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Weilheim (Kreis
Weilheim-Schongau)
Jüdische Geschichte / Betsaal
(die Seite wurde erstellt unter Mitarbeit von
Roland Lory, Weilheim)
Übersicht:
Zur Geschichte jüdischer Bewohner
In dem um 1236 zur Stadt erhobenen Weilheim lebten Juden
bereits im Mittelalter. Sie waren von der Verfolgung während der Pestzeit
1348/49 betroffen.
Erst seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnten wieder einige
jüdische Personen/Familien zuziehen. Es blieben jedoch so wenige, dass es nicht
zur Bildung einer Gemeinde gekommen ist. Die jüdischen Personen gehörten nach
dem "Führer durch die Jüdische Gemeindeverwaltung" von 1932-33 zur
jüdischen Gemeinde in München:
Beschreibung des
Gemeindegebietes der
jüdischen Gemeinde München 1932 |
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Handbuch
der jüdischen Gemeindeverwaltung und Wohlfahrtspflege 1932 über das
Gemeindegebiet der jüdischen Gemeinde München: "Das Gemeindegebiet erstreckt
sich auf die Stadt München, die
unmittelbaren Städte Freising,
Rosenheim und
Traunstein sowie die
Bezirksämter Aibling, Altötting, Berchtesgaden,
Dachau, Ebersberg,
Erding,
Freising, Fürstenfeldbruck,
Garmisch,
Laufen, Miesbach, Mühldorf,
München, Pfaffenhofen,
Rosenheim, Starnberg,
Tölz,
Traunstein, Wasserburg,
Weilheim und Wolfratshausen".
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Um 1905 gab es zwei jüdische Familien in der Stadt. Aus diesem Jahr liegt
der folgende Bericht anlässlich des Todes des Bankiers Anton Mayer vor. Dieser
war selbst nicht jüdischen Glaubens. Der Bericht wurde nur deswegen
veröffentlicht, weil als "Sargbegleiter" u.a. ein jüdischer
Einwohner, der Mitglied der Feuerwehr war, bestimmt wurde.
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Februar 1905:
"In Weilheim (Oberbayern) wurde am 18. Dezember der Bankier
Anton Mayer beerdigt, der lange Jahre hindurch Magistratsrat und
Verwaltungsrat der freiwilligen Feuerwehr war. Wie üblich, waren auch zu
dieser Beerdigung von der Feuerwehr als 'Sargbegleiter' sechs Mann
kommandiert, von denen, wie das 'Vaterland' besonders betont, vier
Katholiken, einer Protestant und einer Jude war. In Weilheim wohnen nur
zwei jüdische Familien." |
Um 1920 lebte unter anderem die Familie des Kaufmannes S. Harburger in
der Stadt. Über eine besondere Tat dessen Sohnes Max Harburger berichtete die
Zeitschrift "Der Israelit" am 1. Dezember 1921 und - bereits zuvor -
das "Oberländer Volksblatt":
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Dezember 1921: "Weilheim,
24. November (1921). Dem Schüler der Realschule Weilheim, Max Harburger,
Sohn des Kaufmanns S. Harburger, wurde die öffentliche Anerkennung
seitens der Regierung von Oberbayern ausgesprochen, weil er mit Mut und
Entschlossenheit seinen Mitschüler Josef Iblher am 10. Juli dieses
Jahres vom Tode des Ertrinkens im Ammersee rettete." |
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Artikel
im "Oberländer Volksblatt" vom 20. November 1921: "Weilheim,
19. November (1921). Dem Schüler der 3. Klasse der Realschule Weilheim
Max Harburger, Sohn des Kaufmannes S. Harburger in Weilheim, wurde die
öffentliche Anerkennung seitens der Regierung von Oberbayern
ausgesprochen, weil er mit Mut und Entschlossenheit seinen Mitschüler
Joseph Iblher am 10. Juli dieses Jahres vom Tode des Ertrinkens im
Ammersee rettete. (Letzterer war gelegentlich eines Jungbayern-Ausfluges
dort beim Baden unvermutet an eine tiefere Stelle geraten und durch
Untersinken fast schon bewusstlos geworden. Kräftige Beihilfe bei der
Rettung leistete neben anderen Kameraden besonders auch Eduard Brandmaier
der 6. Klasse.)."
(Artikel erhalten von Roland Lory, Weilheim) |
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Noch sechs Jahre danach erinnerte man sich
in Weilheim der Tat von Max Harburger und überreichte eine weitere
Auszeichnung: |
Artikel
in der "CV-Zeitung", Zeitschrift des "Central-Vereins" vom 23.
Oktober 1927: "Anlässlich des 80jährigen Stiftungsfestes des
Turnvereins Weilheim wurde dem 21jährigen Sohne unseres Mitgliedes S.
Harburger, Max Harburger ein Ehrenzeichen nebst Diplom überreicht, weil
er im Jahre 1921 unter Einsetzung des eigenen Lebens einen Mitschüler aus
den Fluten gerettet hatte." |
Insgesamt waren seit dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts
etwa zwölf jüdische Familien in Weilheim, die in der Bürgerschaft völlig
integriert waren. Neben der schon genannten Familie Harburger war in der Stadt
auch die Familie von Emil Buxbaum bekannt. Dieser war Weltkriegsteilnehmer und
hatte ein Kaufhaus am Marienplatz inne. Zur Erinnerung von Emil Buxbaum wurde die
an dem früheren Kaufhaus vorbeiführende Gasse (bisher "Windgasse") 2007 in "Buxbaumgasse" umbenannt.
Von den in Weilheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): aus der Familie von Abraham und Franziska
(Fanni) Schmidt die Kinder Johanna (Hanni) Schmidt geb. 1933, Bernhardt
Schmidt, geb. 1930, Sabina Schmidt geb. 1920, weiterhin Angehörige der Familie Buxbaum:
Emil Buxbaum (1887) mit Frau Hedwig geb. Guggenheimer (1899) und Tochter Johanna
(1925).
1945 wurden in Weilheim zahlreiche überlebende KZ-Opfer
untergebracht. Sie wurden als DPs (= Displaced Persons) von der UNRRA betreut.
Vermutlich wurde noch 1945 eine Jüdische Kultusgemeinde gegründet, die
bis 1953 bestand. Die KZ-Überlebenden waren großenteils im "Hotel
Bräuwastl" untergebracht, in dem sich vermutlich auch ein Betsaal befand
(Schmiedstraße 15). Außerdem wurden in den Baderäumen des ehemaligen
städtischen Schlachthofes ein rituelles Bad und in einem kleinen Nebengebäude
des Gefängnisses ein Schächthaus eingerichtet. Diese beiden im Unteren Graben
gelegenen Gebäude wurden in den 1960er-Jahren abgebrochen. Nach Gründung des
Staates Israel 1948 sind die DPs mit der Zeit aus Weilheim verzogen und nach
Israel oder in andere Länder verzogen. Nur einige wenige blieben in Deutschland
(Angaben nach Schwierz s.Lit.).
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Juli 2007:
Die Windgasse wird in Buxbaumgasse umbenannt. |
Artikel
von Brigitte Gretschmann im "Weilheimer Tagblatt" vom 21./22.
Juli 2007: "Gasse als Erinnerung an Weilheims Juden. Für Buxbaums
und all die anderen.
Zur Erinnerung an Weilheims Juden wird die Windgasse in Buxbaumgasse
umbenannt. Grüne/UWV und CSU haben aber verschiedene Beweggründe für
diesen Schritt.
Zum weiteren Lebens bitte anklicken. |
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Dazu
Kommentar von Brigitte Gretschmann im "Weilheimer Tagblatt" vom
21./22. Juli 2007::
"Windgasse wird Buxbaumgasse - Mit Bedacht gewählt".
Zum Lesen bitte links anklicken. |
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August
2007: Am Friedhof soll ein
Denkmal für die jüdischen Opfer der NS-Zeit errichtet werden |
Artikel
im "Weilheimer Tagblatt" vom 30.6.2007: "Stadt ehrt ihre
Juden - am Friedhof. Mit einem Mahnmal wird die Stadt Weilheim an das
Schicksal ihrer deportierten und getöteten Juden erinnern. CSU und BfW
setzen sich mit dem Standort am Friedhof durch..." |
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Artikel
ebd. von Roland Lory: "Vom Schicksal jüdischer Familien aus
Weilheim..." |
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Artikel
ebd. von Roland Lory: "Weilheim als Durchgangsstation für
'Displaced Persons'. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ging die
Zahl der im Kreis Weilheim lebenden Menschen extrem in die Höhe. Waren es
1940 erst rund 40.000, schwoll die Bevölkerung infolge der Kriegswirren
nach 1945 auf rund 70.000 an. Darunter waren neben Massen an Vertriebenen
auch zahlreiche 'Displaced Persons' (DPs). Mit diesem Begriff werden
hauptsächlich aus dem osteuropäischen Raum stammende Menschen
bezeichnet, die von den Nazis interniert, verschleppt oder zur
Zwangsarbeit herangezogen wurden und am Kriegsende frei kamen. Die DPs
fanden eine 'vorübergehende Heimat im Land der Täter', so der Titel
eines Buches..." |
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September 2007:
Überlegungen im Blick auf ein Mahnmal für die jüdischen Opfer der
NS-Zeit
|
Artikel
von Roland Lory in: "Bayerische Staatszeitung" vom 24.
August 2007: "Die Stadt Weilheim überlegt, wie sie an die Verfolgung
von jüdischen Bürgern in der NS-Zeit erinnern soll. Erst arisiert und
dann vertrieben.
Auch mehr als 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs tun sich manche
Orte schwer mit der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Jüngstes Beispiel
ist Weilheim. Dort will man der Juden gedenken, die einst in der
Kreisstadt lebten und die die Nazis ermordeten. Allerdings konnten sich
die Verantwortlichen nicht zu einem zentralen Standort durchringen. Die
Mehrheit der Stadträte will das Mahnmal hingegen auf dem Friedhof
platzieren. Doch Kritiker monieren, dass die Gedenkstätte dort schnell in
Vergessenheit geraten könnte.
Immerhin wurde beschlossen, eine zentral gelegene Gasse in Buxbaumgasse
umzubenennen. mehrere Mitglieder dieser Familie fielen dem Terror der
Nazis zum Opfer. So erging es auch Teilen der ehemals in der Stadt
ansässigen Familien Grunwald, Bensinger und Schmidt. Mehr als 60 Jahre
blieb das Thema verschwiegen, bis 2006 Bewegung in die Sache kam und die
Schicksale der einstigen Weilheimer Bürger erforscht wurden.
So war Emil Buxbaum 1920 zusammen mit seiner Frau Hedwig nach Weilheim
gezogen. Tochter Johanna kam 1925 zur Welt. Buxbaum betrieb mit seinem
Bruder Hugo mitten in der Stadt ein Bekleidungsgeschäft. Zeitungsanzeigen
warben für das Sortiment: 'Frühjahrsmäntel aus den neuesten
Modestoffen' gab es da, 'elegante Kleider' in 'aparten Facons, einfarbig
und bedruckt'. Doch 1938, als die braunen Machthaber in der
'Reichskristallnacht' Synagogen und Geschäfte zerstörten, wurde der
Laden 'arisiert'. Am Morgen des 10. November wurde er auf Veranlassung der
NSDAP-Kreisleitung geschlossen.
Das Geschäft machte unter neuen Besitzern umgehend wieder auf. Die
'arische' Belegschaft wurde übernommen. Die Familie zog darauf nach
München. Von dort wurden Hedwig, Emil und Johanna Buxbaum im November
1941 nach Kaunas (Litauen) transportiert und von SS-Leuten erschossen.
Emil Buxbaums Bruder Ernst hatte sich bereits im April 1940 das Leben
genommen.
Ein weiteres Schicksal: Richard Grunwald betrieb seit 1926 in Weilheim
eine Holzbaufirma. Sein Unternehmen wurde, nachdem er zuvor Schikanen
über sich ergehen lassen musste, 1938 'arisiert'. Grunwald ging nach München,
verzog dann in die Niederlande und später nach Belgien. Im September 1842
wurde er vom nahe Paris gelegenen Sammel- und Durchgangslager Drancy nach
Auschwitz deportiert, wo er umgebracht wurde. Seine Frau Hedwig, die keine
Jüdin war, überlebte mit den zwei Söhnen den Krieg.
Schicksale zwischen Tod, Flucht und Überleben. Sabina, Bernhard
und Johanna Schmidt starben ebenfalls im Konzentrationslager Auschwitz.
Die drei Geschwister wurden 22, 12 und 9 Jahre alt. Ihr Vater Abraham
Schmidt, der einst für den Viehhändler Ludwig Kahn arbeitete, wurde aus
dem Land vertrieben. 'Im Juni 1938 erhielt ich von der Gestapo in Weilheim
den Befehl, innerhalb 24 Stunden Deutschland zu verlassen.' Schmidt ging
nach Haifa, seine Kinder ließ er zurück. Sie lebten für einige Jahre im
Antonienheim in München. Tochter Dora wurde nach Auschwitz deportiert,
überlebte als einzige der Schmidt-Kinder die Todesfabrik.
Nach heutigem Wissensstand haben acht Juden, die nach 1933 noch in
Weilheim wohnten, das NS-Regime nicht überlebt. Allerdings wurden auch
Sofie und Karl Bensinger, die bereits 1929 nach München zogen, Opfer der
Nationalsozialisten. Das Ehepaar wurde zusammen mit ihrer Enkeltochter mit
demselben Transport wie die Buxbaums nach Kaunas verschleppt und
ermordet.
Dagegen ist das Schicksal von Melanie Mertens-Dorny unbekannt. Sie
verkaufte ihr Haus 1938 an den späteren Weilheimer Landrat, wobei unklar
ist, ob sie das aus freien Stücken tat oder durch die Verhältnisse dazu
genötigt wurde.
Die Weilheimer Stadträte debattieren seit rund einem Jahr über ein
Denkmal für die Juden - allerdings unter Ausschluss der Bevölkerung.
Bürgermeister Markus Loth (Bürger für Weilheim) sprach sich für den
Friedhof aus, dieser liege 'mitten in der Stadt'.
Michael Lorbacher von der SPD, die den Gedenk-Antrag gestellt hatte, meinte
hingegen: 'Der Standort sollten mitten im Leben sein und nicht bei den
Toten.' ROLAND LORY" |
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Juli 2009:
2010 soll ein Denkmal für die jüdischen Opfer
der NS-Zeit am Friedhof der Stadt aufgestellt werden |
Artikel
von Magnus Reitinger im "Weilheimer Tagblatt" vom 24. Juni 2009:
"Entwürfe für Weilheims Juden. Starke Bilder gegen die
Gewalt.
Eine Basalt-Stele von Andrea Kreipe oder ein rötlicher Gedenkstein von
Egon Stöckle? Nächste Woche entscheidet der Stadtrat über das Denkmal
zur Erinnerung an Weilheims Juden. Zum Lesen des Artikel bitte
links anklicken. |
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Artikel
vom 4./5. Juli 2009 (gre) im "Weilheimer Tagblatt" vom 4./5.
Juli 2009: Zuschlag für Egon Stöckle. Der Hohenfurcher Bildhauer
gestaltet das Denkmal für Weilheims Juden.
Weilheim. Der Hohenfurcher Bildhauer Egon Stöckle wird das Denkmal zur
Erinnerung an Weilheims Juden auf dem städtischen Friedhof gestalten.
Darauf einigte sich der Weilheimer Stadtrat am Donnerstagabend in
nichtöffentlicher Sitzung." |
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März 2010:
Das Denkmal wird im Friedhof eingeweiht
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Artikel im "Münchner Merkur" (merkur-online.de)
vom 19. März 2010 (Artikel
mit Fotos): "Ein Gedenken an Weilheims Juden
Weilheim - Mit einem Stein auf dem städtischen Friedhof gedenkt die Stadt Weilheim aller ihrer jüdischen Bürger, die von 1933 bis 1945 verschleppt und ermordet wurden.
Unter ihnen waren, um nur enige zu nennen, Kaufmannsfamilien wie die Buxbaums und Harburgers, aber auch der Viehhändler Ludwig Kahn. Sie hoffe, so sagte Charlotte Knobloch, die Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, dass der Weilheimer Gedenkstein Anstoß für andere Gemeinden sei. Denn gerade in Oberbayerns hätten in den meisten Gemeinden – sie nannte explizit Garmisch – Juden gelebt, die aber, anders als in Niederbayern, weithin vollkommen in Vergessenheit geraten seien."
Artikel
des "Merkurs" als pdf-Datei. |
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Foto
links: Abgesprengt: Bildhauer Egon Stöckle (2.v.r.) erklärt Charlotte Knobloch sein Konzept bei der Einweihung des Gedenksteines mit Bürgermeister Markus Loth
(2.v.l.).
Artikel von Roland Lory in der "Jüdischen Allgemeinen" vom 25.
März 2010 (Artikel):
"Weilheim
Acht Namen fürs Gedenken - Mahnmal erinnert an ermordete Juden in Oberbayern.
Im oberbayerischen Weilheim erinnert seit Kurzem ein Gedenkstein an die jüdischen Bürger, die in der NS-Zeit verschleppt und ermordet wurden. Zur Enthüllung kam auch die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch. Für sie ist klar: Die Erinnerung an die Opfer dürfe
'nicht abgehakt und weggestellt werden, sondern sie ist eine Mahnung an uns alle' – sowohl für die Gegenwart als auch für die Zukunft.
Auf dem Stein sind acht Namen verewigt: Emil, Hedwig, Johanna und Ernst Buxbaum, Johanna, Bernhard und Sabina Schmidt sowie Richard Grunwald. Sieben der Genannten wurden umgebracht, Ernst Buxbaum beging Selbstmord. Der Gedenkstein steht auf dem städtischen Friedhof. Im Vorfeld hatten mehrere Kommunalpolitiker für einen zentralen Standort plädiert. Die Mehrheit der Stadträte entschied sich jedoch für den Friedhof. Vor ein paar Jahren wurde bereits eine zentral gelegene Gasse in Buxbaumgasse umbenannt. Weilheim feiert 2010 die erste urkundliche Erwähnung vor 1.000 Jahren.
Etabliert. Die Juden lebten hier einst mitten in der Stadt, hatten Geschäfte und waren gesellschaftlich etabliert. Knobloch erwähnte unter anderem die Familie Harburger. Der 13-jährige Sohn Max rettete 1921 einen Mitschüler vor dem Ertrinken. Dafür sprach die Regierung von Oberbayern dem Jungen die öffentliche Anerkennung aus.
'In all diesen Jahren prägten jüdische Menschen das Stadtbild', betonte Knobloch. Eine Zukunft sei ihnen jedoch verwehrt geblieben –
'nur weil sie Juden waren'. Die Harburgers emigrierten 1934 nach Palästina.
Geschaffen hat das Denkmal der Bildhauer Egon Stöckle. Dabei hat er von einem roten Sandsteinblock ein Stück weggesprengt. Auf diesem Teil stehen die acht Namen. Stöckle wollte damit zeigen, dass diese Menschen von
'der Bürgerschaft abgetrennt wurden'. Sowohl Knobloch als auch Weilheims Bürgermeister Markus Loth lobten den Bildhauer für die Gestaltung des Denkmals. Mit einer Schweigeminute gedachten die Gäste der Toten.
Nach Knoblochs Auffassung ist es jedoch nicht damit getan, den Blick ausschließlich auf die Vergangenheit zu richten. So verwies sie darauf, dass heute wieder Juden in Weilheim leben und sich aktiv für den Tierschutz und gegen die Jagd einsetzen. Die Präsidentin betonte, es sei ihr ein
'besonderes Herzensanliegen, dass diese kleine jüdische Oase weiter Wurzeln' schlage." |
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Artikel
von Brigitte Gretschmann im "Weilheimer Tagblatt" (Münchner
Merkur) vom 20./21. März 2010: "65 Jahre nach Kriegsende. In
Stein gemeißelte Erinnerung. Auf dem städtischen Friedhof wurde ein
Gedenkstein für Weilheims Juden enthüllt."
Zum weiteren Lesen des Artikels bitte Textabbildung
anklicken. |
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November 2019:
Gedenken an den Novemberpogrom
1938 |
Artikel
im "Weilheimer Tagblatt" vom 11. November 2019: "'Aufpassen, dass das nie
wieder passiert'.
Zum Gedenken an die Pogromnacht des 9. November 1938 trafen sich am Samstag
50 Weilheimer am Eingang der Buxbaumgasse nahe dem Marienplatz..."
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken. |
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Februar 2020:
Der Gemeinderat entscheidet erneut
über "Stolpersteine" in Weilheim |
Artikel von Magnus Reitinger im
"Weilheimer Tagblatt" (Münchner Merkur) vom 10. Februar 2020: "Zum Gedenken
an die getöteten Juden. Vor 13 Jahren abgelehnt und jetzt doch in Planung -
Stadtrat stimmt über 'Stolpersteine' ab
'Stolpersteine' in der Innenstadt, zur Erinnerung an die Weilheimer
Juden, die Opfer der Nationalsozialisten wurden: Vor 13 Jahren hat der
Stadtrat diese Idee abgelehnt. Jetzt wurde sie von Eckart Stüber (Grüne)
wieder aufs Tapet gebracht – und diesmal scheint es zu klappen.
Weilheim – Im Jahr 2006 war es die SPD-Stadtratsfraktion, die
beantragt hatte, der aus Weilheim deportierten und getöteten Juden
öffentlich zu gedenken. Als mögliche Formen wurden 'Stolpersteine', eine
Gedenktafel oder auch die Benennung einer Straße vorgeschlagen.
'Stolpersteine' in Weilheim: Stadtrat war vor 13 Jahren gegen diese Idee.
Doch die Stadtratsmehrheit votierte im Juni 2007 für ein Mahnmal
auf dem Friedhof. Seit 2010 erinnert dort ein Gedenkstein an die jüdischen
Weilheimer, 'die unter der Naziherrschaft von 1933 bis 1945 gequält und
verfolgt, vertrieben und beraubt, verschleppt und ermordet wurden', wie
Bürgermeister Markus Loth bei der Enthüllung des Denkmals sagte. Zudem wurde
die einstige Windgasse in der Altstadt in Buxbaumgasse umbenannt, in
Erinnerung an die Kaufmannsfamilie Buxbaum, die einst ein
Bekleidungsgeschäft am Marienplatz hatte – ehe die Familienmitglieder von
den Nazis ermordet wurden. Nach Recherchen des früheren Stadtarchivars
Bernhard Wöll lebten von 1877 bis 1939 in Weilheim rund 50 Juden.
Abstimmung über Stolpersteine in Weilheim: Weilheimer Juden wurden in
Auschwitz und Kaunas getötet. Doch mit Machtübernahme der
Nationalsozialisten begann der Anfang vom Ende der jüdischen Gemeinde auch
in Weilheim. Auf Repressalien und Gewalt folgte schließlich die Deportation
in die Ghettos und Vernichtungslager. Weilheimer Juden starben in Auschwitz
und in Kaunas (Lettland). Beeindruckt von der Gedenkfeier am 75. Jahrestag
der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, hat Grünen-Stadtrat Eckart
Stüber nun beantragt, in der Buxbaumgasse einen 'Stolperstein' zum 'Gedenken
an die vor den Nationalsozialisten geflüchtete und ermordete Weilheimer
Familie Buxbaum' zu verlegen. Der Künstler Gunter Demnig hat diese Idee vor
über 25 Jahren entwickelt – und vor sechs Wochen in Memmingen den 75.000.
'Stolperstein' installiert. Auch Schongau hat kürzlich beschlossen, einen
solchen Stein zu verlegen.
'Stolpersteine' sollen in Weilheim an 'prominenten Stellen positioniert
werden'. Stübers Vorstoß wurde von der SPD-FDP-Fraktion um einen
'Erweiterungsantrag' ergänzt: Die 'Stolpersteine' sollen 'an prominenter
Stelle, idealerweise zwischen Sparkasse und Stadtmuseum (vor dem ehemaligen
Haus der Familie Buxbaum) positioniert werden'. Außerdem sollen auch dort
Steine verlegt werden, 'wo nach den Archiv-Unterlagen weitere jüdische
Familien und andere Verfolgte des Nationalsozialismus (Sinti, Roma,
Euthanasie-Opfer usw.) wohnhaft waren'. Diesen erweiterten Antrag hat der
Hauptausschuss des Stadtrates vergangenen Mittwoch einstimmig befürwortet,
entschieden wird darüber am kommenden Donnerstag im Stadtrat. Das Vorhaben,
in Weilheim einen 'Stolperstein' zu verlegen, soll dem Zentralrat der Juden
in Deutschland mitgeteilt werden.
Abstimmung im Stadtrat: 'Es hat sich viel getan über die Jahre'.
Dessen damalige Präsidentin Charlotte Knobloch habe sich in der Debatte vor
13 Jahren gegen 'Stolpersteine' ausgesprochen, wie sich Ingo Remesch im
Ausschuss erinnerte. Doch 'es hat sich viel getan über die Jahre', so der
SPD-Vertreter: 'Ich hätte kein Problem, heute anders zu entscheiden.'
'Stolpersteine' seien 'das Original' und eine gute Form des Gedenkens, so
waren sich die Ausschussmitglieder einig. 'Man bleibt stehen, hält inne,
liest die Namen und denkt nach, was da geschehen ist – und das ist der Sinn
der Sache', erklärte FW-Sprecher Walter Weber.
Die Stadtratssitzung. – in der über die 'Stolpersteine' entschieden
wird – beginnt diesen Donnerstag, 13. Februar, um 19 Uhr im Rathaus..."
Link zum Artikel |
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Oktober 2020:
Verfahrene Debatte zu den
"Stolpersteinen" |
Artikel
im "Weilheimer Tagblatt" vom 15. Oktober 2020: "Verfahrene Debatte über
'Stolpersteine'.
In Weilheim soll dauerhaft an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert
werden, da ist man sich im Rathaus weitgehend einig. Doch was ist die
passende Form? Eine Gedenktafel im Stadtmuseum? Oder 'Stolpersteine' im
Straßenpflaster? Da gehen die Meinungen auseinander - und die Emotionen
hoch..."
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken
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Fotos
Erinnerung an die Familie
Buxbaum
(Foto: Roland Lory) |
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Straßenschild am Eingang zur
Buxbaumgasse mit Hinweistafel und Text: "Benannt nach
der 1941 in
Kaunas ermordeten jüdischen Kaufmannsfamilie aus Weilheim,
stellvertretend
für alle von 1884 bis 1939 in Weilheim lebenden
jüdischen Mitbürger". |
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Erinnerung an die Familie
Harburger
(Foto: Roland Lory) |
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Das ehemals der Familie
Harburger gehörende Haus am Weilheimer Marienplatz.
Die Familie, der ein
Bekleidungsgeschäft gehörte, ist 1934 nach Palästina emigriert. |
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Das Denkmal auf dem
Friedhof
(Foto 2010: Roland Lory) |
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Inschrift: "Die Stadt
Weilheim gedenkt aller jüdischen Mitbürger, die unter der
NS-Herrschaft
1933-1945 gequält und verfolgt, vertrieben und beraubt wurden."
Auf dem rechten Stein die Namen: "Emil Buxbaum, Hedwig Buxbaum,
Johanna Buxbaum,
Ernst Buxbaum, Richard Grunwald, Johanna Schmidt,
Bernhard Schmidt, Sabina Schmidt.
Sie wurden verschleppt und
ermordet". |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica Bd. II,2 S. 869. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 322. |
| Roland Lory: "Nach dem Osten evakuiert..."
- Das Schicksal der Weilheimer Juden von 1933 bis 1945. In: Lech-Isar-Land.
Heimatkundliches Jahrbuch 2011. S. 85-134. |
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