 1899 wird Lehrer Heinemann genannt bei der
Trauerfeier für Rabbiner Dr. Sondheimer in Heidelberg). Die Gemeinde gehörte seit 1827 zum Bezirksrabbinat in Heidelberg.
Um 1924, als zur Gemeinde noch etwa 40 Personen gehörten, waren die Gemeindevorsteher
Karl Mayer und Oskar Ehrmann. Als Lehrer kam Lehrer Raphael Jacob aus Heidelberg
regelmäßig nach Rohrbach (zu ihm siehe Seite zu den
Lehrern in Heidelberg). Er unterrichtete an der Religionsschule der Gemeinde
zwei Kinder. An der Volksschule in Rohrbach erhielten fünf jüdische Kinder
Religionsunterricht durch Lehrer Jacob. Drei
Kinder erhielten ihren Religionsunterricht durch Rabbiner Dr. Pinkuß
(Heidelberg) und durch Lehrer Krämer.
1927 wurde der Ort Rohrbach nach Heidelberg eingemeindet.
Zum 1. April 1937 wurde
die noch rund 30 Personen umfassende Gemeinde mit Genehmigung des
Staatsministeriums mit der Heidelberger Gemeinde vereinigt.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Lehrer Isack Billigheimer in Rohrbach und Lehrer
Benedikt Rosenhain in Schmieheim tauschen ihre Stelle (1849)
Anmerkung: Lehrer Isaak Billigheimer war ein Sohn des Theodor
Billigheimer, Schutzbürger in Adelsheim
und der Mathilde geb. Isaak. Er war in erster Ehe verheiratet mit Karolina geb. Steinhardt (Tochter des Ascher Steinhardt in Dittigheim
und der Magdalena geb. Steinhardt; geb. um 1801 in Dittigheim,
gest. 26. Dezember 1849 in Schmieheim), mit der er eine Tochter Sara hatte (geb.
1849, gest. 1850). In zweiter Ehe war er verheiratet mit Jette geb. Schnurmann, mit
der er zwei Kinder hatte: Hanna (1851) und Rosa (1853).
Lehrer Benedikt Rosenhain (bzw. Rosenhaim) war verheiratet mit Maria geb.
Geismar. Zwei seiner Kinder sind aus dem Ortssippenbuch Schmieheim (S. 405)
bekannt: Karolina (geb. 25. Oktober 1847) und Jette (geb. 8. Februar
1849). 1849 wechselte Lehrer Rosenhain von Schmieheim
nach Rohrbach.
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 14. Juli 1849 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Der zwischen dem Isack Billigheimer, Inhaber der mit dem
Vorsängerdienste verbundenen Hauptlehrerstelle an der öffentlichen
israelitischen Schule in Rohrbach bei Heidelberg und dem Hauptlehrer an
der öffentlichen israelitischen Schule in Schmieheim
Benedikt Rosenhain zustande gekommene Diensttauschvertrag hat die
diesseitige Genehmigung erhalten."
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Auflösung der jüdischen Gemeinde (1937)
Artikel
in der "CV-Zeitung" - Zeitschrift des
"Central-Vereins" vom 1. April 1937: "Baden. Der Oberrat
der Israeliten Badens gibt bekannt, dass mit Genehmigung des
Staatsministeriums und des Synodalausschusses die israelitischen Gemeinden
in Östringen,
Eberstadt und
Odenheim aufgelöst und die noch
verbleibenden Mitglieder anderen Gemeinden zugeteilt werden. Die
Religionsgemeinden Heidelberg und Rohrbach sind zu einer Gemeinde mit der
Bezeichnung Israelitische Religionsgemeinde Heidelberg mit Wirkung vom 1.
April 1937 vereinigt worden." |
Weitere Dokumente
Brief
von J. (Joel?) Wolf aus Rohrbach
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
Kirchheim/Ries) |
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Der Brief wurde am
13. September 1867 von J. (Joel?) Wolf aus Rohrbach bei
Heidelberg
an Seligmann Gutmann in Philippsburg
geschickt. |
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge
Ein erstes Betzimmer hat
man schon im Bereich der ehemaligen "Judengasse" vermutet, wofür es
jedoch keine näheren Hinweise gibt. Jedenfalls war 1835 eine
Synagoge bzw. ein größerer Betsaal der jüdischen Gemeinde vorhanden, in dem
in diesem Jahr eine "Konfirmationsfeier" der jüdischen Gemeinde (Bar-/Bat-Mizwa
Feier für mehrere Jugendliche) stattfinden konnte:
Konfirmationsfeier in der Rohrbacher
Synagoge (1835)
Artikel
in der "Karlsruher Zeitung" vom 22. Juni 1835: "Eingesandt. Am
Sabbat, den 13. dieses Monats, fand in der hiesigen Synagoge ein heiliger
Akt statt, welchen zu veröffentlichen wir uns verpflichtet fühlen. Nach
hoher Verordnung der großherzoglichen Regierung des Niederrheinkreises vom
23. Oktober 1832, Nr. 13161, sollen feierliche Schulentlassungen durch die
Rabbiner vorgenommen werden. Demzufolge wurden an besagtem Tage, im Beisein
aller hiesigen Israeliten, dann des hochverehrten evangelischen Herrn
Pfarrers Ripstein, des Ortsvorstandes und mehrerer ehrenwerten
christlichen Mitbrüder, zwei Knaben (Mädchen hatten in diesem Jahre das
Entlassungsalter nicht erreicht) in der hiesigen israelitischen Gemeinde
durch den hochwürdigen Bezirksrabbiner Salomon Fürst in Heidelberg
auf die feierlichste Weise der Schule entlassen.
Der von dem würdigen, fleißigen, in seinem Berufe gewissenhaften Lehrer
Billigheimer geleitete und von der Schuljugend abgehaltene, diese
heilige Handlung eröffnende Choralgesang; das darauf von dem hochgeschätzten
Rabbiner mit Inbrunst und sichtbarer Rührung verrichtete Gebet; der dann
wiederholte Choralgesang; die von dem Geistlichen gehaltene Predigt, worin
dessen Streben, Tugend und Gottesfurcht, religiöse Bildung und wahre
Aufklärung mit dem Lichte der mosaischen Religion zu verbreiten, sich
aussprach; die von Wohldemselben an die zu Entlassenden gestellten, von
demselben zu ihrer und ihres Lehrers Ehre richtig und pünktlich
beantworteten Fragen über die Pflichten gegen Gott, gegen den Nächsten,
gegen Fürst und Staat; das darauf von den Entlassenen in rührender
kindlicher Einfachheit verrichtete Gebet; der herrliche Nachruf des
mehrgedachten ehrwürdigen geistlichen an dieselben; der ihnen mit Würde
erteilte Segen; das mit Wärme und Ergießung des Herzens vom erwähnten
Geistlichen verrichtete Gebet, und der mittelst eines, die ganze heilige
Handlung schließenden Choralgesanges ausgesprochene Abschied der Entlassenen
von der Schuljugend, bildeten ein harmonisches Ganzes, das nichts zu
wünschen übrig ließ, und in der zahlreichen Versammlung fand sich auch kein
Herz ungerührt, kein Augen ohne Tränen und Niemand unbefriedigt. wie höchst
erfreulich es war, nach beendigter Feier aus dem Munde aller Anwesenden den
ungeteilten Beifall und die volle Anerkennung des Verdienstes des
hochwürdigen Rabbiners und würdigen Lehrers zu vernehmen. Möge diese
wahrhaft religiöse Feier Aufmunterung und Nachahmung in vielen anderen
Gemeinden finden, und so wäre der Zweck dieser Zeilen vollkommen erreicht.
Rohrbach, bei Heidelberg, den 16. Juni 1835.
Der Synagogenrat: Abraham Wolff, Vorsteher und Bezirksältester Nathan
Lobmann, Isaac Maier, J." |
Diese Synagoge/ der
Betsaal, in der/dem die Konfirmationsfeier (Bar-Mizwa-Feier) 1835 stattfand, war im "Würtelischen Haus"
eingerichtet, dem
damaligen Haus des Nathan Wolf in der Rathausstrasse 54. Ein
"menschenfreundlicher, frommer Glaubensgenosse" hatte ihn seinerzeit
der jüdischen Gemeinde unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Freilich
herrschte Anfang der 1840er-Jahre eine drückende Enge in diesem Betsaal. Bis zu
70 Personen waren zu den Gottesdiensten in dem 3,0 m hohen, 6,60 langen und 7,20
breiten Raum versammelt. In einem Bericht von 1842 heißt es: "Dass dieses
Zusammenzwängen so vieler zum Teil oft sehr unreinlicher Menschen in solch
engem Raum besonders bei warmer Witterung höchst unangenehm, der Gesundheit
nachteilig, Krankheit erzeugend ist, sogar sein muss, bedarf wohl keiner
weiteren Ausführung". Die Betstühle und Pulte verbrauchten sowieso schon
viel Platz. Die Berichterstatter meinten, innerhalb weniger Jahre müsste man
"die Betenden den Heringen gleich aufschichten", wenn nicht bald ein
größerer Betsaal in Rohrbach eingerichtet werden könnte. Das Oberamt
Heidelberg, an den dieser Bericht der Gemeindeglieder Joel Wolf und Simon Maier
gerichtet war, ließ sich von der Notwendigkeit überzeugen, dass die jüdische
Gemeinde Rohrbachs Bedarf zur räumlichen Erweiterung ihres Betsaales hatte.
Eine solche Erweiterung im Haus des Nathan Wolf wurde auch zunächst überprüft,
jedoch erklärte dieser, dass "wegen Mangels an Raum" eine Erweiterung
in seinem Haus nicht in Frage käme.
Eine bald eingerufene Gemeindeversammlung drückte einstimmig den Wunsch
aus, dass baldmöglichst ein Grundstück erkauft und eine Synagoge nebst
einem Schulhaus darauf erbaut werden soll. Der Synagogenrat ließ sich zum
Ankauf eines Platzes ermächtigen. Im Mai 1842 konnte man zum Preis von 1.000
Gulden einen Platz von Martin Kaltschmidt unmittelbar beim Rohrbacher Rathaus
erwerben. Nachdem ein Kostenvoranschlag eingeholt war, beriet eine weitere
Gemeindeversammlung im Juni 1842 darüber, wie die finanziellen Mittel
beigebracht werden konnten. Man beschloss, dass jeder israelitische Bürger
Rohrbachs 47 Gulden 29 Kreuzer im Laufe von zwei Jahren entrichten musste. Am 4.
Mai 1845 stimmten das Oberamt Heidelberg und der Oberrat der Israeliten dem
Synagogenbau zu. In den folgenden beiden Jahren wurde mit einem Kostenaufwand
von etwa 8.000 Gulden die Rohrbacher Synagoge erbaut. Sie konnte am 26. und 27.
Dezember 1845 feierlich eingeweiht werden. Mit den Baukosten hatte sich die jüdische
Gemeinde eine hohe Schuld aufgebürdet. 1847 musste man im Blick auf die
Restschuld von Hofrat Wilhelmi in Heidelberg ein Darlehen in Höhe von 3.700
Gulden aufnehmen.
Zur Einweihung der Synagoge
(1845)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 29. Januar 1846:
"Heidelberg, 31. Dezember 1845. Bei Gelegenheit der Feier der
Einweihung der neuen Synagoge zu Rohrbach erschien im hiesigen Journal
folgender Artikel, der um so mehr der Beachtung verdient, als er aus der
Feder des dortigen katholischen Geistlichen floss. 'Rohrbach, 16. Dezember
1845. Heute wurde die feierliche Einweihung der neuen Synagoge dahier nach
der im Programm gegebenen Andeutung durch den Bezirksrabbiner Fürst von
Heidelberg vorgenommen. Die Feier war erhebend und erbauend sowohl durch
den schönen Gesang, um welchen sich die beiden Schullehrer von hier und Reilingen
sehr verdient gemacht haben, als auch durch die vom Rabbiner gesprochene
Weihepredigt. Nciht nur der deutliche würdevolle Vortag und die
durchsichtige, wohl gelungene Durchführung des Themas, sondern auch vor
allem der reine Gottesdienst und die vortreffliche sittliche Anwendung der
Zeremonie war es, was der seltenen Feier eine wahrhaft religiöse Weihe
verlief, und selbst die Gemüter der mit dem Judentum sonst nicht
Befreundeten nicht unbewegt und unerbaut ließ. Öftere Predigten in
diesem Geiste würden wohl einen noch lebendigen und nachhaltigeren
Eindruck machen, als selbst der Anblick der mit Kunst befertigte Coteret
Tora, d.i. der goldgestickten Gesetzeskrone. Möchte, dem Wunsche Vieler
gemäß, die Rede nebst Nachgebet und Weihegedicht im Druck
erscheinen!'" |
Fast 100 Jahre war die Synagoge in Rohrbach
Zentrum des jüdischen Lebens am Ort. 1896 war sie von einem Brand in
einer benachbarten Scheune bedroht:
Die Synagoge entging nur mit Mühe
einem Brand (1896)
Artikel
in der "Badischen Presse" vom 23. September 1896: "Rohrbach (Amt
Heidelberg), 22. September 1896. In der mit Stroh gefüllten Scheuer des
Metzgers Scherz brach vorgestern Mittag ein heftiges Feuer aus, dem die
ganze Scheuer zum Opfer fiel. Mit Mühe gelang er der Feuerwehr, die starb
bedrohte Synagoge zu retten." |
In der Pogromnacht im November 1938 wurde die Synagoge
zerstört. Angehörige des SA-Studentensturms waren, nachdem sie die
Heidelberger Synagoge niedergebrannt hatten, am frühen Morgen des 10. November
von der Altstadt zur Synagoge in Rohrbach gezogen. Ihnen hatten sich Mitglieder
des Pioniersturms der SA angeschlossen. Gemeinsam schlugen sie die Tür der
Synagoge ein, zertrümmerten im Innern mit ihren Äxten die Bänke und anderes
Holzwerk, schichteten es zusammen mit Büchern und Akten und steckten es in
Brand. Das Deckengebälk und das Gebäude selbst wurden vom Feuer nur wenig
angegriffen, da die Rohrbacher Feuerwehr zum Schutz der Nachbargebäude
rechtzeitig eingreifen durfte. Brandstiftung und Löscharbeiten wurde von etwa
15 bis 20 Zuschauern und Passanten verfolgt. Als der Kreisleiter zwischen 7 und
8 Uhr an der Rohrbacher Synagoge eintraf, war die SA bereits mit einem
Lieferwagen abgefahren und der Brand fast gelöscht. Das Synagogengebäude wurde
in den folgenden Monaten (vor Mai 1940) abgebrochen. Nach anderen Angaben ist
das Gebäude erst nach 1945 beseitigt worden. Doch ist in einem Plan vom Mai
1940 (Archiv Nr. R 8/001) das Grundstück Rathausstraße 35/37 bereits mit
"abgebrochener Synagoge" bezeichnet.
Seit dem 27. April 1985 erinnert ein Gedenkstein am Platz
der Synagoge (Rohrbacher Rathausplatz) an deren Schicksal. Der Davidstern des
Gedenksteins ist aus rotem Balmoral-Granit, während die Granit-Basisplatte aus
dem Steinbruch aus Flossenbürg in der Oberpfalz stammt (ehemaliges KZ und
Hinrichtungsstätte zahlreicher Widerstandskämpfer). Die Inschriften des
Gedenksteines sind: ein großes "chai" (lebe!), auf den Sockelplatten
der Text "Hier stand von
1845-1938 die Synagoge der jüdischen Gemeinde Rohrbach. Sie diente dem Lobe
Gottes, bis sie in der Nacht zum 10. November von frevelhafter Hand zerstört
wurde", und ein Zitat aus Jesaja 51,1: "Schaut auf den Fels, aus dem
ihr gegraben, und auf den Brunnen, aus dem ihr gegraben".
Im Synagogengebäude war bis 1876 auch eine jüdische Konfessionsschule. Unweit der Synagoge stand die
Mikwe auf dem Grundstück
Rathausstraße 49/51 (heute ein schmaler, tangential zulaufender Platz zwischen
den Häusern Nr. 47 und 53). Alte Aufnahmen zeigen ein kleines Gebäude, das
schon vor 1833 als Kaltwasser-Mikwe existierte und dann auf Druck der Behörden
umgebaut werden musste. Das Gebäude der Mikwe stand noch bis in die
1950er-Jahre und diente zuletzt einer benachbarten Schreinerei als Lagerplatz.
Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden in Wiesloch, nach der Eingemeindung von
Rohrbach nach Heidelberg (1927) in Heidelberg (Bergfriedhof)
beigesetzt.
2013/2015 wurde der Rathausplatz neu gestaltet und die
Infrastruktur erneuert. Der neu gestaltete Platz bietet seitdem einen offenen
Bereich im Westen im Bereich der ehemaligen Synagoge und einen
zurückversetzten, ruhig gelegenen Platz westlich und nördlich des Alten
Rathauses. Der westliche Rathausplatz ist nun geprägt durch einen Baumhain aus
kleinkronigen Bäumen mit Sitzmöglichkeiten und das Denkmal zur Erinnerung an
die ehemalige Synagoge. Eine weiße Linie aus Granit zeichnet die Mauern der
früheren Synagoge nach. Die Einweihung des neu gestalteten
Rathausplatzes war am 9. Mai 2015.
Fotos
Historische Fotos:
(Quelle: Heimatmuseum Rohrbach; Foto links bei hilfe-hd.de: hier
anklicken)
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Synagogenplatz vor der
Einrichtung der
Gedenkstätte
(Foto: Hahn, 1984) |
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Blick über den Rathausplatz |
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Der Gedenkstein für die ehemalige
Synagoge auf dem
Rohrbacher Rathausplatz |
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(Farbfotos: Hahn;
Aufnahmedatum 25.6.2004) |
Der Gedenkstein; im
Vordergrund ist auf der Sockelplatte ein Teil des Textes lesbar |
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Blick über den Rathausplatz;
in der
Mitte der Gedenkstein |
Der Gedenkstein
mit der Bodeninschrift |
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Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Februar 2020:
Neunte Verlegung von
"Stolpersteinen" in Heidelberg - darunter für die Familie des letzten
Gemeindevorstehers in Rohrbach Oskar Ehrmann |
Artikel von Hans Böhringer in der
"Rhein-Neckar-Zeitung" vom 10. Februar 2020: "Den 'Namen zurückgeben' -
Neunte Stolpersteinverlegung in Heidelberg
Künstler Gunter Demnig erinnert an NS-Verfolgte - Nachfahren erzählen
Familienschicksale
Heidelberg. 'Heimat, das ist ein Wort, das ich lange nur mit dem
Herzen verstanden habe', erklärt Linda Ziskind. Im Halbkreis stehen die
Zuhörer vor dem ehemaligen Wohnort ihres Großvaters nahe dem Rohrbacher
Markt. Noch ist der Zement nass rings um die sechs Messingschilder vor der
Türschwelle, eben erst kniete Gunter Demnig dort auf dem Boden, klopfte und
strich die neu gesetzten Steine ins Lot. Jetzt hat er sich zurückgezogen, an
allen Stationen an diesem Montag erledigt er seine Aufgabe sorgfältig und
schnell – und überlässt anderen das Erzählen. Europaweit lässt der Künstler
Demnig die Plaketten in den Boden ein. Auf einer jeden dokumentiert er die
Lebensdaten einer von den Nationalsozialisten verfolgten Person. Mit den
Stolpersteinen will Demnig diesen Menschen 'ihren Namen zurückgeben'. Als
Ort wählt er dafür die letzte selbst gewählte Wohnung der Opfer vor der
Flucht oder der Deportation. An den Ort kommen dann mit den Namen auch die
Geschichten zurück. Linda Ziskind ist mit ihren Cousins aus den Vereinigten
Staaten angereist. Ihr Großvater war Oskar Ehrmann, er lebte mit seinen
beiden Söhnen Hans und Rolf in Rohrbach. 1936 musste der jüdische
Geschäftsmann unter dem Druck der Nürnberger Rassengesetze seinen Tabakladen
schließen und das Haus verkaufen. Den Ehrmanns gelang die Flucht in die USA.
Später lernte dort, in New Jersey, Linda Ziskind die Heimat ihres Vaters
Hans kennen, im Haus der Großeltern: Denn die hatten ihren gesamten Hausrat
mitgenommen – wie eine Zeitmaschine habe das einen in das Rohrbach der
Dreißigerjahre transportiert, erklärt sie.
Zum neunten Mal werden Stolpersteine auch in Heidelberg verlegt, ungefähr
die Hälfte von Demnig persönlich. Ziskind betont damit, wie sehr ihre
Familie in Deutschland verwurzelt war: Nicht etwa Juden, die zufällig in
Deutschland lebten, seien ihre Vorfahren gewesen, sondern Deutsche, die eben
jüdisch waren. Sie hat einen Stammbaum dabei und erklärt, ihr Vater sei die
siebte Generation gewesen, die in der Region Heidelbergs zur Welt kam. Die
Brüder Hans und Rolf Ehrmann wollten der US-Armee beitreten, um die Nazis zu
bekämpfen. Hans wurde abgelehnt, denn seit einem Unfall im Tabakladen seines
Vaters war er auf einem Auge blind. Viele Jahre später, in den Achtzigern,
kehrte er dennoch nach Heidelberg zurück, klingelte bei einem Nachbarhaus
und stellte sich vor: 'Ich habe hier einmal gelebt.' Der alte Mann, der an
die Tür geholt wurde, erkannte Hans: 'Ach ja, du bist der kleine Junge, der
sich das Auge mit dem Messer ausgestochen hat.' Viele solche Anekdoten kann
Linda Ziskind erzählen – sie alle zeigen: Die Ehrmanns waren mitten drin in
ihrer Nachbarschaft..."
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 128-129. |
| Georg Ludwig Menzer: Rohrbach bei Heidelberg. Eine pfälzische Ortsgeschichte.
Heidelberg 1926. |
| Karl Heinz Frauenfeld: Rohrbach im Wandel der Zeit. Eine
Ortsgeschichte aus der Kurpfalz. 1981. |
| Geschichte der Juden in Heidelberg. Mit Beiträgen von Andreas Cser,
Susanne Döring, Norbert Giovannini u.a. Heidelberg 1996. Hierin Näheres zu
Rohrbach in den Beiträgen von Martin Krauss (Der Bevölkerungsanteil... S.
155), von Udo Wennemuth ("Die israelitische Gemeinde in Rohrbach"
S. 397f), im Beitrag vom Frank Moraw (S. 506 zur Pogromnacht 1938 in
Heidelberg) |
| Ursula Röper/Claudia Rink: Jüdisches Leben in Rohrbach.
In: der punker. Leben in Rohrbach. Ausgabe 02/2003.
|
| Claudia Rink: Jüdisches
Leben in Rohrbach: In: Heidelberg - Jahrbuch zur Geschichte der Stadt. Hg.
vom Heidelberger Geschichtsverein.
2003/04 Jahrgang 8 S. 65-87. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007. |
| Christiane
Twiehaus: Synagogen im Großherzogtum Baden (1806-1918). Eine
Untersuchung zu ihrer Rezeption in den öffentlichen Medien. Reihe: Schriften
der Hochschule für jüdische Studien Heidelberg. Universitätsverlag Winter
Heidelberg 2012.
Zur Synagoge in Rohrbach: S. 58-61. |
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|