Ein Überblick von Prof. Dr. Wolfgang Seibrich

Bistum Trier: Geschichte

Die Geschichte des ältesten Bistums in Deutschland lässt sich natürlich kaum auf wenigen Seiten darstellen. Prof. Dr. Wolfgang Seibrich, Kirchen-Geschichtler aus Kirn, hat den Versuch unternommen, eine Kurzfassung für uns zu verfassen.

Die römische Grundlegung

Die Stadt Trier (römisch: Augusta Treverorum) mit einer nachgewiesenen Christengemeinde aus dem 3. Jahrhundert wurde vielleicht in der Mitte des 3. Jahrhunderts, spätestens aber seit der Provinzeinteilung des Römischen Reiches unter Kaiser Diokletian um 295 als Vorort der Provinz „Belgica prima“ Bischofssitz und damit von ihrer möglichen Mutterkirche Lyon endgültig in die kirchliche Unabhängigkeit entlassen (erster Bischof: Eucharius). Trier wurde u. a. Sitz des „Praefectus Praetorio Galliarum“, der römischen Zivilverwaltung für den Raum von Nordbritannien bis Nordafrika, dann Sitz gallischer Sonderkaiser und schließlich eine der Residenzen des Kaisers selbst; damit gewannen einzelne Bischöfe Reichsbedeutung (Agritius, Paulinus).

Für die weitere Bedeutung von Trier war wichtig, dass Kaiser Konstantin und seine Söhne (306-350) sowie die Kaiser Valentinian und Gratian (364-383) hier residierten. Die trierische Überlieferung hat stärker die Rolle von Konstantins Mutter Helena betont. Aus der im Mittelalter legendär umfassten Tradition lassen sich die wahrscheinlichen Fakten herausschälen, die durch historische Schlüsse und neue archäologische Befunde nahegelegt werden:

Helena dürfte der Trierer Kirche zumindest ein Tuchbündel als Herren-Reliquie (Erinnerung an Jesus Christus) hinterlassen haben. Vor allem überließ sie ihr aber Bereiche der kaiserlichen Wohngebäude innerhalb der Stadt. Daraus entstand nach Helenas Tod (+ 328/29) unter Mithilfe der Regenten in zwei Bauperioden ein mächtiger Komplex mit mindestens zwei großen Basiliken: die in verbauten Teilen noch bestehende Nord- und eine Südkirche. Dieser Komplex entsprach der Bedeutung der Residenzstadt. Kult-Zentren und Grablege der Bischöfe blieben zudem die Basiliken auf einem südlichen und einem nördlichen Gräberfeld.

Während die römisch-keltischen Kulte in der Stadt ihre Bedeutung fast völlig verloren, fand das Christentum seine Anhänger entlang der Mosel (Neumagen, Karden, Kobern, Koblenz), am Mittelrhein (Boppard, Andernach) und an der unteren Saar (Taben, Pachten). Zumeist in den Kastellen der Provinz Belgica prima gelegen, waren die dortigen „Gemeinden“ dem Bischof von Trier zugeordnet. Bis in römische Zeit dürfte auch die Trierer Kirchenprovinz zurückreichen; sie umfasste bis zur Französischen Revolution die Bistümer Metz, Toul und Verdun.

Die Diözese im Frühen Mittelalter

Nach Germaneneinfällen wurde die Präfektur nach Arles verlegt (395/406); der Hunnensturm und schließlich die Eroberung durch die Franken um 470 nahmen der Stadt und dem Trierer Land die politische und militärische Bedeutung. Als Bischofssitz blieb Trier aber geistiges und geistliches Zentrum. Gestalten wie Bischof Niketius (526 bis nach 561) zogen Kleriker und umkehrbereite Romanen und Franken aus Aquitanien und Inner-Gallien ins Trierische. Sie ließen Teile der Basiliken wieder erstehen (sogen. „Quadratbau“ des Domes) und versuchten, der ungestümen Politik der fränkischen Herrscher entgegenzusteuern.

Das christliche Leben stützte sich zudem auf die Reste der romanischen Oberschicht und zunehmend auf den germanischen Adel. Dieser hatte sich zwar zunächst nur formell dem Christentum zugewandt, bekehrte sich aber nun in teilweise ungestümer Entschiedenheit.

In der urkundlich bezeugten Einrichtung der Taufkirche Tholey durch Adalgisel/Grimo 634, in der Klerikergemeinschaft von Mayen oder in Monumenten wie den Kreuzen von Moselkern und Faha aus dem 7. Jahrhundert werden die ländlichen Spuren des Christentums greifbar. Mitglieder des fränkischen Hochadels gründen Klöster: St. Martin in Trier (Magnerich um 600), St. Irminen/Oeren in Trier (Dagobert vor 639?), Pfalzel (Adela nach 700), Mettlach (Liutwin um 706), St. Maria zu den Märtyrern in Trier (derselbe mit Willibrord vor 715), Prüm (Bertrada 720 mit Mönchen der vom Iroschotten Willibrord gegründeten Abtei Echternach). Die Klöster und ihre Gründer tragen den Geist der frühesten Abtei St. Maximin in Trier und der ersten Welle irischen Mönchtums ins Land.

Nach 750 - der Großraum ist völlig christianisiert - füllt das Bistum mit den Grenzen seiner Diözese wieder den Bereich der römischen Provinz; bei Koblenz überschritt es den Rhein, so dass auch Westerwald und Taunus bis in den Raum Wetzlar erschlossen wurden. Während der vom heiligen Winfried/Bonifatius begonnenen und zur Zeit Karls des Großen vollendeten Erneuerung von Kirche und Reich wird Triers Rolle als Sitz des Erzbischofs erneuert (spätestens 811). Jetzt ist die Stadt selbst mit vielen Kirchen geschmückt, so dass in ihr wieder der Anspruch der römischen Zeit erwacht: Vorort für ganz Gallien zu sein.

Während des ganzen 9. Jahrhunderts konkurriert Trier mit Reims um den Primat, d.h. den Vorsitz vor allen Bischöfen in Gallien. In dieser Auseinandersetzung „erwacht“ auch wieder die Erinnerung an die Auszeichnung der Frühzeit: den Besitz der Christusreliquie. Auch die Verwüstung Triers durch die Normannen in der Karwoche des Jahres 882 konnten diese Erinnerung nicht auslöschen, obwohl mit ihr das endgültige Ende der Antike und die Vernichtung bedeutender Traditionen verbunden war.

Aufstieg im Hochmittelalter

Die Teilungen des Reiches Karls des Großen zerrissen vorübergehend die Kirchenprovinz, brachten vor allem aber Trier in eine Randlage. Damit konnte es seine Ansprüche auf einen Primat praktisch nicht durchsetzen: weder über Gallien, d.h. das Westreich, noch über Germanien, d.h. das Ostreich, noch gar über das spätere Römische Reich Deutscher Nation. Die Bischöfe von Mainz und Köln erhielten beispielsweise den Vorrang, wenn es um die Salbung und Krönung des Königs ging.

Dem Reich gehörte Trier endgültig seit 925 an. Seit ca. 900 wuchs aber durch königliche Schenkungen der Bischofsbesitz, zunächst um Trier, dann aber auch (seit 1018) um Koblenz. Damit wurde das „Bistum“ oder Erzstift zum inneren Kern der Diözese, die vom französisch-sprechenden Gebiet an der Maas (später ca. 130 Pfarreien) bis weit ins Herz Deutschlands reichte. Die Diözese wurde so zur Brücke von West nach Ost, über die viele geistige Strömungen und kulturelle Bewegungen von Frankreich nach Deutschland transportiert wurden (u.a. Romanik, Zisterzienser, Entwicklungen des Kirchenrechts, die Bewegung der Waldenser, Gotik).

Nach der Beseitigung der Normannenschäden (erst 955 wird die Südkirche der Domanlage neu geweiht) gewinnt die Bistumsgeschichte in Bischof Egbert (977-993) ihren ersten neuen Höhepunkt. Mit der Gründung eines Benediktinerklosters an der Grabstätte der frühen Trierer Bischöfe griff er bewusst die alte Bedeutung Triers auf. Egbert siedelte Künstlerwerkstätten an, die kostbare Reliquiare (Behältnisse) für die symbolträchtigen Heiligtümer Heiliger Nagel, Petrusstab, Andreasreliquien schufen. Er pflegte liturgische Parallelen zu Rom und stand sicher hinter den literarischen Erzeugnissen seiner Zeit, die den Titel Triers als „Roma secunda (Zweites Rom)“, der 965 erstmals auftaucht, unterstützen sollten. Eine bedeutende Schreibschule (biblische und liturgische Handschriften heute in Trier, Berlin, Cividale, Strahow, Manchester), die Ausschmückung des Domes, die Umformung des Domkapitels und die Unterstützung für den Reichskirchenplan der Ottonen (König Otto II. 973-983 und Otto III. 983-1002) unterstrichen diesen Anspruch.

Unter Bischof Poppo von Babenberg (1016-1047) begann der Aufbau der mächtigen Ostfassade des heutigen Domes, der seit 882 nur in Teilen überdauert hatte. Der heilige Einsiedler Simeon ließ sich in der Porta Nigra nieder; nach Simeons Tod begann Poppo, das römische Stadttor in eine mehrstöckige Stiftskirche zu verwandeln.

Die folgenden drei Jahrhunderte sehen Stadt und Bistum unter dem zunehmenden Einfluss der Grafen von Luxemburg und der Pfalzgrafen. Sie erheben Anspruch auf die Abtei St. Maximin, noch immer eine der besitzstärksten des Reiches; sie versuchen, ihre Kandidaten bei den Bischofswahlen durchzusetzen. Die im Reichsdienst tätigen Trierer Erzbischöfe begleiten die Könige auf ihren Italienzügen und werden in die teilweise blutigen Auseinandersetzungen der Parteiungen und Koalitionen des Reiches hineingezogen. Daran ändert sich zunächst auch nichts, als der Pfalzgraf 1198 auf die letzten Reste der Vogtei (gerichtliche Oberhoheit) über das Bistum verzichtet und Erzbischof Johann I. (1189-1212) Gelegenheit gibt, mit einer Sicherung des Bischofsbesitzes zu beginnen, der bis weit über Erzbischof Balduin hinausreichen wird.

Der Bistumsstreit von 1183-1189 nach einer Bischofs-Doppelwahl erschütterte das kirchliche Leben aufs Tiefste. Die heilige Hildegard von Bingen nahm sie zum Anlass für engagierte prophetische Mahnungen. Vielleicht blühte das geistliche Leben gerade wegen des Streites auf: Die Benediktinerabteien der Frühzeit waren durch Neugründungen in Trier (St. Eucharius), Tholey und Laach ergänzt worden. Springiersbach war schon seit Beginn des 12. Jahrhunderts Ausgangspunkt einer weit tragenden Reform der Chorherrenstifte, Prämonstratenser lassen sich in Wadgassen, Rommesdorf, Sayn und Arnstein nieder. Himmerod ist eine der ersten Zisterzienserabteien in Deutschland, und auch die Trierer Klöster der Bettelorden (Dominikaner und Franziskaner) gehören zu den ganz frühen Gründungen auf deutschem Boden.

Zu den wichtigeren Erzbischöfen jener Zeit dürfte Theoderich II. von Wied (1212-1242) zu zählen sein, der die kirchliche und weltliche Verwaltung von Diözese und Bistum entscheidend prägte. Im 13. Jahrhundert wurde es üblich, dass das Domkapitel den Bischof wählt; das trug seine Früchte erstmals mit der Wahl des bedeutendsten Trierer Erzbischofs des Mittelalters: Balduin (1307-1354) stammte aus der Luxemburger Grafenfamilie, war Bruder des deutschen Königs Heinrich VII. und Großonkel Karls IV. Unter seinem Einfluss entstand das Kollegium der sieben Kurfürsten zur Wahl des deutschen Königs (Goldene Bulle 1356). Balduin sicherte das Bistum durch eine gezielte Erwerbs-, Finanz- und Burgenpolitik. Über seine Strukturmaßnahmen (Einteilung in ein „Oberstift“ um Trier und ein „Unterstift“ um Koblenz) ist keiner seiner Nachfolger mehr wesentlich hinausgegangen. Erzbischof Balduin von Luxemburg prägte seine Diözese auch durch die wichtige Synode von 1310.

Unter den Nachfolgern aus den Adelsfamilien Saarbrücken, Falkenstein und Baden konnte das hohe Niveau nicht gehalten werden, zumal es 1430 - 1439 nach einer weiteren Doppelwahl zur sogenannten „Bistumsfehde“ kam. Dennoch ging eine der Reformbewegungen der deutschen Benediktiner von Trier aus; 1473 wurde die Universität gegründet. Eine Reihe bedeutender Kollegialstifte gemeinsam lebender Kleriker (u.a. St. Simeon und St. Paulin in Trier, St. Kastor und St. Florin in Koblenz, solche in Boppard, Oberwesel und St. Goar, Münstermaifeld, Karden, Prüm) und das Chorherrenstift Eberhardsklausen pflegten Wissenschaft, Liturgie und Frömmigkeit.

Stadt im Bistum vom 16. bis zum 18. Jahrhundert

Seit der Auffindung des Grabes des Apostels Matthias zu Anfang des 12. Jahrhunderts, durch eine Heiltumsfahrt im 7-Jahre-Rhythmus nach St. Maximin und zu anderen Heiltümern der Stadt hatte sich der Reliquienkult in Trier ständig gesteigert. Mit der „Auffindung“ des Heiligen Rocks im Jahre 1512 fand er seinen Höhepunkt. Die neue Reliquien-Verehrung lag fast gleichzeitig dem Beginn des Reformationszeitalters.

Die Umbrüche der Reformationszeit erlebte Trier vor allem bei der vergeblichen Belagerung durch Franz von Sickingen (1522), beim Brandzug des Albrecht Alkibiades von Brandenburg (1552) und bei einem Versuch von Trierer Bürgern zur Durchsetzung ihrer neuen Konfession im Jahre 1559. Ein Großteil des Westerwald- und Taunusraumes sowie der Diözesananteil am Herzogtum Pfalz-Zweibrücken und der Grafschaft Nassau-Saarbrücken wurden aus der Diözese herausgebrochen; das Bistum selbst und die Diözesanteile von Frankreich, des Herzogtums Lothringen und der habsburgischen Niederlande (ehemals Grafschaft Luxemburg, dann Burgund) blieben katholisch.

Für sein Bistum konnte der Kurfürst und Erzbischof Jakob III. von Eltz 1574 mit päpstlicher Erlaubnis das Gebiet der Abtei Prüm gewinnen. Mit der Ansiedlung von Jesuiten in Trier (1560) und Koblenz (1580) vollzog sich nicht nur eine Neuformung der Frömmigkeit, sondern durch die Übernahme der Universität auch eine Hebung des Bildungswesens. Umso deutlicher hebt sich die „Trierer Krankheit“, die Hexenverfolgungen, ab. In einer ersten Welle nach 1490, vor allem aber von 1590 bis weit ins 17. Jahrhundert hinein geben diese Hexenverfolgungen in ihrer typischen Form (Verfolgung auch von Männern) von der geistigen Unruhe Zeugnis, die seit der Waldenserzeit des 13. Jahrhunderts die Menschen befallen hatte.

Im Dreißigjährigen Krieg versuchte Kurfürst und Erzbischof Philipp Christoph von Sötern (1623-1652), durch eine Neutralitätserklärung und später durch Französischen Schutz sein Bistum vor der Besetzung durch die Spanier und vor der Verheerung durch die Schweden zu bewahren. Diese Politik misslang und führte schließlich zur Demütigung des Bischofs in spanischer und kaiserlicher Haft. Beim Friedensschluss 1648 rettete sie Politik aber trotzdem den Bestand der Kirchenprovinz: Obwohl Metz, Toul und Verdun seit 1552 zu Frankreich gehörten, erlaubte Frankreich ihre weitere kirchliche Zuordnung zu Trier.

Während der verschiedenen französischen militärischen Aktionen (Pfälzischer Erbfolgekrieg, Reunionskrieg, Spanischer Erbfolgekrieg) wurde Trier zwischen 1680 und 1714 mehrfach demoliert und für längere Zeit besetzt. Deswegen wählten sich die Kurfürsten und Erzbischöfe immer stärker Burg und Tal Koblenz-Ehrenbreitstein als Residenz. In Trier, wo das Domkapitel auch weiterhin residierte, ließen sie sich durch einen Statthalter aus dessen Reihen vertreten. Zu den bisherigen geistlichen Zentren kamen die Klöster der neuen Bettelorden (Karmeliter, Kapuziner), zudem geistliche Schriftsteller wie der Prämonstratenser P. Leonard Goffiné (1649-1719) und der Kapuziner P. Martin von Cochem (1634-1712).

Die Kurfürsten und Erzbischöfe der Neuzeit wurden vom Domkapitel zunächst aus den eigenen Reihen, d.h. aus einer der rheinischen adligen Familien (von Greiffenklau zu Vollraths, Metzenhausen, Hagen, Isenburg, Leyen, Eltz, Schönenberg, Metternich, Sötern, Orsbeck, Schönborn, Walderdorf), vorübergehend angesichts der politischen Lage aber auch aus Fürstenfamilien (Lothringen, Pfalz-Neuburg, Sachsen) gewählt. Sie waren durchweg integre, pflichtorientierte und geistliche Gestalten. Ihr Repräsentationsbedürfnis blieb den Möglichkeiten ihres Bistums angepasst (Palais in Trier; Residenzen in Wittlich, Kärlich, Ehrenbreitstein). Lediglich Clemens Wenzeslaus von Sachsen (* 1739, 1768-1801, + 1812) überzog mit dem Bau des Koblenzer Schlosses.

In den Auseinandersetzungen mit dem Staatskirchentum Frankreichs und Österreichs auf Diözesanboden entwickelte sich eine speziell trierische Form des bischöflichen Selbstbewusstseins (Episkopalismus). Dieser bekam im Werk des Trierer Weihbischofs Johann Nikolaus von Hontheim („Justinus Febronius“) seinen eigenen Ausdruck, führte aber auch zu einer romkritischen Zusammenarbeit mit den übrigen geistlichen Kurfürsten (Koblenzer Beschlüsse 1769, Emser Punktation 1785).

Die Umwälzungen der neuen und neuesten Zeit

Die zunächst patriarchalisch, dann aufgeklärt orientierte Leitung von Kurstaat und Diözese unter Kurfürst und Erzbischof Clemens Wenzeslaus verhinderte nicht die Besetzung durch französische Revolutionstruppen im Jahre 1794. Mit der Übertragung der innerfranzösischen revolutionären Gesetze auf das linke Rheinufer nach 1797 erfolgte eine innere Säkularisation (Wegfall des Zehnten und vieler Feiertage, Revolutionskulte). Ihre öffentliche Vollendung fand die Säkularisation 1801 nach dem Ende des Kurfürstentums und der Annexion mit dem Konkordat zwischen Napoleon und Papst Pius VII. und der Auflösung der Kirchenprovinz (Aufhebung aller geistlichen Stiftungen wie Klöster, Stifte, Hospitäler, Bildungsstätten).

Weltliche Strukturen waren jetzt Vorgabe für die geistlichen: Für den Raum des Departements Sarre entstand eine neue Diözese Trier; Napoleon übertrug sie dem Franzosen Charles Mannay (1745-1821, Bischof 1802-1816). Ein neues Pfarrsystem unterstrich bis hinunter zur Basis das Ende einer Entwicklung. Nach dem Zusammenbruch der napoleonischen Herrschaft, dem Wiener Kongress und der Einvernahme des Linksrheinischen durch Preußen 1816 bedurfte es langer Verhandlungen zur Klärung des neuen Verhältnisses zwischen Staat und Kirche.

Die päpstliche Bulle „De salute animarum“ vom 16. Juli 1821 umschrieb das neue Bistum Trier in den Grenzen der preußischen Regierungsbezirke Koblenz und Trier und kleinerer Teilterritorien. Erst 1824 erhielt Trier mit Josef von Hommer (1824-1836) einen neuen Bischof. Eine zentrale Bistums-Verwaltung entsprach dem spätaufgeklärten Denken der Zeit. Schritt für Schritt suchten die Bischöfe ihr Bistum von der inneren Säkularisierung zu lösen. Dieser Tendenz folgten in anderer Weise auch von die Laien des sogenannten „Koblenzer Kreis“; er wurde zu einer Quelle spätromantischer Frömmigkeit - aber auch des Rheinischen Sozialkatholizismus. Ergebnis waren u.a. die im Bistum entstehenden und sich schnell ausbreitenden Frauen- und Männerkongregationen, die den Großteil des kirchlichen Sozialengagements übernahmen: u.a. Borromäerinnen, Franziskanerinnen verschiedener Gründungen, desgleichen Franziskanerbrüder, Kongregation der Schwestern vom Hl. Geist, Arme Dienstmägde Christi. Die Zahl ihrer Niederlassungen stieg bis 1912 auf 243 (!) mit insgesamt 4.687 Mitgliedern.

Diese Position, begleitet vom Anspruch auf Beteiligung am Bildungswesen, daneben auch die unerfüllten Forderungen, die sich aus der Verfassung von 1850 ergaben, führten fast „zwangsläufig“ zum Kulturkampf von 1871 bis 1888. Die Strafen für Priester (in vielen Fällen - auch bei Bischof Matthias Eberhard 1876 - Gefängnisstrafen) trafen nicht zufällig die Diözese in einer Zeit intensivsten Ausbaus, da die Industrialisierung des Saarlandes (später auch des Koblenzer Beckens) zu einer erheblichen Bevölkerungs- und Konfessionsverschiebung führte. Während 1827 in 683 Pfarreien insgesamt 573.344 Katholiken lebten (= 839 pro Pfarrei), stieg ihre Zahl bis 1912 auf 1.304.231 Katholiken in nur 757 Pfarreien (= 1.722 pro Pfarrei). Das seit 1848 geforderte synodale Element kirchlicher Strukturen wurde allerdings wenig entwickelt (Provinzialkonzil von Köln 1861, Diözesansynoden lediglich 1920 und 1956).

Obwohl sich auch im Bistum Trier das katholische Vereinswesen explosionsartig vermehrte, blieb Triers Bedeutung für den deutschen Katholizismus relativ gering (1865, 1887 und 1970 fanden Katholikentage in Trier statt). In den beiden (Erz-)Bischöfen Michael Felix Korum (1881-1921) und Franz Rudolf Bornewasser (1922-1951) besaß das Bistum über 70 Jahre hinweg dennoch starke, konservativ orientierte, aber engagierte Seelsorger. Bornewasser wuchs vor allem an der nach einer „Lernphase“ entschiedenen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus.

Die Zeit nach dem 2. Weltkrieg war gekennzeichnet durch den zunächst verhaltenen, dann mit dem II. Vatikanischen Konzil an Energie gewinnenden Ausbruch aus der geistigen Enge, in die die Auseinandersetzung mit den als Bedrohung empfundenen Ideologien und Weltanschauungen geführt hatte. Jeder der drei letzten Bischöfe, Matthias Wehr (1951-1966), Bernhard Stein (1967-1980) und Hermann Josef Spital (1981-2001) hat auf eigene unnachahmliche Art dazu beigetragen. 1951 wurde die Theologische Fakultät gegründet.

Seit 1966 entstanden in Bistum und Pfarreien eine Reihe von synodalen und kooperativen Strukturen, die sich teilweise noch im Experimentierstadium befinden. 1937 zählte die Diözese 1.516.367 Katholiken in 812 Pfarreien mit 1.264 Priestern, inzwischen sind es (2012) 1.467.447 Katholikinnen und Katholiken in 881 Pfarreien mit 286 Priestern, 185 Ständigen Diakonen und fast 500 Laien-Seelsorgerinnen und -Seelsorgern (im sogenannten territorialen Dienst).

(Prof. Dr. Wolfgang Seibrich, Lehrbeauftragter für Bistums- und Landesgeschichte an der Theologischen Fakultät Trier - Redaktion: agr)

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