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Waldgirmes (Gemeinde
Lahnau, Lahn-Dill-Kreis)
Jüdische Geschichte
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Waldgirmes gab es im 19. Jahrhundert eine kleine -
vermutlich jedoch immer unselbständige - jüdische
Gemeinde. 1616 wird erstmals ein jüdischer Einwohner am Ort genannt: es war
Jud Abraham,
der in diesem Jahr der Schutz in Waldgirmes erhalten hatte, aber zu arm war, um
das volle Schutzgeld zu zahlen. Er konnte zunächst bei Bezahlung des halben
Betrages oder noch weniger am Ort bleiben. Erst 1619 hat er den vollen Betrag
bezahlen können. Wie lange Abraham - vermutlich mit Familie - in Waldgirmes
blieb, ist nicht bekannt.
1812 werden als "Beisassen" am Ort Josef und Nathan Hirsch
genannt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1840 14 jüdische Einwohner, 1857 32, 1879/80 25. Die jüdischen
Familien lebten bereits im 19. Jahrhundert vom Viehhandel.
Auf Grund einer Regierungsverordnung wählten die jüdischen Familien 1842 zum Vorstand
der kleinen Gemeinde: Nathan Hirsch, Heimann, Hirsch und Löb Löwenstein. Drei
Jahre später waren im Vorstand Löb Löwenstein, Salomon und Kiebe Hirsch. Seit
1840 war die Familie des Lazarus Grünewald aus Naunheim am Ort. Der Sohn
Heimann Grünewald blieb auch in der nächsten Generation mit Familie am
Ort.
An Einrichtungen gab es zeitweise einen Betraum im Haus des Heimann
Grünewald und einen Friedhof. Zum
Religionsunterricht der jüdischen Kinder dürfte zeitweise ein jüdischer
Lehrer einer umliegenden Gemeinde regelmäßig nach Waldgirmes gekommen
sein.
Im Ersten Weltkrieg waren vier der jüdischen Männer
Kriegsteilnehmer.
In den 1920er-Jahren lebten die jüdischen Familien weiterhin vom
Viehhandel. Johanette (Jenny) Hirsch, die Frau von Siegmund Hirsch, hatte einen
Textilhandel.
1933 lebten noch etwa 20 jüdische Personen in Waldgirmes. In
den folgenden Jahren sind fast alle von ihnen auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Zwei Familien (Sally
Grünewald, Sally Hirsch II.) und die Kinder einer anderen Familie (Sally Hirsch
I.) konnten in die USA emigrieren. Die letzten jüdischen Einwohner von
Waldgirmes wurden im Juni 1942 nach Wetzlar gebracht und von dort aus
deportiert.
Von den in Waldgirmes geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Fanny Borngässer geb. Hirsch (1873), Berta Edelmuth
geb. Borngässer (1897), Max Grünewald (1891), Sally Grünewald (1887), Karl
Grünewald (1889), Emma Hirsch geb. Bach (1885), Johanette (Jenny) Hirsch geb. Stern (1880),
Salomon (Sally) Hirsch (1878), Edith Lamm (1936), Gerda (Hertha) Lamm geb. Hirsch (1908), Helene
Löwenstein geb. Sichel (1870), Leopold Löwenstein (1871), Rosa Schönberg geb.
Goldschmidt (1887).
Mitte Juni 2013 wurden zur Erinnerung an drei der genannten Personen
durch den Künstler Gunter Demnig "Stolpersteine" verlegt: in
der Schulstraße 1 für Johanette Hirsch geb. Stern, Gerda Lamm geb. Hirsch und
Edith Lamm. Für zwei weitere nichtjüdische Personen wurden gleichfalls
"Stolpersteine" verlegt: für Rudolf Heinrich Schmidt (1902, ermordet
in Hadamar 1942) und am Kirchplatz 1 für Heinrich Falling (1910). Vgl.
Pressebericht unten.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
In jüdischen Periodika des 19./20.
Jahrhunderts wurden noch keine Berichte zur jüdischen Geschichte in
Waldgirmes gefunden. |
Zur Geschichte des Betsaales
Ein Betraum befand sich zeitweise im Haus des (1935
gestorbenen) Heimann Grünewald.
Adresse/Standort des Betraumes: nicht
bekannt
Fotos
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Juni 2013:
Verlegung von "Stolpersteinen" in
Waldgirmes |
Artikel im "Gießener Anzeiger"
vom 15. Juni 2013: "Lahnau. Fünf 'Stolpersteine' in Waldgirmes
verlegt..."
Link
zum Artikel - auch eingestellt
als pdf-Datei |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica Teil IV (1520-1650) Band 2
(Landgrafschaft Hessen-Marburg) S. 44.146 (zu Jud Abraham nach 1618). |
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 336-337. |
| keine Artikel bei Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 oder dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirk Gießen und Darmstadt. 1995 S.
117-118. |
| kein Artikel in Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch).
Anmerkung: Waldgirmes gehörte bis 1933 zum Kreis Biedenkopf, erst seit
1933 zum Kreis Wetzlar (seit den 1970er-Jahren mit diesem zum
Lahn-Dill-Kreis). Auf Grund dieser früheren Zugehörigkeit wird Waldgirmes
u.a. nicht bei der Einteilung des Kreises Wetzlar in Synagogenbezirke 1853
genannt.. Nicht genannt wird Waldgirmes in der Darstellung von Jürgen
Runzheimer: Abgemeldet zur Auswanderung. Die Geschichte der Juden im
ehemaligen Landkreis Biedenkopf (1992), da sich diese Darstellung an den
Grenzen des Kreises Biedenkopf bis vor 1974
orientiert. |
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