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Lisberg (Kreis
Bamberg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Lisberg bestand eine jüdische Gemeinde
bis 1904. Ihre Entstehung geht nach den vorliegenden Quellen in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück,
möglicherweise lebten aber bereits im 17. Jahrhundert Juden am Ort. Im Zusammenhang
mit der Anlage des jüdischen Friedhofes 1739
berichten erstmals Urkunden über Juden in Lisberg. Um 1775 waren es bereits 12,
um
1800 21 jüdische Familien. Das Edikt von 1813 setzte die Zahl der in Lisberg
zugelassenen jüdischen Familien auf 17 fest; drei Familien erhielten damals
keine Matrikelstelle. Folgende Familien hatten um 1822 Matrikelstellen (in
Klammer Angabe zu ihrem Beruf/Lebensunterhalt): Michel
Fromm (Viehhändler), Maier Lisberger (Schnitt- und Spezereiwarenhandel), Seidel
Gerstner (Schnitt- und Spezereiwarenhandel im offenen Laden), Jakob Seligmann
(Viehhandel), Michael Jakob (Hausierhandel), Joseph Herrmann (Viehhandel), Nena
Fromm Wwe., Salomon Lisberger (Eisen- und Schnittwarenhandel im offenen Laden),
Samuel Gerstner (Hausierhandel mit alten Kleidern), Joseph Kahn (Ölhandel),
Kallmann Maier, Jakob Susslein (Lumpenhandel), Jakobine Eisig Wwe., Markus
Lisberger (Hausierhandel), Sara Maier Wwe., Marx Schnee (Viehhandel), Peßla
Maier Wwe., Joseph Simon (Vorsänger), Abraham Michel (Schneidermeister), Josef
Leser (Nothandel mit Kleinvieh und Schnittwaren). Die jüdischen Familien lebten - wie die
Zusammenstellung zeigt - vom Handel
mit Vieh, Schnittwaren, Eisen- oder Spezereiwaren, Hausierwaren, Lumpen und Öl.
Vorsteher der jüdischen Gemeinde waren im 19. Jahrhundert u.a. die Herren
Scholum Lisberger, Joseph Fromm und Abraham Michel.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge, ein rituelles Bad und der Friedhof.
Die schulpflichtigen jüdischen Kinder besuchten von 1826 bis 1869 die
israelitische Religionsschule in Kolmsdorf.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt:
1809/10 95 jüdische Einwohner (16,9 % von insgesamt 562), 1811 84 (15,6 % von 540),
1824 80 (15,3 % von 524), 1840 77 (11,0 % von 696), 1852 60 (9,1 % von 662),
1867 39 (6,2 % von 630), 1875 30 (5,0 % von 600), 1880 39 (6,4 % von 610), 1890
26 (4,4 % von 590), 1900 15 (2,9 % von 510). Der Rückgang der jüdischen
Einwohner beruhte auf eine relativ starke Auswanderung in die USA, insbesondere
zwischen 1860 und 1870 und auf eine Abwanderung in Städte der Umgebung. Die
jüdische Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Burgebrach.
Um 1900 war das Ende der jüdischen Gemeinde absehbar. Am 25.
September 1904 wurde die Israelitische Kultusgemeinde Lisberg mit der
Gemeinde in Trabelsdorf vereinigt. 1908
lebten am Ort noch die Kaufmannswitwe Babette Gerstner mit ihren Kindern (im
Synagogengebäude s.u.) sowie vier weitere
jüdische Personen. Die letzten auf dem jüdischen
Friedhof beigesetzten Personen aus der Lisberger Gemeinde waren: Isaak Fromm (gest.
1896), Scholum Lisberger (1897), Hanna Gerstner (1898), Abraham Gerstner (1904),
Ignatz Gerstner (1907), Samuel Gerstner (1908), Johanna Fromm (1911), Babette
Fromm (1915). 1920 bis 1940 wohnte nur noch eine jüdische
Einwohnerin am Ort (Lina Fromm, s. nächster Abschnitt).
Von den in Lisberg geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen ist in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem): Lina Fromm (geb. 1870 in Lisberg, wohnhaft in Lisberg
bis zum 16. Juni 1940, danach in das jüdische Altersheim Regensburg gezogen und
von dort deportiert; umgekommen im Ghetto Theresienstadt).
Zur Geschichte der Synagoge
Die jüdischen Familien lebten fast ausschließlich im Bereich
der Straßen Kaulberg (um 1850 in den Häuser mit den heutigen
Hausnummern 1, 5, 7, 11) und der Kasenenstraße (Hausnummern 3,9). Ein
jüdisches Haus lag um 1850 am Brunnenweg 4. In einem der Häuser wurde auch die
Synagoge eingerichtet. Die bis um 1900 verwendete Synagoge dürfte in der
Zeit um 1800 erbaut beziehungsweise im ersten
Stock des Wohngebäudes Kaulberg 5 eingerichtet worden sein. Nach dem
Grundsteuerkataster-Eintrag von 1847 gehörte das Gebäude vier Eigentümern:
ein Viertel (Synagoge im ersten Stock) der jüdischen Gemeinde. Je ein weiteres
Viertel gehörten dem Gemeindevorsteher und Schneider Abraham Michel, den Herren
Jacob und Israel Süßlein sowie dem Kaufmann Joseph Gerstner. Letzterer hatte
seine Wohn- und Geschäftsräume unter der Synagoge. 1871 wurde das
Synagogengebäude einer größeren Renovierung
unterzogen. Dabei mussten die Mauern verstärkt und eine neue Dacheindeckung
vorgenommen werden.
Nach der Vereinigung der jüdischen Gemeinden Lisberg und Trabelsdorf (1904)
wurde die Synagoge nicht mehr benötigt. Schon einige Jahre zuvor konnte man den
Minjan (nötige Zehnzahl der jüdischen Männer zum Gottesdienst) in Lisberg
kaum noch zusammenbringen. Die Synagoge kam in den Besitz der jüdischen
Gemeinde Trabelsdorf (geschätzter Wert
200-300 Mark, dazu Inventar im Wert von 300-400 Mark). Das Dach über dem
Betsaal war 1907 so undicht, dass bis in das Erdgeschoss eindringen konnte. Die
Bitte der Familie Gerstner um Instandsetzung des Gebäudes durch die jüdische
Gemeinde Trabelsdorf blieb zunächst ungehört. 1908 wurde dann die Kaufmannswitwe Babette
Gerstner alleinige Besitzerin des Gebäudes Kaulberg 5. Sie verkaufte ihrerseits das Gebäude
(vermutlich um 1920) an eine nichtjüdische Familie. Das Gebäude ist bis heute
erhalten.
Adresse/Standort der Synagoge: Kaulberg 5 (alte
Gebäude-Nr. 69).
Plan/Fotos
Pläne vom Umbau des
Gebäudes Kaulberg 5
mit der
Synagoge im 1. Stock
(1871/72) |
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Das Gebäude, in dessen
östlicher Hälfte im ersten Stock der Betsaal eingerichtet war. |
Grundriss der ersten Stockes
mit dem Betsaal |
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Grundriss des Erdgeschosses |
Querschnitte durch das
Gebäude |
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Das Gebäude Kaulberg
5
im April 2020
(Foto: Michael Bergrab) |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Die nachfolgenden Informationen wurden
übernommen aus der Website der VG Lisberg, siehe
https://www.vg-lisberg.de/index.php?seite=stolpersteine
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März 2020:
Verlegung eines "Stolpersteines" in Lisberg |
Am 9. März 2020 wurde ein "Stolperstein" in Lisberg vor dem Haus
Kasernstraße 15 verlegt für Lina Fromm, die nach dem Tod ihrer Tante 1915
die einzige Jüdin in Lisberg war. 1942 wurde sie von Regensburg aus, wo sie
zuletzt im jüdischen Altersheim gelebt hatte , in das Ghetto Theresienstadt
deportiert. Dort ist sie am 13. November 1944 umgekommen.
Dazu Artikel von Dr. Christa Horn
"Stolperstein für Lina Fromm" (pdf-Datei, Fotos aus der Website der VG
Lisberg: Link
zur Seite) |
Der
"Stolperstein" für Lina Fromm nach der Verlegung. |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 143.150. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 216. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 241-242.
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Lisberg Upper Franconia. The
community numbered 95 in 1810 (total 562) and ended officially in 1904 when it
was attached to Trabelsdorf.
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