Beschluss der Vollversammlung des Katholikenrates vom 23. Oktober 2010 in Trier, als Antrag der AG Ehrenamt
Der Katholikenrat hat in der Vollversammlung vom 1. März 2008 die AG Ehrenamt eingerichtet mit dem Auftrag, ein Papier zum Thema Ehrenamt zu erarbeiten. Die AG hat mit 15 Mitgliedern über 2 Jahre dieses Papier erarbeitet. Der Text soll in Broschürenform erscheinen. Mit Zustimmung der Vollversammlung ist die Arbeit der AG Ehrenamt beendet.
Ehrenamtlicher Dienst im Bistum Trier
Inhaltsübersicht
Einleitung
1. Grundlegung
1.1 Die gemeinsame Berufung
1.2 Gemeinsames Priestertum und Ehrenamt
1.3 Zuordnung von Ehrenamt, hauptberuflichem Dienst und Weiheamt
1.4 Kompetenz der Ehrenamtlichen als Zuständigkeit und Befähigung
1.5 Ehrenamt als Chance für Kirche und Gesellschaft
1.6 Die Weiterentwicklung des ehrenamtlichen Dienstes in der Kirche von
Trier
2. Ehrenamtlicher Dienst in den Räten des Bistums Trier
3. Rahmenbedingungen für eine gelingende Mitarbeit von Ehrenamtlichen
3.1 Wer sich ehrenamtlich in der Kirche engagiert, braucht klar
beschriebene Aufgaben
3.2 Genaue Absprachen bezüglich des zeitlichen Rahmens sorgen für
Zufriedenheit und verhindern Überforderung
3.3 Sensibilität und persönliche Ansprache sind die beste Werbung für
neue ehrenamtliche Engagierte in der Kirche
3.4 Einbindung und Beteiligung sind Bedingungen zur Förderung
ehrenamtlichen Engagements
3.5 Persönliche Begleitung und Einarbeitung in die Aufgabe sind eine
Voraussetzung für ehrenamtliche Betätigung
3.6 Art und Umfang des ehrenamtlichen Engagements in der Gemeinde
werden in einem Nachweis bestätigt
3.7 Die Anerkennung des ehrenamtlichen Engagements ist wichtig
Schlussbemerkung
Literaturnachweis
Mitglieder der Arbeitsgruppe Ehrenamt
Einleitung
In der Erklärung „Für eine Kultur des Ehrenamtes“ des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) vom Juni 2004 heißt es unter Verweis auf das Zweite Vatikanische Konzil: „Die Kirche als Volk Gottes lebt auch ganz entscheidend von den Charismen, die der Geist Gottes allen Getauften und Gefirmten schenkt. Jesus forderte dazu auf, die eigenen Talente nicht zu vergraben, sondern zur Entfaltung zu bringen.“(Zentralkomitee der deutschen Katholikenr: Für eine Kultur des Ehrenamtes. Handlungsempfehlungen an Verantwortliche in Kirche und Gesellschaft. Bon, Juni 2004, S. 4) Solche Talente äußern sich nicht zuletzt im ehrenamtlichen Engagement von Laien in der Kirche und in Handlungsfeldern, die von der Kirche geprägt sind. Dabei können Ehrenamtliche, so die Erklärung des ZdK, „ihre Begabungen im Dienst an den Mitmenschen einbringen, ihren Verantwortungsbereich mitgestalten und somit wirkungsvoll das Miteinander in Kirche und Gesellschaft stärken.“ (Ebd., S. 4)
Wie in anderen Diözesen hat auch im Bistum Trier das ehrenamtliche Engagement von Laien teilweise eine lange Tradition. Vieles vollzieht sich nach wie vor mit großer Wirksamkeit im Stillen, anderes findet angesichts der neuen Wege, die im Umgang mit aktuellen Herausforderungen eingeschlagen werden, nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb der Kirche Aufmerksamkeit. Manches ist aber auch der Gefahr ausgesetzt, zur Routine zu werden und bedarf der Überprüfung. So wird den Ehrenamtlichen in der Praxis häufig immer noch nicht die Verantwortung eingeräumt, die zu übernehmen sie bereit und in der Lage sind.
Dessen ungeachtet kommt der Mitwirkung von Laien schon heute in der Kirche eine große Bedeutung zu. Diese Bedeutung wird sich ungeachtet des Priestermangels in Zukunft noch erhöhen. Die Arbeitsgruppe „Ehrenamt“ des Katholikenrates im Bistum Trier, errichtet durch die Vollversammlung vom 1. März 2008, sieht deshalb ihre Aufgabe darin, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie ehrenamtliche Betätigung begründet wird, was Menschen dazu motiviert, unter Umständen aber auch davon abhält, sich zu engagieren, welche Entwicklungsperspektiven bestehen und welche Rahmenbedingungen für gelingendes Engagement gegeben sein müssen. Die Arbeitsgruppe konnte sich dabei auf die Schrift „Ehrenamtlicher Dienst im Bistum Hildesheim“ aus dem Jahre 2006 stützen (Bischöfliches Generalvikariat Hildesheim, Hauptabteilung Pastoral (Hrsg.): Ehrenamtlicher Dienst im Bistum Hildesheim. Hildesheim 2006.) , die als Textgrundlage diente. Für die Einwilligung hierzu sei der Hauptabteilung Pastoral des Bischöflichen Generalvikariats Hildesheim ausdrücklich gedankt.
1. Grundlegung
1.1 Die gemeinsame Berufung
Alle Getauften stehen in der Nachfolge Jesu Christi. Volk Gottes sind wir nicht aus eigener Vollmacht, sondern weil Christus uns berufen hat. Deshalb spricht das Zweite Vatikanische Konzil in der Dogmatischen Konstitution Lumen Gentium von dem gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen. Sie haben Anteil an dem königlichen, priesterlichen und prophetischen Amt Christi.
Sie alle sind befähigt, der Welt Gottes Königsherrschaft in Wort und Tat sichtbar zu machen durch den Einsatz für Geschwisterlichkeit, Gerechtigkeit und wirklichen Frieden innerhalb und außerhalb der Kirche: königliches Amt.
Sie alle sind befähigt, die Gegenwart Gottes in den Sakramenten zu feiern und zu verkünden: priesterliches Amt.
Sie alle sind befähigt, sich gegen Ungerechtigkeiten und Missstände in der Welt einzusetzen und auf die Wirklichkeit der göttlichen Gegenwart über den Tod hinaus hinzuweisen: prophetisches Amt.
1.2 Gemeinsames Priestertum und Ehrenamt
Die künftige Bedeutung und Gestalt ehrenamtlicher Mitarbeit im Bistum Trier ist von dieser theologischen Grundlegung her zu bestimmen. Die ehrenamtliche Mitarbeit muss außerdem der jeweiligen Situation gerecht werden.
Zweierlei gilt es festzuhalten:
Im Blick auf die gegenwärtige Situation stellt sich die Frage nach den Verantwortungsbereichen Ehrenamtlicher: Unbedingt notwendig ist eine ehrliche Analyse der Lage vor Ort und der handelnden Personen. Unbedingt notwendig ist auch die Erarbeitung einer gemeinsamen Zielvorstellung.
Dabei müssen die Verantwortungsbereiche, die sich aus dem Weiheamt und dem hauptberuflichen Dienst ergeben mit dem Verantwortungsbereich des Ehrenamtes in Einklang gebracht werden.
1.3 Zuordnung von Ehrenamt, hauptberuflichem Dienst und Weiheamt
Der Priester, besonders im Amt des Pfarrers, ist im Auftrag Jesu Christi und der Kirche gesandt zum Aufbau einer lebendigen Gemeinde: Er ist ihr Vorsteher. In dieser Aufgabe soll er Sorge dafür tragen, dass die einzelnen Gemeindemitglieder ihren eigenen Dienst, ihre eigene Berufung wahrzunehmen vermögen und dass in der Vielfalt der Dienste und Charismen in allem die Einheit gewahrt wird. Der Dienst des Priesters ist so wesentlich Dienst an den Diensten.
Seitens der anderen hauptberuflichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Seelsorge geht es angesichts des Priestermangels nicht darum Dienste zu übernehmen, die früher zwar die Priester wahrgenommen haben, die jedoch originär von Gemeindemitgliedern übernommen werden sollten. Für alle hauptberuflichen pastoralen Dienste gilt, dass sie die ehrenamtlichen Dienste begleiten und fördern, sie aber nicht den Gemeindemitgliedern abnehmen. Die neu entstehenden und sich ausweitenden ehrenamtlichen Dienste bedürfen der Aus- und Fortbildung und der ermutigenden Begleitung. Genau hierin ist ein wesentlicher Dienst der hauptberuflichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sehen.
Leitlinie 1: Wir ordnen Aufgaben, Zuständigkeiten und Räume und gestalten so das Leben als Volk Gottes im Bistum Trier auf neue Weise.
Diese Überlegungen machen klar: Ehrenamt, hauptberuflicher Dienst und Weiheamt sind unterschiedliche Formen des Dienstes am Volk Gottes und grundsätzlich pastoral zu verstehen. Sie stehen nicht in Konkurrenz zueinander. Die Stärke des einen mindert nicht das Gewicht des anderen. Die Forderung, Ehrenamtlichen erheblich stärker als bisher Verantwortung zu übertragen, mindert nicht die Verantwortung von Amtsträgern und Hauptberuflichen.
Unbeschadet der theologischen Zuordnung von Ehrenamt, hauptberuflichem Dienst und Weiheamt ist deren Verhältnis zueinander immer wieder konkret zu gestalten. Dieser Herausforderung muss sich auch das Bistum Trier stellen. Der zahlenmäßige Rückgang von Priestern und Hauptberuflichen erfordert eine Überprüfung ihrer Tätigkeitsbereiche, genauer: eine Überprüfung, ob sie nicht de facto Aufgaben wahrnehmen, die dem Ehrenamt zugehören. Es ist zu klären, welche originären Aufgaben Priestern, Diakonen und Hauptberuflichen zukommen.
Der Wandel in Kirche und kirchlichem Umfeld erfordert eine neue, missionarische Pastoral. Sie drängt auf eine veränderte Gestalt von Kirche hin und bringt ganz neue Aufgaben für Ehrenamtliche, Hauptberufliche und Amtsträger mit sich. Auf diesem Hintergrund bedarf es einer wirklichen Stärkung der Kompetenz der Ehrenamtlichen.
Leitlinie 4: Wir unterbrechen unsere gewohnten Sichtweisen und schauen mit den Augen Jesu auf die Welt
1.4 Kompetenz der Ehrenamtlichen als Zuständigkeit und Befähigung
Leitlinie 3: Wir vertiefen unsere Freundschaft mit Jesus und lassen uns von ihm herausfordern.
Für ihr Engagement haben Ehrenamtliche aufgrund ihrer von Gott gegebenen Charismen Kompetenz im doppelten Sinne: als Zuständigkeit und als Befähigung.
Kompetenz als Zuständigkeit:
Gott schenkt uns Charismen. Damit ist die Absicht Gottes verbunden, dass die Gläubigen diese Charismen als Recht und auch als Verpflichtung in das Leben der Kirche einbringen. Aus dem Geschenk des Charismas ergibt sich die Zuständigkeit für die Aufgabe, auf die dieses Charisma zielt. Alle Zuständigkeit in der Kirche den Amtsträgern zuzusprechen ist daher ein leider immer noch anzutreffendes Missverständnis.
Kompetenz als Befähigung:
Wenn Gott ein Charisma schenkt, dann ist damit aufgrund der göttlichen Herkunft dieses Charismas die Befähigung verbunden, sie in das Leben der Kirche einbringen zu können. Das schließt nicht aus sondern ein, dass ein Charisma geschult und entfaltet werden muss, so wie das bei jeder besonderen Begabung der Fall ist.
Der Kompetenz der Ehrenamtlichen ist die Kompetenz des Amtes zugeordnet. Das Amt hat die Kompetenzen der Ehrenamtlichen als Gabe Gottes wertzuschätzen, zu achten, zur Wirkung kommen zu lassen, aufeinander zu beziehen und miteinander zu verknüpfen. Weil jedes Charisma eine Gabe Gottes für die Kirche ist, gehört zu seinem Wesen die Einordnung in die Kirche.
1.5 Ehrenamt als Chance für Kirche und Gesellschaft
Für die Kirche, aber auch für die Gesellschaft insgesamt stellt das Ehrenamt eine Bereicherung dar. Im ehrenamtlichen Handeln wird die Vielschichtigkeit des christlichen Handelns erkennbar. Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben durch ihre sozialen Kontakte und ihre auf alltäglichen Erfahrungen gegründeten Sichtweisen sowie durch die Unterschiedlichkeit ihrer Charismen Zeugnis christlichen Lebens. In der Vielfalt und Vielschichtigkeit liegt die Chance eines prophetischen Potentials, zumal oft gerade ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Nähe zu jenen Menschen suchen, die am Rande stehen. Durch den Dienst der ehrenamtlich Tätigen kann es gelingen, den Herausforderungen einer differenzierten Gesellschaft Rechnung zu tragen. Die noch vor wenigen Jahrzehnten bestehende gesellschaftliche und kirchliche Geschlossenheit hat einer Vielfalt der Sozialmilieus und der Sozialformen von Kirche Platz gemacht. Nur indem Christen da, wo sich ihr privates und öffentliches Lebens abspielt, in ihrer Spiritualität für den Glauben Zeugnis ablegen, kann es gelingen, dass die Kirche heute die Menschen erreicht und das Evangelium der Welt verkündigt wird.
Im kirchlichen Ehrenamt begegnen wir zwar noch immer der traditionellen Aufteilung der Aufgaben zwischen den Geschlechtern. Diese Aufteilung verändert sich im Zuge der gesellschaftlichen Entwicklung. So ist die vor Jahren noch recht ausgeprägte Trennung von typischer „Frauenarbeit“ in karitativen Feldern (verbunden mit der Vorstellung des Dienens) und „Männerarbeit“ im Gremienbereich (verbunden mit der Vorstellung des Leitens) nicht mehr so offensichtlich. Diese Tendenz gilt es auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes, das die Ebenbürtigkeit von Frau und Mann verbürgt, zu stärken. Die Gleichrangigkeit von Frauen und Männern im kirchlichen Ehrenamt leistet einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Gerechtigkeit im Verhältnis zwischen den Geschlechtern.
Noch einer weiteren Herausforderung hat sich kirchliches Ehrenamt zu stellen. Auch jene, die sich aufgrund ihrer Herkunft oder ihrer Lebenssituation, eher selten ehrenamtlich betätigen oder betätigen können, müssen zu solchem Engagement ermutigt und befähigt werden. Zu denken ist in diesem Zusammenhang an Menschen aus benachteiligten Milieus, Alleinerziehende, an Menschen mit Behinderung und an solche aus anderen Sprach- und Kulturräumen. Auch deren Erfahrungen und Sichtweisen können das Gemeindeleben bereichern. Und umgekehrt kann auch für diese Menschen ehrenamtliches Engagement eine Bereicherung darstellen.
1.6 Die Weiterentwicklung des ehrenamtlichen Dienstes in der Kirche von Trier
Viele Charismen konnten das Leben der Kirche bereichern, weil das Zweite Vatikanische Konzil anerkannt hat, dass der Kirche solche Charismen geschenkt wurden und sie darum in einem erneuerten Kirchenbild und einem Neuverständnis des Laienapostolates zu würdigen sind. Liturgische Dienste, die Dienste von Katechetinnen und Katecheten und die Mitarbeit in Gremien waren beispielsweise vor wenigen Jahrzehnten so noch nicht gegeben. Diese inzwischen gut bewährten Charismen sind auch zukünftig zu stärken und zu achten.
Heute ist es notwendig, Ehrenamtlichen erheblich stärker als bisher Verantwortung zu übertragen. In welcher Weise das Wirken in der Kirche ausgestaltet und rechtlich zu fassen ist, muss in einem wechselseitigen Prozess zwischen Selbstverständnis der Gläubigen, Lehre der Kirche, Theologie und Wahrnehmen und Deuten der Zeichen der Zeit geklärt werden.
Es ist festzustellen, dass es Ehrenamtliche gibt, denen die Verantwortung für katechetische Prozesse übertragen wurde und die diese mit hoher Kompetenz wahrnehmen. Ehrenamtliche gestalten und leiten eigenständig liturgische Feiern. Verstärkt werden sie künftig auch Teilaufgaben der Leitung übernehmen.
In diesem Zusammenhang stellt die Bischofskonferenz fest:
„Eigentlich müsste jeder getaufte Katholik in irgendeiner Weise in der Pfarrei und für die Pfarrei seine Taufgabe und –aufgabe aktiv wahrnehmen und darin eine Ehre“ sehen. (Arbeitshilfen Nr. 213 - "mehr als Strukturen...Entwicklungen unf Perspektiven der pastoralen Neuordnung in den Diözesen" - Dokumentation des Studientages der Frühjahrsvollversammlung 2007 der Deutschen Bischofskonferenz am 12. April 2007 - Seite 35, 2. Absatz, 5. Satz)
2. Ehrenamtlicher Dienst in den Räten des Bistums Trier
Beim Aufbau und der Gestaltung lebendiger christlicher Gemeinden übernehmen Menschen im Bistum Trier eine Schlüsselfunktion, in dem sie sich ehrenamtlich in Pfarrgemeinderäten und Pfarreienräten, in Verwaltungsräten und Dekanatsräten und auf Bistumsebene im Katholikenrat, im Diözesanpastoral- und im Kirchensteuerrat engagieren.
So heißt es in der Präambel der Ordnung für die Pfarrgemeinderäte und Pfarreienräte im Bistum Trier:
Sinn christlicher Gemeinden ist es, den Menschen Orientierung anzubieten für die Gestaltung ihres Lebens und der Gesellschaft. Die Botschaft Jesu fordert dazu auf,
und so eine christliche Gemeinschaft miteinander aufzubauen (Ordnung für die Pfarrgemeinderäte und Pfarreienräte im Bistum Trier (O-PGR) vom 8. Februar 2007 - Präambel Abs. 5).
Die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland (1971 bis 1975) formulierte auf der Grundlage des 2. Vatikanischen Konzils im Beschluss „Dienste und Ämter“: „Damit alle ihre Verantwortung für die Gemeinde auf wirksame Weise wahrnehmen können, gibt es in der Kirche von Anfang an Gremien der gemeinsamen Verantwortung. Die Räte sind dazu da, ein einmütiges Handeln aus dem gemeinsamen Glauben heraus zu ermöglichen.“
Die gegenwärtige Situation des Volkes Gottes im Bistum Trier macht es nötig, zu einer neuen Qualität eines gemeinsamen kirchlichen Bewusstseins und Miteinanders im Volk Gottes zu kommen. Die pastoralen Leitlinien „Als Gemeinschaft in Bewegung – nach innen und außen“ sind dabei unterstützende Wegmarkierungen.
3. Rahmenbedingungen für eine gelingende Mitarbeit von Ehrenamtlichen
Für die Weiterentwicklung einer Kultur des Ehrenamtes bedarf es guter und förderlicher Rahmenbedingungen. Sie sind notwendig, wenn Fähigkeiten, Begabungen und Charismen in ehrenamtlicher Arbeit und im freiwilligen Engagement zur Entfaltung kommen sollen. Es geht darum, so zu planen, dass der Raum für die bereits aktiven Ehrenamtlichen optimiert und für weitere Freiwillige einladend gestaltet wird.
3.1 Wer sich ehrenamtlich in der Kirche engagiert, braucht klar beschriebene Aufgaben
Leitfragen: Worum geht es? Was kann ich? Was wird von mir erwartet? Wofür bin ich zuständig?
Anstehende Aufgaben werden bereits im Vorfeld inhaltlich klar beschrieben. Dies dient der Orientierung und ist Entscheidungsgrundlage zur Übernahme eine Amtes oder einer Aufgabe. Ebenso werden Verbindlichkeiten, Grenzen und Pflichten genannt, aber auch Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten. Beruflich und ehrenamtlich Mitarbeitende müssen sich in ihren Aufgaben ergänzen.
3.2 Genaue Absprachen bezüglich des zeitlichen Rahmens sorgen für Zufriedenheit und verhindern Überforderung
Leitfragen: Wie viel Zeit wird von mir erwartet? Welche Zeitspende will ich geben? Kann ich Arbeit und/ oder Familie mit meinem Engagement in Einklang bringen?
Für die Aufgaben wird ein Anfangs- und Schlusszeitpunkt festgelegt. Der Zeitaufwand wird im Vorfeld realistisch benannt, so dass an einem ehrenamtlichen Dienst Interessierte wissen, auf welche zeitlichen Verpflichtungen sie sich einlassen. Eine zeitliche Begrenzung wird gerade heute von Ehrenamtlichen geschätzt. Möglichkeiten für befristete Engagements sind ebenso zu realisieren wie längerfristige Mitwirkungszeiten. Da, wo es passt und gewünscht ist, kann eine offizielle und öffentliche Beauftragung ausgesprochen und ein offizielles Ende gefeiert werden.
3.3 Sensibilität und persönliche Ansprache ist die beste Werbung für neue ehrenamtlich Engagierte in der Kirche
Leitfragen: Wer hat welche Fähigkeiten in unserer Gemeinde? Wie können wir die Begabungen in unserer Gemeinde nutzbar machen?
Hauptamtliche und bereits ehrenamtlich tätige Gemeindemitglieder benötigen Sensibilität und Aufmerksamkeit für die in der Gemeinde vorhandenen Begabungen, Kompetenzen und Fähigkeiten. Das bedeutet, dass nicht alleine die Frage „wofür brauchen wir jemanden?“ im Vordergrund steht, sondern die Entfaltung vorhandener Talente. Ehrenamtliche und Hauptamtliche sprechen potentielle Freiwillige gezielt an. Unverbindliche Möglichkeiten des Kennenlernens einzelner Tätigkeitsbereiche bietet ein „Schnuppertag“. Aufgaben sollten überschaubar, begrenzt und an den Interessen und Fähigkeiten orientiert sein. Begrenztes projektorientiertes Engagement ist gleichwertig neben langfristiger ehrenamtlicher Mitarbeit zu sehen.
3.4 Einbindung und Beteiligung sind weitere Bedingungen zur Förderung ehrenamtlichen Engagements
Leitfrage: Arbeiten Ehrenamtliche und Hauptamtliche partnerschaftlich zusammen?
Ein regelmäßiger und transparenter Informations- und Kommunikationsfluss muss in einer Gemeinde gesichert sein. Nichts ist frustrierender als die Erfahrung, von den für die Arbeit erforderlichen Informationen ausgeschlossen zu sein. Der Wunsch vieler Ehrenamtlicher, Verantwortung zu übernehmen und das Gemeindeleben mit zu gestalten, sollte Berücksichtigung finden. Ihr Potential sollte konstruktiv in die Arbeit der Pfarrgemeinde eingebunden werden.
3.5 Persönliche Begleitung und Einarbeitung in die Aufgabe sind eine Voraussatzung für ehrenamtliche Betätigung
Leitfrage: Gibt es Vorbereitung, Begleitung und geregelten Erfahrungsaustausch?
Ehrenamtliches Engagement ist zwar ohne Geld, aber nicht kostenlos zu haben. Begleitung, Einarbeitung und fachliche Unterstützung sind Bedingungen für Zufriedenheit und Freude im freiwilligen Engagement. Das Angebot von Erfahrungsaustausch und Besinnung auf die Wurzeln des Engagements schützt vor Überforderung und Isolation. Gleichzeitig hilft es, die persönlichen Grenzen und Möglichkeiten so einzuschätzen, dass sie als ein Zugewinn an Kompetenz und persönlicher Reife erlebt werden.
3.6 Art und Umfang des ehrenamtlichen Engagements in der Gemeinde werden in einem Nachweis bestätigt
Leitfrage: Wird ehrenamtliche Tätigkeit durch eine Bestätigung festgehalten?
Inhalt und Zeitaufwand sollen durch einen Nachweis dokumentiert und bestätigt werden. Im Ehrenamt können Qualifikationen und Kompetenzen erworben werden, die zunehmend für den Arbeitsmarkt relevant sind. Auch sie sollten dokumentiert werden.
3.7 Die Anerkennung des ehrenamtlichen Engagements ist für die meisten Menschen eine wichtige Sache
Leitfragen: Gibt es eine gemeinsame Begegnung aller Ehrenamtlichen? Ist die Anerkennung durch Hauptamtliche ehrlich gemeint oder eine Pflichtübung?
Eine Kultur der Anerkennung ist für ehrenamtlich Tätige auf zwei Ebenen erforderlich: Auf der formellen Ebene gibt es für die Ehrenamtlichen in der Kirche grundlegende Standards, z. B. Versicherungsschutz, „Dankeschön-Veranstaltungen“ sowie Fortbildungs- und Qualifizierungsangebote.
Auf der persönlichen Ebene müssen Anerkennung und Belohnung individuell erlebt werden können. Was für den einen die offizielle Verleihung einer Ehrennadel ist, kann für den anderen das persönlich zugesprochene Lob sein.
Schlussbemerkung
Das Ehrenamt gewinnt in der Kirche immer mehr an Bedeutung, und so stehen Verantwortliche vor der Aufgabe, diese wertvolle Ressource sinnvoll einzusetzen und nicht auszunutzen. Es wird immer deutlicher, dass ehrenamtliche Mitarbeit der Planung, Begleitung und Unterstützung bedarf, genauso wie es im Hauptberuf üblich ist.
Die große Vielfalt des schon vorhandenen ehrenamtlichen Engagements in unserem Bistum macht es unmöglich, fertige Rezepte für dessen Förderung vorzulegen. Diese Darlegungen wollen einen Beitrag leisten, um mutig das Thema Ehrenamt in all seinen Formen lebendig zu halten und zu stärken.
Leiten soll uns dabei das Wort aus dem zweiten Petrusbrief:
"...bemüht Euch noch mehr darum,
dass Eure Berufung und Erwählung Bestand hat.
Wenn ihr das tut, werdet ihr nicht scheitern.“
(2 Petr. 1,10)
Literaturnachweis
Mitglieder der Arbeitsgruppe Ehrenamt
Prof. Dr. Hans Braun
Dr. Herta Brinkmann
Elfriede Burg
Dieter Coen
Ingrid Gayl
Dieter Gesang
Christa Gügel
Herbert Johannes
Reimund Leg
Marianne Lorenz
Brigitte Merzhäuser
Alois Peter Schädler
Rudolf Schneiders
Magdalena Theobald
Manfred Thesing
Trier, 28. September 2010