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Kirchberg (Rhein-Hunsrück-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Bitte besuchen Sie auch die
Seite "Weg der Begegnung - Auf jüdischen Spuren in Kirchberg"
https://wegderbegegnung-kirchberg.weebly.com/
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Kirchberg bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/39.
Bereits im Mittelalter lebten Juden in der verkehrgünstig gelegenen
Marktsiedlung, die von den Grafen von Sponheim zur Stadt erhoben wurde. Von
jüdischen Bewohnern erfährt man erstmals 1287, als bei der damaligen -
von Oberwesel ausgehenden - Judenverfolgung
in Kirchberg Jakob ben Chalafta und drei Jungen erschlagen wurden. 1298 wird Jud Salomo aus
Kirchberg in Nürnberg genannt. 1303 waren an Isaak von Kirchberg
verschiedene Güter in
Sohren verpfändet. Auch 1332 werden Juden in Kirchberg genannt. 1337 erfährt
man, dass die Juden der Stadt teilweise den Grafen von Sponheim, teilweise dem
Erzbischof von Trier untertänig waren. 1337 wurden wiederum Juden am Ort
erschlagen - Graf Walram von Sponheim hatte gemeinsame Sache mit den die Gegend
heimsuchenden "Judenschlägern" gemacht, um seine Schulden bei
jüdischen Kreditgebern loszuwerden.
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in das 18. Jahrhundert zurück.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1808 38 jüdische Einwohner, 1823 61, 1858 92, 1895 114. Zur
jüdischen Gemeinde gehörten im 19. Jahrhundert auch Juden aus Dillendorf, Kappel
und Lindenschied.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(von 1842 bis 1876 Israelitische Elementarschule, dann
Religionsschule; der Unterrichtsraum und die Lehrerwohnung waren im
Synagogengebäude),
ein rituelles Bad (Mikwe; im Keller der Synagoge) und ein Friedhof. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe Ausschreibungen der Stelle
unten). Erstmals wird die jüdische Schule 1823 genannt. Damals
unterrichtete an ihr ein Rabbiner Anselm Kahn. Von 1829 bis 1834 war als Lehrer
Isaak Weiss tätig. 1837 wurde Lehrer Simon Scheuer (bisher in Laufersweiler)
angestellt; seine Nachfolger waren: bis 1841 Elias Jakob Rosenberg aus Gnesen/Provinz
Posen, 1842 Simon Samter (bisher in Bruttig),
Nathan Catz (seit 1829 Religionslehrer in Kirchberg, 1842 bis 1867
Elementarlehrer; unter ihm hatte es 1845 und 1862 jeweils 23 Kinder in der
Schule); von 1867 bis 1876/83 Lehrer Moses Mayer gen. Eppstein, der nach
Auflösung der Israelitischen Elementarschule noch bis 1883 als Religionslehrer
in Kirchberg tätig war. Von 1883 an hatte die Gemeinde folgende Religionslehrer:
Siegfried Wertheim (1883), Lazarus Tannenwald (1883 bis 1884), David Dublon
(1885), Benno Hummel (1886 bis 1893), Julius Rothschild (1893 bis 1899), Max
Maier (1902 bis 1904), Sami Stern aus Ungarn (1906 bis 1907), Rosenbusch (1909),
Wilhelm Buchheim (aus Rosenthal bei
Frankenberg, 1911 bis 1921), Dagobert Löwenstein (aus Felsberg,
1921). 1921 nahmen nur
noch zwölf Kinder am Religionsunterricht teil, vier von ihnen besuchten das
Gymnasium in Simmern. In den folgenden Jahren
war es immer schwieriger einen eigenen Religionslehrer zu finanzieren. Zunächst
übernahm Lehrer Bernhard Lehmann aus Simmern
auch den Unterricht in Kirchberg. Als um 1930 alle drei benachbarten Gemeinden -
Kirchberg, Simmern und Gemünden
- keinen eigenen Lehrer mehr finanzieren konnten, wurde mit Josef Carlebach ein
Bezirksreligionslehrer eingestellt.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Ernst Israel (geb. 3.7.1895 in Kirchberg, gef.
22.1.1915).
Um 1924, als zur Gemeinde 72 Personen gehörten (etwa 5 % von insgesamt
1.450 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Alfred Goldschmidt, Julius Frank
und Siegmund Frank. Der Repräsentanz gehörten Heinrich Gerson, Siegmund
Gerson, Julius Hirsch, Simon Mayer, Isidor Stern und Isidor Frank an. Einen
eigenen Lehrer hatte die Gemeinde damals nicht - zum Unterricht der damals sechs
schulpflichtigen Kinder der Gemeinde kam regelmäßig der bereits genannte
Lehrer Bernhard Lehmann aus Simmern.
1932 waren die Gemeindevorsteher Isidor Frank (1. Vors.), Max Heymann
(Schriftführer) und Alfred Israel (Schatzmeister). An jüdischen Vereinen
gab es u.a. den Israelitischen Frauenverein (1932 unter Vorsitz der Frau
von Heinrich Gerson; Zweck und Arbeitsgebiet: Wohltätigkeit). Im Schuljahr
1931/32 erhielten fünf Kinder der Gemeinde Religionsunterricht.
1933 lebten noch 67 jüdische Personen in der Stadt (Zählung Juni
1933). In
den folgenden Jahren sind alle von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen (46 Personen, davon 31 nach Köln) beziehungsweise
ausgewandert (15 in die Vereinigten Staaten). Beim Novemberpogrom 1938
wurde die Synagoge geschändet (s.u.). Bis September 1939 hatten alle jüdischen
Einwohner die Stadt verlassen.
Von den in Kirchberg geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Rebekka Emanuel geb.
Hirsch (1890), Julius Epstein
(1923), Alfred Frank (1908), Isidor Frank (1876), Jacob Frank (1901), Johanna
Frank geb. Gerson (1877), Julius Frank (1879), Karoline Frank (1907), Leopold
Frank (1876), Richard Frank (1904), Rosa Frank geb. Mayer (1878), Kurt Friedberg
(1933), Meta Friedberg geb. Gerson (1906), Albert Gerson (1878, Stolperstein
in Stuttgart, Theodor-Heuss-Straße 5), Gustav Gerson
(1881), Karl Gerson (1910), Siegmund Gerson (1875), Sybilla Gerson (1885),
Johanna Goldschmidt geb. Frank (1872) Frieda Gutmann geb. Gerson (1887), Alfred
Haimann (1893), Betty Haimann (1907), Emil Haimann (1909), Julius Haimann
(1907), Max Haimann (1888), Ludwig Heymann (1875), David Hirsch (1882), Gustav
Hirsch (1903), Johanna Hirsch (1901), Julius Hirsch (1871), Klara Hirsch (1904),
Rosa Hirsch (1886, Stolperstein
in Hamburg, Oberstraße 5), Adelhaide Israel geb. Gerson (1870), Ella Israel (1895),
Mayer Friedrich Israel (1889), Robert Israel (1892), Thea Israel (1927), Julie
Kahn geb. May (1850), Herrmann Kussel (1882), Leopold Kussel (1884), Alwine Leib
geb. Gerson (1871), Jakob Mayer (1907), Jeanette (Jenny) Mayer (1903),
Johanna Mayer geb. Kussel (1877), Josefine Philippine Mayer geb. Mayer (1859, verh.
mit Louis Mayer aus Bad Soden in Berlin), Bertha Michel geb. Haimann
(1907), Rosine Rattenbach geb. Frank (1911), Luise Schmulowitz geb. Frank
(1877), Johanna Ullmann geb. Israel (1863), Adolf Wagner (1872), Amalie Wagner
geb. Samson (1884), Ida Weinberg geb. Gerson (1875), Paula Weinberg geb. Falke
(1898).
Hinweis: eine Zusammenstellung der Namen auf Grund der angegebenen Listen ist
sehr schwierig, da es in anderen Orten mit Namen Kirchberg auch jüdische
Familien gab. So ist die obige Liste vermutlich unvollständig; auch sind
einzelne Verwechslungen nicht auszuschließen. Die Liste wird bei Vorliegen
weiterer Quellen nochmals überarbeitet.
Am 8. November 1998 wurde von der Stadt Kirchberg auf dem Marktplatz vor der
Tourist-Information ein Gedenkstein für die aus der Stadt ermordeten
Juden
errichtet. Der Gedenkstein enthält die Inschrift "Versöhnung heißt
Erinnerung".
2017 und 2019 wurden in Kirchberg insgesamt 46 "Stolpersteine"
verlegt (siehe Presseberichte unten).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1879
/ 1884 / 1885 / 1890 / 1891 / 1907
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juni 1879:
"Die hiesige Religions-Lehrerstelle, verbunden mit dem Schächter-
und Vorbeterdienst ist vom 1. August dieses Jahres ab vakant. Jährlich
fixer Gehalt 600 Mark. Nebenverdienst 5-600 ohne Garantie, freie Wohnung.
Riesevergütung findet nicht statt, außer wenn Vertrag abgeschlossen
wird, kann ein bekannter Lehrer am Gehalte etwas mehr erlangen.
Kirchberg, Rheinpreußen, im Mai 1879.
Der Synagogen-Vorstand: Benedikt." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Oktober 1884:
"Die hiesige Religionslehrerstelle, verbunden mit Chasan
(Kantor) und Schochet mit einem fixen Jahresgehalt von 5 bis 600
Mark, nebst 4 bis 500 Mark Nebeneinkünfte und freier Wohnung ist zum 1.
Januar 1885 zu besetzen.
Reflektierende wollen baldigst ihre Zeugnisse an den Unterzeichneten
einsehen.
Kirchberg. Der Kultus-Vorsteher Benedikt. |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Januar 1885:
"Die Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle ist bis zum 1.
April dieses Jahres zu besetzen. Reflektierende wollen ihre Zeugnisse
baldigst an den Unterzeichneten einsehenden. Der Jahresgehalt 600 Mark
nebst freier Wohnung und 300-400 Mark Nebeneinkünfte.
Russen und Polen bleiben unberücksichtigt.
Kirchberg (Regierungsbezirk Koblenz).
Der Kultusvorsteher B. Benedikt." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juni 1890:
"Wir suchen für 1. Juli dieses Jahres einen unverheirateten,
tüchtigen Lehrer, Vorbeter und Schochet. Gehalt 5-600 Mark nebst ca.
3-400 Mark Nebeneinkünften und freier Wohnung. Reflektanten belieben sich
an den unterzeichneten Vorsteher melden zu wollen. Ausländer finden keine
Berücksichtigung.
Kirchberg (Hunsrück), 1. Juni 1890. Joseph Gerson." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. August 1890:
"Wir suchen per sofort einen unverheirateten, tüchtigen Lehrer,
Schochet und besonders guten Vorsänger. Gehalt 5 bis 600 Mark nebst ca.
3-400 Mark Nebeneinkünften und freier Wohnung. Reflektanten belieben sich
bei dem unterzeichneten Vorsteher melden zu wollen. Ausländer finden
keine Berücksichtigung.
Kirchberg (Hunsrück), 1. August 1890. Joseph Gerson." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. März 1891:
"Wir suchen per sofort einen tüchtigen, unverheirateten Lehrer,
welcher ein guter Vorbeter, Schochet und Kinderlehrer ist. Gehalt bei
freier Wohnung Mark 600 nebst ca. 300-400 Mark Nebenverdienste. Bewerber
wollen ihre Zeugnisse an den Unterzeichneten einsenden. Ausländer finden
keine Berücksichtigung.
Kirchberg, März 1891. Joseph Gerson,
Vorstand." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Januar 1891:
"Die hiesige Religionslehrer-, Kantor- und Schochetstelle
ist mit einem Gehalt von 600 Mark und mit einem Nebenverdienst von 300 bis
400 Mark, nebst freier Wohnung und Heizung, eventuell per sofort zu
besetzen. Seminaristisch gebildete, unverheiratete Bewerber wollen sich
bei dem unterzeichneten Vorstand melden.
David Israel,
Kirchberg, Hunsrück.
Der Gewählte bekommt Reisevergütung." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. September 1907:
"In unserer Gemeinde ist die Stelle eines Religionslehrers,
Kantors und Schächters sofort zu besetzen.
Anfangsgehalt 900-1000 Mark, Nebeneinkünfte ca. 5-600 Mark und
Mietsentschädigung. Seminaristisch gebildete, inländische Bewerber
belieben Offerten mit Zeugnisabschriften einzureichen.
Kirchberg, (Hunsrück) Regierungsbezirk Koblenz.
Der Vorsitzende des Vorstandes: D. Israel." |
Aus dem
jüdischen Gemeindeleben
Fortschritte im Gemeindeleben - Bericht von Lehrer Moses
Eppstein (1867)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. Dezember
1867: "Kirchberg (Hunsrück), im Dezember (1867). So wie in
allen Gauen Deutschlands, so zeigt sich auch endlich in unserer
abgeschlossenen Gegend ein Fortschritt. So lange Juden hier wohnen, waren
dieselben von jedem öffentlichen Ehrenamte ausgeschlossen; bei der
gestrigen Stadtratwahl aber wurde zum ersten Male ein Jude,
Kaufmann Heymann, gewählt, und zwar lediglich von Nichtjuden; ebenso
haben unsere vorigen Stadträte uns 250 Thaler zu unserem Synagogenbau
genehmigt. Etwas derartiges kannte man bis dato hier auf dem Hunsrück
nicht; ebenso wenig wusste man von einer jüdischen Lehrerkonferenz
etwas; am 20. November dieses Jahres war nun die erste hier in Kirchberg;
freilich war die Beteiligung eine geringe, denn es erschienen nur acht;
wenn man aber bedenkt, dass die Lehrer in hiesiger Nähe nicht so dicht
gesät sind, als in anderen Gegenden, und die Verbindungswege zwischen
manchen Orten sehr schlecht sind, so kann man mit diesem Anfang wohl
zufrieden sein, denn es gibt uns doch den Beweis, dass auch den Lehrern
unserer Gegend der kollegialische Sinn nicht fehlt, wie das schon mitunter
ausgesprochen wurde, wenn nur die Anregung und Aufforderung eine derartige
ist, dass uns die Ausführung möglich ist; dass wir uns nicht an den
westfälischen Konferenzen beteiligen können, hat lediglich darin seinen
Grund, dass dieselben uns zu entfernt abgehalten werden. So gering dieser
Anfang, und so schwach unsere Kräfte, so hoffen wir doch, dass unsere
nächste Konferenz, den 9. März in Hottenbach
stärker besucht werden wird.
Also ihr Kollegen der Bezirke Trier und Koblenz! Lasst uns nicht allein!
reicht uns brüderlich die Hand. Lasst den 9. März uns zu einem Tag der
Freude werden. So wie die Erde in dieser Zeit zu neuem Leben erwacht, so
erwachet auch ihr Herren von Mosel und Saar, von Nahe und Glan, aus dem
langen Schlafe! M. Eppstein." |
Spendenaufruf für eine verarmte Familie - unterzeichnet von Lehrer Benno Hummel
(1889)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. April 1889: "Edle
Glaubensgenossen. Rasche Hilfe tut Not!
Im Vertrauen auf die große Opferwilligkeit in Israel, Erbarmer, Söhne
von Erbarmern, mich stützend, bittet der Unterzeichnete für einen
durch unverschuldetes Unglück verarmten Familienvater mildtätige
Glaubensgenossen, ihm freundliche Gaben gütigst zuführen zu wollen.
Bewähret auch hier wieder Euren edlen Sinn!
Der Heilige - gepriesen sei er - gebe Euch den Lohn!
Im Voraus sage ich den edlen Spendern innigsten Dank mit der Bemerkung,
dass die eingehenden Sendungen im 'Israelit' dankend quittiert
werden.
Kirchberg (Hunsrück), 4. April 1889. B. Hummel,
Lehrer." |
Berichte
zu einzelnen Personen
Erinnerung an einen Gefallenen des
Ersten Weltkrieges aus Kirchberg
Über Harry Raymon
(= Harry Heymann, geb. 1926 in Kirchberg, 1925 in die USA emigriert, lebt
seit den 1960er-Jahren in München) |
Über den in Kirchberg als Sohn einer
jüdischen Kaufmannsfamilie geborenen Schauspieler Harry Raymon
(geboren als Harry Heymann) siehe u.a.
- Artikel von Torsten Haselbauer: "'Als Jude hatte ich keine
Probleme. Eher als Schwuler'. Harry Raymon hat mit Tony Curtis
gespielt, bei Marlene Dietrich gelernt und war in Marlon Brando
verliebt..." In: "Jüdische Allgemeine" vom 15. März 2012
(Link
zum Artikel).
- Interview im Juli 2004 in Our Munich (yachad.israel-live.de): Link
zu diesem Interview.
- Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Harry_Raymon Übersicht über das
filmische Werk: https://www.imdb.com/name/nm0713195/ |
Dazu die Autobiographie: Harry Raymon:
Einmal Exil und zurück. Erschien 2005. 288 Seiten. 14,90 € Angezeigt
bei lehmanns.de |
|
Harry
Raimon erstellte 1982 den autobiographischen Film "Regentropfen". Abbildung
aus
https://www.imdb.com/title/tt0082980/?ref_=nm_knf_i1
Dazu Beitrag von Anne Frederiksen in "Die Zeit" vom 10. Juni 1983:
"Fernseh-Vorschau: Jüdisches Kleinbürger-Schicksal.
Der kleine Bennie Goldbach versteht die Welt nicht mehr. Er quengelt, er
bettelt, aber die Eltern haben kein Einsehen. Zum Pesach-Fest darf er in
diesem Jahr keine Mazza, ungesäuerte Brote, an Verwandte und Bekannte
verteilen. Es ist das Jahr 1933, und auch in der kleinen Stadt Kirchberg im
Hundsrück spürt man bereits, was die neuen Machthaber in Berlin sich
ausgedacht haben, um die jüdische Bevölkerung zu bedrohen. Die Ohrfeige, die
eine jüdische Geschäftsfrau einem mit Heil Hitler grüßenden Jungen verpasst,
führt zwar noch nicht zur Bestrafung, die Zeichen der Zeit jedoch werden
mehr und mehr spürbar: Uniformierte postieren sich vor jüdischen Geschäften,
der Fleischer darf jüdischen Bewohnern nichts mehr verkaufen, und auf der
Straße schaut man rasch zur Seite, wenn man der Familie Goldbach begegnet...
."
Link
zum Artikel |
Zur Geschichte der Synagoge
1817 erbaute die jüdische Gemeinde in der damaligen
Affengasse (später: Glöcknergasse) eine Synagoge beziehungsweise kaufte ein Haus, um es zu einer
Synagoge umzubauen. Im Betsaal dieser Synagoge war Platz für etwa 40 bis 45
Menschen. Um 1856 war die Bausubstanz allerdings so schlecht
geworden, dass der Neubau einer Synagoge nötig war. Da die finanziellen Mittel
nicht vorhanden waren, verzögerte sich der Neubau allerdings über etliche
Jahre. 1867 sagte die Stadt auf Antrag der jüdischen Gemeinde 250 Thaler
(750 Mark)
zu, sobald mit dem Neubau begonnen würde. 1880 wurde eine Kollekte in
anderen jüdischen Gemeinden durchgeführt. 1883 konnte endlich mit dem
Neubau der Synagoge auf den Fundamenten des Vorgängerbaus begonnen werden. Wann
sie genau eingeweiht wurde, ist nicht bekannt.
Blitzeinschlag in der Synagoge (1911)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Juni 1911:
"Kreuznach, 19. Mai (1911). Schwere Unwetter mit Hagelschlag
haben gestern an der oberen Nahe und auf dem Hunsrück großen Schaden
angerichtet. In Kirchberg schlug der Blitz in die Synagoge
ein." |
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge
durch SA-Männer überfallen und geschändet. Inneneinrichtung und Ritualien
wurden auf den Marktplatz getragen und dort verbrannt. Der Dachstuhl der
Synagoge wurde angezündet, doch konnte der Brand von Nachbarn gelöscht werden.
Im Dezember 1938 wollte die Stadt Kirchberg das Gebäude erwerben, doch konnte
der Kauf nicht vollzogen werden. Nach einer Renovierung wurde das Gebäude ein
Jahr lang als Heim für die Hitler-Jugend und in den weiteren Kriegsjahren als
Schneiderwerkstatt und als Lager für französische
Kriegsgefangene verwendet.
Nach 1945 und nach Abschluss des Restitutionsverfahrens erwarb der
Musikverein Kirchberg 1890 das Synagogengebäude im Jahr 1952. Der Verein
verkaufte es jedoch wieder 1970 an einen Privatmann. Zwei Jahre später wurde
von diesem die ehemalige
Synagoge abgebrochen. Beim Abbruch wurde eine Genisa entdeckt mit Büchern,
Schriftstücken und rituellen Kultgegenständen, die sich heute zum Großteil in
Privatbesitz befinden. Am neu errichteten Wohnhaus auf dem Synagogengrundstück
erinnert eine Gedenktafel an die Synagoge.
In der Sammlung des Kirchberger Heimathauses befindet sich der originale
Chanukka-Leuchter aus der ehemaligen Kirchberger Synagoge.
https://www.stadtkirchberg.de/heimathaus.html
Adresse/Standort der Synagoge: Glöcknergasse
4 (ehemalige Affengasse 205)
Fotos
(Quelle: Landesamt s.Lit. S. 206)
Die Synagoge im
Ortsbild
von Kirchberg |
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Der Standort der Synagoge ist
auf der
Luftaufnahme von Kirchberg (um 1930) markiert |
Ausschnitt aus
der Luftaufnahme |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Februar 2016:
In Kirchberg sollen "Stolpersteine"
verlegt werden |
Artikel von Werner Dupuis in der
"Rhein-Zeitung" vom 21. Februar 2016 (auszugsweise zitiert):
"Kirchberg diskutiert über Stolpersteine
Kirchberg. Stolpersteine sind Symbole, die eine Erinnerung an die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten lebendig erhalten. Auch in Kirchberg sollen diese Zeichen gegen das Vergessen des Kölner Künstlers Gunter Demnig verlegt werden.
Stolpersteine in Kirchberg - Auf Einladung des Beigeordneten Werner Klockner traf sich ein Kreis Interessierter zur Vorbereitung des Projektes...
In der Region Rhein-Hunsrück sind in Kastellaun, Oberwesel, Bacharach, Budenbach, auf Burg Waldeck bei Dorweiler sowie in Rhaunen Stolpersteine verlegt. Kirchberg soll folgen. In Gemünden ist eine Initiative zumindest gestartet. In Simmern tut man sich noch schwer mit der Diskussion.
Möglichst weite Kreise der Bevölkerung, Alt und Jung sollen in den Entstehungsprozess mit eingebunden werden, waren sich Klockner und alle Teilnehmer des Kirchberger Gesprächs einig. Ein wichtiger Part wird dabei den Schulen beigemessen. Lehrer des Ausonius-Gymnasiums und der dazugehörigen Realschule plus sollen sich daran beteiligen. Mit dabei sollen auch die Kirchengemeinden sein. Pfarrer Jürgen Wagner von der freien evangelischen Gemeinde und sein protestantischer Kollege Manfred Stoffel sagten ihre Unterstützung zu...
Werner Johann, historisch versierter Mitarbeiter der Kirchberger Verwaltung, sieht gute Chancen, die jüdische Vergangenheit Kirchbergs in einen geplanten Stadtrundweg zu integrieren. In seiner Funktion als Beigeordneter will Klockner Verwaltung und Stadtrat und dessen Ausschüsse in alle Aktivitäten mit einbinden."
Link
zum Artikel |
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November 2017:
Verlegung von 22
"Stolpersteinen" in Kirchberg |
Artikel in der "Rhein-Hunsrück-Zeitung" vom
26. November 2018: "Kirchberg. Holocaust: Dokumentation erinnert an
Stolpersteinverlegung
Am 7. November 2017 wurden 22 Stolpersteine verlegt, die an Schicksal von
aus Kirchberg stammenden Juden erinnern sollen, die im Nationalsozialismus
vertrieben oder vernichtet wurden. Eingebettet war die Aktion in eine Reihe
von Veranstaltungen und Vorträgen, die von einem breit gefächerten Bündnis
organisiert wurden. In der 'Stolperstein AG' hatten sich unter anderem die
Kirchen, die Kooperative Gesamtschule (KGS), der Förderkreis Synagoge
Laufersweiler, die Stadt Kirchberg und engagierte Bürger
zusammengeschlossen..."
Link zum Artikel (kostenpflichtig)
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Oktober 2019:
Zur Verlegung von
"Stolpersteinen" in Kirchberg 2017 und 2019 |
Abschnitt aus "Weg der Begegnung - Auf
jüdischen Spuren in Kirchberg" (eingesehen 28.10.2019): "Seit vielen
Jahren engagieren sich sowohl Kirchberger BürgerInnen als auch SchülerInnen
der KGS Kirchberg für die Erforschung der jüdischen Geschichte und die
Erinnerung an die Opfer der Verfolgung im dritten Reich. 2016 beschloss der
Kirchberger Stadtrat einstimmig der Verlegung von Stolpersteinen zuzustimmen
und beauftragte den Arbeitskreis "Stolpersteine", alle notwendigen
Planungsschritte vorzubereiten.
1992 begründete der Künstler Gunter Demnig das Projekt der Stolpersteine.
Auf den quadratischen Messingplatten werden die Namen und Daten von
denjenigen Menschen eingraviert, die während der NS-Zeit verfolgt und
ermordet wurden. Die Stolpersteine sollen dazu beitragen, dass die
schrecklichen Vernichtungstaten des NS-Regimes nicht vergessen werden und
die Opfer in Erinnerung künftiger Generationen bleiben. Bisher wurden 46
Stolpersteine für jüdische BürgerInnen in Kirchberg verlegt. 22 davon am 7.
November 2017 und die übrigen 24 am 25. Oktober 2019.
Juden aus Kirchberg starben in: Riga - Majdanek - Treblinka - Sobibor
- Lodz - Chelmno - Izbica - Auschwitz - Theresienstadt - Minsk/ Maly
Trostinec - Bergen-Belsen - Halle an der Saale"
Link zur Seite |
Link zum "Flyer des Wegs der Begegnung"
https://wegderbegegnung-kirchberg.weebly.com/uploads/1/2/7/4/127469211/flyer_weg_der_begegnung_kirchberg._2019__.pdf
|
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,1 S. 398-399. |
| Achim Baumgarten, Mittelalterliche Judenverfolgung auf
dem Hunsrück, in: Rhein-Hunsrück-Kalender 1987. S. 82-85.
|
| Hans-Werner Johann: Die jüdische Schule in
Kirchberg. In: Hunsrücker Heimatblätter 28/1988 S. 88-91. |
| Yvonne Lang: "... das Geheimnis der Erlösung heißt
Erinnerung". Juden in Kirchberg bis zur Zeit des Nationalsozialismus,
Facharbeit am Herzog-Johann-Gymnasium Simmern, 1993/94. |
| Gustav Schellack: Das jüdische Schulwesen in den
ehemaligen Kreisen Simmern und St. Goar im 19. Jahrhundert. In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit
in Rheinland-Pfalz. Hrsg. von Matthias Molitor
und Hans-Eberhard Berkemann in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für
politische Bildung Rheinland-Pfalz. Erschienen im Verlag Matthias Ess in Bad
Kreuznach. 5. Jahrgang, Ausgabe 2/1995 S. 23-27. Online zugänglich (pdf-Datei). |
| ders.: Die jüdische Schule in
Kirchberg/Hunsrück. In: SACHOR bzw. in: Monatshefte für Evangelische
Kirchengeschichte des Rheinlandes, 45./46.Jg. 1996/1997, S. 321-333.
|
| ders.: Judenpogrom: Die sogenannte
"Reichskristallnacht" im mittleren Hunsrück. In: Hunsrücker
Heimatblätter 28/1988. S. 162-166. |
| Christof Pies, Jüdisches Leben am Rhein -
Hunsrück-Kreis, in: 100 Jahre Hunsrücker Geschichtsverein e.V. 1901 - 2001,
No. 116 (Sondernummer), Jg. 41/2001, S. 380 - 395. |
| ders.: Jüdisches Leben im Rhein-Hunsrück-Kreis, in:
Schriftenreihe des Hunsrücker Geschichtsvereins e.V., Nr. 40, 2003, S. 196 -
210. |
| Manfred Stoffel (Hrsg.): Versöhnung braucht
Erinnerung. Juden in Kirchberg/Hunsrück. Dokumentation aus der Sammlung von
Ernst Fuchs. Kirchberg 2000 (Schriftenreihe zur Geschichte der Stadt
Kirchberg Bd. 2). |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 205-206 (mit weiteren Literaturangaben).
|
| Harry Raymon: Einmal Exil und zurück, o.O. 2005 (Harry
Raymn war der Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie, 1926 in Kirchberg
geboren als Harry Heymann, in den USA als Schauspieler Harry Raymon bekannt
geworden). |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Kirchberg im Huensrueck.
Rhineland. A Jewish settlement existed in the 13th century and local Jews were
subjected to several persecutions in 1287, 1340 and 1348-49.
Jews began to settle again toward the end of the 18th century. In 1843, the
Jewish population was 92, remaining fairly stable until Worldwar I. A synagogue
was erected in 1817 and a new one in 1882. A Jewish elementary school was opened
in 1842. In June 1933, four months after the Nazi rise to power, there were 67
Jews in Kirchberg. From the outset of the Nazi period, Jewish store windows were
smashed and Jewish merchants kept out of the local cattle market. On Kristallnacht
(9-10 November 1938), the synagogue was destroyed. By September 1939, all Jews
had left the town, 46 for other German cities (including 31 for Cologne) and 15
for the United States. It may be assumed that all those who did not reach safe
havens perished in the Holocaust.
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