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"Synagogen im Kreis Bad Dürkheim"
Haßloch (Kreis
Bad Dürkheim)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(Bitte besuchen Sie auch die Website des
Freundeskreises "Jüdische Mitbürger" in Haßloch www.juedisches-hassloch.de)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Haßloch bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/40. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück. 1722 werden die Schutzjuden Josel, Löw und Samuel in Haßloch
genannt, 1744 sind es die Juden Jessel, Jessel Beer, Schmul, Schammay,
Abraham Samuel, Wolf Löw, Jones, Simon Jossel und Juda, die - wahrscheinlich
großenteils mit ihren Familien - in Haßloch lebten. 1768 werden 33, 1783 44 jüdische
Einwohner am Ort gezählt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt: 1801 32 jüdische Einwohner (1,1 % der Gesamteinwohnerschaft), 1808 34
(1,1 %), 1821 58, 1825 74 (1,8 %), 1830 90 (in 19 Familien), 1845 103, 1861 128, 1875 100,
1893 102, 1900 76.
1809/10 werden als jüdische Haushaltsvorstände genannt: Marx Behr,
Michel Bormann, Friedrich Herz, Peter Herz, Machoel Hirsch, Franz Mayer und
Sander Rein.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule,
ein rituelles Bad (1881 letztmals erneuert) und ein Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (einer der Lehrer war Emanuel
Loew, s.u. Bericht von 1937 zum 90. Geburtstag seiner Witwe). Der letzte
jüdische Lehrer der Gemeinde war von 1918 bis 1938 David Martin. Die Gemeinde gehörte zum
Bezirksrabbinat in Frankenthal.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Emil Hersch (geb.
14.7.1897 in Haßloch, gef. 7.6.1917).
Die jüdischen Familien waren im Leben des Ortes völlig integriert. Bekannte
Persönlichkeiten der Gemeinde waren u.a. Sanitätsrat Dr. Salomon Hirsch,
Gemeinderat als Mitglied der Mittelstandspartei (1909) und Mitbegründer der
"Freiwilligen Sanitätskolonne vom Roten Kreuz" (1913) oder Leo Loeb,
Kaufmann, der noch 1930 zum "Ehrenbürgermeister" (3. Bürgermeister)
der Gemeinde ernannt worden ist.
Um 1924, als zur Gemeinde noch etwa 75 Personen gehörten, waren die Gemeindevorsteher
H. Hene I, Leo Loeb, Salomon Levi und der bereits genannt Hauptlehrer a.D. David Martin. Dieser
hat damals zwei jüdischen Kindern den Religionsunterricht erteilt. Inzwischen
gehörten auch die in Kallstadt noch lebenden jüdischen Personen zur Gemeinde
in Haßloch (1924 3 Personen). 1932 waren die Gemeindevorsteher H. Hene I
(1. Vors.), Leo Loeb (2. Vors.) und Arthur Gebhardt (3. Vors.). Schriftführer,
Lehrer und Kantor der Gemeinde war weiterhin der als "Hauptlehrer a.D."
genannte David Martin. Im Schuljahr 1931/32 unterrichtete er vier Kinder im
Religionsunterricht. An jüdischen Vereinen gab es u.a. den Israelitischen
Frauenverein (1932 unter Leitung der Frau von H. Springer; Zweck und
Arbeitsgebiet: Armenunterstützung).
1933 lebten noch etwa 65 jüdische Personen in Haßloch. In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1934 wurden 46, 1936 42,
1938 29 und 1939/40 noch drei jüdische Einwohner gezählt: die Letzeren wurden am 22. Oktober
1940 nach Gurs deportiert. Zwei Jahre zuvor war beim Novemberpogrom
1938 die Synagoge der Gemeinde geschändet und verwüstet worden (s.u.).
Auch jüdische Wohnungen und Geschäfte wurden überfallen und demoliert, die
Geschäfte geplündert.
Von den in Haßloch geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Elisabeth Adler geb.
Westheimer (1896), Amanda Bohrmann (1882), Dina Bohrmann (1875), Pauline
Bohrmann (1874), Rosel (Rosa) Gebhardt geb. Haas (1892), Isidor Hene (1885),
Johanna Hene geb. Wolf (1886), Sigmund Hene (1894), Sonia Hene (1932), Herrmann
Hersch (1873), Anna Hirsch geb. Loeb (1899), Betty Kuhn geb. Loeb (1876),
Maximilian (Max) Kuhn (1874), Anna Löb geb. Westheimer (1885), Leo Löb (1881),
Otto Löw (1876), Franziska Mandel geb. Loew (1882), Jenny Marx geb. Bohrmann
(1887), Leopold Mayer (1863), Elisabeth Stern geb. Kuhn (1888).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet
Es wurden noch keine Ausschreibungen der
Stelle gefunden. |
Die israelitische Lehrerstelle ist "durch große Opfer der Gemeinde"
gesichert (1908)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Juni 1908: "Kaiserslautern,
29. Mai (1908). Die freie Vereinigung israelitischer Lehrer und Kantoren
der Pfalz hielt gestern hier im Lokale der Julius Plotke-Loge ihre
Jahresversammlung ab. Der Vorsitzende Lehrer Waldbott in Speyer eröffnete
die Versammlung, die von etwa 30 Mitgliedern besucht war, mit Dankesworten
an die Verwaltung der Loge für die Überlassung ihres Lokales zur
Abhaltung der Versammlung, begrüßte alsdann die anwesenden Vertreter der
Loge, sowie der israelitischen Kultusgemeinde Kaiserslautern, welche durch
den Bezirksrabbiner Dr. Landsberg und ein Vorstandsmitglied vertreten war.
Das Andenken der im Laufe des Vereinsjahres verstorbenen Kollegen Eigner -
Oberlustadt und Weil - Edenkoben
ehrten die Anwesenden durch Erheben von den Sitzen. Rechtsanwalt Dr.
Rheinheimer begrüßte hierauf die Versammlung im Namen der Julius
Plotke-Loge, Bezirksrabbiner Dr. Landsberg namens der Israeliten-Gemeinde.
Der Jahresbericht der Vorsitzenden erwähnte zunächst die Umwandlung der
israelitischen Lehrerstelle in Edenkoben in eine Verweserstelle,
was weder den Interessen noch den Erwartungen der israelitischen Lehrer
der Pfalz entspreche. Die Erhaltung der israelitischen Lehrerstelle in
Haßloch
sei durch große Opfer der dortigen Synagogengemeinde erfreulicherweise
gesichert. Dagegen harren die Verhältnisse in Kaiserslautern noch immer
der definitiven Entscheidung..." |
Zum Tod von Hauptlehrer i.R. David Martin (1938)
Artikel in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der
Rheinpfalz" vom 1.Juni 1938: "Am 13. April verschied nach
langem, mit Geduld ertragenem Leiden Hauptlehrer Martin aus Haßloch.
Am 20.9.1875 in Cronheim,
Mittelfranken geboren, hat er nach einjähriger Dienstzeit in Burghaslach
30 Jahre lang in der Pfalz gewirkt. Nachdem er fünf Jahre in Edesheim
und fünf Jahre in Göllheim
verbrachte, hat er die letzten zwanzig Jahre, der ihm liebgewordenen
Gemeinde Haßloch gedient. Von lebensfroher Art und aufrichtiger, stets gründlicher
Gesinnung hat er sich bei allen, die ihn kannten, Verehrung und Liebe
erworben. - Wir betrauern seinen Heimgang und werden ihm ein ehrendes
Andenken bewahren. Sein Andenken sei zum Segen.
Freie Vereinigung israelitischer Lehrer und Kantoren der Pfalz." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Ein antisemitischer Vorfall wird
bestraft (1936!)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Januar 1936: "Landau,
15. Januar (1936). Nach einem Bericht der Zeitung 'Der Rheinpfälzer' in
Landau (Pfalz) hatten sich zwei Angeklagte vor dem Amtsgericht wegen
schwerer Körperverletzung, Bedrohung und groben Unfugs zu verantworten.
Der eine von ihnen fuhr im August mit der Bahn von Neustadt nach Haßloch.
Im gleichen Wagen saß ein jüdischer Viehhändler aus Haßloch,
und der eine Angeklagte ließ sich hinreißen, durch Worte wie Aufhängen,
Hals abschneiden usw., den Juden zu bedrohen. Beim Aussteigen gab es ihm
noch einen Fußtritt, sodass der Jude hinfiel. Am gleichen Abend gingen
beide Angeklagte vor das Anwesen des Juden und dessen Schwiegervaters und
schlugen dort Krach, sodass die Polizei einschreiten musste. Der
Staatsanwalt geißelte das Vorgehen des Hauptangeklagten schwer, weil er
mit dem Juden in Geschäftsverbindungen stand und noch immer finanzielle
Verpflichtungen an ihn hat, besonders aber auch deshalb, weil ein solches
Vorgehen eines Einzelnen nichts nütze. Das Urteil lautete gegen den einen
Angeklagten auf drei Monate Gefängnis, die jedoch auf die verbüßte
Schutzhaft nicht angerechnet wurden. Der andere Angeklagte wurde
freigesprochen". |
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Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung"
vom 22. Januar 1936:
Derselbe Bericht wie oben. |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Vizew. Springer wird zum Leutnant
befördert (1918)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 13. September
1918: "Haßloch. Vizefeldweber Springer, Sohn der Frau Hermine
Springer Witwe, Inhaber des Eisernen Kreuzes 2. Klasse und des
Militär-Verdienstkreuzes 2. Klasse mit Schwertern, wurde zum Leutnant
befördert." |
Leo Löb wird Ehrenbürgermeister (1930)
Artikel
in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 5. Februar 1930: "Haßloch.
(Jüdischer Ehrenbürgermeister). Bei der vor einigen Tagen in Haßloch
(Rheinpfalz) stattgefundenen Bürgermeisterwahl wurde, wie wir der Ita
entnehmen, der Kaufmann Leo Loeb von allen bürgerlichen Parteien
einstimmig zum zweiten Ehrenbürgermeister gewählt. Herr Loeb gehört
auch dem Synagogenrat als zweiter Vorsitzender an. Er wurde 1881 zu
Haßloch als Sohn des Kultusvorstandes Louis Loeb
geboren." |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Februar 1930: "München.
Bei der vor einigen Tagen in Haßloch (Rheinpfalz) stattgefundenen
Bürgermeisterwahl wurde der Kaufmann Leo Loeb von allen bürgerlichen
Parteien einstimmig zum zweiten Ehrenbürgermeister gewählt. Herr Loeb
gehört auch dem Synagogenrat zu Haßloch an." |
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Links: Leo Loeb (geb. 1881, 1930-1933 2. Beigeordneter /
Ehrenbürgermeister in Haßloch), 1942 in Auschwitz ermordet).
An ihn erinnert in Haßloch die
Leo-Loeb-Straße. |
90. Geburtstag der Frau des ehemaligen Lehrers
Emanuel Loew (1937)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Juli 1937: "Bad
Dürkheim, 27. Juli (1937). Am Schabbos Nachmu feierte Frau Loew, die
Gattin des ehemaligen Lehrers und Chason Em. Loew, früher Haßloch
(Pfalz), die jetzt bei ihrer verheirateten Tochter, Frau Mandel in Bad
Dürkheim, lebt, in voller geistiger und körperlicher Frische ihren 90-
Geburtstag. Frau Loew ist eine allseits beliebte Persönlichkeit, die sich
durch frommes Wesen und große Wohltätigkeit auszeichnete. Wir wünschen
der Jubilarin einen weiteren ungetrübten Lebensabend. Alles Gute bis
120!" |
Zur Geschichte der Synagoge
Anfang des 19. Jahrhunderts war eine Synagoge unbekannten
Baujahres vorhanden. Sie war im oberen Stock im hinteren Bereich eines ganz
aus Holz erbauten Privathauses (von Jakob Lützel) eingerichtet. Im Erdgeschoss
unter der Synagoge befand sich ein Kuhstall.
1835 waren dringende Reparaturen am Synagogengebäude durchzuführen, die
jedoch auf Dauer das Gebäude nicht retten konnte. 1843 wurde vom
Königlichen Landkommissariat in Neustadt erstmals die Schließung wegen Baufälligkeit
angedroht, im Oktober 1846 wurde die weitere Benutzung verboten, da die
Balken morsch, die Dachpfetten und Stirnbalken durchbrochen und nur noch mit
Eisenklammern notdürftig zusammengehalten würden. Der Bezirksbauschaffner
Jung" hatte mit Datum vom 16. Juli 1846 ein Gutachten "Die
Baufälligkeit der Synagoge zu Haßloch betreffend" erstellt, das
Königliche Landkommissariat daraufhin eine Benutzung bis höchstens zum
Laubhüttenfest genehmigt.
Im Dezember 1846 kaufte die Kultusgemeinde ein Haus in der Gillergasse (Brauch'sches
Haus in der "Gillergaß No. 946"), das zwar reparaturbedürftig war, aber sich zum Einbau einer Schule und
eines Betsaales durchaus eignete. Die Gemeinde hatte 900 Gulden für den Kauf
des Hauses zu bezahlen. Noch vor der Reparatur des Gebäudes wurde im Hofraum
desselben eine neue Mikwe angelegt. Um die Mikwe erstellen und das gekaufte Haus
umbauen zu können, musste ein Kredit über 1.100 Gulden aufgenommen werden, mit
dessen Rückzahlung die Gemeindeglieder jahrelang zu tun hatten. Das frühere
Brauch'sche Haus wurde umgebaut: im Erdgeschoss wurden Schulsaal, Lehrerwohnung
sowie eine "Mietwohnung" eingerichtet, im Obergeschoss der
Betsaal. Möglicherweise noch im Dezember 1846 konnte die neue Synagoge bezogen
werden, da die Gemeinde im Dezember 1911 das 75-jährige Synagogen-Jubiläum
feierte.
75-jähriges Synagogenjubiläum (1911)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 19. Januar 1912: "Am 30. Dezember 1911 feierte die
israelitische Gemeinde in Haßloch (Pfalz) das 75-jährige
Synagogenjubiläum. Die Feierlichkeit leitet Herr Rabbiner Dr. Holzer aus
Worms." |
Um 1865 plante der Synagogenvorstand eine Erweiterung der Synagoge, um
eine Art Frauen-Synagoge mit eigenem Zugang zu verschaffen. Gegen diese Pläne
gab es in der Gemeinde jedoch erheblichen Widerspruch, vor allem auf Grund der
fehlenden Finanzmittel.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Neubau einer Synagoge geplant.
Zunächst wurden Gelder für den Erwerb eines Grundstückes gesammelt. Das
Gemeindeglied Theodor Levi versuchte, durch einen Zigarren-Sonder-Verkauf an
Spenden für den guten Zweck zu kommen:
Zigarren-Verkauf zugunsten des Ankaufs eines Grundstückes
für die Synagoge (1904)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 22. Januar
1904: "Nicht übersehen!
Zigarren-Versand von Theodor Levi, Hassloch (Rheinpfalz).
Der Reingewinn vom Versand meiner Zigarren, aus edelsten Tabaken
fabriziert, soll Verwendung finden zum Ankauf eines Grundstückes zur
Erbauung eines Synagoge am hiesigen Platze. - Ein Opfer bringt jeder
Raucher, mich durch Bestellung in meinem Vorhaben zu unterstützen und
spart trotzdem noch Geld gegenüber dem Einzelkauf. Lasse mir jeder, der
diese Zeitung liest, Aufträge für den Zweck zukommen und lasse sich
Jeder zur Pflicht dienen, auch Andere zu Bestellungen anzueifern.
Ich versende: 100 Stück 7er zu 6 Mark usw.
ab Haßloch unter Nachnahme oder Voreinsendung des Betrages.
Hochachtend! Theodor Levi." |
Es blieb bei den Plänen für einen
Synagogen-Neubau, die wohl vollends durch den Ersten Weltkrieg und die
Inflationszeit zerschlagen wurden. Die alte Synagoge blieb Mittelpunkt des
jüdischen Gemeindelebens am Ort bis 1938.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge geschändet und stark
beschädigt. Das Gebäude sollte zudem niedergebrannt werden, doch scheiterte
zweimal der
Versuch der Brandstiftung: beim ersten Versuch erlosch das Feier nach kurzer
Zeit von selbst, beim zweiten Versuch löschte ein Nachbar das Feuer, da er
Angst um seine in der Nachbarschaft stehende Scheune hatte. Die Inneneinrichtung
war jedoch völlig zerstört.
Das Synagogengebäude wurde im März 1939 an einen Tanzlehrer verkauft. Um
1950 kam des mit dem danebenstehenden Schulgebäude durch Rückübertragung
wieder in den Besitz der Jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz.
1950 fand ein Prozess vor dem Schwurgericht Frankenthal gegen Beteiligte
am Novemberpogrom 1938 statt. Dabei wurden die angeklagten Personen zu geringen
Haftstrafen verurteilt.
Das ehemalige Synagogengebäude musste 1978 abgerissen
werden, da es beim Abbruch eines Nachbarhauses stark in Mitleidenschaft gezogen
worden war. Das Grundstück wurde 1979 an Privatleute verkauft. 1984 wurde
am ehemaligen jüdischen Schulhaus eine Gedenktafel
angebracht mit der Inschrift: "Hier befand sich bis zur Schändung durch
die Nationalsozialisten in der Nacht vom 9./10. November 1938 die Synagoge der
Jüdischen Gemeinde Haßloch. Mit ihrer Zerstörung und der darauf folgenden
Deportation unserer jüdischen Mitbürger endete jegliches jüdische Leben in
unserem Ort. Diese Tafel soll zur Erinnerung für die Lebenden und zur Mahnung
der kommenden Generation sein."
Adresse/Standort der Synagoge: Gillergasse
2
Hinweis zum rituellen Bad (nach dem Beitrag von Johannes Theisohn
s.u.): 1844 werden sogenannte "Kellerquellenbäder", die von
Grundwasser gespeist wurden, in den Häusern von Jacob Bohrmann und Alexander
Mayer genannt, deren Schließung vom Landkommissariat und vom Bürgermeisteramt
auf Grund neuer baulicher und hygienischer Bestimmungen angeordnet wurde. Die
Bäder wurden vermutlich 1845 zugeschüttet. Nachdem die Gemeinde in Dezember
1846 ein Haus in der Gillergasse zum Umbau in eine Synagoge erworben hatte,
wurde im Hofraum dieses Gebäudes für 300 Gulden ein neues Badehaus mit einem
rituellen Tauchbecken erstellt. 1881 musste diese Badehaus nochmals durch
einen Neubau ersetzt werden. Die Pläne dieses neuen - im damals modernen
neuislamischen Stil erbauten - Badehauses liegen noch vor. Das Gebäude hatte
eine Grundfläche von 16 am. Das Bad wurde vermutlich über eine Pumpe mit
Grundwasser versorgt. Auch für das neue Bad musste sich die Gemeinde
verschulden: zwei Kredite in Höhe von zusammen 1.100 Mark zur Bestreitung der
Gesamtkosten von 1.637,70 Mark waren aufzunehmen. Wie lange das neue rituelle
Bad benutzt wurde, ist unbekannt. Möglicherweise ist es schon nach 1900 kaum
mehr benutzt worden.
Fotos
(Quelle: obere Zeile aus O. Weber s. Lit. S. 98 und 187
(Foto um 1960 von J. Theison, Haßloch vgl. Literatur; Gedenktafel: Foto von O.
Weber; zweite Zeile Abbildungen zum rituellen Bad aus: J. Theison: Das rituelle
Frauenbad s.Lit. S. 262 und 266)
Die ehemalige
Synagoge
und das israelitische Schulhaus |
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Blick auf den
Bereich Gillergasse 2 um 1960,
links das ehemalige israelitische
Schulhaus,
rechts das Synagogengebäude |
Gedenktafel von 1988 für die
Synagoge |
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Standort der
Gedenktafel
von 1984
(Foto: Michael Ohmsen, Anfang 2010) |
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(für
Anfragen zur Verwendung des Fotos: E-Mail
des Fotografen, Fotoseite: www.panoramio.com/user/2867083/tags/Judaica)
Bei dem eingestellten Foto handelt es sich um ein hochauflösendes Foto
(0,7 MB) |
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Das 1881 erbaute rituelle
Bad |
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"Minderversteigerung"
der Bauarbeiten für
das neue rituelle Badehaus (1881; Anzeige
im
"Anzeiger Neustadt und Umgebung") |
Ansicht des neuen Badehauses
mit seinen
Tür- und Fenstergewänden im
neu-islamischen (maurischen) Stil |
Grundriss des neuen
Badehauses, das auf
einer Grundfläche von 6,40 m mal 2,50 m
gebaut
wurde |
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Gedenken |
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Tafel mit den
Namen der aus Hassloch
deportierten und ermordeten
jüdischen Personen |
Straßenschild
"Leo-Loeb-Straße" zur Erinnerung
an den 2. Beigeordneten in Haßloch von 1930-1933
(geb. 1881, ermordet 1942 in Auschwitz) |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Johannes Theisohn: Die israelitische Volksschule.
Hg. vom Arbeitskreis Heimatmuseum Haßloch. Haßloch 1986 S. 61ff. |
| ders.: Jüdisches Leben in Haßloch. Broschüre zu Anlass
des 1. Heimattreffens ehemaliger jüdischer Mitbürger in Haßloch im
September/Oktober 1988. Haßloch 1988. |
| ders.: Das rituelle Frauenbad in Haßloch (nach dem
Rechnungsbuch der israelitischen Kultusgemeinde von 1881) und seine
Vorgänger. In: Alfred Hans Kuby siehe nächster Titel S. 259-272. |
| Alfred Hans Kuby (Hrsg.): Pfälzisches Judentum
gestern und heute. Beiträge zur Regionalgeschichte des 19. und 20.
Jahrhunderts. 1992. |
| Otmar Weber: Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter
besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz. Hg. von der
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz in Landau. 2005.
S. 84. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S.180-181 (mit weiteren Literaturangaben).
|
| Freundeskreis Heimatmuseum Haßloch (Hrsg.):
Jüdisches Leben in Haßloch. Haßloch 1988. 2008². 240 S. zahlr.
Abb.
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Hassloch Palatinate. Jews are
first mentioned in the early 18th century. In 1843, the community purchased a
building for a Jewish school and later another building for a synagogue. The
Jewish population reached a peak of 128 in 1861, declining to 63 (total 10.463)
in 1933. The Zionists became active in 1913. The Jewish school closed in 1923.
In the first years of Nazi regime, anti-Jewish violence was an isolated phenomen
which most of the local population did not support. On Kristallnacht
(9-10 November 1938), the synagogue and a number of Jewish homes were vandalized.
Most Jews left the town by winter 1940. The last three Jews left the town by
winter 1940. The last three Jews were deported to the Gurs concentration camp on
21 October 1940.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|