Mit Papst Franziskus beten wir für die Kirchen, die nach dem Willen des Herrn in geschwisterlicher Liebe nach Gemeinschaft suchen, dass sie durch ihre Zusammenarbeit den Herausforderungen der Menschheitsfragen begegnen.
Es gibt Jahre, die stehen unter einem bestimmten Vorzeichen: Ein runder Geburtstag markiert einen neuen Lebensabschnitt. Bedeutende Wahlen, Sportereignisse oder Jubiläen werfen ihre Schatten voraus und prägen ein Jahr. 2017 ist ein solches Jahr. Gemeinsam mit den evangelischen Christen gedenken auch katholische Christen des 500. Jahrestags des Beginns der Reformation durch Martin Luther. Es fügt sich gut, dass Papst Franziskus diesem Jahr, quasi als Vorzeichen, als erstes Gebetsanliegen die Bitte um die Einheit der Christen vorangestellt hat, die im Willen des Herrn selbst gründet.
Man hört mitunter, dass dafür genug gebetet wurde; es müssten endlich Taten folgen. Sicher, das Gebet um die Einheit darf kein Alibi sein, konkrete Schritte aufeinander zu einfach hinauszuschieben. Aber das Gebet bleibt unverzichtbare Voraussetzung dafür, dass diese Einheit gelingen kann.
In der Politik muss man pragmatisch denken. Parteien oder andere Gruppen, die uneins sind, müssen Kompromisse suchen. Der eine bietet hier etwas, der andere verlangt dort etwas anderes; am Ende kommt man überein. Wo es aber um die Wahrheit geht, da kann man keine Kompromisse machen. Um die Wahrheit muss man ringen. Man muss sich ihr immer wieder neu annähern, sie bedenken, erkennen und verstehen lernen. Und dafür muss man beten. Denn die Einheit, von der Jesus spricht, ist ein Geschenk Gottes. Wir können sie nicht einfach machen, auch wenn ein Kompromiss noch so gut ausgehandelt wäre. Wie gut, dass Christen aller Konfessionen das Gebet um diese Einheit pflegen, z.B. jedes Jahr im Januar in der Gebetswoche für die Einheit der Christen.
Einheit im Glauben verlangt Dialog. Dabei können wir auf Vielem aufbauen, was unter den Konfessionen in den letzten Jahrzehnten schon gewachsen ist. Der Besuch des Papstes beim Lutherischen Weltbund in Lund im vergangenen Oktober zeigt das und ermutigt uns zu konkretem ökumenischem Handeln in unseren Lebensbezügen. Aber wir müssen auch weiter miteinander um die Wahrheit ringen, in theologischen und, in den letzten Jahren verstärkt, auch in ethischen Fragen. Was ist Gottes Wille?
Wenn Jesus sagt: „Sie sollen eins sein, damit die Welt glaubt“ (Joh 17,21), dann heißt das doch, dass alle, die an ihn glauben, in der Welt auch mit einer Stimme sprechen sollen, um ein wirksames Sprachrohr für Gottes Willen zu sein in den großen Herausforderungen der Menschheit. Und dafür lohnt es sich allemal, zu beten!
Gott, gib, dass wir eins sind:
eins in unseren Worten, damit ein einmütiges ehrfurchtsvolles Gebet zu dir gelangt;
eins in unserem Verlangen und unserem Streben nach Gerechtigkeit;
eins in der Liebe, in der wir dir dienen, wenn wir den Armen und Geringen unter unseren Brüdern und Schwestern Gutes tun;
eins in der Sehnsucht nach deiner vollkommenen Gegenwart.
Herr, mache uns eins in dir. Amen.
(Gebetswoche für die Einheit der Christen 2008)
Mit Bischof Stephan beten wir für die Kirche von Trier, die herausgerufen ist, Schritte in die Zukunft zu wagen: Lass sie ihren Weg mutig und vertrauensvoll gehen.
Es heißt, dass in der Bibel 365 Mal das Wort fällt: „Fürchte dich nicht!“ oder eine Abwandlung davon; für jeden Tag des Jahres einmal. Wie wichtig ist dieser Zuspruch, gerade in einer Zeit des Umbruchs und des Wandels, die auch mit Ängsten und Sorgen verbunden ist. Mir selbst geht es da nicht anders. „Fürchte dich nicht!“ spricht Gott uns zu und aufgrund dieser Zusage dürfen wir um Mut und Vertrauen beten, unsere Verantwortung für die Kirche in dieser geschichtlichen Stunde wahrzunehmen.
Mut und Vertrauen scheinen auf den ersten Blick zwei gegenläufige Bewegungen zu sein. Meint Vertrauen, sich festzumachen, sich halten an das, was einem gewiss und sicher ist; meint Mut doch immer ein Vorangehen, ein Wagnis eingehen, Sicherheiten zu verlassen. Beide Bewegungen hat Bischof Stephan in seiner Silvesterpredigt aufgegriffen, in den von ihm formulierten „Erlaubnissen“. Da hieß es zum einen: „Wir dürfen Neues entdecken“, was den Mut erfordert, sich herausrufen zu lassen, und zum anderen: „Wir dürfen gelassen sein“, was nur möglich ist, wenn ich Vertrauen habe, wenn ich mich in Gott festmachen kann.
Beide Situationen sind nichts Neues in der Geschichte des Volkes Gottes. Denken wir z.B. nur an die Wüstenwanderung des Volkes Israel nach dem Auszug aus Ägypten. Die große Erfahrung des Volkes in der Wüste ist das Vertrauen. „Ist der Herr in unserer Mitte oder nicht?“ (Ex 17,7), ist die Grundfrage, die Israel auf seinem Weg beantworten muss. In der Wüste wird es auf seinen Gott zurückgeworfen und muss dieses Gottvertrauen wieder neu lernen. Und in diesem Vertrauen lässt Israel sich dann herausrufen in das verheißene Land, kann es Mut fassen, über den Jordan zu ziehen und das Land, seine Städte und Menschen zu erkunden (Num 13).
Diese Situation aufgreifend schrieb der englische Benediktinermönch und Kardinal Basil Hume (1923-1999), einer der großen geistlichen Meister des 20. Jahrhunderts: „Wir werden auf dem Marktplatz nie gesichert sein, solange wir nicht in der Wüste daheim sind.“ Der Marktplatz unserer Welt und die Zurückgezogenheit der Wüste als Ort des Gottvertrauens sind beides Plätze, an denen wir als Kirche zu Hause sein müssen, um unseren Auftrag zu erfüllen. Dazu braucht es Mut und Vertrauen. Und wenn wir beides fassen können, dann brauchen wir uns nicht zu fürchten. Beten wir daher um beides, damit wir uns als Kirche von Trier dazu immer wieder neu herausrufen lassen.
Herr, gib uns Mut zum Hören auf das, was du uns sagst.
Wir danken dir, dass du es mit uns wagst.
Herr, gib uns Mut zum Dienen, wo`s heute nötig ist.
Wir danken dir, dass du dann bei uns bist.
Herr, gib uns Mut zur Stille, zum Schweigen und zum Ruhn.
Wir danken dir: Du willst uns Gutes tun.
Herr, gib uns Mut zum Glauben an dich, den einen Herrn.
Wir danken dir; denn du bist uns nicht fern.
(Gotteslob 448)
Mit Bischof Stephan beten wir für die Menschen in unseren Pfarreien und Gemeinschaften: lass sie ihr spezifisches Charisma entdecken und einbringen in die Gemeinschaft zum Wohl des Ganzen.
In diesen Tagen wird Donald Trump als 45. Präsident der Vereinigten Staaten in sein Amt eingeführt. Sein Wahlerfolg zeigt – was immer man von ihm halten will –, dass Trump eine Persönlichkeit mit Charisma ist, wie es in einigen Zeitungen zu lesen war, d.h. dass er Ausstrahlung und Anziehungskraft besitzt. In diesem Sinne verwenden wir heute dieses griechische Wort im allgemeinen Sprachgebrauch.
Auch das braucht es in der Kirche: Menschen, die die Botschaft Jesu durch ihr Reden und Tun ausstrahlen und andere anziehen, Menschen, die für die Botschaft Jesu brennen. Das muss nicht immer so „lautstark“ sein wie im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf. Wenn ich auf die Menschen in meinem Leben zurückblicke, die eine solche Ausstrahlung hatten und mich angezogen haben, dann waren das eher stille Menschen, die das wie selbstverständlich gelebt und kein großes Aufsehen darum gemacht haben.
Biblisch meint der Begriff Charisma auch nicht so sehr die Ausstrahlung oder einfach eine Begabung. Vom Griechischen her heißt das Wort Geschenk, und Paulus verwendet es dann im Sinne eines göttlichen Geschenks, einer Gnadengabe (Röm 12,6ff; 1 Kor 12,4ff). Diese Gnadengaben werden dem Christen in der Taufe durch den Heiligen Geist geschenkt. Und gemäß dem theologischen Lehrsatz, dass die Gnade die Natur voraussetzt und vollendet, hängen sie natürlich auch mit den natürlichen Begabungen des Menschen zusammen: reden, lehren, Gemeinschaft stiften, leiten, einfühlsam sein, trösten, usw. Begabung wird zur geistgewirkten Gnadengabe, wenn dieses eigene Tun transparent wird auf das Heilshandeln Gottes an uns. So zeigt sich auch das Ziel aller Charismen. Sie sollen der „Erneuerung und dem vollen Aufbau der Kirche“ (LG 12) dienen, die dem erlösenden Heilshandeln Gottes in den einzelnen und durch sie hindurch in der Welt den Weg bereiten, es begleiten und verdeutlichen will.
Charismen sind daher von jedem Christen zu erwarten, aber sie sind Zu-Gabe Gottes, freigewährt, wie der Geist es will. Lebendige Christen waren immer für solche Gaben offen und haben mit ihnen gerechnet. Wenn Charismen also auch nicht berechenbar sind, so muss man doch damit rechnen, dass es sie in ganz unterschiedlicher Weise unter uns gibt; man darf sich auf keinen Fall davor verschließen und kann, ja muss um charismatische Menschen in unseren Gemeinden und Gemeinschaften bitten.
Gott, du hast uns verschiedene Gaben geschenkt.
Keinem gabst du alles – und keinem nichts. Jedem gibst du seinen Teil.
Hilf uns, dass wir einander dienen mit dem, was du einem jeden zum Nutzen aller gibst.
Zeige uns, worauf es für unsere Pfarrei/Gemeinschaft/Gruppe ankommt.
Festige unsere Gemeinschaft mit dir und untereinander.
Schenke uns deinen Heiligen Geist, der das Werk deines Sohnes auf Erden weiterführt.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Marco Weber, Trier