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Mehring mit
Fell (Kreis
Trier-Saarburg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Mehring bestand eine kleine jüdische Gemeinde bis
nach 1933. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück.
Erstmals wird 1663 eine jüdische Familie am Ort genannt (Jud Baroch wird
in einer Steuerliste des Amtes Pfalzel mit seiner Frau und einer Ziege genannt). 1723 war
mindestens die Familie des Salmon in Mehring ansässig. Um 1800 waren die
wohlhabendsten jüdischen Einwohner Mayer Schweich und sein Sohn Götschel sowie
Samuel Lieser. Mayer Schweich besaß Immobilien, Häuser und landwirtschaftliche
Flächen und gehörte zu den drei wohlhabendsten Juden des
Saardepartements.
Im 19. Jahrhundert nahm
die Zahl der jüdischen Einwohner zu (1808 zwei Familien) und erreichte 1885
die höchste Zahl von 57 (bei einer Gesamtzahl von 1.606 Einwohnern)
jüdischen Gemeindegliedern. Bis 1900 ging die Zahl auf 36 zurück. Die
jüdischen Familien lebten vom Handel mit Vieh oder von Geschäften für
Backwaren, Schule, Kolonial- und Schreibwaren. Auch eine Buchdruckerei gehörte
einer jüdischen Familie. Einige verdienten ihren Lebensunterhalt als
Tagelöhner oder Hausierer.
An Einrichtungen hatte die Gemeinde eine Synagoge, ein rituelles Bad und
einen Friedhof. Die
jüdische Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat in Trier. 1913, als 37 jüdische
Einwohner am Ort gezählt wurden, war Gemeindevorsteher Gottfried Schömann.
1932 wurden noch 30 jüdische Gemeindeglieder genannt. Vorsitzender war
inzwischen Leo Lieser. Zur Gemeinde in Mehring gehörten auch die in Fell
lebenden jüdischen Einwohner (1932: 7 Personen; Familien Meyer und Ackermann).
Nach 1933 sind die jüdischen
Einwohner von Mehring verzogen. Bis zum Herbst 1938 waren alle ausgewandert oder
in andere Ort in Deutschland verzogen.
Von den in Mehring geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Sophie Bloch (1880), David
Ermann (1905), Klementine Ermann (1900), Karl
Günther (1903), Emilie Hanau geb. Marx (1910), Adolf Isay (1880), Ernest Levy
(1894),
Emil Lieser (1879), Ludwig Lieser (1876), Maurice
Lieser (1882), Moritz Marx (1881), Melanie Oster geb. Lieser (1881), Luise Schützendorf geb. Isay (1888).
Aus Fell sind umgekommen: Isaak Ackermann (1865), Marta Meyer (1903),
Samuel Meyer (1872), Therese Meyer geb. Ackermann (1875), Zibora Meyer geb.
Ackermann (1868).
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1886 /
1887 / 1893
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. September 1886:
"In der Gemeinde Mehring bei Trier ist die Lehrer- und
Vorbeterstelle mit Mark 300 Gehalt und freier Station vakant. Bewerber
wollen sich melden an
M. Lieser, Vorsteher. Mehring, 30. August
1886." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1887:
"Die Gemeinde Mehring bei Schweich a.d. Mosel sucht einen Lehrer,
der zugleich Vorbeter ist. Gehalt 300 Mark und freie Station.
M. Lieser,
Vorsteher." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Februar 1893:
"Wir suchen zum baldigen Eintritt einen Religionslehrer und Chasan
(Vorbeter) für unsere kleine Gemeinde. Gehalt 300 Mark bei freier
Station. Bewerber mögen sich gefälligst an
S. Lieser-Cahen in
Mehring bei Schweich wenden." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Wilhelmina Schweich (1893)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Mai 1893:
"Mehring an der Mosel. Einen schweren Verlust erlitt die hiesige
Gemeinde. Frau Wilhelmina Schweich, in Wahrheit ein Muster echter
Frömmigkeit, im wahren Sinne des Wortes eine wackere Frau hauchte
plötzlich am Heiligen Schabbat Paraschat Behar uBechukotai (=
Schabbat mit der Toralesung Behar uBechukotai 3. Mose 25,1 bis
Ende, d.i. 13. Mai 1893) ihre edle Seele aus. In stillem, häuslichen
Kreise entfaltete sie als Gattin und Hausfrau in ihrer bescheidenen Art
eine Fülle des Segens und sie war der Mittelpunkt, von welchem aus Glück
und Freunde, Heiterkeit und Frohsinn nach allen Seiten sich ergoss, denn nicht
nur auf den engen Kreis ihrer Familie beschränkte sich ihr edles Wirken,
ihre emsige und wohltuende Tätigkeit, ihre Herzensgüte kannte keine
Schranken. Die Pforten ihres Hauses waren weit geöffnet allen, die darin
eine Stätte der Ruhe und der Erquickung suchten. Darum ward sie auch
wegen ihrer Tugend bei allen Konfessionen so sehr beliebt, wovon der
endlose Leichenzug das beste Zeugnis ablegte. Auf dem Friedhofe sprachen
Herr Lehrer M. Levy aus Trier und Herr Lehrer Oscar Dreifuß aus
Schweich
Worte, die auf alle Anwesenden einen tiefen Eindruck hinterließen. Möge
der Allmächtige die Hinterbliebenen in ihrem großen Schmerze stärken
und aufrecht halten. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Charlotte Lieser geb. Kahn (1909)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Juli 1909:
"Mehring bei Trier, 13. Juli (1909). Am Samstag Paraschat Bilak
(= Schabbat mit der Toralesung Bilak = 4. Mose 22,2 -25,9, d.i. 3. Juli
1909) verschied hier nach längerer Krankheit im Alter von 63 Jahren die
weit über die Grenzen unseres Ortes wohl bekannte und geachtete Frau
Charlotte Lieser geb. Kahn, Gattin des Synagogenvorstehers Samuel
Lieser.
Bei der am Montag, den 5. Juli stattgefundenen Beerdigung schilderte Herr
Rabbiner Dr. Baßfreund aus Trier in kurzen Worten die Eigenschaften der
Verstorbenen als Gattin und Mutter und wackeren Frau. Ihre Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zur Geschichte der Synagoge
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (vor 1883) wurde eine Synagoge in
einem aus dem 18. Jahrhundert stammenden Gebäude unmittelbar neben dem
Pfarrhaus eingerichtet. Für mehrere Jahrzehnte war dieses Gebäude Mittelpunkt
des jüdischen Gemeindelebens am Ort. Im ersten Stock befand sich auch ein
Schulzimmer für den Religionsunterricht der jüdischen Kinder.
Nachdem in den Jahren nach 1933 die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder
schnell zurückging und alsbald keine zehn jüdischen Männer mehr in der Gemeinde zur
regelmäßigen Abhaltung von Gottesdiensten lebten, wurde die Synagoge
geschlossen. Das Gebäude ging um 1936 in den Besitz der politischen Gemeinde
über. Dennoch soll es beim Novemberpogrom 1938 demoliert wurden sein.
Wenig
später (1939) richtete die politische Gemeinde hier einen Kindergarten und
stellte das Gebäude der NS-Volkswohlfahrt zur Verfügung. Nach dem Krieg zog
die Pfarrbücherei in dem Gebäude ein. Im Jahr 2000 wurde es an einen
Privatmann verkauft und wird seitdem als Wohnhaus genutzt.
Adresse/Standort der Synagoge: Kirchstraße 16.
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 19.4.2006)
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Von rechts:
Kirche, Pfarrhaus, ehemalige Synagoge (rot angestrichen) |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Februar 2018:
Ausstellung in Schweich erinnert an die
Geschichte der Juden in Mehring |
Artikel im "Trierer Volksfreund"
vom 28. Februar 2018: "Historie. Neuer Teil der Dauerausstellung: Jüdische Spuren reichen bis 1663.
Schweich/Mehring. Die Geschichte der Juden in Mehring wird bei einem Festakt in der ehemaligen Synagoge in Schweich lebendig.
So wie es sich die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, vor acht Jahren bei der Eröffnung gewünscht hat, wird der
'Staffelstab der Erinnerung' konsequent weitergeleitet. Es geht um das jüdische Leben in den Orten der heutigen Verbandsgemeinde
Schweich.
Die ehemaligen jüdischen Mitbürger, die vor den Nationalsozialisten fliehen mussten und vielfach ermordet wurden, sollen einen Platz haben im Bewusstsein der Menschen, die heute hier leben. Die Dauerausstellung Jüdisches Leben in und um Schweich ist nach Etappen in Schweich, Leiwen, Klüsserath und Fell um ein weiteres Kapitel, nämlich das von der Moselgemeinde Mehring, erweitert worden.
In einem Festakt hat der Historiker Hermann Erschens Einblick in seine Recherchen gegeben. Der frühere Realschulrektor, für den Heimat eine Herzensangelegenheit ist, ist den Spuren jüdischen Lebens in Mehring akribisch nachgegangen. Musikalisch stimmungsvoll umrahmt wurde der Abend in der ehemaligen Synagoge in Schweich vom Blockflötenorchester
'Allegro' unter der Leitung von Marianne Jostock.
Einen ersten Hinweis auf Juden in Mehring hat Erschens in einer Steuerliste des Amtes Pfalzel aus dem Jahr 1663 gefunden, wo der Jude Baroch mit seiner Frau und einer Ziege erwähnt wurde. 1885 sei mit 57 Juden der Höchststand erreicht worden, bereits Ende 1938 habe es keine Juden mehr in Mehring gegeben.
Die wohlhabendsten jüdischen Mitbürger seien um 1800 Mayer Schweich und sein Sohn Götschel sowie Samuel Lieser gewesen. Mayer Schweich habe Immobilien, Häuser und landwirtschaftliche Flächen besessen und habe zu den drei reichsten Juden des Saardepartements gezählt. Die Juden in Mehring seien überwiegend Händler, vor allem Viehhändler, gewesen und führten Geschäfte für Backwaren, Schuhe, Kolonial- und Schreibwaren sowie eine Buchdruckerei. Es habe aber auch arme Juden, wie Tagelöhner und Hausierer, gegeben.
Religiöser Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde sei die Synagoge gewesen, die in der Nähe der Kirche stand. Nach der Reichspogromnacht (9./10. November 1938), in der sie geschändet wurde, sei das Gebäude von der Gemeinde für 2500 Reichsmark aufgekauft, zum Kinderheim umgebaut und der NS-Volkswohlfahrt zur Verfügung gestellt worden. 1939 sei ein Kindergarten eingezogen, nach dem Krieg die Pfarrbücherei und im Jahr 2000 sei das Gebäude an einen Privatmann verkauft worden.
Der Friedhof (vor zwei Jahren von der Gemeinde Mehring im Rahmen der Erschließung des Neubaugebietes
'Zellerberg' saniert) habe damals nach kultischem Reinheitsgebot, wonach die Wohnungen der Toten und die der Lebenden voneinander zu trennen sind,
außerhalb des Ortes gelegen. Weil es keine Grabsteine und keine Grabinschriften mehr gebe, künde leider nichts mehr von den Toten, die hier auf dem 403 Quadratmeter großen Friedhof bestattet wurden.
Hermann Erschens berichtet von einem selbstverständlichen Miteinander von Juden und Nichtjuden. Man besuchte sich bei Familienfeiern, spielte gemeinsam Fußball und sang gemeinsam im Verein.
'Aber es gab auch die andere Seite', sagt Erschens. 'Es gab Vorurteile, vor allem religiös geprägte, wie der Vorwurf, die Juden trügen Schuld am Tode
Jesu.' Unverständnis bei religiösen Vorschriften, abergläubische Vorstellungen und Konflikte durch Viehhandel und Geldverleih hätten immer wieder für Zündstoff gesorgt.
Als die Nazis am 1. April 1933 zum Boykott jüdischer Geschäfte aufgerufen hätten, seien auch in Mehring SA-Posten durch den Ort gezogen. Wer sich für die Juden einsetzte,
riskierte, alles zu verlieren, wie die Anzeige gegen den Mehringer Fischereimeister Julius Bayer und dessen Sohn Karl zeigt. Weil er das befreundete Ehepaar Isaak zur Hochzeit nach Trier gefahren hatte, wurde er auf Beschluss der Kreisleitung all seiner Ämter enthoben. Auch andere Übergriffe und Schikanen künden von dunklen Stunden. Etwa die Hälfte der Mehringer Juden, so der Historiker, konnte rechtzeitig emigrieren, die andere Hälfte wurde Opfer des Holocaust."
Link
zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Robert Reichard / Thomas Heidenblut:
Synagogen im Landkreis Trier-Saarburg. Trier 2000. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 265 (mit weiteren Literaturangaben).
|
| Willi Körtels: Die jüdische Schule in der Region
Trier. Hrsg. Förderverein Synagoge Könen e.V. 2011. Online
zugänglich (pdf-Datei). |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Mehring. A
Jewish community developed in the first half of the 19th century, growing from
two families in 1808 to 33 Jews in 1843 and 57 (total 1.606) in 1885. The
community maintained a synagogue and a cemetery. The Jewish population then
dropped to 36 in 1900 and 30 in 1932. All left before the Kristallnacht
disturbances (9-10 November 1938). At least one Jew perished in the Majdanek
concentration camp The Nazis destroyed the synagogue and desecrated the
cemetery.
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