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Niedermendig mit
Obermendig (Gemeinde
Mendig, Kreis Mayen-Koblenz)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Niedermendig (mit Obermendig) bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück. Um 1760 werden erstmals Juden am Ort genannt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: in Niedermendig 1808 25 jüdische Einwohner, 1858 42, 1895 54; in
Obermendig 1808 18, 1858 34, 1895 5.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule,
ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war - vermutlich zeitweise im 19.
Jahrhundert - ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Ansonsten kamen auswärtige
Lehrer zum Unterricht der Kinder in die Gemeinde.
Um 1924, als in Niedermendig 44 jüdische Einwohner gezählt wurden (in
Obermendig keiner mehr), waren die Gemeindevorsteher Simon May und Moses Eggener.
Damals erhielten drei jüdische Kinder der Gemeinde ihren Religionsunterricht im
Gymnasium in Mayen. 1932 waren die
Gemeindevorsteher Moritz May (1. Vors.) und Julius Lukas (2. Vors.). Als Lehrer
kam Albert Levy aus Mayen regelmäßig nach Niedermendig. Er hatte im Schuljahr
1931/32 vier Kinder in Niedermendig in Religion zu unterrichten (Günther Lukas,
Hella Meyer, Alice Meyer, Edith Falk - von Ihnen hat nur Günther Lukas die
NS-Zeit überlebt).
1933 lebten noch 40 jüdische Personen in Niedermendig. In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Beim Novemberpogrom
1938 wurde die Synagoge zerstört (siehe unten). Die letzten sieben
jüdischen Einwohner wurden von Niedermendig aus deportiert und sind
umgekommen.
Von den in Mending geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Hedwig Bier geb. May
(1895), Melanie Brünell geb. Mayer (1907), Ernst Daniel (1901), Moses Eggener
(1873), Edith Falk (1924), Klara Falk geb. Lukas (), Julius Falk (), Rosa Fischer geb. Schäfer (1876), Gertrud (Gertruda) Freimark geb. May
(1902), Josef Jacobsohn (1876), Karoline Jacobsohn geb. Baum (1885), Paula
Jalowiece geb. Mayer (1909), Julie Kahn geb. May (1850), Carola Levi geb.
Eggener (1903), Julianne Löwenstein geb. May (1869), Alfred Lukas (1891), Bettina
Lukas geb. May
(1863), Berta May (1887), Klara May geb. Jacobsohn (1871),
Siegmund May (1858), Bertha Mayer geb. Geismar (1882), Ida Mayer (1903), Leo Mayer (1904), Martin
Mayer (1877), Simon Mayer (1888), Alice Meyer (), Hella Meyer (1922), Karl Schäfer (1881),
Sally Schäfer (1874), Irma J. Winter geb. May
(1908).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
In jüdischen Periodika des 19./20.
Jahrhunderts wurden noch keine Berichte zur jüdischen Geschichte in
Mendig gefunden. |
Dokumente
Die aus
Niedermendig stammende
Carola Levi geb. Eggener und
ihre Familie
(erhalten von Lin Herz) |
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Simon Levi (Sohn von
Mathilde und Leopold Levi, geb. 1888 in Markt
Berolzheim; war als
Kaufmann in Nürnberg tätig) zusammen mit seiner Frau Carola
geb. Eggener (geb. 1903 in
Niedermendig) und den Kindern Mira (geb. 1933 in
Nürnberg) und Lothar (geb. 1929 in Nürnberg).
Alle vier wurden am 29. November 1941 ab Nürnberg nach Riga Jungfernhof,
Außenlager Ghetto Riga
deportiert. Alle vier sind umgekommen. |
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Auf dem Weg in
die Deportation (Juli 1942)
(Quelle: Stadtarchiv Mendig; erhalten über Franz G. Bell) |
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Die letzten
jüdischen Einwohner aus Niedermendig und Kottenheim (Sophie Kahn) auf dem
Bahnhof in Mendig, von links: Moses Eggener, Juliane Löwenstein geb. May,
Sophie Kahn und Ehepaar Simon Mayer; alle fünf wurden über Trier - Köln
am 27. Juli 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert und sind
umgekommen (bzw. in Vernichtungslagern ermordet) |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war ein Betraum
vorhanden. 1864 sollte gemeinsam für die in den Orten Kottenheim,
Thür,
Niedermendig und Obermendig lebenden jüdischen Familien eine Synagoge gebaut
werden. Man konnte sich jedoch auf keinen Standort einigen. Schließlich einigte
man sich - allerdings erst 20 Jahre später darauf - zwei Synagogen zu bauen:
eine in Thür für
die Orte Kottenheim und Thür und eine in Niedermendig für die hier und
in Obermendig lebenden jüdischen Personen. Nach Plänen des in Niedermendig ansässigen
Architekten Peter Schmitz wurde die Synagoge unterhalb der katholischen
Pfarrkirche erbaut und am 20. August 1886 feierlich eingeweiht.
Die Synagoge war regionaltypisch als Bruchsteinbau aus Basalt und Tuffstein
erstellt. Der Rundbogenstil (Fenster, Bogenfelder) gab dem Gebäude sein
charakteristisches Aussehen.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge völlig zerstört.
Auf dem Grundstück befindet sich heute eine kleine Parkanlage mit einem
Gedenkstein für die Synagoge (siehe Fotos unten).
Adresse/Standort der Synagoge: Wollstraße
4
Fotos
(Quelle: obere Zeile und zweite Fotozeile aus Landesamt
s.Lit. S. 269 bzw. Sammlung Hahn [linke Version der Postkartenaufnahme]; neuere
Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 26.08.2009)
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Historische Ansichtskarte von
Niedermendig (zwei Versionen derselben Aufnahme)
aus der Zeit nach 1918 mit der
katholischen Kirche und der Synagoge |
Eingangsfassade der Synagoge
(Rekonstruktionszeichnung von
Kerstin Kranz, Mendig) |
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Bogenfeld mit
Portalinschrift |
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Die
Portalinschrift wurde von Nachbarn nach der Zerstörung der Synagoge
aufbewahrt.
Die hebräische Inschrift besteht aus den Bibelzitaten:
"...denn mein Haus soll ein Bethaus
genannt werden für alle
Völker" (Jesaja 56,7) und: "Ich aber, durch die Größe deiner
Huld
komme in dein Haus..." (Psalm 5,8) |
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Synagogenstandort
und Denkmal im August 2009 |
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Blick auf den
Synagogenstandort
(rechts an der Wollstraße) |
Dieselbe Perspektive wie auf
dem historischen Foto oben |
Der Gedenkstein |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
November 2008:
70 Jahre Zerstörung der Synagoge - Gedenken vor Ort |
Zu
Gedenkstunde und Ökumenischem Gottesdienst hatten eingeladen:
Die Kirchen in Mendig, die Verbandsgemeinde Mendig, die Stadt Mendig und
die OG Thür. |
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Mai 2014: In
Mendig werden "Stolpersteine" verlegt |
Aus einem Artikel von Patrick Grosse in der
"Rhein-Zeitung" vom 27. Januar 2014: "'Stolpersteine' sollen in Mendig an Opfer erinnern.
Mendig - Auf Beschluss des Stadtrats im April vergangenen Jahres sollen in ganz Mendig
'Stolpersteine' des Kölner Künstlers Gunter Demnig verlegt werden...
Am 12. Mai wird der Künstler Gunter Demnig nach Mendig kommen, um an sieben Standorten insgesamt 15 Steine zu verlegen...
Um diese Standorte herauszufinden, bildete sich im Stadtrat ein Arbeitskreis, der sich der Sache
annahm... Betroffen ist zum Beispiel die Hospitalstraße. Dort lebte die Familie Mayer. Martin Mayer kam im Jahr 1877 in Niedermendig zur Welt. Er war Jude und musste die Konfrontation mit den Nationalsozialisten befürchten. 1939 flüchtete Mayer daher nach Holland zu seiner Tochter Bella. 1943 starb der dann 66-Jährige im Vernichtungslager
Sobibor. Er gehört zur engeren Auswahl der ersten Steinverlegung. Der Familienname May hat eine ebenso große Häufung in der zusammengestellten Liste. Familie May ist in der Kirchstraße zu lokalisieren. Bertha May war jüdischen Ursprungs und wurde 1887 in Mendig geboren. Am Ende ihres Lebens musste die Frau mit einer Behinderung leben, weshalb sie im Pflegeheim Bendorf-Sayn untergebracht war. Auch sie wurde Opfer des NS-Regimes. Sie starb im März 1942 in
Izbica in Polen. Auch Bertha May könnte im Mai ein Stolperstein gewidmet werden. Weitere betroffene Straßen sind der Kirchberg, die Bachstraße mit der Familie Löwenstein und die Thürer Straße, wo die Familie Lukas lebte.
Insgesamt 14 Gebäude konnte der Arbeitskreis bisher ausfindig machen. Darüber hinaus will man mit einem Stein vor dem Pfarrheim an das Schicksal von Pfarrer Bechtel und Kaplan Schlicker erinnern. Beide widersetzten sich bis zuletzt den NS-Ideologien..."
Link
zum Artikel |
Artikel in der Rhein-Zeitung vom 14. Mai
2014: "Stolpersteine in Mendig erinnern an die Opfer der Nazis
Mendig - Auf dem Gehweg der Heidenstockstraße erinnert nun eine beschriftete Messingplatte an das Schicksal von Martin Mayer. Der Mendiger floh 1939 vor den Nationalsozialisten nach Holland. Vier Jahre später wurde er nach Polen deportiert..."
Link
zum Artikel |
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November 2023:
Die Stolpersteine werden durch
Schüler gereinigt |
Artikel in "Blick-aktuell" vom November
2023: "Schüler der Realschule plus und Fachoberschule Mendig polieren die
Stolpersteine in Niedermendig. Gegen das Vergessen!
Mendig. 85 Jahre nach der Reichspogromnacht, in der am 09. November
1938 deutschlandweit Synagogen niedergebrannt, Geschäfte zerschlagen,
jüdische Menschen gedemütigt, misshandelt, verschleppt und ermordet wurden,
liegt die Verantwortung, Jugendlichen die Menschenverachtung des
Terrorregimes der Nationalsozialisten vor Augen zu führen und sie vor den
aktuellen antisemitischen Strömungen zu schützen, auch in der schulischen
Bildung.
Das gelingt durch Aufklärung über Unrecht, Hass und Zerstörung, die die
Schule seit Jahren auch mit der Putzaktion der Stolpersteine in Niedermendig
leistet. Die Putzpatenschaft, welche die Schulgemeinschaft im Jahr 2014
übernommen hat, bietet jungen Menschen die Möglichkeit, Geschichte vor der
Haustür zu erleben und eindringlich zu erfahren, wozu Ausgrenzung,
Anfeindung und Rassismus im schlimmsten Fall führen können. Zu Recht darf
die Schule stolz darauf sein, dass jedes Jahr Schülerinnen und Schüler
freiwillig das mühsame Putzen der Messingtafeln bei Wind und Wetter
durchführen. Schließlich sollen zum 9. November die Stolpersteine wieder
glänzen und die Namen der Mendiger Opfer erneut gut lesbar sein, um ein
Zeichen gegen das Vergessen zu setzen. Ein besonderer Dank geht an den
Bürgermeister der Stadt Mendig, Hans Peter Ammel, für seine persönliche
Begleitung der Aktion. Er sprach den Jugendlichen im Namen der Stadt Mendig
seine Anerkennung aus und fügte dem Dank einen McDonald’s Gutschein für die
fleißigen Saubermädchen und -jungen bei. Selbstverständlich wurde diese
Wertschätzung für den freiwilligen Einsatz nicht erwartet, aber mit großer
Freude entgegengenommen. Weiter dankt die Schule dem Blumenhaus Geilen, dass
es auch in diesem Jahr wieder Blumen gespendet hat, mit denen die Steine
anlässlich des Gedenkens an die Reichspogromnacht zusätzlich geschmückt
werden konnten."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Quellen/Dokumente
Hinweis auf Dokumente der
Kreisverwaltung Ahrweiler von 1987. Am 27. Juli 1987 gab die Kreisverwaltung
Ahrweiler dem Internationalen Suchdienst in Arolsen Auskünfte über das
Schicksal der jüdischen Opfer der NS-Zeit. Die Dokumente sind eingestellt (pdf-Dateien).
Es empfiehlt sich, diese Angaben zu vergleichen mit den gegebenenfalls
aktuelleren Angaben in den
Listen des
Bundesarchives Berlin.
|
-
Schreiben der
Kreisverwaltung mit Nennung von drei Personen aus Sinzig, je einer Person
aus Heimersheim und Remagen sowie zwei Personen aus Dernau, über deren
weiteres Schicksal der Kreisverwaltung keine schriftlichen Informationen
vorlagen; weiteres Schreiben betreffs dem früheren Schüler am Gymnasium
in Ahrweiler Erich Hertz (Anmerkung: die genannten Personen werden außer
den beiden Personen aus Dernau im Gedenkbuch des Bundesarchives genannt).
- Anlage von
Anfang 1942: "Aufstellung über die noch hier karteimäßig genannten Juden im
Kreise Ahrweiler". Genannt werden 160 Personen (mit Geburtsdatum,
Geburtsort und derzeitiger Adresse), die damals in Adenau, Ahrweiler, Bad
Neuenahr, Dernau, Gelsdorf, Heimersheim, Königsfeld, Niederbreisig,
Niedermendig, Niederzissen, Nierendorf, Oberzissen, Remagen, Sinzig
wohnten.
- Eine vom Kreisarchiv Ahrweiler
1987
zusammengestellte Liste "Opfer des Holocaust" mit Nennung von
Personen aus Adenau, Ahrweiler, Bodendorf, Brohl, Burgbrohl, Dedenbach,
Dernau, Galenberg (sc. falsch für Hallenberg), Gelsdorf, Heimersheim,
Kempenich, Königsfeld, Löhndorf, Neuenahr, Niederbreisig, Niederzissen,
Oberzissen, Oberbreisig, Oberwinter, Remagen, Sinzig, Wehr, Westum (Namen
jeweils aufgeteilt auf Geburtsort und Wohnort). Zusätzlich eine Liste über
die auf dem jüdischen Friedhof in Niederzissen genannten "Opfer des
Holocaust", |
Literatur:
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 268-269 (mit weiteren Literaturangaben).
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Niedermendig, Rhineland. Jews
are first mentioned in 1760. In the early 19th century, they numbered 25 and in
the late 19th century, 54. A synagogue was consecrated in 1886 and a cemetery
was opened in 1889-90, also serving the Jews of Obermendig. The Jewish
population grew to 60-70 in the first decade of the 20th century and then
dropped to 44 (total 3.352) in 1925 and 38 in 1933. Three Jews left for other
places in Germany before the Kristallnacht disturbances (9-10 November
1938) and 19 emigrated from Germany in their wake, five to Holland and the rest
to North and South Amerikca. The seven remaining Jews were deported to the camps
and at least ten perished in the Holocaust. The synagogue was destroyed on Kristallnacht
(9-10 November 1938).
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