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Simmern (Hunsrück)
(Kreisstadt,
Rhein-Hunsrück-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Simmern bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1940/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17./18. Jahrhunderts
zurück. Erstmals wird ein Juden in Simmern 1660 genannt (Metzger am Hof
des Herzogs Ludwig Heinrich). 1699 waren vier
"Schutzjuden" am Ort (Hertz, Seligmann, Seligmann Moyses und Feist
Moyses).
Mitte des 18. Jahrhunderts lebten fünf jüdischen Familien in der
Stadt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1808 ca. 74 jüdische Einwohner, 1832 149 (5,7 % von insgesamt 2.604
Einwohnern), 1838 167 (5,7 % von 2.890), 1858 114, 1864 137 (5,4 % von 2.509),
1880 82 (3,8 % von 2.185), 1885 102 (4,9 % von 2.058), 1895 77 (3,6 % von 2.115), 1906
97 (4,0 % von 2.414).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule,
ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und
Schochet tätig war.
Die jüdische Elementarschule sollte alsbald nach den gesetzlichen
Neuregelungen von 1824 eingerichtet werden. Nachdem zunächst noch verschiedene
Privatlehrer die Kinder einzelner jüdischer Familien unterrichtet hatte, wurde
mit Lehrer Isaac Levy aus Trier 1829 ein erster Lehrer für die
Kinder aller Familien angestellt. Seine definitive Anstellung erfolgte im August
1831. 1835 wird das Klassenzimmer der jüdischen Schule als "recht hübsch
und hinlänglich geräumig" für 36 Schüler beschrieben. 1837 wechselte
Levy nach Trier. Sein Nachfolger war bis 1843 Dr. Moritz Block aus
Bernkastel (vgl. Bericht unten von 1838). Seit seinem Weggang 1843 besuchten die
jüdischen Schüler Simmerns die katholische Schule und erhielten durch den
Vorbeter den Religionsunterricht. 1866 gab es neue Bemühungen um die
Fortführung der jüdischen Elementarschule. Sie waren erfolgreich, nachdem mit
Lehrer Victor Ising ein neuer jüdischer Elementarlehrer angestellt
werden konnte. Dieser blieb bis 1870 in Simmern. Die jüdische
Elementarschule wurde wiederum geschlossen, die Gemeinde unterhielt in der
Folgezeit nur noch eine Religionsschule (vgl. Weiteres bei den Ausschreibungen der Stelle des
Religionslehrers, Schächters und Vorbeters unten), die Kinder besuchten für
den allgemeinen Unterricht nun die evangelische Schule.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Max Simon Gärtner
(geb. 24,7,1884 in Simmern, gef. 1.3.1917), Gustav Grünewald (geb. 25.4.1895 in
Simmern, gef. 5.7.1918), Heinrich Heymann (geb. 4.7.1883 in Simmern, gef.
3.8.1916), Ernst Israel (geb. 3.7.1895 in Kirchberg, gef. 22.1.1915) und
Maximilian Salomon (geb. 14.1.1879 in Argenschwang, vermisst seit September
1914).
Die jüdischen Familien waren im Leben der Stadt weitestgehend integriert. Viele
der jüdischen Einwohner waren auch in den allgemeinen Vereinen der Stadt
engagierte Mitglieder. U.a. waren Ludwig Scholem Mitbegründer des Musikvereins
und Mitglied im VfR, Salomon Schloss Mitglied im Musikverein, Adolph Emaniel
Mitglied im Männergesangverein "Frohsinn" und im Musikverein.
Zahlreiche jüdische Männer waren aktiv in der Freiwilligen Feuerwehr Simmern
tätig; viele auch 1859 gegründeten Handwerker und
Gewerbeverein.
Um 1924, als zur Gemeinde 84 Personen gehörten (3,1 % von insgesamt 2.680
Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Adolf Emanuel, Ludwig Ochs und Heinrich
Israel. Der Repräsentanz gehörten an: Leopold Frank, Berthold Bärmann, Josef
Israel, Moritz Salomon, Ludwig Grünewald, Salomon Schloß, Gustav Mayer und
Isaac Bähr. Als
Lehrer, Kantor und Prediger war Bernhard Lehmann angestellt (Lehrer von
1911 bis zum seinem Tod 1929). Er hatte damals acht Kindern der Gemeinde den Religionsunterricht zu
erteilen und unterrichtete seit 1921 auch die Kinder in Kirchberg. 1932 waren die
Gemeindevorsteher Adolf Emanuel (1. Vors.), Ludwig Ochs (2. Vors.) und Leopold
Frank (3. Vors.). Nach dem Tod von Lehrer Bernhard Lehmann (1929) war Josef
Carlebach sein Nachfolger (Bezirksreligionslehrer für Simmern, Gemünden
und Kirchberg). Ihm folgte Heymann Unikower.
Er blieb in Simmern bis Dezember 1937.
1933 wurden 56 jüdische Einwohner in der Stadt gezählt. In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert; 1935 waren es jedoch
- auch durch vereinzelten Zuzug aus anderen Gemeinden - noch
59 Personen. Die letzten sechs jüdischen Einwohner wurden im April 1942
deportiert (Isidor Hess, Rosetta Hess geb. Michaels, Karl Hess, Mina Michels,
Ida Wirth geb. Rosenbusch und Amanda Wirth)
Von den in Simmern geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945" sowie der Liste bei Doris
Wesner s.Lit. S. 7, ): Barbara (Betty) Bärmann geb. Seligmann (1884), Berthold (Bernhard) Bärmann (1876), Gerd Bärmann (1937),
Heinrich Becker (1878), Sally Becker (1875), Jacob Blum (1889), Julius
Emanuel (1864), Eugen Eppstein (1878), Alice Feibelmann geb. Ackermann (1902),
Carl Gärtner (1888), Rosalie Martha Gärtner (1891), Albert Gerson (1878), Isidor Hess (1880), Karl Hess
(1902), Rosetta Hess geb. Michel (1878), Johanna Heyum geb. Israel (1894),
Adelheid Israel geb. Gerson (1870), Ella Israel (1895), Auguste Kronenberger
geb. Ochs (1886), Anna Levy geb. Emanuel (1886), Mina Michels (1882), Moritz Salomon (1887), Pauline
Salomon geb. Israel (1885), Philippine Schiff geb. Sondheimer (1867), Alma Rosa
Schloss (1885), Gudula (Gerda) Schloss (1883), Josephine Schneider geb. Kullmann
(1867), Emma Scholem geb. Somborn (1867), Lazarus Scholem (1863), Emma Simons
geb. Gärtner (1885), Amalie Windmüller geb. Emanuel (1881), Amanda
Wirth (1905), Ida Wirth geb. Rosenbusch
(1879).
Hinweise: in den Listen kann es zu einzelnen Verwechslungen mit Simmern
unter Dhaun (heute: Simmertal) kommen.
Die in einigen Listen aufgeführte Leonie Mayer geb. Eppstein (1874) ist nicht
umgekommen, sondern hat nach Aussagen von Familienmitgliedern das Lager Gurs
überlebt.
Nach 1945 kehrten drei jüdische Einwohner nach Simmern zurück. Sie sind
jedoch 1949 in die USA ausgewandert.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer und der Schule
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1871 /
1882 / 1890 / 1891 / 1907 / 1908
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Dezember 1871:
"In der Kreisstadt Simmern ist die Stelle eines Kantors, der zugleich
Religionslehrer und Schächter sein soll, vakant. Bewerber um diese Stelle
(Unverheiratete bevorzugt) belieben sich schriftlich an unterzeichnete
Stelle zu wenden. Der israelitische Synagogen-Vorstand."
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Obige Ausschreibung war nach
dem Tod von Lehrer Joseph Loeb Silberberg (1802 - 28.11.1871)
nötig geworden; Silberberg war seit 1836 in Simmern tätig gewesen. Auf
die Ausschreibung der Stelle bewarb sich erfolgreich Joseph Mayer Eppstein (zunächst
Joseph Mayer, Namensänderung ab 1881; geb. 1848 in Saarwellingen), der
1880 nach St. Avold wechselte. Zu seinem Sohn Eugen Eppstein siehe
unten.
Informationen zur Familie Eppstein |
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Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. Juli 1882:
"Die Kantor-, Religionslehrer- und Schochet-Stelle in unserer
Gemeinde ist bis zum 1. August zu besetzen. Fixes Gehalt 600 Mark.
Nebeneinkünfte inklusive Schechitah ca. 600 Mark nebst freier Wohnung.
Reisekosten werden nur dem Engagierten vergütet. Qualifizierte Bewerber
wollen sich unter Beifügung ihrer Zeugnisse wenden an den
Synagogen-Vorstand zu Simmern (Rheinpreußen)." |
Nachdem Lehrer Eppstein
Simmern verlassen hatte, war von 1880 bis Sommer 1882 Lehrer Moses
Jacobssohn in Simmern tätig. Nach seinem Weggang wurde die Stelle wieder
neu ausgeschrieben (siehe oben). Auf diese Ausschreibung bewarb sich
erfolgreich Lehrer Kannstein, der von 1883 bis Mitte
1886 in Simmern tätig war, gefolgt von Salomon Levy (1886-1888)
und Raphael Frank (September 1888 - Ende 1889). |
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Hinweis auf Raphael
(Rafael) Frank: geb. 1867 in Ichenhausen,
gest. 1920 in Leipzig: war nach seiner Zeit in Simmern in Neuss und
Halle (Saale) als Lehrer und Kantor tätig. 1903 kam er nach Leipzig und
war dort Oberkantor der jüdischen Gemeinde. Er entwickelte als
Schriftzeichner die Schrifttype Frank-Rühl für das hebräischer
Alphabet, die im 20. Jahrhundert für zahlreiche Drucke angewandt wurde.
vgl. den Wikipedia-Artikel
zu Rafael Frank. |
Rechts: Grabstein für
Kantor Rafael Frank
im jüdischen Friedhof in
Leipzig |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Januar 1890:
"Offene Religionslehrer-, Kantor- & Schächterstelle.
In der israelitischen Gemeinde Simmern (Rheinprovinz), Kreisstadt und
Bahnstation, wird am 1. April dieses Jahres die Religionslehrer-, Kantor-
und Schächterstelle vakant. Fester Gehalt 600 Mark, freie möblierte
Wohnung und Brand. Nebenverdienste eins.... Schächtergebühren 500 Mark.
Nur seminaristisch gebildete Lehrer werden bevorzugt. Bewerbungen, denen
Abschrift der Zeugnisse beizufügen sind, sind zu richten an den
Synagogen-Vorsteher
Ad. Emanuel." |
Nach dem Weggang von Raphael
Frank bewarb sich auf die obige Ausschreibung erfolgreich Simon Strauss,
der wohl nur ein gutes Jahr geblieben ist (1890-1891) . |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Oktober 1891:
"In hiesiger Gemeinde ist die Stelle eines Kantors,
Religionslehrers und Schächters sofort zu besetzen. Fester Gehalt
Mark 600 nebst freier, möblierter Wohnung und freiem Brand.
Nebenverdienste Mark 5-600 inklusive Schächtergebühren. Qualifizierte
Bewerber wollen umgehend unter Beifügung der Abschriften ihrer Zeugnisse
sich melden bei dem Synagogen-Vorstande zu
Simmern." |
Auf Simon Strauss folgte Simon
Sulzbacher (1892-1895), ein Absolvent der Israelitischen
Lehrerbildungsanstalt in Würzburg; er wechselte 1895 nach Wiesbaden-Biebrich,
wo er bis nach 1933 geblieben ist. Sulzbachers Nachfolger wurden - jeweils
nur für kurze Zeit Victor Stern (1895), Michael Hirsch (1896)
und Hermann Abel Kottke (1896-1897). Länger blieb - trotz vieler
Streitigkeiten mit der Gemeinde - Simon Ackermann in der
Gemeinde (geb. 1876 in Hermeskeil, 1896 Lehrer in Villmar,
dann bis 1907 Lehrer in Simmern). |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Juni 1907:
"In der Gemeinde Simmern wird die
Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle
am 1. Februar 1908 vakant. Fester Gehalt 8-900 Mark nebst freier Wohnung.
Nebenverdienst ca. 600 Mark. Bewerber müssen die Elementarlehrer-Prüfung
bestanden haben. Bewerbungen unter Beifügung der Zeugnisse zu richten
an
Ad. Emanuel, Vorsteher." |
Nachfolger von Lehrer Simon
Ackermann war Eli Lindheimer (geb. 1886 in Miltenberg, gest. 1966
in New York). Warum er nachfolgende Stellenausschreibung unterschrieb, ist
nicht bekannt; vermutlich blieb es bis 1911 in Simmern und wurde danach
Lehrer in Guhrau/Schlesien. |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. November 1908:
"In der hiesigen Gemeinde ist die Stelle eines Religionslehrers,
Vorbeters und Schochets per sofort zu besetzen. Gehalt 1.000 Mark,
Nebenverdienste ca. 600 Mark nebst freier Wohnung beziehungsweise
Wohnungsentschädigung. Meldung von Inländern, welche seminaristisch
gebildet sein müssen, an den Lehrer E. Lindheimer, Simmern
(Hunsrück)." |
Spätestens seit 1911 war
Lehrer Bernhard Lehmann in Simmern als Kantor, Schächter und
Religionslehrer tätig. Er war nach verschiedenen Berichten sehr beliebt
in der Gemeinde, wo er bis zu seinem Tod im Mai 1929 geblieben ist. |
links:
Grabstein für Bernhard Lehmann im jüdischen Friedhof
in Simmern. |
Die Einrichtung einer jüdischen Elementarschule in Simmern (Artikel von
1838)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. Juli 1838:
"Simmern auf'm Hunsrück (Rheinpreußen). Kleine Berichte über
Schulwesen (Fortsetzung). Seit Emanierung des Gesetzes von 1824
besteht für die hiesige israelitische Gemeinde eine von Hoher Regierung
angeordnete Elementarschule.
Ob zwar diese nun bei ihrem Entstehen, in damaliger Ermangelung tüchtiger
Lehrer nicht gehörig besetzt werden konnte, so erlangte sie doch nach
Verlauf weniger Jahre durch die Wirksamkeit des jetzt nach Trier versetzen
Lehrer Levy eine solche Stufe, dass sie mit den besten Elementarschulen
rivalisieren kann, und der gegenwärtige Lehrer Block verfolgt den
vorgezeichneten Bildungsgang durch seine echt pädagogische Bildung
eifrigst.
Diese Anstalt könnte aber schwerlich bestehen, wenn sie sich nicht des
kräftigsten Beistandes von Seiten der ihr vorgesetzten Behörde zu
erfreuen hätte. Ja, die Lokalbehörde leistet sogar die Zahlung des
Schulgeldes für die schulpflichtigen Kinder mittelloser Eltern aus den
Gemeinde-Kassen. Wir können daher nicht umhin, unsern innigsten Dank dem
hochverehrten K. Landrat Ritter H. Schmidt, dem verdienten
Superintendenten und Schul-Inspektor, Ritter H. Back, dem H.
Bürgermeister Bühring und israelitischen Gemeinde-Vorsteher H.
Rothschild öffentlich darzulegen. Sch." |
Zum Tod von Lehrer Bernhard Lehmann (1929)
Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 24. Mai 1929: "Am 16. Mai (1929)
starb nach langem Leiden im 60. Lebensjahr Lehrer Lehmann in Simmern.
Der Verstorbene hat die Ortsgruppe Simmern des Central-Vereins seit der
Gründung geleitet und sich allezeit mit ernstem Interesse für unsere
Sache eingesetzt. Sein Andenken wird bei uns in Ehren gehalten
werden." |
Hauptlehrer Heymann Unikower wechselt von Baisingen
nach Simmern (1931)
Anmerkung: Lehrer Heimann (Heymann) Unikower ist nach dem Familienregister
Baisingen am
5. Juni 1888 geboren als Sohn von Raphael Unikower und der Dorothea geb. Pick.
Er war seit 16./17. September 1911 verheiratet mit Johanna geb. Schacher, die am
18. Dezember 1889 geboren ist als Tochter von Julius Schacher (Berlin) und der
Friedricke geb. Simon. Die Familie hatte fünf Kinder (Albert geb. 1913, Helene
geb. 1915, Ruth geb. 1917, Rudolf Viktor geb. 1919 und Dorothea geb. 1923).
Lehrer Unikower war nur 1927 Lehrer in Spangenberg und wechselte in diesem Jahr
nach Baisingen, wo er bis Ende Juni 1931
geblieben ist. Von Juli 1931 bis 1937 war Lehrer Unikower in Simmern
tätig.
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Juli 1931: "Baisingen.
Am 1. Juli verließ Hauptlehrer Unikower seinen hiesigen Wirkungskreis, um
einem Rufe als Religionslehrer und Kantor in der Gemeinde Simmern
zu folgen. Aus diesem Anlass wurde ihm von seiner Gemeinde am 27.
Juni ein ehrender Abschied bereitet. Nachdem der Scheidende im
Morgengottesdienst den Segen Gottes für den Bestand der Gemeinde erfleht
hatte, versammelte sich die Gemeinde am Abend, um die letzten Stunden das
Sabbats um ihren Lehrer geschart zu verbringen. Hier ergriff der Gemeindevorsitzende,
Hermann Kahn, das Wort und brachte namens der Gemeinde den Dank und
die Anerkennung für die amtlich und außeramtlich geleisteten Dienste
Unikowers zum Ausdruck; er hob insbesondere die Gründung und Führung des
Israelitischen Frauenvereins als Verdienst des Scheidenden und seiner
Gattin hervor, erwähnte auch die allsabbatlichen Lehrvorträge, denen die
Gemeinde immer gern gelauscht habe, und erinnerte an die privatwissenschaftlichen
Bestrebungen des Scheidenden, die von der Gemeinde nicht unbeachtet
bleiben konnten. Hauptlehrer Unikower dankte für de ehrenden
Abschiedsworte und sprach die Hoffnung aus, dass die religiöse
Beschaulichkeit, in welcher die Gemeinde hier leben dürfe, ihr allezeit
eine Quelle der Glückseligkeit bleiben
möge." |
Lehrer Heymann Unikower bittet um Befreiung seines Sohnes vom
Rassenkundeunterricht (1933)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Oktober 1933: "Simmern
(Hunsrück). Der hiesige Religionslehrer Unikower bat um Befreiung seines
Sohnes vom Unterricht in Rassenkunde mit der Begründung, dass sein Sohn
der jüdischen Rasse angehöre. Diesem Ersuchen ist von der Schulleitung
ohne Zögern stattgegeben worden." |
Zu einzelnen
Personen aus der jüdischen Gemeinde
Über Eugen Eppstein (1878-1943)
Eugen Eppstein ist am 25. Juni 1878 in
Simmern als Sohn des jüdischen Lehrers Joseph Mayer-Eppstein (siehe oben)
geboren. Er war in der Zeit der Weimarer Republik (vor allem von Köln
aus) kommunistischer Politiker und Reichstagsabgeordneter. Er bezeichnete
sich selbst als "religionslos". 1933 nach
Frankreich emigriert, wo er 1939/40 interniert und von der Gestapo
verhaftet wurde. Im Oktober 1942 in das KZ Gurs verbracht, 1943 in das KZ
Lublin-Majdanek, wo er vermutlich sofort ermordet wurde. Siehe
Wikipedia-Artikel über Eugen Eppstein. |
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Zu Eugen Eppstein
im Reichstags-Handbuch 1924
(Information und Abbildungen
erhalten von Rolf Michael Mayer) |
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Das Foto von
Eugen Eppstein findet sich im Reichstags-Handbuch II. Wahlperiode 1924.
Hrsg. vom Bureau des Reichstags. Berlin 1924 S. 638. Biographische
Angaben ebenda S. 409.
Der Name von Eugen Eppstein steht auf dem Denkmal für die in der NS-Zeit
ermordeten 96 Reichstagsabgeordneten in Berlin, Tiergarten, Platz der
Republik. Siehe Informationen
zum Denkmal in der Website gedenktafeln-in-berlin.de. |
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Verlobungsanzeige von Paula Emanuel und Leopold Katzmann
(1923)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. November 1923: "Statt Karten
Paula Emanuel Leopold Katzmann - Verlobte -
Simmern im Hunsrück im Oktober 1923 Flieden
Kreis Fulda". |
Hochzeitsanzeige von Emil Israel und Friedel geb.
Sommer (1924)
Anzeige in der "CV-Zeitung" ( Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 8. Mai 1924:
"Emil Israel - Friedel Israel geb. Sommer.
Vermählte.
Simmern (Hunsrück) - Bacharach am
Rhein". |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war vermutlich ein Betraum in einem der jüdischen
Häuser vorhanden.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde eine erste Synagoge in der Hunsgasse in der Nähe der
Einmündung der Schloßgasse erbaut (nach einem Bericht von 1824 war sie
"vor undenklicher Zeit" errichtet worden. Es handelte sich um ein massives Gebäude.
Der Betsaal war etwa 41 qm groß (8,20 m lang, 5 m breit); die Frauenempore verlief mit einer Länge von
etwa 5 m vor der Westwand. Um 1900 war das Synagogengebäude in baufälligem
Zustand, vor allem war das Dach undicht geworden. 1910 fasste die
Gemeinde den Entschluss zum Bau einer neuen Synagoge. 1911 ließ die jüdische
Gemeinde Synagoge (und das daneben stehende Schächthaus) abbrechen. An
derselben Stelle wurde die neue Synagoge erbaut. Interimsbeträume waren
während der Bauzeit zunächst im Saal des Obergeschosses der höheren
Stadtschule, dann im kleinen Saal des Hotels "Zum Lamm".
Die Pläne für die neue Synagoge hatte Baugewerbsmeister Emil Klein aus
Simmern erstellt. Die Bauarbeiten begannen im April 1911, Grundsteinlegung war
am 29. Mai 1911. Am 17. November 1911 konnte die neue Synagoge feierlich
eingeweiht werden.
Zur Einweihung der Synagoge (1911)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Dezember 1911: "Simmern
(Rheinpreußen). Am 17. November ist unsere neue Synagoge eingeweiht
worden. Der Landrat, der evangelische und der katholische Pfarrer
überbrachten ihre Glückwünsche in warmen Ansprachen." |
Gemeindevorsteher O. Emanuel erhält anlässlich der
Synagogeneinweihung eine Auszeichnung (1911)
Mitteilung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. Dezember
1911: "Simmern (Hunsrück). O. Emanuel, der Vorsteher unserer
Gemeinde, erhielt anlässlich der Synagogeneinweihung den Kronenorden 4.
Klasse." |
Nur 27 Jahre war die neue Synagoge
Mitteilpunkt des jüdischen Gemeindelebens in der Stadt. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge
durch auswärtige SA-Trupps angezündet und brannte völlig aus. Die Brandruine
wurde 1950 abgebrochen.
1988 wurde vor dem Simmerner Schloss ein Mahnmal zur Erinnerung an die Synagoge
eingeweiht.
Adresse/Standort der Synagoge: Hunsgasse
Fotos
(Quelle: Landesamt s.Lit. S. 344)
Die neue Synagoge
(1911-1938) |
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Ansichtskarte von 1911 mit
Blick auf die
Synagoge von Südosten; an der Ostwand
ist die Apsis des
Toraschreines zu sehen |
Weitere Ansichtskarte von
Simmern
mit der "neuen Synagoge" |
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Blick auf die Ostfassade bei
der
Einweihung 1911 |
Ausschnittvergrößerung der
Ansichtskarte von oben |
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Blick auf den
Toraschrein
(Aufnahme von 1911) |
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Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
November
2019 - April 2020:
Ausstellung zur jüdischen Geschichte im Hunsrück |
Im Hunsrück-Museum Simmern (Schloss Simmern) findet vom 3. November 2019 bis
19. April 2020 die Ausstellung statt: "'Erwachet aus dem langen Schlafe...'.
Jüdisches Leben auf dem Lande - Juden im Hunsrück."
Weitere Informationen siehe eingestellte Flyer:
Ausstellungseröffnung am 3. November 2019,
Flyer der
Ausstellung mit Begleitveranstaltungen (pdf-Dateien).
Website des Hunsrück-Museums:
http://www.hunsrueck-museum.de/ |
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Dezember 2019:
In Simmern sollen auch
"Stolpersteine" verlegt werden |
Pressemitteilung in
der "Rhein-Hunsrück-Zeitung" vom 18. Dezember 2019: "Simmern. Gedenken an
jüdische Mitbürger: Simmern will Stolpersteine verlegen
In Kirchberg, Bacharach, Oberwesel, Kastellaun und Boppard liegen bereits
Stolpersteine, nun könnte Simmern bald nachziehen. Einen entsprechenden
Antrag stellte die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen Simmern (ACK),
der Stadtrat begrüßte die Idee einstimmig..."
Link zur Pressemitteilung |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Karl Faller: Die Zeit der Juden in
Simmern/Hunsrück. Versuch der geschichtlichen Darstellung. 600 Jahre
Verbundenheit der Juden mit der Stadt Simmern/Hunsrück und der Jüdischen
Kultusgemeinde Simmern. Simmern 1988. |
| Gustav Schellack: Das jüdische Schulwesen in den
ehemaligen Kreisen Simmern und St. Goar im 19. Jahrhundert. In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit
in Rheinland-Pfalz Heft Nr. 10 - 2/95 (5. Jahrgang) S. 23-27). Online
eingestellt (pdf-Datei). |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 343-345 (mit weiteren Literaturangaben).
|
| Doris
Wesner: Die Jüdische Gemeinde in Simmern / Hunsrück.
Familiengeschichte und Schicksale aus den vergangenen drei Jahrhunderten.
2001.
Umfassende Darstellung mit detaillierten Biographien der jüdischen
Familien in Simmern. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Simmern Rhineland. Jews
probably arrived in the late 14th century. Five Jewish families were present in
1722 and the community reached a peak population of 143 in 1832. A Jewish school
operated since 1824 and a synagogue was consecrated in 1911. In 1933, the Jewish
population was 81 (total 3.528). About 20 Jews remained in the late 1930s, with
at least a dozen emigrating to Palestine and another dozen to the United States.
Four Jews were deported on 12 April 1940, seven on 30 April, and the last two on
25 June. At least 12, and probably more, perished in the Holocaust.
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