zurück zum Friedhof Schmieheim
zurück zur Seite über die Synagoge in
Schmieheim
Das Leben eines jüdischen
Pferdehändlers
Leicht geänderte Fassung eines Artikels von Irmgard Schwanke in: Beiträge zur
Landeskunde von Baden-Württemberg, Heft 4, August 2001, S. 14-15.
(Quelle: http://www.geschichte.uni-freiburg.de/histsem/minderheiten/aufoff3.htm)
Einer der Offenburger Juden aus dem 17. Jahrhundert war Salomon Moyses. Er
lebte sechs Jahre lang in der Stadt und war Pferde- und Kleinwarenhändler.
Moyses wurde in geradezu typische Konflikte verwickelt. Die christlichen
Obrigkeiten reglementierten seine Existenz in starkem Ausmaß.
Obwohl Salomon Moyses nur kurze Zeit in der Reichsstadt wohnt, taucht er knapp
ein Dutzend Mal in den Offenburger Rats- und Kontraktenprotokollen auf. Sie
berichten erstmals von ihm, als der Händler 1674 die Erlaubnis erhält, sich in
Offenburg niederzulassen. Als Herkunftsort wird Grafenhausen - ein kleiner Ort südwestlich
von Offenburg - angegeben.
Bereits ein Jahr nach seiner Ankunft muss sich Salomon Moyses gemeinsam mit den
anderen Offenburger Juden vor dem Stadtrat gegen den Vorwurf wehren, sie würden
mit Glaubensgenossen im damals französischen Breisach kollaborieren. Und 1680
verurteilt der Rat ihn und einige christliche Bürger zu einer Geldstrafe von
zehn Schilling, weil sie die Kamine ihrer Häuser nicht ordnungsgemäß hatten
fegen lassen. Darüber hinaus betreffen alle anderen Quelleneinträge die Geschäftstätigkeit
von Salomon Moyses und insbesondere die Streitfälle, die damit zusammenhängen.
So klagt etwa Mathiß Bluemert aus Bühl gegen den Juden, er habe ihm ein
krankes Pferd verkauft, das innerhalb von zwei Tagen verendet sei. Moyses bringt
zu seiner Verteidigung vor, das Pferd sei nicht an einer Krankheit gestorben.
Ursache sei vielmehr, dass Bluemert mit ihm "in 2 stunden von Straßburg
anhero gerennet" sei, ohne dem Tier vorher Futter gegeben zu haben.
Ein weiteres Konfliktfeld betrifft die Hehlerei. Sie gilt als geradezu typisches
jüdisches Delikt. Obwohl sich oft nicht klären läßt, ob die jeweiligen jüdischen
Händler über die Herkunft der Ware informiert sind, wenn sie Diebesgut veräußern,
werden sie immer wieder zur entschädigungslosen Erstattung verpflichtet.
Auch Salomon Moyses muss laut einem Ratsbeschluss Hans Conradt Heiß von
Schuttern das Geld für ein Pferd zurückgeben, das er ihm verkauft hat. Dabei
handelt es sich offenbar um ein vor längerer Zeit gestohlenes und inzwischen
vom ehemaligen Besitzer zurückgefordertes Tier.
Ebenfalls zu Lasten von Salomon Moyses entscheidet der Stadtrat in einem Streit
zwischen dem Juden und dem Goldschmied Franz Stadler, dessen Frau bei Moyses
zwei Goldringe versetzt hat. Stadler erreicht die Herausgabe der Ringe mit der
Behauptung, "daß sein fraw nicht mehr mit ihme hauße" und ohne sein
Wissen gehandelt habe. Salomon Moyses Forderung, Stadler solle im Gegenzug nun
auch den Geldbetrag zurückerstatten, weist die städtische Obrigkeit ab.
Im Fall der Klage des Offenburger Hanß Conradt Groß gegen jüdische
Konkurrenten ist keine endgültige Ratsentscheidung überliefert. Wenn die
Quelle somit auch keine zusätzlichen Hinweise auf das Verhältnis zwischen dem
Rat und Salomon Moyses liefert, gibt sie doch Auskunft über weitere Geschäftsbereiche
des Juden. Groß beklagt sich, Moyses und drei weitere Juden würden, "ihme
Marquetenter und andere Kauffleuthe von dem standt hinweg nehmen, und [...]
gegen [...] raths gebott mit strümpfen, Zwilch, heuten, haber, und andern
verbottenen Sachen handlen."
Mit der Ausweisung aller Offenburger Juden im Jahr 1680 verliert sich zunächst
die Spur des Salomon Moyses. Die Offenburger Quellen geben keinerlei Hinweise
auf seinen Verbleib. Allerdings ist bekannt, dass 1682 einige Ettenheimer Juden
mit den Grundherren des Ortes Schmieheim einen Vertrag schließen, der die
Nutzung eines Grundstückes als Friedhof regelt. Unter den Vertragspartnern
befindet sich ein Salomon Moses. Er unterzeichnet hebräisch: Schlomo bar Jehuda
Jirm' Mosche s'l. Es spricht einiges dafür, dass es sich dabei um den zuvor in
Offenburg lebenden Pferdehändler handelt. Derselbe Mann wird 1705 auf dem
Schmieheimer Friedhof bestattet. Noch heute befindet sich dort sein Grab.