Reduzierung des Flächenverbrauchs
Die Inanspruchnahme und Nutzung der Böden, die oftmals auch als "Flächenverbrauch" bezeichnet wird, ist eine der zentralen Herausforderungen für den Bodenschutz und unsere Gesellschaft. Denn mit einer fortwährend zu hohen unwiederbringlichen Flächennutzung, insbesondere auf der grünen Wiese, verbauen wir nicht nur im übertragenen Sinne den nachkommenden Generationen unsere Umwelt. Eine wesentliche Zielvorgabe ist deshalb die Flächenneuinanspruchnahme deutlich zu reduzieren.
Das Ziel der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie aus dem Jahr 2002 fordert die Reduktion der täglichen bundesweiten Neuinanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrsflächen auf maximal 30 ha pro Tag bis zum Jahr 2020. Im Jahr 2012 wurden bundesweit noch 70 ha täglich baulich neu in Anspruch genommen. Nach dem Raumordnungsbericht 2011 des Bundes war vor allem der Zuwachs der Gebäude- und Freiflächen in den vergangenen 10 Jahren deutlich rückläufig, so dass sich der Rückgang der Flächenneuinanspruchnahme insgesamt beschleunigt hat.
Daten zur Flächennutzung in Rheinland-Pfalz
Mit einer täglichen Flächenneuinanspruchnahme von weniger als 1,5 ha (0,6 ha im Jahr 2014) hat Rheinland-Pfalz bereits seit dem Jahr 2009 als eines der wenigen Flächenländer den auf die einzelnen Bundesländer umgelegten Flächensparzielwert des Bundes erreicht. Nähere Informationen enthält der Raumordnungsbericht 2013 des Landes Rheinland-Pfalz (Internetseite des MdI).
Nach Auskunft des MdI vom Oktober 2016 ist eine Umstellung in der statistischen Erfassung und Auswertung der Daten zur Flächeninanspruchnahme erfolgt, so dass ein Vergleich mit Vorjahresdaten kaum noch möglich ist. Bezogen auf Nutzungsarten ist aber festzustellen, dass im Jahr 2015 ein Anstieg der durch Wohnen (1,4 ha pro Tag) und Gewerbe (0,2 ha pro Tag) neu in Anspruch genommenen Flächen zu verzeichnen ist.
Das Statistische Landesamt gibt in der aktuellen Broschüre "Umwelt und Energie 2018" eine Flächennutzung für Siedlungs- und Verkehrflächen von 14,6 % an (vgl. Grafik) Dabei wird differenziert zwischen einem Flächenanteil für Siedlung von 8,5 % und für Verkehr von 6,1 %.
Maßnahmen und Ziele
Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz ist der festen Überzeugung, dass eine zukunftsfähige Entwicklung in den Ortschaften und Städten dauerhaft nur mit einem niedrigen Niveau des Nettoflächenverbrauchs von landesweit weniger als einem Hektar pro Tag gestaltet werden kann. Die Landesregierung wird unter Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und insbesondere sozialer Aspekte auch künftig konsequent weitere Reduzierungsmaßnahmen unterstützen und fördern. Dieses Ziel soll aber nicht durch Anordnungen "von oben", sondern durch Aufklärung, Bewusstseinsbildung, Beratung und Unterstützung der kommunalen Entscheidungsträger erreicht werden.
Die notwendige Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme kann nur ressortübergreifend unter Einbeziehung der maßgeblichen Akteure durch ein Maßnahmenbündel erreicht werden. Hierzu zählen Maßnahmen wie die Sensibilisierung von Entscheidungsträgern und Akteuren sowie die Bereitstellung von Instrumenten, Informationen, Handlungsleitfäden und Daten mit dem Ziel, die Flächenneuinanspruchnahme quantitativ zu reduzieren, die Flächeninanspruchnahme qualitativ zu verbessern bzw. die weiterhin unvermeidliche Flächenneuinanspruchnahme umweltverträglich zu gestalten.
Bewährte und neue Instrumente zum Flächensparen
Zur Umsetzung der Ziele einer Reduzierung und Optimierung der Flächenneuinanspruchnahme wurden in Rheinland-Pfalz im Oktober 2008 entscheidende Weichen durch das neue Landesentwicklungsprogramm (LEP IV) gestellt.
Hier ist mit dem Ziel 31 der Vorrang der Innenentwicklung vor einer Außenentwicklung verankert.
Darüber hinaus wird im Ziel 32 die Regionalplanung verpflichtet, der Bauleitplanung Obergrenzen für ihre weitere Wohnbauflächenentwicklung (sog. Schwellenwerte) vorzugeben. Im Rahmen der Fortschreibung der vorbereitenden Bauleitplanung sind diese von den Trägern der Flächennutzungsplanung als Ziele der Raumordnung zu beachten.
Nähere Informationen zum Landesentwicklungsprogramm
Mit dem Projekt „Raum+ Rheinland-Pfalz 2010“ wurde im Jahr 2010 eine systematische landesweite Erhebung und Bewertung von Siedlungsflächenpotenzialen im Land Rheinland-Pfalz durchgeführt. Die Ergebnisse sind ausführlich in der Broschüre Raum+ Rheinland-Pfalz 2010 dargestellt.
Die besondere Bedeutung dieses Projektes liegt nicht nur darin zu wissen, wie viel Flächenpotenzial für die Innenentwicklung tatsächlich zur Verfügung steht, sondern auch in einer Bewertung, ob diese Flächen direkt bebaut werden können bzw. welche Gründe gegen eine schnelle Realisierung sprechen. Dies bildet die Voraussetzung, um konkrete Nachnutzungen vorzubereiten oder und eventuell vorhandene Hemmnisse aktiv anzugehen. Vor der Erschließung neuer Baugebiete sollen zunächst die Möglichkeiten innerorts ausgeschöpft werden. Hierdurch werden wertvolle natürliche Böden im Außenbereich geschont und die Ortsmitten gestärkt.
Die zum Zwecke der Ersterhebung eingerichtete Internetplattform wurde im Juli 2011 technisch und methodisch zur Plattform RAUM+Monitor weiterentwickelt. Mit Hilfe dieser internetgestützten Erhebungsplattform können die Kommunen die Ersterhebungsdaten selbständig aktualisieren und auswerten.
Nähere Informationen zu RAUM+Monitor
Für die Aktivierung von schwierigen Flächenpotenzialen haben die Länder Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gemeinsam mit dem Verband Region Rhein-Neckar das Projekt Raum+ AKTIV durchgeführt.
Anhand der Erfahrungen aus der Aktivierung ungenutzter Flächenpotenziale von neun teilnehmenden Modellkommunen wurde ein zielgerichtetes Vorgehen für die Wiedernutzung von Flächen entwickelt und in einem Handlungsleitfaden die bestehenden Förderinstrumente der beteiligten Länder zusammengestellt. Gleichzeitig wurde ein „Standortpotenzial-Check“ entwickelt, der anderen Kommunen bei der Suche nach möglichen (Nach)-Nutzungen und bei der Bewertung der Reaktivierbarkeit von Innenentwicklungspotenzialen Unterstützung bietet.
Die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz, ISB, betreibt in Kooperation mit den Kommunen den Standortfinder, ein Instrument, um möglichen Investoren landesweit die aktuell verfügbaren Gewerbe- und Industrieflächen darzustellen. Dabei ermöglicht die Datenbank die Suche nach individuellen Auswahlkriterien und beinhaltet die überregional bedeutsamen Flächen in Rheinland-Pfalz.
Folgekostenrechner erfassen gegenüber einer üblichen städtebaulichen Kalkulation umfassender die Einnahmen- und Ausgabensituation von Baulanderschließungen. Neben den kurzfristigen Planungs- und Baukosten werden hier auch die mittel- bis langfristigen Kosten der sozialen und technischen Infrastruktur unter Berücksichtigung der individuellen demografischen Entwicklung der Kommune analysiert. Diese dadurch gewonnene Kostentransparenz zeigt deutlich, dass sich Innen- vor Außenentwicklung insbesondere auch aus finanziellen Gründen für die Kommunen „rechnen“ kann.
Einer landesweit insgesamt rückläufigen Einwohnerzahl und einer alternden Bevölkerung – besonders in den ländlichen Gebieten – steht gleichzeitig eine hohe Wohnflächennachfrage in den Ballungszentren entgegen. Diese sind im anspruchsvollen kommunalen Abwägungsprozess einer Wohnbauflächenerschließung sorgfältig einzubeziehen. Denn die Ausweisung von neuem Wohnbauland kann den Kommunen u.a. durch Steuermehreinnahmen Chancen eröffnen, aber auch erhebliche finanzielle Risiken nach sich ziehen.
Nach einem über zweijährigen erfolgreichen Praxistest konnte in enger Zusammenarbeit mit ausgewählten Kommunen – von kleinen Ortsgemeinden über Verbandsgemeinden bis hin zu den Oberzentren des Landes – sowie unter Beteiligung der Kommunalen Spitzenverbände, der Planungsgemeinschaften und der Architektenkammer der „Folgekostenrechner Rheinland-Pfalz“ erfolgreich entwickelt und optimiert werden. Anfang 2015 wurde das Planungsinstrument den Kommunen zur kostenfreien Nutzung zur Verfügung gestellt.
In der eigens erstellten Broschüre und der Internetseite Folgekostenrechner Rheinland-Pfalz sind die Zielsetzung, die Anwendungsmöglichkeiten sowie die generelle Handhabung des Folgekostenrechners ausführlich beschrieben. Zudem werden über die Internetseite fortwährend Programmaktualisierungen, unterstützende Beispieldateien sowie die Ansprechpersonen für fachliche Fragen / Held desk angeboten. Die Kommunen können bzw. sollen für alle Fragen zur Anwendung des Folgekostenrechners auf die angeführten Ansprechpersonen zugehen.