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Lollar (Kreis
Gießen)
Jüdischer Friedhof
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Siehe Seite zur Synagoge in Lollar (interner
Link)
Zur Geschichte des Friedhofes
Der jüdische Friedhof in Lollar wurde nach der behördlich
angeordneten Schließung
des alten jüdischen Friedhofes in Staufenberg in den 1840er-Jahren
angelegt (Einweihung war 1847).
Auf ihm wurden die zum jüdischen Gemeindeverband Lollar gehörenden, das heißt
in Lollar und Orten der Umgebung gestorbenen jüdischen Personen
beigesetzt (neben Lollar aus Mainzlar, Daubringen,
Ruttershausen). In der NS-Zeit
wurde der Friedhof teilweise zerstört. Eine bislang letzte Beisetzung wurde
1980 vorgenommen (Walter Löwenstein, siehe Foto des Grabsteines unten).
Lage des Friedhofes
Der jüdische Friedhof liegt im Nordosten von Lollar vor der
Gemarkungsgrenze nach Staufenberg.
Zum Besuch des Friedhofes: Der Schlüssel für das Eingangstor ist bei
der Stadtverwaltung Lollar - Rathaus - Holzmühler Weg 76 (Bauamt) hinterlegt und kann zu
den üblichen Öffnungszeiten Montag bis Freitag jeweils von 8.00 Uhr - 12.00
Uhr zusätzlich mittwochs von 14.00 Uhr - 18.00 Uhr oder nach Vereinbarung unter
der Tel.-Nr. 06406/920-145 ausgeliehen werden.
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 27.3.2008)
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Blick auf den Friedhof |
Das Eingangstor |
Blätter auf der Hinweistafel |
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Teilansichten des
Friedhofes |
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Doppelgrabstein
rechts für Jacob Fuld (1846-1910) und Auguste Fuld
geb. Stern (1850-1910) |
Grabstein für "Aharon
Bar Jekusiel"
beigesetzt am 13. Elul (5)633
= 6. September 1873 |
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Grabsteinfragment |
Grabstein mit Spuren
gewaltsamer Zerstörung |
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Grabstein für Maik Livingston
aus Bloomington MS USA, Sohn von
Hirsch und Röschen Löwenstein
(1849-1910) |
Grabstein für Moritz Kann
(1859-1912),
Sophie Kann geb. Fleischer (1867-1942)
und Dr. Steffen Kann
(1891-1947),
alle aus Mainzlar (/
Frankfurt) |
Grabstein für Rebecka Kann
geb. Sommer (1847-1928) und
Seligmann Kann (1849-1932) |
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Grabsteine für
Hermann Löwenstein (1879-1924) und Walter Löwenstein (1907-1980), beide
aus Ruttershausen |
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Presseartikel zum Friedhof
November 2017:
Erinnerung an den Novemberpogrom 1938 und die
Geschichte |
Artikel von Eva Diehl in der "Gießener
Allgemeinen" vom November 2017: "POGROME. Krieg und Frieden auf dem jüdischen Friedhof in Lollar
Am 9. November 1938 griffen Nazis jüdische Bürger auch im Kreis Gießen an. Auch der jüdische Friedhof in Lollar wurde geschändet. Heute ist er eine Stätte des Erinnerung und des Friedens.
Ein schmaler Feldweg führt zu dem kleinen Gelände am äußersten Rand von Lollar. Von der Straße nach Staufenberg aus ist das von Bäumen und Hecken umringte Grundstück gegenüber der Clemens-Brentano-Europaschule leicht zu übersehen. Der Himmel ist grau und es nieselt. Normalerweise ist das schwarze Metalltor zum jüdischen Friedhof abgeschlossen – auch um Vandalismus zu verhindern.
Den Schlüssel verleiht das Bauamt der Stadt nur auf Anfrage. Eine aktive jüdische Gemeinde im Ort gibt es nicht mehr. Die Ruhestätte bleibt nach jüdischen Glauben jedoch für immer ein Erinnerungsort. Ein Grund mehr zum morgigen Jahrestag der Reichspogromnacht in die ambivalente Geschichte von Krieg und Frieden auf diesem kleinen Fleckchen Land einzutauchen.
Der Staufenberger Heimatkundler Volker Hess schlendert durch das feuchte Gras. Es ist noch saftig grün, aber die Bäume, zwischen denen rund zwei Dutzend Grabsteine hervorragen, haben schon einiges an Laub verloren.
'Wenn man nur christliche Friedhöfe gewohnt ist, kann einen das hier erstmal irritieren', sagt Hess. Einige Steine stehen schief, Gras ist über die meisten Gräber gewachsen. Den Verfall nicht aufzuhalten, den Zahn der Zeit nagen zu lassen – das entspricht der jüdischen Tradition.
Lollar war eine Notlösung. 170 Mal sind die Jahreszeiten über den Friedhof hinweggezogen, seit er 1847 eingeweiht wurde. Heute wird hier niemand mehr begraben – zuletzt 1980. Anders als im Christentum sieht das Judentum nicht vor, Gräber nach einer gewissen Zeit zu entfernen. Der ›gute Ort‹, wie Friedhof auf hebräisch heißt, ist für die Ewigkeit ausgelegt.
'Schauen Sie, es ist jemand hier gewesen', sagt Hess und deutet auf einen kleinen Stein, der auf einem Grabstein liegt.
'Vielleicht ein Nachfahre.' Nicht mit Blumen oder Kerzen auf dem Grab, sondern mit kleinen Steinen auf dem Grabmal zeigt man in jüdischer Tradition: Ich war hier und denke an dich. Fast alle der Nachfahren leben in den USA. Manche besuchen den Friedhof gelegentlich.
Über ein Jahrhundert lang bestattete die ortsübergreifende jüdische Gemeinde von Familien aus Lollar, Ruttershausen, Staufenberg, Mainzlar und Daubringen ihre verstorbenen Angehörigen auf dem Gelände am Ortsausgang. Die Gläubigen beteten zudem in einer kleinen Synagoge in der heutigen Gießener Straße. Die Fläche in Lollar war aber nur eine Notlösung.
Bis in die 1840er Jahre nutzen jüdischen Familien einen Ort unterhalb der Burg Staufenberg als Friedhof.
'Sie wurden damals aufgefordert, den Begräbnisplatz an der Burg zu verlassen', sagt der Heimatkundler.
'Wahrscheinlich aus wirtschaftlichen Gründen.' Wo die Gebeine der Staufenberger Juden lagen, wurde später Basaltstein abgebaut. Die Gläubigen wichen daher auf die Fläche in Lollar aus.
Viele jüdische Friedhöfe sind im Laufe der Jahrhunderte verschwunden – trotz ihrer unendlichen, religiösen Bedeutung.
'Diese Grabstätten findet man nur durch Zufall, wenn Überlieferungen auftauchen oder durch bestimmte Flurnamen', sagt er. Allein in Mittelhessen tragen rund 70 Flurstücke Varianten des Begriffs
'Judenfriedhof' im Namen wie 'Beim Judenköppel' in Mainzlar, 'Am Judenkirchhof' in Salzböden,
'Am Judenbegräbnis' in Großen-Buseck und 'Judenfriedhof' in Kesselbach. 'Die alten jüdischen Friedhöfe sind oft nur dann erhalten, wenn es kontinuierlich eine religiöse Gemeinschaft gab', sagt der Historiker. Aber auch die Nationalsozialisten haben jüdische Stätten wie den Friedhof in Lollar zerstört.
'Im Dritten Reich haben sie fast alle Grabsteine abgeräumt und zum Steinmetz gebracht', sagt Hess.
'Nach dem Krieg wurden sie wieder gesetzt. Einige der Grabmale hatte der Steinmetz bis dahin schon verarbeitet. Deswegen gibt es hier diverse Lücken.'
Durch den stärker werdenden Regen, geht Hess das leicht abschüssige Gelände hinab an den Grabsteinen entlang und bleibt bei einem großen
schwarzen Grabstein stehen, an dem der Regel abperlt. 'Gerade im Landjudentum des 19. Jahrhundert lebten viele in bitterer Armut, aber einige schafften den Aufstieg', sagt er.
Vom Viehhändler zum Rechtsanwalt. Ein Beispiel für einen gelungen Aufstieg die Familie Kann aus Ruttershausen, von der mehrere Generationen in Lollar bestattet sind. Während der Viehhändler Seligmann Kann (1849 bis 1932) sich gerade über Wasser halten konnte, handelten seine Söhne mit Landprodukten in Gießen. Die nächste Generation war erfolgreiche Rechtsanwälte und Politiker wie Dr. Steffen Kann mit dem großen Grabstein.
'Wir haben eine besondere Verantwortung für jüdische Friedhöfe vor dem Hintergrund unserer nationalsozialistischen Vergangenheit', sagt Hess.
'Ich hoffe, dass der Friedhof in Lollar noch lange als Erinnerungsort und Denkmal bestehen bleibt und entsprechend gewürdigt wird.'"
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