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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Ehingen (Donau) (Alb-Donau-Kreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der
jüdischen Gemeinde
In Ehingen bestand eine jüdische Gemeinde - vermutlich
in enger Beziehung zur jüdischen Gemeinde in Ulm - nur im
Mittelalter. Erstmals werden Juden 1301/05 in der Stadt genannt. Um 1326 und
1333 waren Juden in Ehingen wegen einer angeblichen (wie überall: verlogenen) Hostienschändung
einer Verfolgung ausgesetzt. Nach Ehingen 1346 an das Haus Österreich fiel,
verlieh 1347 Kaiser Ludwig der Bayer den Juden zu Schelklingen und Ehingen sowie
denen in der Grafschaft Schelklingen dieselben Freiheiten, die die Juden in
anderen Städten Herzog Albrechts II. seines Onkels, innehatten (Link). Das Judenverfolgung in der Pestzeit 1348/49 vernichtete die Gemeinde.
Seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts
waren wiederum mehrere jüdische Familien bis zur Ausweisung 1457 in der Stadt. Ein
im Ortsmuseum Ehingen aufbewahrter jüdischer Grabstein datiert von 1370. Er war
für Mose, den Sohn des Märtyrers (= ermordet vermutlich 1348/49) Abraham
gesetzt worden (vgl.). 1418 mussten auf Grund einer Anweisung von König
Sigismund über Konrad von Weinsberg (siehe
https://de.wikipedia.org/wiki/Konrad_IX._(Weinsberg)) die Juden aus
Ehingen (zusammen mit denen aus Ulm, Augsburg, Biberach, Nördlingen, Bopfingen,
Giengen, Memmingen, Esslingen, Reutlingen, Rotenburg am Neckar, Horb, Villingen,
Blaubeuren) eine Sondersteuer in Höhe von 600 fl. als ein Beitrag zur
Finanzierung des Konstanzer Konzils bezahlen.
Persönlich genannt werden unter anderem 1371/76 Moses von Ehingen (gest. 1370,
Grabstein schon genannt, Abbildung unten) als Schwiegervater des Ulmer Juden
Jäcklin (letzterer war Kreditgeber der Reichsstadt Ulm); 1378 Jud Fydel von Ulm,
gleichfalls Sohn des Moses von Ehingen (seine Mutter, also Moses Frau hieß Juta,
die nach dem Tod ihres Mannes nach Ulm gezogen ist, wird 1371 genannt); 1381
Kalman von Ehingen, seine Söhne Salman und Ensli und seine Tochter Hester; 1386
die Juden Joseph Süsslin sowie dessen Sohn Joseph, Salomon der Ältere und die
Brüder Jacob und Joseph; gleichfalls 1386 Juden Abraham von
Forchheim, Bürger zu Ehingen. 1375 wird in
Konstanz ein Jude aus Ehingen genannt, 1381 ein solcher in Zürich.
1448 erfährt man in Regensburg von Jud Sanwel von Ehingen (doch könnte mit
Ehingen auch Ehingen Kreis Ansbach gemeint sein, wo im 15. Jahrhundert zeitweise
ein paar jüdische Familien lebten).
Seit 1444 gab es Bemühungen der Stadt, die Juden auszuweisen. Zur Ausweisung kam
es dann 1457. Möglicherweise lebten auch danach noch einzelne Juden in der
Stadt, worauf der Grabstein von 1482 hinweist (Abbildung siehe unten).
Vereinzelte
Niederlassungen weniger jüdischer Bewohner sind bis zum 17. Jahrhundert und
seit 1871 nachweisbar. Bei den Volkszählungen seit 1871 wurden registriert: 1871
ein jüdischer Einwohner, 1875 fünf, 1880 elf, 1885 sieben, 1890 drei, 1895
sechs, 1900 neun, 1905 zwei, 1910 ein, 1925 null, 1933 ein jüdischer Einwohner.
Bei den gezählten Personen kann es sich teilweise auch um Personen gehandelt
haben, die am Tag der Volkszählung zufällig in der Stadt waren.
- Der erste jüdische Einwohner in Ehingen in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts
könnte Heinrich Bernheimer gewesen sein, der aus Buttenhausen stammend, 1862
nach Ehingen gezogen ist.
- An Stelle der heutigen Lindenhalle (Ecke Lindenstraße/Müllerstraße) bestand
bis nach 1933 eine Niederlassung der Stuttgarter Baumwoll- und Putzwollfabrik
("Reißerei") Fa. Wolf & Sohn (Inhaber waren Alfred, Max und Walter Wolf,
Hauptfirma in Stuttgart-Untertürkheim. Nach 1945 wurde die Firma als Fa. "Rohtex"
noch einige Jahre betrieben.
Berichte
aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
In jüdischen Periodika des 19./20.
Jahrhunderts wurden noch keine Berichte zur jüdischen Geschichte in
Ehingen gefunden. |
Zur Geschichte
der Synagoge und weiterer Einrichtungen der
jüdischen Gemeinde
Das
mittelalterliche jüdische Wohngebiet wird sich auf die heute noch sogenannte
"Judengasse" konzentriert haben. Wie groß dieses Gebiet war, lässt
sich nicht mehr ausmachen. Auffallend ist der große Abstand zwischen Synagoge
und "Judenschule" am Viehmarkt (möglicherweise Hinweis auf zwei jüdische
Wohnviertel unterschiedlicher Zeiten).
Die mittelalterliche Gemeinde unterhielt eine Synagoge
(Standort Ecke Lederbruckgasse/Tuchergasse). Das Gebäude wurde 1967
abgebrochen (in den 1950er-Jahren Wohnung des Totengräbers der Stadt);
der Platz ist nicht neu bebaut. Bis heute erhalten ist die mittelalterliche
"Judenschule" am Eingang der Hindenburgstraße in den Viehmarkt (beim Gasthaus "Schwert") .
Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden auf einem eigenen Friedhof
beigesetzt, der vor dem Pfisterturm (beim Bildstöckchen, heute Gelände, wo
Pfisterstraße und Hindenburgstraße aufeinander treffen) lag. Nach der Ausweisung
der Juden wurden die Grabsteine abgeräumt und anderweitig verwendet. Zwei
Grabsteine von 1370 (siehe oben) und 1482, die 1911 aufgefunden und in das
Ehinger Heimatmuseum gebracht worden waren, fielen um 1955 einer
Entrümpelungsaktion zum Opfer. Spätere Suchaktionen durch die Ehinger
Museumsgesellschaft auf einem Auffüllplatz blieben erfolglos. Zu den Grabsteinen
ist noch bekannt, dass sie nach Auflösung des jüdischen Friedhofes "als
herrenloses Gut betrachtet" worden waren, wurden "auf der Kehrseite beschrieben
und fanden Verwendung als christliche Gedenksteine, der eine als
Winckelhoferstein" (Weber S. 164).
Anmerkung zur Synagoge: Ob es sich bei dem 1967 abgebrochenen Gebäude tatsächlich
um die ehemalige Synagoge gehandelt hat, wird immer wieder angezweifelt, auch in
jüngster Zeit von Stadtarchivar Dr. Ludwig Ohngemach:
Artikel in der "Südwestpresse -
Ehinger Tagblatt" vom 25. März 2009 (Artikel):
"Synagoge: Windelweiche Geschichte.
Ehingen War das bisher als Synagoge gehandelte Gebäude an der Tuchergasse, das im Jahr 1967 abgebrochen wurde, wirklich die Synagoge? Daran hegt Dr. Ludwig Ohngemach Zweifel. Es gebe keine Unterlagen.
'Es ist eine windelweiche Geschichte", machte der Stadtarchivar klar und bezog damit die Judengasse in der Unteren Stadt mit ein. Im 17. Jahrhundert sei in den Unterlagen eine Judengasse auf dem Gänsberg erwähnt.
"Wir sind derzeit daran, die Dinge aufzuarbeiten. Lassen Sie sich überraschen', kündigte Ohngemach an und fügte hinzu:
'So lange das mit der Synagoge nicht wasserdicht ist, machen wir auch keine Täfele
na.' Das hatte sich Hans Aierstok gewünscht, der auch Stadtführungen macht. bu. |
Fotos
Historische Fotos:
(Anmerkung: Es handelt sich um "historische Fotos"
nur insofern, als sie bereits um 1930 gemacht wurden)
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Die ehemalige mittelalterliche Synagoge in Ehingen,
1967 abgebrochen |
Die ehemalige Judenschule
in Ehingen |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
(Fotos: Hahn)
Fotos um 1985
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Ähnliche Perspektive wie obiges historisches Foto oben links - die Synagoge stand im
Bereich
der Litfasssäule und des Bereiches links davon |
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Die Grabsteine vom
Ehinger jüdischen Friedhof
(seit 1955 verschwunden) |
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Grabstein für R.
Mose Sohn des Märtyrers R. Abraham,
verstorben 9. Ijar 5130 = 5. Mai 1370
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Grabstein für Frau Mina,
Tochter des verst. R. Jakob
(Gattin des verst. Gutlin [Gutlis]?)
verstorben 14. Tischri 5243 = 27. September 1482 |
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Neuere Fotos vom ehemaligen
Synagogenstandort und dem Gebäude der "Judenschule" werden noch erstellt |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Leopold Löwenstein: Geschichte der Juden am
Bodensee und Umgebung. 1879 S. 26. |
| Franz Michael Weber: Ehingen – Geschichte einer oberschwäbischen Donaustadt. 1955.
2. unveränderte Auflage 1980. S.163-166.
Kritisch zu der im Blick auf die Darstellung der jüdischen Geschichte
stark antisemitisch geprägten Darstellung Webers siehe den Beitrag von Veit
Feger: http://veit-feger.homepage.t-online.de/stehing.htm;
die Darstellung ist teilweise fehlerhaft.
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| Germania Judaica II,1 S. 190-101, III,1 S. 283-284. |
| Helmut Veitshans: Kartographische Darstellung der
Judensiedlungen der schwäbischen Reichsstätdte und der württembergischen
Landstädte im Mittelalter (= Arbeiten zum Historischen Atlas von
Südwestdeutschland Heft VI) 1970. 5 S. 52; 6 S. 26. |
| Die mittelalterlichen jüdischen Grabsteine sind
abgebildet in: "Erinnerungen an Alt-Ehingen", hrsg. Museumsgesellschaft
Ehingen und - mit Erläuterungen - im Artikel "Zur Geschichte der Juden
in Grundsheim" von T. Selig in: Schwäbische Zeitung Ehingen vom 26.3.1984. |
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