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Bad Arolsen mit
Stadtteil Helsen (Kreis
Waldeck-Frankenberg)
Jüdische Geschichte / Synagogen/Beträume
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In dem früher zur Grafschaft, dann zum Fürstentum und
schließlich zum ehemaligen Freistaat Waldeck gehörenden Bad Arolsen bestand eine jüdische
Gemeinde bis nach 1933. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück, als die Fürsten von Waldeck und Pyrmont in ihrer Residenzstadt
Schutzjuden und sogenannte "Hofjuden" (Hoffaktoren, Hoflieferanten)
aufgenommen haben.
Um 1725 werden erstmals Juden in Arolsen genannt. Es handelte sich dabei
insbesondere um die Familie des Marcus Juda, der in zweiter Ehe mit Julia
geb. Stieglitz, Tochter des Levi Stieglitz aus Laasphe (heute Bad Laasphe, Kreis
Siegen-Wittgenstein) in der damaligen
Grafschaft Sayn-Wittgenstein verheiratet war. Um 1760 folgten zwei Brüder der
Julia Stieglitz, Hirsch und Lazarus Stieglitz ihrer Schwester nach.
Hirsch Stieglitz war mit Edel (Elisabeth) geb. Marcus verheiratet, sein Bruder
Lazarus gleichfalls mit einer geb. Marcus. Die Familien erhielten Zollfreiheit
und waren fortan als Hoffaktoren, Kammer- und Hofagenten für das Fürstenhaus
tätig. Seit 1763 wohnten die beiden Familien mit ihren Gattinnen und insgesamt
10 Kindern mit Personal und Gesinde in dem Haus Schlossstraße 1 ("Haus
Stieglitz", siehe Fotos).
Im weiteren Verlauf des 18. Jahrhundert nahm die Zahl der jüdischen
Familien zu: 1778 waren neun jüdische Familien in der Stadt, 1795 zehn
Familien.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt: 1847 11 jüdische Familien, 1880 69 jüdische Einwohner (2,8 % von
insgesamt 2.477 Einwohnern), 1885: 49, 1900 38 (1,4 % von 2.734), 1905: 48, 1910 45 (1,6 % von
2.793).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Schule
(Religionsschule), ein
rituelles Bad und ein Friedhof. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Leo Stein (geb.
25.2.1889 in Kletzko, gef. 8.1.1916).
Um 1924, als zur Gemeinde noch etwa 25 Personen gehörten (1,0 % von
insgesamt 2.490 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Schafti
Löwenstein, Hermann Schönstädt und Richard Schönstädt. Zur Gemeinde
gehörten die fünf in Helsen lebenden jüdischen Personen. 1932 waren die
Gemeindevorsteher weiterhin Schafti Löwenstein (1. Vors., gest. 1930, Grab im
jüdischen Friedhof) und Richard
Schönstädt (2. Vors., gest. 1935, Grab im jüdischen Friedhof).
Im Schuljahr 1931/32 gab es noch ein schulpflichtiges jüdisches Kind in der
Gemeinde, das seinen Religionsunterricht durch Lehrer Moritz Goldwein aus
Korbach erhielt.
1932 lebten noch 26, 1933 noch 15 jüdische Personen in der Stadt. In
den folgenden Jahren der NS-Zeit ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Im November 1938
lebten noch fünf jüdische Personen in Arolsen: die 77-jährige Witwe Klara
Schürmann (Fürstenallee 13), die 78-jährige Frieda Alsberg (Kaulbachstraße
12), die Geschwister Margarete, Frieda und Theodor Katz (Bahnhofstraße 29; 41,
39, bzw. 31 Jahre alt). Sie alle waren beim Novemberpogrom 1938 schutzlos
den Angriffen der Arolser Nationalsozialisten und einer aufgeputschten
Menschenmenge ausgesetzt. Die Manufakturwarenhandlung und die Wohnung der
Geschwister Katz wurden verwüstet und geplündert. Frieda Alsberg zog 1939 nach
Frankfurt (gest. 25.4.1940). Die Geschwister Katz konnten noch in die USA
emigrieren. Klara Schürmann musste im Frühjahr 1939 ihr Haus verkaufen und
wurde in die Wohnung von Frieda Alsberg einquartiert. Sie starb vermutlich im
Zusammenhang der "Euthanasie"-Mordaktion im März
1941.
Von den in Arolsen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Anna Bär (1875), Ella
Bär geb. Schrotenberg (1879), Florentine David geb. Pfeiffer (1852), Max
Holländer (1900), Ida Katz geb. Schartenberg (1873), Max Katz (1900), Friedrich
Salomon Levell (1878), Rosalie (Rosa) Löwenstein (1866), Siegfried Löwenstein
(1899), Rahel Reichhardt geb. Löwenstein (1875), Albert Schiff (1900), Julius
Schönstädt (1904), Richard Schönstädt (1874), Clara (Klara) Schürmann geb.
Katz (1861), Selma Simon geb. Katz(1894), Max Stein (1871), Martha Stern geb.
Katz (1897).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Allgemeines
Beitrag "Die Juden in Waldeck" (erschien
1929)
Anmerkung: Beitrag zur Geschichte der Juden in Bad Arolsen, Bad
Wildungen, Korbach, Landau,
Mengeringhausen, Rhoden,
Sachsenhausen, Züschen
sowie Eimelrod und Höringhausen.
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 12. April 1929: "Die Juden in
Waldeck. (Zum Ende des ehemaligen Fürstentums).
Wir entnehmen dem 'Israelitischen Familienblatt' nachstehenden
interessanten Artikel: Am 1. April fand in Arolsen die feierliche
Vereinigung des Freistaates Waldeck mit Preußen statt. Das kleine
Ländchen wird ein Bestandteil der Provinz Hessen-Nassau. Waldeck zählt
unter seinen 58.000 Einwohnern etwa 550 Juden. Aus dem Kreise der
Waldecker Juden der weiteren Welt bekannt geworden ist der Dichter
Heinrich Stieglitz. Seine Werke sind heute vergessen. Seine Frau
Charlotte aber entriss seinen Namen der Vergessenheit. Um ihn der
Schwermut seines Gemüts, das unter seiner dichterischen Schwäche litt,
zu entreißen, und in der Hoffnung, dass ein starker Schmerz heilend und
kräftigend auf sein Gemüt einwirken werde, gab sie sich den Freitod.
Diese Tat, die das damalige 'Junge Deutschland' aufwählte, wurde von
Gutzkow, dem Verfasser des 'Uriel Akosta', behandelt in seinem Roman: 'Walpurg,
die Zweiflerin'.
Die Anzahl der waldeckischen Juden hat sich seit der Freizügigkeit stetig
verringert. Sie wanderten aus, da sie anderwärts bessere
Verdienstmöglichkeiten hatten und nicht so sehr die Zurücksetzung
merkten wie in diesem engen Bezirk, auch durch Bildungsmöglichkeiten
entschädigt wurden. Das religiöse Leben war in Waldeck bis auf einige
Ausnahmen nie sehr rege. In der Hauptstadt Arolsen konnte es sogar
geschehen, dass vor hundert Jahren fast die ganze Gemeinde dem Taufwasser
zum Opfer fiel. Die Nachkommen der damaligen Juden gehören heute zu den
ersten Familien des Landes. Etwas regeres Leben blüht heute in den beiden
Gemeinden Wildungen und Korbach,
wo je ein Lehrer amtiert. Arolsen, Mengeringhausen,
Rhoden und Sachsenhausen
sind kleine Gemeinden, die infolge ihrer geringen Seelenzahl nur mit
großer Mühe sabbatlichen Gottesdienst abhalten können.
Religionsunterricht wird in diesen Gemeinden nicht erteilt; falsche
Sparsamkeit lässt es nicht zu. Dieser Mangel an Verantwortungsgefühl ist
wohl auch die Ursache, dass der Korbacher
Jakob Wittgenstein bei seinem Tode 1890 sein gesamtes Vermögen von
600.000 Mark seiner Vaterstadt vermachte, aber der Synagogengemeinde nur
einige tausend Mark, und ihr nicht einmal den geringsten Einfluss auf die
Verwaltung des errichteten Altersheims gestattete. Auch von dieser Familie
sind einige Glieder in der Welt, wenn auch getauft, zu Ansehen gelangt.
Soll doch der erste Bundespräsident von Österreich, Hainisch, von
dieser Familie abstammen. Ferner ist ein Wittgenstein der Begründer der
österreichischen Erzindustrie. Ein anderer, namens Paul, war, trotzdem er
nur den linken Arm hatte, ein so hervorragender Pianist, dass sogar
Richard Strauß für ihn Partituren schrieb. In Sachsenhausen
hat ein nach Amerika ausgewanderter Jude Bloch ein Schwesternheim
errichtet, aber die jüdische Gemeinde übergangen. Welchen Segen hätten
diese beiden Gemeinden mit diesen Legaten für alle Religionen stiften
können!
Die beiden Gemeinden Eimelrod und Höringhausen,
die zu dem nunmehrigen preußischen Verwaltungsgebiet Waldeck kommen,
gehörten bisher zu Hessen-Nassau. In beiden, besonders in
letzterer, |
herrschte
stets ein reges religiöses Leben. Beide bedürfen dringend der Hilfe,
damit ihre Synagogen nicht ganz zerfallen. Eimelrod
hat deshalb vom Landesverband einen sehr reichen Zuschuss erhalten.
Weshalb Höringhausen nicht
bedacht wurde, fragt sich dort jeder. Vielleicht hat der Landesverband
doch noch ein Einsehen und hilft der Gemeinde.
Über die Geschichte der Juden in Waldeck ist wenig bekannt. Die meisten
Nachrichten schlummern noch zerstreut in den Archiven. In früheren Zeiten
durften nur in den Orten Züschen und Landau
Juden wohnen. Die Hauptstadt besteht erst seit zwei Jahrhunderten. Sie ist
die Geburtsstadt des erwähnten Dichters Stieglitz, sowie der berühmten
Ärzte Marcus und Stieglitz. Auch die Nachkommen des Marcus gehören heute
dem Christentums an. In Korbach muss es
schon früh Juden gegeben haben. Darauf weist der Name eines alten Adelsgeschlechts
namens 'Judenhertzog'. 1480 erklärte das 'Freigericht unter der
Windmühle' zu Korbach einen Juden zu
Frankfurt, den Juden dieser Stadt und der Umgebung in die Acht. Sie
sollten mit ihm 'weder essen noch trinken, weder mit ihm gehen noch
stehen, weder mit ihm sprechen noch singen, nicht mit ihm kaufen noch
verkaufen, wuchern oder suchen, keinerlei Verhandlungen mit ihm haben,
weder heimlich noch offenbar, auch nicht mit ihm in die Schule, in die
Synagoge oder Tempel, überhaupt nicht mit ihm in ein Haus gehen.' Ebenso
tat der Freigraf zu Landau alle Juden zu Gelnhausen
in die Acht, 'nach rechtem altem Herkommen der kaiserlichen freien
heiligen und heimlichen Gerichte', weil sie ungehorsam gewesen
wären.
Auch früher schon waren die Juden mit den Femgerichten in Berührung
gekommen. 1738 durften sie nur in Züschen,
und etwas später auch in Arolsen wohnen. 1788 war aber der
Widerstand gegen die Juden so stark geworden, dass der Fürst den
Landständen versprechen musste, einem Juden nicht eher einen neuen
Schutzbrief zu geben, bis die Judenschaft im Lande bis auf 20 ausgestorben
sei. Auch der Judeneid kommt in dieser Zeit in Waldeck vor. Trotz aller
Beschränkungen haben sich die Juden doch in anderen Orten Wohnrecht
erhalten. An den Freiheitskriegen nahmen sie teil. Nachdem schon 1804 der
Leibzoll aufgehoben war, folgte 1814 das sogenannte Organisationsedikt. In
diesem wurden ihnen alle Rechte der übrigen Staatsbürger zugebilligt.
Als sie aber in Korbach das
Bürgerrecht verlangten, erhob sich seitens der Stadt und der
Bürgerschaft ein heftiger Widerstand. Der Fürst Georg Heinrich, ein
vorurteilsloser, gerecht denkender Herr, setzte aber ihre Aufnahme zu
Bürgern durch. Dieser Fürst gab ihnen auch im Jahre 1834 das
Judengesetz, das den etwas merkwürdig anmutenden Titel führt: 'Gesetz
über die Gemeinheiten der Juden'. Es gilt auch heute noch, denn es war in
Waldeck Regierungsgrundsatz, die Juden unbehelligt zu lassen, wenn auch
sie von der Regierung nichts verlangten. Das Gesetz ist aber von Segen
gewesen. Der Austritt aus der Gemeinde ist nur mit einem gleichzeitigen
Austritt aus der Religion möglich. Sonst muss jeder Waldecker Jude einer
Synagogengemeinde angehören. Ein Versuch der jüdischen Gemeinde Korbach,
der Regierung die Lasten der Lehrerbesoldung aufzubürden, scheiterte, da
die Regierung damals sogar mit militärischer Exekution
drohte.
Es ist daher den beiden Gemeinden nicht zu verdenken, wenn sie auf den
Anschluss an Preußen allerlei Hoffnungen setzen und hoffen, dass die
Lasten, die sie bisher allein getragen, etwas erleichtert werden. Mögen
sie in ihren Hoffnungen nicht enttäuscht werden. Max Gottlieb."
|
Die Familie Stieglitz in Arolsen
Nachfolgende einige Hinweise auf Personen aus der hoch bedeutenden Familie
Stieglitz - genannt werden nur die erste und zweite Nachfahrengeneration
d.h. Levi Stieglitz mit Kindern und Enkelkindern; zu weiteren Informationen
siehe das Buch von Olga Stieglitz s.Lit., das im Museum Bad Arolsen erworben
werden kann):
Levi Stieglitz (verh. mit Rosa geb. Dietz), der Vater von Julia, Hirsch
und Lazarus Stieglitz, war Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Laasphe (heute
Bad Laasphe, Kreis Siegen-Wittgenstein), wo
er auch bis 1773 geblieben ist. Danach ist er, möglicherweise nach dem Tod
seiner Frau Rosa geb. Dietz, zu den Söhnen nach Arolsen gezogen, wo er nach relativ
kurzer Zeit starb. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof
beigesetzt.
Julia Stieglitz war verheiratet mit dem
Witwer Marcus Juda. Dieser war Vater (aus seinen beiden Ehen) von
insgesamt sieben
Töchtern und sieben Söhnen.
Hirsch Stieglitz (geb. in Laasphe, verheiratet
mit Edel [Elisabeth] geb. Marcus; seit 1763 in Arolsen, wo er als
Hofagent tätig war, gest. 1798 in Arolsen) hatte vier Kinder:
| Esther (Juliane) Stieglitz: geb. ca. 1760 in
Arolsen, gest. 1834 in Bamberg; war in 1. Ehe in St. Petersburg verheiratet
mit Nathan Marc; in 2. Ehe mit Stephan Freiherr von Stengel. |
| Rachel (Rosalie) Stieglitz: geb. 1762 in Arolsen,
gest. 1841 in Bamberg; war verh. mit Jacob Marc (geb. 1745 in
Arolsen, gest. um 1821 in New York). |
| Joseph Stieglitz: geb. kurz vor 1767 in Arolsen;
Todesdatum, Ehe bzw. Kinder nicht bekannt: war später (mit Philipp Mark)
Mitbesitzer der Firma "Mark & Sterlitz" in New York. |
| Jacob Friedrich Stieglitz: geb. 1769 in
Arolsen, gest. 1832 in Arolsen; war fürstlich waldeckischer Hofagent und
Kaufmann; verh. mit Friederike geb. Meyer (Kinder: Heinrich Wilhelm August
Stieglitz [1801 - 1849, später als Bibliothekar, Gymnasiallehrer und
Dichter in Berlin] und Emilie Clementine Amalie Stieglitz [1803 -
etwa 1864, verh. Buhl]). |
Lazarus Stieglitz (geb.
in Laasphe, verheiratet mit Friederike geb. Marcus; seit 1767 in Arolsen,
wo er als Hofagent tätig war, gest. vor 1792) hatte sechs Kinder:
| Johann Stieglitz (geb. 1767 in Arolsen als Israel
Stieglitz, gest. 1840 in Hannover): besuchte das Gymnasium in Gotha,
studierte zunächst Philosophie in Berlin, ab 1786 Medizin in Göttingen und
lebte ab 1789 als Arzt in Hannover. Er war befreundet mit Wilhelm von
Humboldt. Seit seiner Taufe 1800 hieß er Johann (auch Johannes) Stieglitz.
1802 wurde er Hofmedikus, 1806 erster Leibmedikus, 1820 Hofrat, 1832
Obermedizinalrat und Direktor des Obermedizinalkollegiums in
Hannover. Wikipedia-Artikel |
| Nikolai Stieglitz (geb. 1770 oder 1772 in Arolsen,
gest. 1820 in St. Petersburg): war Kaufmann in Cherson (Krim), dann
kaiserlicher russischer Hofrat im Finanzministerium in St.
Petersburg. |
| Boris (Bernhard) Stieglitz (geb. 1774 in Arolsen,
gest. 1846, verh. mit Sophie de Seigneur): war Kaufmann in Cherson (Krim)
etc., kaiserlicher russischer Hofrat. |
| Emilie Stieglitz (geb. 1775 in Arolsen, gest. 1844
in St. Petersburg: blieb unverheiratet. |
| Caroline Stieglitz (geb. 1777 in Arolsen, gest. 1856
in Celle, verh. mit dem Hofmedicus und Hofrat J. Chr. Schmidt). |
| Ludwig Stieglitz, ab 1826 Baron Ludwig von Stieglitz
(geb. 1779 in Arolsen, gest. 1843 in St. Petersburg): war der jüngste der
drei Söhne von Hirsch Bernhard Stieglitz und seiner Frau Edel Elisabeth
geb. Marcus. Ludwig Stieglitz zog als junger Mann nach Russland als
Vertreter des Familienunternehmens. Er kam als Unternehmer und Bankier zu
großem Vermögen und Einfluss, insbesondere, nachdem er unter Zar Alexander
I. zum Hofbankier ernannt und 1826 in den Adelsstand erhoben wurde. Auch
unter Zar Nikolaus I. war er als Hofbankier tätig. Als Unternehmer
investierte er u.a. in den Aufbau der Dampfschifffahrtslinie zwischen
Lübeck und St. Petersburg. Wikipedia-Artikel
Ludwig Stieglitz war verheiratet mit Amalie Angelica Christiane Gottschalk
(geb. 1777 in Hannover, gest. 1838 in St. Petersburg). Die Familie erhielt
den erblichen russischen Adelsstand. Der Sohn Alexander übernahm die
Bank, die er 1863 liquidierte, und wurde erster Präsident der 1860
gegründeten Staatsbank des Russischen Reiches. Der Sohn Boris war
Großkaufmann in Poltawa. |
Zur Geschichte der Synagogen/Beträume
1727 wurde im Haus des Hoffaktoren Marcus Juda eine
Synagoge eingerichtet (Schlossstraße 11, siehe Fotos unten). Diese Synagoge ist
nach dem Tod von Samuel Hertz - einem Nachkommen der Familie Juda - 1837 seinen
zwei Söhnen vererbt worden und stand dann nicht mehr als Betraum zur
Verfügung.
In den 1760er-Jahren kam es zu einer Spaltung der jüdischen Gemeinde in
der Stadt, die durch das liberale Verhalten der Familien Hirsch und Lazarus Stieglitz ausgelöst
wurde. Sie bauten 1763/67 an der Rückseite ihres Hauses in der Schlossstraße 1
ein Gebäude an, in dem sie eine Synagoge einrichteten. Die "neue
Synagoge" wurde nun von den "vornehmen", eher liberal
orientierten Juden besuchten, während die ärmeren und konservativ
eingestellten Juden weiterhin in der Hertzschen Synagoge in der Schlossstraße
11 ihre Gottesdienste abhielten.
Im Zeitraum zwischen ca. 1763/67 und ca. 1800 bestanden somit zwei Synagogen
in der Stadt. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war - vor allem nach
dem Tod von Samuel Hertz (1837) vermutlich keiner der bisherigen Beträume mehr
in Benutzung. In dieser Zeit besuchten die Arolser Juden die Gottesdienste in
der Synagoge in Mengeringhausen.
1874 wurde eine Synagoge in einem Gebäudeteil des Hauses Kaulbachstraße
22 eingerichtet (Haus des Köppel Schönstädt). In diesem Gebäude waren
auch der Schulraum, die Lehrerwohnung und vermutlich eine rituelles
Bad.
Die letzte Synagoge und eine Lehrerwohnung befand sich seit Anfang des
20. Jahrhunderts im Gebäude Mannelstraße 3. Der Synagogensaal war im
Obergeschoss des östlichen Gebäudeteiles und war durch Treppenaufgang von
Eingang an der südlichen Traufseite zu erreichen. Auch der große Saal des
Gebäudes im westlichen Teil könnte zeitweise Gottesdienstraum gewesen sein,
doch wurde dieser überwiegend als Theater benutzt. Heute ist das Gebäude ein
Mehrfamilienhaus.
Adresse/Standort der Synagoge: siehe
bei den Beschreibungen oben beziehungsweise zu den Fotos unten
Fotos
(Fotos Hahn, Aufnahmedatum 16.6.2008)
Gebäude Ecke
Kaulbachstraße
/ Schlossstraße 11 |
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In dem Gebäude
Schlossstraße 11 richteten dessen Besitz - die Hoffaktoren Emanuel und
Markus Juda -
1727 eine Synagoge ein; es ist jedoch nicht
bekannt, wo innerhalb des Gebäudes sich der Saal befand. |
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Stieglitz-Haus
Schlossstraße 1 |
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Hinweistafel: "Stieglitz - Haus. Auf den Fundamenten eines
Vorgängerbaus errichtete 1763 F.F. Rothweil für die Hofagenten Hirsch
und Lazarus Stieglitz und ihre Familien dieses Sandsteinhaus" |
Das
Stieglitz-Haus; links seitlich des Hauses war die Einfahrt zu dem
dahinterliegenden Hof, anschließend der Stall; hinter dem Haus befand
sich ein Garten. Das Haus war bis 1828 im Besitz der Familie Stieglitz,
danach kam es in Besitz des Gastwirtes und Bürgermeisters Louis Gleisner,
der es zum Gasthof "Römischer Kaiser" umbaute. Von 1868 bis
1935 war es Dienstsitz und Dienstwohnung der preußischen
Landesdirektoren. |
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Zur
Synagoge: Familie Stieglitz erstellten 1763/67 an der Rückseite ihres
Gebäudes (auf dem Foto nicht erkennbar) einen Anbau, in dem sie eine
Synagoge einrichteten. |
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Schule Kaulbachstraße 22 |
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1870 wurde eine
Synagoge in einem Gebäudetail des Hauses Kaufbaustraße 22 eingerichtet.
Das Gebäude umfasste
noch einen Schulraum, die Lehrerwohnung und
vermutlich ein Ritualbad. |
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Mannelstraße 3 |
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Im Gebäude
Mannelstraße 3 befand sich der letzte Synagogensaal der Gemeinde. |
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Bad Arolsen |
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs
(innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus
hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar:
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41
Zu Bad Arolsen sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur
Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):
HHStAW 365,1 Gräberverzeichnis des
jüdischen Friedhofs Arolsen (Helsen), aufgenommen von dem Lehrer
Moritz Goldwein aus Korbach im Sommer
1938 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v5319758
enthält 108 hebräische und deutsche Grabinschriften sowie eine Skizze
zur Lage des jüdischen Friedhofes. Darin auch eine hebräische Inschrift
auf einem Toramäntelchen in Mengeringhausen.
HHStAW 365,2 Personenstandsregister der Juden von
Arolsen 1834 - 1842 (1857-1858) Trauregister 1834
- 1840 Sterberegister 1834 - 1842 - enthält auch Helsen -
sowie Geburtsverzeichnis der Kinder von den Eheleuten Carl Alsberg und
Johanna geb. Baruch aus Arolsen 1857 - 1858 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1030569
HHStAW 365,435 Personenstandsregister der Juden von Arolsen
1859 - 1866: enthält Geburts- und Sterberegister der Juden von Helsen,
1859 - 1866, Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Mengeringhausen,
1861 - 1866, Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Rhoden,
1859 - 1866, Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Landau,
1859 - 1866, Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Arolsen,
1859 - 1866; Geburtsregister der Juden von Vasbeck, 1861, Geburtsregister
der Juden von Helmighausen https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4250801
HHStAW 365,15 Personenstandsregister der Juden von
Arolsen 1859 - 1875: enthält Geburtsregister 1859 - 1875,
Trauregister 1859 - 1875, Sterberegister 1859 - 1875 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v289737
HHStAW 365, 16 Personenstandsregister der Juden von Arolsen
1867 - 1875: enthält Geburts-, Trau- und Sterberegister, darin auch Helsen,
Külte, Landau, Massenhausen,
Meineringhausen, Nieder-Waroldern, Rhoden,
Wrexen
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2126643
|
Literatur:
| Heinrich Schnee: Die Hoffinanz und der moderne
Staat. Band III. Berlin 1955 S. 87-93. |
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 46-48. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 65-66. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 62-63. |
| dies.: Neubearbeitung der beiden Bände. 2007. S.
177-179. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S.
208-210. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 370-371. |
| Michael Winkelmann: "Auf einmal sind sie
weggemacht". Lebensbilder Arolser Juden in 20. Jahrhundert. Hrsg.
Gesamthochschule Kassel 1992. |
| Olga Stieglitz: Die Stieglitz aus Arolsen: Texte,
Bilder, Dokumente. Bad Arolsen: Museum 2003. Museumshefte Waldeck-Frankenberg
22. ISBN 3-930930-10-2. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Arolsen
Hesse. Waldeck's landgrave invited Jews to settle there around 1725 and a
community was organized, numbering 69 (3 % of the total) in 1880. After Kristallnacht
(9-10 November 1938) the remaining Jews dispersed. In 1946 the International
Tracing Service was established in Arolsen to locate and identify victims of
Worldwar II (and the Holocaust) in Europe. By the early 1990s over 38 million
references were catalogued.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|