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Leun und
Biskirchen
(Stadt Leun, Lahn-Dill-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Leun bestand eine jüdische
Gemeinde (Filialgemeinde zu Wetzlar) bis zur ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts, zu der auch die in Biskirchen lebenden jüdischen Familien
gehörten. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts war Biskirchen der Hauptort, nachdem
aus Leun die meisten jüdischen Familien weggezogen waren. Bei der Einteilung der acht Synagogenbezirke im Kreis Wetzlar zum
1. August 1853 wurde Biskirchen der Hauptort des sechsten
Synagogenbezirks. Zur jüdischen Gemeinde in Biskirchen gehörten damals auch die in
Daubhausen, Edingen und Greifenstein lebenden jüdischen Personen. Alle Orte
waren mit - gemeinsam mit den anderen sieben Synagogenbezirken des Kreises Wetzlar
- der Bezirksgemeinde
Wetzlar zugeordnet.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt:
in Leun zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch etwa 20 jüdische Personen,
1888 keine jüdischen Einwohner mehr;
In Biskirchen 1816 25 jüdische Einwohner, 1823 22, 1875-1880 5 jüdische
Familien, 1905 6, 1914 7 Familien.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge - zunächst in Leun, dann in
Biskirchen (s.u.), eine jüdische Schule
und ein Friedhof (in Biskirchen).
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Jacob Jacob (geb.
28.5.1894 in Biskirchen, gef. 14.1.1917).
1933 lebten noch Angehörige der Familien Heymann, Kahn, Manasse und
Neter sowie einige weitere Personen in Biskirchen. In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert.
Von den in Biskirchen geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945": Helmut Eichenwald (1922),
Charlotte (Lotte) Eichenwald geb. Jakob (1892), Kartinka Hammerschlag (),
Auguste (Gusta) Heymann (1868), Isidor Heymann (1905), Jakob Heymann
(1909), Julie Jakob geb. Schnork (1884), Albert Jakob (1879), Gertrud Kahn
(1919), Leopold Kahn (1886), Irma Manasse geb. Liebmann (1897), Kurt Manasse
(1925), Max Manasse (1865), Moritz Manasse (1898), Erich Neter (1913), Hedwig
Neter geb. Heymann (1906), Semi Neter (1942), Zilla Neter (1939), Rosa Seligmann
geb. Wolf (1905).
Aus Leun, Daubhausen, Edingen und Greifenstein werden in den angegebenen Listen keine Personen
genannt.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Zwei jüdische Kinder wurden von einem glaubenseifrigen
protestantischen Pfarrer als Konvertiten in sein Haus aufgenommen (1859)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. April
1859: "Bad Homburg, Ende März (1859). Als ein
Gegenstück zu der leidigen Mortara-Angelegenheit berichte ich Ihnen etwas
verspätet, dass in Leun bei Braunfels (Kreis Wetzlar, Preußen)
zwei Judenkinder einer armen eingeschüchterten Wittfrau von einem
glaubenseifrigen protestantischen Pfarrer als Konvertiten in sein Haus
aufgenommen wurden. Den rastlosen Bemühungen eines zu deren Befreiung
gebildeten Komitees, an dessen Spitze Herr Hofagent H. Loew in Braunfels,
gelang es, bei der dem Pfarrer vorgesetzten Behörde zu erwirken, dass die
Kinder wieder in Freiheit gesetzt wurden. Die Sache ist mir durch eine von
oben genanntem Herrn Loew im Spätsommer vorigen Jahres auf hiesigem
Platze zur weiteren Unterstützung der beiden Kinder und deren Mutter
veranstalteten Kollekte bekannt geworden". |
Kurze Gemeindebeschreibung
von Leun (1936)
Aus
einem Artikel im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde
Frankfurt" vom Oktober 1936 S. 30: "Von Braunfels zum
Lahnbahnhof (50 Minuten) und über die Lahn nach Leun (20 Minuten).
Alte Judengemeinde, schon im 17. Jahrhundert Synagoge, Seit etwa 50 Jahren
keine Juden mehr; aber einige Häuser trugen bis vor wenigen Jahren noch
hebräische Inschriften, wie 'boruch habbo'. - Entlang der Lahn bis
Stockhausen; die Lahn überschreitend (blaues Kreuz) sind wir nach 1 1/2
Stunden in..." |
Zur Geschichte der Synagoge
In Leun soll die vermutlich älteste Synagoge im
Solmser Land gestanden haben (mindestens seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts),
die von der Juden der weiteren Umgebung besucht wurde (u.a. von Braunfels,
bis diese 1697 einen eigenen Betraum einrichteten). Sie wurde Anfang des 19.
Jahrhunderts wegen Baufälligkeit geschlossen und ist nicht erhalten.
Um den
Sitz der Synagoge gab es zwischen den in Leun und Biskirchen lebenden jüdischen
Familien Ende des 18. Jahrhunderts Streit (Angaben nach K. Porezag s. Lit.). Am
21. Mai 1799 hatte der Leuner "Judenvorsteher Hirsch Löw und Constorten zu
Leun, Tiefenbach und Niederbiel" eine Klageschrift gegen die Biskirchener
Juden "Bohnen und Consorten" an den Oberrabbiner in Friedberg gesandt,
da in Biskirchen eine eigene Synagoge gebaut werden sollte. Hirsch Löw
befürchtete, dass dadurch der Beitrag der Biskirchener Juden zu den
Unterhaltskosten der Leuner Synagoge verloren gehen würden. Eine neue Synagoge
in Leun sei viel zu teuer, und die Biskirchener Juden hätten doch schon seit
über 100 Jahren die Leuner Synagoge mit benutzt. Der Protest von Hirsch Löw
nützte nichts. Die Synagoge in Leun wurde vermutlich alsbald aufgegeben.
In Biskirchen
gab es seit 1807 eine eigene Synagoge. Aus diesem Grund wurde 1853
Biskirchen auch der Hauptort eines Synagogenbezirkes im Kreis Wetzlar.
Wie lange in der Synagoge in Biskirchen Gottesdienste abgehalten wurden, ist
nicht bekannt.
Adresse/Standort der Synagoge: Wilhelmstraße
4
Fotos:
Es sind noch keine
Fotos zur jüdischen Geschichte in Leun und Biskirchen vorhanden;
über
Hinweise oder Zusendungen freut sich der Webmaster der "Alemannia
Judaica" |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 88-90 (innerhalb des Abschnittes zu
Braunfels) und Bd. II S. 365-380 (innerhalb des Abschnittes zu
Wetzlar). |
| Keine Abschnitte zu Leun-Biskirchen mit dem Hinweis
"um 1900 aufgelöst" - bei Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 und dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994 sowie Neubearbeitung der beiden
Bände 2007² |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S. 118.
|
| Karsten Porezag: ...dann müssen die Steine reden!
Die Wetzlarer Synagogen, die Mikwe und die jüdischen Friedhöfe in neuerer
Zeit. Schriften zur Stadtgeschichte - Sonderausgabe. Hg. von Magistrat der
Stadt Wetzlar. 2004. 20072
Vorwort
zum Buch online Website
von Karsten Porezag Zu Leun und Biskirchen u.a. S.
38-39. |
n.e.
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