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im Elsass"
Scherwiller
(Scherweiler, Dep. Bas-Rhin / Alsace / Unterelsass)
Jüdische Geschichte / Synagogue / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Scherwiller bestand eine im 18./19. Jahrhundert relativ
große jüdische
Gemeinde bis in die 1930er-Jahre. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18.
Jahrhunderts zurück. 1784 wurden 31 jüdische Familien mit zusammen 169
Personen gezählt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1807 240 jüdische Einwohner, 1849 290, 1861 317, 1870 308, 1887 191, 1900 127,
1910 84.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(israelitische Elementarschule/Volksschule, ab ca. 1895 noch Religionsschule) und ein rituelles Bad. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden auf dem Friedhof
in Selestat (Schlettstadt) beigesetzt (vgl. Bericht zur Beisetzung von Herrn
und Frau Cerf). Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, dazu ein Vorbeter, der teilweise auch als Schochet tätig war. Nach
einem Bericht in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. Juni 1843
erhielt der israelitische Lehrer von der Stadt einen Gehaltszuschuss von 300 Fr.
Als Lehrer werden genannt: um 1887/1889 Herr Hirschel, um 1892 Herr Kahn,
um 1893 V. Hirsch. Als Vorbeter werden genannt: um 1887/1889 Herr Meyer, um
1892/1894 L. Heimann. Um 1895/1899 wird nur noch L. Heimann als Lehrer und
Kantor genannt (seitdem gab es auch nur noch eine israelitische Religionsschule
und keine Konfessionsschule mehr).
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1896/1899 A. Wolff.
An jüdischen Vereinen wird genannt: die Chewra Chonen Dalom (Zweck:
Gegenseitige Unterstützung; um 1905 unter Vorsitz von N. Cahn).
Die Gemeinde
gehörte zum Rabbinat Dambach (vgl. Bericht
zu den Beisetzungen des Ehepaares Bloch, bei denen Rabbiner Dr. Singer von Dambach
redete), seit 1910 zum Rabbinat Barr.
1936 lebten noch 39 jüdische Personen am Ort. Diejenigen, die in den
folgenden Jahren den Ort nicht verlassen konnten, wurden unter der deutschen
Besatzung 1940 nach Südfrankreich deportiert.
Von den in Scherwiller geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Regine Bachmann
(1886), Blanche Cohen (1890), Céline Dreyfus-Kahn (1885), René Dreyfus (1920),
Lazare Heimann (1865), Edwin Heimann (1891), Jacques Kahn (), Camille Levy
(1875), Sylvain Levy (), Heymann Levy (1878), Félix Levy (1889; Bertin Marx
(1876), Lucie Sztajnbuch (1904).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Die Stadt gibt einen Zuschuss von 300
Fr. für die Bezahlung des Lehrers (1843)
Mitteilung
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. Juni 1843:
"Für den guten israelitischen Lehrer zu Scherviller gibt die Stadt
allein 300 Fr." |
Berichte zu einzelnen
Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Herrn und Frau Cerf und Sara Bloch (1886)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Januar 1886:
"Schwerweiler (Unter-Elsass), 6. Januar (1886). Unsere
Gemeinde hat in der letzten Zeit herbe Verluste erlitten. Im Laufe von 12
Tagen hat der unerbittliche Tod in ein edles, echt jüdisches Familienhaus
zweimal seinen Einzug gehalten und zwei edle Menschenleben, Herrn und Frau
Cerf Bloch, dahingerafft. 35 volle Jahre der Liebe und Eintracht,
der Treue und Hingebung hat dieses Ehepaar mitsammen verlebt und Leid und
Freud gemeinsam geteilt und getragen. Als nun vor Kurzem die treue
Lebensgefährtin, Frau Sara Bloch durch den unerforschlichen Ratschluss
Gottes abberufen ist worden in ein besseres Jenseits, da hat es den Gatten
hienieden nicht länger gelitten, da hat sich seine Seele zur
langjährigen Lebensbegleiterin mit unwiderstehlicher Sehnsucht hingezogen
gefühlt und das Seelenband, das sie so viele Jahre innig umschlungen und
das für kurze Zeit schmerzvoll durchschnitten worden, hat sie im Tode
vereinigt. Die sich geliebt haben im Leben sind auch im Tod nicht
geschieden. Eine Reihe von Jahren war Herr Cerf Bloch, Vorsteher der
hiesigen Gemeinde und Gabbai des hiesigen Ortes für den Friedhof
zu Schlettstadt, welche Ehrenämter er mit aufopfernder Hingebung und
Selbstlosigkeit zur größten Zufriedenheit verwaltete. Mehr als 3
Dezennien fungierte er zu den hohen Feiertagen unentgeltlich als Vorbeter
der Gemeinde und aus der Innigkeit seines Gebetes war seine Religiosität
und Hingebung zu Gott so recht ersichtlich. Um sich zu überzeugen, ob er
auch von der Gemeinde erwünscht sei, hat er in den letzten Jahren nur
gegen schriftliche Aufforderung von Seiten der Gemeinde vorgebetet. - Bei
allen wohltätigen Liebeswerken hat das leider zu früh verstorbene
Ehepaar an der Spitze gestanden und die Armen und Bedrängten, die
Witwen und Waisen haben ihre erste Zuflucht im Hause Bloch gesucht und
gefunden. Als vor etwa 5 Jahren viele unserer Glaubensgenossen in Russland
vertrieben wurden, verlangten die Verblichenen bei dem Comitée in
Königsberg eine Waise zu adoptieren, was auch gewährt wurde. Diese
Waise, ein Mädchen, ist bis auf den heutigen Tag im Hause der Familie
Bloch und haben die Verblichenen nicht nur bei ihrer Lebzeit in des Wortes
schönster Bedeutung Elternstelle bei ihr vertreten, sondern auch
testamentarisch ihre Zukunft gesichert. -
Den eigenen Kindern aber - von denen zwei Söhne in geachteter Stellung in
Frankfurt am Main domizilieren, waren die Verblichenen die zärtlichsten
und fürsorglichsten Eltern, die kein Opfer gescheut, um ihnen sowohl eine
echt jüdisch-religiöse, als auch zeitgemäße Bildung angedeihen zu
lassen, die fortwährend bestrebt waren, das Glück und Wohl derselben zu
fördern. Den beredtesten Ausdruck allgemeiner Achtung und Wertschätzung
bekundeten die beiden Beerdigungen.
War schon bei dem Begräbnisse der Frau Bloch eine seltene, innige
Teilnahme bemerkbar, so hat sich diese bei dem des Herrn Bloch geradezu zu
einer solch großartigen gestaltet, wie sie hier noch nicht stattgefunden.
Außer allen jüdischen Bewohnern des Ortes haben noch an 40
nichtjüdische Bürger offiziell am Leichenbegängnisse teilgenommen (Der
erste derartige Fall im Städtchen). Aus Frankfurt,
Schlettstadt,
Dambach
etc. kamen viele Freunde und |
Verehrer des Verblichenen, um ihm das letzte Geleite zu geben. Auch am Begräbnisorte
zu Schlettstadt, wohin die Leiche geführt wurde, warteten viele
Freunde.
Selbstredend waren beidemale die zwei Söhne aus Frankfurt bei dem
Leichenbegängnisse anwesend, bei welchem Herr Rabbiner Dr. S. SInger
aus Dambach ergreifende, auf Herz und
Gemüt gleich mächtig wirkende Trauerreden hielt. Möge der
Allvater im Himmel den trauernden Zurückgebliebenen lindernden Trost
verleihen, sie aufrichten in ihrem schweren Kummer, den beiden Verklärten
aber in einer besseren Welt, den Gotteslohn gewähren, den Er seinen
Frommen verheißen. Ihre Seele seien eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine erste Synagoge wurde um 1760 eingerichtet. Dabei
handelte es sich um einen Betsaal im Haus des Rabbiners. 1790 wurde die
Synagoge erweitert.
Als in der Mitte des 19. Jahrhunderts das bisherige Haus mit dem Betsaal
baufällig wurde, plante man den Bau einer neuen Synagoge. Dieser konnte 1861/62
durchgeführt werden (Architekt: Antoine Ringeisen). Bis in die 1930er-Jahre war
die Synagoge Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens am Ort. Während der Zeit
der deutschen Besatzung wurde das Gebäude als Unterkunft für polnische
Zwangsarbeiter verwendet.
Nach 1945 wurde das Gebäude wieder als Synagoge verwendet. 1963
wurde das Gebäude an die Stadt verkauft. Es wird seitdem als Feuerwehrhaus
verwendet.
Adresse/Standort der Synagoge: alte
Synagoge (Rabbinatshaus) mit Inschrift: 8 rue de
Giessen neue Synagoge gleichfalls rue du Giessen
Fotos
Das Gebäude der
ehemaligen Synagoge
(Fotos: Rothé/Warschawski s.Lit. S. 115) |
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Im Bereich des früheren
Toraschreines
ist ein Einfahrtstor eingebrochen |
Portalinschrift
"Dies ist das Tor zum Herrn -
Gerechte gehen durch es hinein..."; untere
Zeile "eingeweiht am Freitag, 24. Elul 5622"
= 19. September 1862. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
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Michel
Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire.
Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992. S. 37.115.
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n.e.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
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