Im ursprünglichen Sinn heißt „katholisch“: aufs Ganze bezogen, das Ganze betreffend. So meinte in der vorchristlichen Antike die „katholische“ Geschichte die Geschichte der Welt als ganzer im Unterschied zu den Einzelgeschichten der Stämme und Völker; und der als „Katholikos“ bezeichnete Steuerbeamte war derjenige, der nicht die Privatsteuern des Kaisers einzog, sondern die Steuern, die für die Allgemeinheit bestimmt waren.
Der Märtyrerbischof Ignatius von Antiochien (um 110) wendet in seinen Briefen zum ersten Mal den Begriff „katholisch“ auf die Kirche an und meint damit die Gesamtkirche im Unterschied zu den einzelnen Kirchen vor Ort. So steht die Bezeichnung „katholisch“ für die Kirche als ganze. Schon bald schwingt darin auch die Aussage mit, dass die Kirche zu allen Völkern gesandt ist. In der Pfingsterzählung der Apostelgeschichte ist die Vielfalt der Sprachen das Zeichen dafür, dass die Kirche von Anfang an universale Kirche und in diesem Sinn katholisch ist (Apg 2,4-11). Und schließlich bezeichnet das Adjektiv „katholisch“ die Lehre des Glaubens, insofern sie keine Inhalte unterschlägt, sondern rechtgläubig, das heißt vollständig ist.
Durch die Kirchenspaltung des 16. Jahrhunderts hat der Begriff „katholisch“ leider eine konfessionelle Engführung erfahren, die seinem ursprünglichen Sinn widerspricht. So setzt man landläufig „katholisch“ vielfach mit „römisch“ gleich. Durch die ökumenischen Bemühungen der letzten Jahrzehnte ist glücklicherweise wieder eine Weitung im Verständnis des Katholischseins entstanden.
Der große Theologe Hans Urs von Balthasar hat Recht, wenn er schreibt, „katholisch“ ist im Grunde eine „Qualität“, die „eine bestimmte menschliche Geisteshaltung voraussetzt“. Sie ist die Haltung dessen, der aufs Ganze geht: das Ganze des Lebens, des Glaubens, der Welt. Sie ist die Haltung dessen, der weiß, dass das Ganze mehr ist als die Summe der Teile, so wie der Leib mehr ist als die Summe seiner Glieder (vgl. 1 Kor 12,12-20).
Keiner hat das Katholische für sich allein. Katholisch kann ich nur sein im großen Wir der Kirche, das durch die Zeiten hindurch lebt.