Grenzüberschreitendes UVP-Verfahren zur Laufzeitverlängerung der belgischen Reaktoren Doel 1 und Doel 2
Für die Laufzeitverlängerung der beiden belgischen Atomkraftwerke Doel 1 und Doel 2 soll vor dem Hintergrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Vorabentscheidungsverfahren (C-411/2017) und der nachfolgenden Entscheidung des Belgischen Verfassungsgerichts vom 5. März 2020 die rechtlich erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nachgeholt werden.
Der EuGH hat in seinem Urteil vom 29. Juli 2019 festgestellt, dass die Laufzeitverlängerung der beiden belgischen Atomkraftwerke Doel 1 und Doel 2 bis 2025 nach der UVP-Richtlinie der EU einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung bedurfte. Das Unterbleiben der notwendigen UVP hat nach Auffassung des Gerichts nicht zwingend zur Folge, dass das belgische Gesetz, mit dem die Stromerzeugung durch die Atomkraftwerke Doel 1 und Doel 2 verlängert wurde, aufgehoben und der Betrieb eingestellt werden muss. Der EuGH knüpfte den Weiterbetrieb jedoch an strenge Voraussetzungen und beschränkte ihn auf den Zeitraum, der absolut notwendig ist, um die fehlende UVP nachzuholen. Der Belgische Verfassungsgerichtshof, der die Angelegenheit dem EuGH vorgelegt hatte, hat diese Rechtsauffassung am 5. März 2020 bestätigt.
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) hat am 04. September 2020 nach Maßgabe des § 58 Abs.5 Satz 1 n. F. des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) die zuständigen Landesministerien über eine Notifizierung im Rahmen der Espoo-Konvention (Convention on Environmental Impact Assessment in a Transboundary Context) bezüglich der rechtlich nachzuholenden Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für die Laufzeitverlängerung und der damit zusammenhängenden Arbeiten der beiden belgischen Reaktorblöcke Doel-1 und Doel-2 informiert.
Im grenzübergreifenden UVP-Verfahren sind nach dem UVPG § 58 Abs. 5 die Behörden zuständig, die für ein gleichartiges Vorhaben in Deutschland zuständig wären. Daher obliegt bei einer Laufzeitverlängerung die Zuständigkeit bei den einzelnen atomrechtlichen Genehmigungsbehörden der Länder.
Das Land Rheinland-Pfalz hat gegenüber dem BMU erklärt, dass es sich am grenzübergreifenden Verfahren beteiligen möchte. Neben dem Land Rheinland-Pfalz beteiligt sich ebenfalls das Land Nordrhein-Westfalen.
Im grenzübergreifenden UVP-Verfahren übernimmt NRW, vertreten durch das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie die Federführung nach UVPG.
Das BMU hat die beiden teilnehmenden Länder fristgerecht der zuständigen belgischen Behörde gemeldet.
Grenzüberschreitendes UVP-Verfahren zur geplanten Laufzeitverlängerung des AKW Loviisa in Finnland
Das AKW besteht aus zwei Druckwasserreaktorblöcken, Loviisa 1 und Loviisa 2 mit jeweils circa 500 MW elektrischer Leistung, sowie den zugehörigen Gebäuden und Lagereinrichtungen, die für die Entsorgung von Kernbrennstoff und radioaktivem Abfall erforderlich sind. Es befindet sich ca. 12 km vom Zentrum der Stadt Loviisa entfernt auf der Insel Hästholmen. Loviisa 1 nahm seinen kommerziellen Betrieb 1977 auf, Loviisa 2 1980. Die derzeitige Betriebsgenehmigung der finnischen Regierung für Loviisa 1 ist bis Ende 2027 gültig, die Betriebsgenehmigung für Loviisa 2 bis Ende 2030.
Zu den für dieses Projekt im Rahmen der UVP geprüften Implementierungsoptionen gehören die Verlängerung des Kraftwerksbetriebs um maximal etwa 20 Jahre (VE1) und zwei verschiedene Optionen ohne Laufzeitverlängerung (VE0 und VE0+). Alle drei Optionen umfassen in verschiedenen Kombinationen auch mit dem Betrieb und/oder dem endgültigen Rückbau der Anlagenteile verbundene Abfallentsorgungsmaßnahmen sowie teilweise auch die Möglichkeit, zusätzlich geringe Mengen schwach- und mittelradioaktiver Abfälle, die an anderen Stellen in Finnland anfallen, entgegenzunehmen, zu konditionieren, zwischenzulagern und in am Standort bereits bestehenden Endlagern endzulagern. Nähere Einzelheiten zu dem Projekt und den verschiedenen Optionen sind in der untenstehenden Zusammenfassung des Programms der Umweltverträglichkeitsprüfung für die internationale Anhörung beschrieben.
Finnland gibt der deutschen Öffentlichkeit bis zum 02. November 2020 Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Federführung nach § 58 UVPG im grenzübergreifenden UVP-Verfahren für Deutschland hat das Ministerium für Inneres und Europa des Landes Mecklenburg-Vorpommern übernommen. Weiterführenden Informationen zum grenzübergreifenden Verfahren erhalten Sie hier.
Rheinland-Pfalz wird sich durch eine Stellungnahme im Verfahren beteiligen.