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Stein-Bockenheim mit
Eckelsheim (VG
Wöllstein, Kreis Alzey-Worms)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(erstellt unter Mitarbeit von Dieter Hoffmann, Alzey)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In dem in früheren Jahrhunderten den Grafen von Salm
gehörenden Stein-Bockenheim bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1937. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt: 1804 71 jüdische Einwohner, 1824 86, 1830 97, 1861 86, 1900 33 (von
insgesamt 534 Einwohnern). Zur jüdischen Gemeinde Stein-Bockenheim gehörten
auch die im benachbarten Eckelsheim lebenden
jüdischen Personen: 1824 und 1830 19 jüdische Einwohner.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Schule
(Religionsschule), ein rituelles Bad und ein Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war vermutlich im 19.
Jahrhundert zeitweise ein jüdischer Lehrer angestellt, der zugleich als
Vorbeter und Schochet tätig war. Später übernahmen auswärtige jüdische
Lehrer den Unterricht der Kinder in Religion. Zwischen 1900 und 1910 hatte die
Gemeinde noch drei schulpflichtige Kinder.
Um 1924, als zur Gemeinde noch ca. 15 jüdische Personen gehörten, waren
die Gemeindevorsteher Moses Bockmann, Abraham Nachmann und Isaak
Nachmann.
1931 lebten noch 13, 1934 noch acht jüdische Personen in
Stein-Bockenheim. In
den Jahren nach 1933 sind mehrere von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1933 hatten die
jüdischen Einwohner am Ort die Auflösung ihrer Gemeinde beantragt, die
zum 2. Juli 1937 erfolgt ist. Letzter Gemeindevorsteher war Moses Bockmann. Die
letzte jüdische Familie (von Moses Bockmann) wurde im September 1942 in
das Ghetto Theresienstadt deportiert.
Von den in Stein-Bockenheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Maximilian Bonfort
Bensheim (1854), Hugo Bockmann (1893), Ida Bockmann geb. Katz (1900), Reni
Bockmann (1936), Ruth Bockmann (1933), Auguste Höchster geb. Strauss (1873),
Abraham Nachmann (1866), Emil Nachmann (1876), Isaak Nachmann (1875), Josef
Nachmann (1904).
Für September 2011 ist die Anbringung einer Gedenktafel für die aus
Stein-Bockenheim ermordeten jüdischen Personen an einer Mauer beim Rathaus geplant.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Der Toraschreiber M. Kahn liefert
fehlerhafte Ware (1860)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. August 1860: "Warnung.
Der Zehngeboteschreiber M. Kahn in Steinbockenheim verkauft
Tefillin und Mesusot, die den Anforderungen des israelitischen
Religionsgesetzes durchaus nicht entsprechen. Es liegt mir ein paar
Tefillin vor, in dem sich nicht weniger als 37 Fehler vorfinden; daher
halte ich es für Pflicht, meine Glaubensbrüder darauf aufmerksam zu
machen, dass derjenige, welcher die von dem Genannten verfertigten
Ritualien benutzt, seiner religiösen Pflicht nicht genügt.
Mainz, 10. August 1860. Dr. Lehmann." |
Kennkarten
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarten
zu Personen,
die in Stein-Bockenheim geboren sind |
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Kennkarte (Mainz 1939) für Isaak
Nachmann (geb.
20. Oktober 1875 in Stein-Bockenheim), wohnhaft in Mainz, am 27. September 1942
deportiert
ab Darmstadt in das Ghetto
Theresienstadt, wo er am 26. Januar 1943 umgekommen ist.
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Kennkarte (Mainz 1939) für Joseph
Nachmann
(geb. 2. August 1904 in Stein-Bockenheim), wohnhaft in
Bodenheim und Mainz, am 25. März
1942 deportiert ab Mainz -
Darmstadt in das Ghetto Piaski, am 25. Juli 1942 in
das
Konzentrationslager Majdanek, umgekommen |
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Zur Geschichte der Synagoge
Nach Angaben bei Arnsberg s. Lit. S. 294 gab es in
Stein-Bockenheim ab etwa 1750 eine Synagoge in einem kleinen alten
Gebäude.
Obwohl zur Abhaltung von Gottesdiensten bereits Anfang des 20. Jahrhunderts kaum
noch ausreichende Beter vorhanden waren, blieb die Synagoge bis nach 1933
stehen. Nach der Auflösung der Gemeinde in Sommer 1937 wurde die
Synagoge versteigert.
Das Synagogengebäude wurde völlig umgebaut; es blieben nur einige
Sandsteineinfassungen erhalten, unter anderem über einem Tor mit der nur noch teilweise lesbaren Jahreszahl 17xx.
Adresse/Standort der Synagoge: Bachgasse,
Ecke Breite Gasse
Fotos
Das Gebäude der
ehemaligen Synagoge
(Foto: Rüdiger Benda, Stein-Bockenheim;
vermittelt über Dieter
Hoffmann, Alzey) |
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Über dem Tor links
steht die teilweise
noch lesbare Jahreszahl 17xx. |
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Es liegen drei Fotos aus der Familie
Bockmann vor (aus dem Buch von Dieter Hoffmann s. Lit. S.318, mit
freundlicher Genehmigung des Verfasser). Dazu an Informationen zum
Schicksal dieser Familie (Quelle: ebd. S. 317-319). Vier Mitglieder
der Familie Bockmann aus Stein-Bockenheim waren unter den im September
1942 aus dem Kreis Alzey über Mainz nach Theresienstadt Deportierten.
Hugo Bockmann, der im Ersten Weltkrieg als Soldat für sein deutsches
Vaterland an der Front gekämpft hatte, betrieb nach dem Krieg gemeinsam
mit seiner Frau einen Krämerladen in Stein-Bockenheim. Zusammen mit den
beiden kleinen Töchtern Ruth und Reni wurde das Ehepaar im September 1942
mit einem Lastwagen in Stein-Bockenheim abgeholt und über Mainz nach
Theresienstadt deportiert. Von hier konnten die vier noch mehrere
Postkarten an ihre Verwandten in der Heimat schicken (die Schwester von
Hugo Bockmann war in Stein-Bockenheim mit einem nichtjüdischen Mann
verheiratet). Die letzte der Karten trägt das Datum vom 7. September
1944, danach wurden Hugo, Ida, Ruth und Reni Bockmann nach Auschwitz
transportiert und ermordet. Von Familie Bockmann entging nur ein Sohn, der
schon vorher mit einem Kindertransport in die Schweiz emigrieren konnte,
diesem Schicksal.
Der Hausrat der Familie in Stein-Bockenheim wurde von der NSV Alzey, der
NS-Wohlfahrtsorganisation, beschlagnahmt und an Einwohner des Ortes
weiterverkauft: drei Familien in Stein-Bockenheim kauften von der NSV die
Betten, Nachttische und Schränke aus dem Besitz der Familie
Bockmann.
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Hugo Bockmann
(geb. 1893, ermordet in Auschwitz 1944)
als Soldat im Ersten Weltkrieg
(mit seiner Schwester Bella) |
Ruth Bockmann
(geb. 1933, ermordet in Auschwitz 1944) |
Reni Bockmann
(geb. 1936, ermordet in Auschwitz 1944) |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Mai 2011:
Die Anbringung einer Gedenktafel ist
geplant |
Mitteilung aus der Website der Gemeinde
Stein-Bockenheim (www.stein-bockenheim.de):
"Gedenktafel Judendeportation - Mauer wird saniert
Am 25. September soll es soweit sein: Die Gedenktafel für die von den Nazis aus Stein-Bockenheim deportierten Juden soll am letzten Sonntag des Septembers offiziell eingeweiht werden. Die Vorarbeiten laufen auf Hochtouren. Die Finanzierung erfolgt durch Spenden und den Verkauf des ‚Buches‘
'Geschichten – Straßen – Judenhäuser'.
Der Gemeinderat hat zur Vorbereitung der Einweihung eine Arbeitsgruppe gegründet, die den offiziellen Rahmen festlegen wird. Die Gedenktafel wird an der Mauer neben dem Rathaus angebracht werden. Mit der Erarbeitung der Tafel wurde die Fa. Wehmeyer & Bug (Kirchberg), die sich ebenfalls mit einer Spende beteiligt, beauftragt." |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 293-294. |
| Kein Artikel im Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch). |
| Dieter Hoffmann: "...wir sind doch
Deutsche". Zu Geschichte und Schicksal der Landjuden in Rheinhessen.
Hrsg. Stadt Alzey. Alzey 1992 (Schriftenreihe "Alzeyer
Geschichtsblätter" Sonderheft 14). |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 361 (mit weiteren Literaturangaben).
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