Innovationspreis Rheinland-Pfalz 2018
Der Innovationspreis Rheinland-Pfalz wurde am 31. Januar 2018 nunmehr zum 30. Mal verliehen.
Staatssekretärin Daniela Schmitt hat sechs Unternehmen in insgesamt fünf Kategorien mit dem Innovationspreis 2018 ausgezeichnet. Der Innovationspreis ist mit insgesamt 40.000 Euro dotiert und wird gemeinsam vom Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau sowie den Arbeitsgemeinschaften der Industrie- und Handelskammern und den Handwerkskammern vergeben.
Ausgezeichnet wurden:
Kategorie „Unternehmen“:
Jennewein Biotechnologie GmbH
Humane Milch-Oligosaccharide als Nahrungsergänzungsmittel
Die WHO empfiehlt, Kinder bis zum 6. Monat ausschließlich mit Muttermilch zu ernähren. Doch es gibt Mütter, die ihr Kind nicht mit Muttermilch ernähren können und auf Säuglingsnahrung zurückgreifen müssen. Diese ist zwar heutzutage auf die Bedürfnisse der Säuglinge zugeschnitten, doch es fehlen darin wesentliche Bestandteile der Muttermilch wie zum Beispiel humane Milch-Oligosaccharide (HMO), die den drittgrößten Anteil der löslichen Bestandteile in der Muttermilch darstellen.
Die Jennewein Biotechnologie GmbH hat seit seiner Gründung im Jahr 2005 ein innovatives Verfahren entwickelt, das es ermöglicht, humane Milch-Oligosaccharide, speziell 2‘-Fucosyllactose humanidentisch in industriellem Maßstab herzustellen. Hierfür hat das Unternehmen einen einzigartigen fermentativen Produktionsprozess entwickelt, der sich auf wissenschaftliche Forschung stützt. Internationale Studien belegen dass 2‘-Fucosyllactose Säuglinge zum Beispiel vor Infektionen schützen, sich positiv auf ihre Darmflora auswirken und ihre neuronale Entwicklung unterstützen.
Diese positiven Eigenschaften können sich aber auch auf erwachsene Konsumenten auswirken indem sie etwa ihre Immunabwehr stärken oder vor Norovireninfektionen schützen. Vermarktet wird die von Jennewein hergestellte 2‘-Fucosyllactose unter dem Markennamen Mum‘ s Sweet Secret.
Videobeitrag Jennewein Biotechnologie GmbH | Youtube
Kategorie „Handwerk“:
Kübler GmbH
Digitales Know-how für Hallenheizungen
Energie kann sich buchstäblich in Luft auflösen, und zwar in Werkshallen, die konventionell mit warmer Luft geheizt werden. Da steigt die Wärme hoch zur Decke, wodurch der energetische Aufwand enorm wird, um z. B. Arbeitsplätze mit genügend Wärme zu versorgen.
Infrarotstrahlen erzeugen Wärme deutlich effektiver direkt im Arbeitsbereich. KÜBLER nutzt dieses Wärmeprinzip seit 1989 für die Beheizung von Großräumen und stellt heute als Hallenheizungsspezialist mit die effizientesten Lösungen. Der Energieverbrauch sinkt alleine dadurch um bis zu 50 Prozent. Mit selbstlernender Heizungssteuerung und der Restwärmenutzung entwickelte KÜBLER zwei weitere Hebel, um den Energieverbrauch zu senken. Für die hohe Effizienz dieses Gesamtsystems erhielt das Unternehmen 2012 den „Deutschen Nachhaltigkeitspreis“.
Doch damit nicht genug. Im Heizkonzept WÄRME 4.0 verbindet KÜBLER jetzt die Möglichkeiten der Digitalisierung mit seinen Energiesparheizungen. Das Konzept vernetzt die Energieflüsse in einer Halle und nutzt so bislang brach liegende Effizienzpotenziale (z. B. Abwärme von Kompressoren) – mit bis zu 20 Prozent mehr Energieeinsparung. Grundlage ist ein völlig neues Steuerungssystem, das Datenströme erfasst, analysiert und dokumentiert. Es ermöglicht jeder Zeit den Zugriff auf wichtige Parameter. So bietet das wegweisende Konzept den Nutzern volle Transparenz und damit die Voraussetzungen für ein effektives Energiemanagement, für Kosteneinsparungen und auch für die Zertifizierung nach DIN EN 50001.
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Kategorie „Kooperation“:
Dinnovative GmbH in Kooperation mit Distelkamp-Electronic
Filter ohne Pilzsporen
Im Labor lässt sich zeigen: Schon nach wenigen Tagen besteht bei konventionellen Luftfiltern die Gefahr, dass ihre Rückseite mit Bakterien und Pilzsporen bedeckt ist. Das liegt an dem biologischen Material, das der Luftstrom bei Umluftanlagen transportiert, etwa Pollen oder tote Insekten. Solche Umluftanlagen kommen in Privathäusern oder im Wartezimmer von Arztpraxen zum Einsatz. Ziel ist es eigentlich, eine gesunde Luftqualität zu erreichen.
Das gelingt in Zukunft viel besser mit einer Entwicklung der Dinnovative GmbH: Das Unternehmen hat Filter mit einer Schicht aus Kupfer und Silber überzogen - eine Idee, die so zum ersten Mal umgesetzt wurde. Denn bereits Krankenhäuser kennen Türklinken aus Kupfer, um durch dessen antibakterielle Wirkung weniger Krankheitskeime zu verbreiten. Diese Eigenschaften des Metalls nutzt die Dinnovative GmbH, um über einen langen Zeitraum Filter vor Bakterien, Viren und Schimmelpilzen zu schützen.
Dabei ging sie eine erfolgreiche Kooperation mit Distelkamp Electronic ein: Dieses Unternehmen ist ein erfahrener Hersteller von Lötrauchabsauggeräten, die für die neue Filter-Technologie adaptiert wurden. Die neuen Umluftanlagen sind sehr leise und sparsam im Stromverbrauch.
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Kategorie „Sonderpreis Industrie“:
Sensitec GmbH
Stromsensor für E-Mobilität
Ob E-Mobilität oder automatisierte Produktion - überall kommen kleine und große Elektromotoren zum Einsatz. Dabei sind vielfältige elektrische Ströme zu messen - ihre Stromstärke in Ampere ist ein entscheidender Parameter, damit die Motoren effizient laufen. Dafür hat die Sensitec GmbH einen magnetoresistiven Stromsensor entwickelt, der diese Aufgabe hervorragend löst.
Wie beim Billard wird über Bande gespielt: Fließt Strom durch eine Leitung, entsteht ein Magnetfeld, das der Stromsensor erfasst. Allerdings nicht direkt, sondern über eine Veränderung des elektrischen Widerstands im Sensor, bewirkt durch das Magnetfeld. So ergibt sich ein elektrisches Signal, das ein übergeordneter Rechner verarbeiten kann, um die exakte Amperezahl des fließenden Stroms zu errechnen.
Das können auch andere Sensoren, doch mit ihrer innovativen Leistung hat die Sensitec GmbH ein „magisches Dreieck“ aufgebrochen: Der Stromsensor ist extrem klein (1), arbeitet mit hoher Geschwindigkeit (2) und liefert sehr genaue Messdaten (3). Alles auf einmal! Denn andere Sensor-Hersteller bekommen diesen Zielkonflikt nicht in den Griff. Das ist die eigentliche Innovation - besonders gefragt, wenn es um Leistungselektronik geht.
Videobeitrag Sensitec GmbH | Youtube
Kategorie „Sonderpreis Innovative Jungunternehmen“:
VERU GmbH
Eis am Stiel mit weniger Kalorien
Eis am Stiel - das ist ein traditionelles Produkt, das seit Jahrzehnten in sehr ähnlicher Weise hergestellt wird. Typisch sind zum Beispiel die Herstellungstemperatur von -40 Grad °C oder der „Sahnefettschaum“, der in der Regel die Grundsubstanz für den Produktionsprozess ist. Das führt zu einem hohen Zucker- und Kalorienanteil im Eis am Stiel. Hinzu kommt die aufwändige Tiefkühllogistik, weshalb sich eine Produktion nur in hohen Stückzahlen lohnt.
Eigentlich alles große Markteintrittsbarrieren …. trotzdem stellt die VERU GmbH Eis am Stiel völlig neu her - mit einer dafür neu entwickelten Anlage zur Serienproduktion. Für die Schockfrostung bei -180 Grad °C kommt flüssiger Stichstoff zum Einsatz, der so genannte „Glas-Zustand“ der Moleküle ist schon in 90 Sekunden erreicht. Statt „Sahnefettschaum“ kann reiner Joghurt die Basis sein. Und: Es sind weder Stabilisatoren und Emulgatoren, noch künstliche Aroma- und Farbstoffe notwendig. Das Eis kommt in vielen Varianten auf den Markt: glutenfrei, vegan, aber auch alkoholhaltig („Mojito“).
Wichtig: Es werden erstmals echte Früchte zu Püree verarbeitet, etwa Passionsfrucht oder schwarze Johannisbeere, um dem neuen Eis einen einmaligen Charakter zu geben. Später kommt Mango dazu. Das Unternehmen verspricht eine „Geschmacksexplosion“: viel mehr natürlicher Genuss bei weniger Zucker und Kalorien.
Videobeitrag VERU GmbH | Youtube
Zusätzlich wurden folgende Anerkennungen verliehen:
Kategorie „Unternehmen“:
Georg Maschinentechnik GmbH & Co. KG
„Industrie 4.0“
In der Industrie laufen viele zuverlässige Maschinen, die ein hohes Lebensalter aufweisen. Sie sind häufig noch mit analogen Signaltechniken oder älteren digitalen Steuerungen und Bildschirmen ausgerüstet, die im digitalen Zeitalter nicht den Ansprüchen einer „Industrie 4.0“ genügt. Ein Beispiel: Konventionelle ältere Sensoren kennen bei einem Filter nur zwei Zustände: nutzbar/verschmutzt. Er wird erst ausgewechselt, wenn er seine Funktion nicht mehr erfüllt. Damit ist eine ungeplante Instandhaltung verbunden, die in der Industrie 4.0 zunehmend überholt ist. Sie wird durch das Konzept der „Predictive Maintenance“ abgelöst, einer proaktiven Wartung von Maschinen. Neu ist dabei nicht die Anzeige von Zwischenzuständen, sondern deren Kommunikation über die Maschinengrenze hinaus - im Sinne Cyber-Physischer-Systeme.
Die „Georg Maschinentechnik GmbH & Co. KG“ hat dafür den „Edge Data Analyzer“ (EDA) entwickelt, der für vielfältigen weiteren Nutzen steht: Kunden sind mit ihm in der Lage, einen bestehenden Maschinenpark zu digitalisieren - ohne erprobte Technik austauschen zu müssen. Das ist der große Pluspunkt des EDA, der u. a. für die „Predictive Maintenance“, Rezepturverwaltung, Logistik und Kommunikation zum Einsatz kommt. Das hält die Ausfallzeiten niedrig und entlastet als Assistenzsystem Entscheidungsträger. Der EDA gibt rechtzeitig eine Prognose ab, wann z. B. ein Filter verstopft sein wird - und informiert automatisch die Abteilungen Instandhaltung und Beschaffung. Dabei will der EDA-Hersteller kein Geschäft mit den Daten machen. Vielmehr verkauft er sein Produkt und passt die Software an die Bedürfnisse des Kunden an - ganz im Sinne dessen digitaler Zukunft und Aspekten der Datensicherheit.
Kategorie „Kooperation“:
StreeProtec UG haftungsbeschränkt in Kooperation mit Philippine GmbH & Co. Technische Kunststoffe KG
Kein Beton mehr auf der Straße
Kleine Erfindung mit großer Wirkung - das ist der StreeProtec UG gelungen. Das Problem: Seit Jahrzehnten verlieren Betonmischwagen einen geringen Teil ihrer Ladung, etwa auf der Fahrt von der Baustelle ins Werk. Das liegt an der so genannten „Schwenkschurre“, die Ähnlichkeit mit einer Dachrinne hat. Statt Wasser abzuleiten, ist sie am Fahrzeugheck befestigt, um den Beton gezielt aus der Mischtrommel fließen zu lassen - etwa zum Gießen einer Bodenplatte.
Aber bisher blieb immer etwas Beton in der „Schwenkschurre“ zurück, der bei der Rückfahrt auf die Straße fallen konnte. Das gefährdete Motorradfahrer, war ökologisch bedenklich - und bedeutete erhebliche Kosten, weil die Eigentümer der Betonmischwagen für die Reinigung aufkommen mussten.
Die innovative Lösung: Die StreeProtec UG entwickelte einen abnehmbaren Verschluss aus Kunststoff, und zwar in Form eines halbrunden „Tubberware-Deckels“, der die „Schwenkschurre“ verschließt. So fällt kein Beton mehr auf die Straße. Zur Markt- und Serienreife brachte die UG ihren Auslaufschutz in Kooperation mit der Philippine GmbH & Co. Technische Kunststoffe KG. Dieses Unternehmen fand u. a. den richtigen Kunststoff: betonsäure- und witterungsresistent. Ein Beispiel für gelungene Zusammenarbeit, um ein altes Problem einfach aus der Welt zu schaffen.
Kategorie „ Sonderpreis Industrie“:
KSB Aktiengesellschaft
Digitalisierte Wassernormpumpe
Vielfalt hat ihren Preis: Wassernormpumpen lassen sich bisher nur mechanisch an spezielle Kundenbedürfnisse anpassen, etwa den „Förderstrombedarf“ (z. B. 50 Liter Wasser pro Sekunde). Dazu modifiziert die KSB AG das „Laufrad“ in der Pumpe - und wählt aus 43 Baugrößen, um die passende Baugröße zu finden. Auch die Beschaffung von Ersatzteilen wird schwieriger, da Kunden oft viele unterschiedlich veränderte Pumpen im Einsatz haben. Diese fertigt die KSB AG auftragsbezogen. Deshalb stellt eine wirtschaftlich sinnvolle Lagerhaltung eine große Herausforderung dar.
Der Hintergrund: Die Pumpen werden ans öffentliche Stromnetz angeschlossen, das die Energieversorger mit einer konstanten Frequenz von 50 Hertz betreiben. Die ungeregelte Normmotoren für die Pumpen sind auf diese Frequenz ausgelegt - ohne die Möglichkeit, ihre Leistung zu variieren.
Das sind aber alles Probleme von Gestern: Die Innovation der KSB AG besteht in der Digitalisierung der Pumpen. Die neue Elektronik ist in der Lage, die Leistung der Pumpe auf die Bedürfnisse der Kunden anzupassen - und dennoch den Strom aus öffentlichen Netzen zu nutzen (50 Hertz!). Die Vorteile: bessere Versorgung der Kunden mit Ersatzteilen sowie eine effizientere Standardisierung in der Produktion. Die Varianten-Komplexität nimmt deutlich ab - dennoch lassen sich alle Pumpen viel besser nach den Wünschen der Kunden produzieren.
Kategorie „Sonderpreis Innovative Jungunternehmen“:
VR Coaster GmbH & Co. KG
VR-Brille für Achterbahn
Es gibt bereits viele Computerspiele, die mit VR-Brillen Nutzer in virtuelle Welten hineinziehen. VR steht dabei für „Virtual Reality“. Der Haken: Wer sich dabei wenig bewegt, aber turbulente Szenen erlebt, kann „seekrank“ werden. Seine visuellen Wahrnehmungen passen nicht zum Körpergefühl - und schon gerät der Magen durcheinander …
Dieses Problem hat die VR Coaster GmbH & Co. KG gelöst - zumindest für die Betreiber von Achterbahnen. Teil 1 der Innovation: Die Betreiber bieten ihren Kunden völlig neue Erlebnisse, indem sie die Fahrgeschäfte mit VR-Brillen ausstatten. So wird aus der Achterbahn-Fahrt ein rasanter Drachenflug, umgeben von einer Fantasy-Welt. Weltraumschlachten sind auch möglich. Teil 2 der Innovation: Die VR-Fahrt wird präzise zur realen Fahrt synchronisiert, so dass das virtuelle Erlebnis stets perfekt auf die realen Körperempfindungen abgestimmt ist.
Der große Vorteil dieser Synchronisation: keine Seekrankheit! Das gelingt, weil Sensoren exakt die Drehung der Räder verfolgen, um die Position des Zuges zu bestimmen. Die Daten geben sie per Bluetooth weiter. Dort sitzen die „Drachenreiter“ zwar in unterschiedlichen Wagen - doch das System ist in der Lage, die virtuelle Realität auf jeden genau zuzuschneiden. Die VR Coaster GmbH & Co. KG hat bereits international Erfolg - und stattete 70 Anlagen in 50 Parks mit ihrer VR-Technologie aus.
Die Bilder der Preisverleihung finden Sie hier.
Die Wettbewerbsrunde um den Innovationspreis 2019 startet im Frühjahr 2018. Weitere Informationen finden Sie unter www.innovationspreis.rlp.de.