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Wetteraukreis"
Staden mit
Stammheim (Stadt
Florstadt, Wetteraukreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(erstellt unter Mitarbeit von Jürgen
Reuß,
Stadtarchivbeauftragter der Stadt Florstadt und Mitglied des Arbeitskreises
Ortsgeschichte Florstadt;
Hinweis: Jürgen Reuß sucht Kontakte zu Nachfahren
jüdischer Familien aus Staden und weitere Informationen zur jüdischen
Geschichte ebd.:
Kontakt über juergen.reuss@wsk.de /
Telefon: 0-6181-9540513)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Staden bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit Anfang des 18.
Jahrhunderts zurück. Namentlich werden um 1755/56 die Schutzjuden Hirsch
und Schmuel genannt. Damals war bereits ein Vorsänger namens Abraham Markus,
der zweite Mann von Jud Wolf Witwe am Ort.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1828 108 jüdische Einwohner, 1861 71 (17,2 % von insgesamt
1861), 1871 87, 1880 63 (15,9 % von 396), 1900 56 (14,2 % von 393), 1910 36 (9,6
% von 376). Auch die im benachbarten Stammheim
lebenden jüdischen Einwohner gehörten zur Gemeinde in Staden (1830 25, 1905 23
Personen). Die jüdischen Familien lebten vom Handel mit Vieh, Pferde und
Landesprodukten; seit dem 19. Jahrhunderten gehörten ihnen mehrere Läden und
Geschäfte am Ort.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule,
ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war zeitweise (Ende des 19. Jahrhunderts gemeinsam mit Nieder-Mockstadt) ein jüdischer
Lehrer angestellt, der auch als Vorbeter
tätig war. Um 1860 war ein Lehrer Brandeis in der Gemeinde (genannt in
einem Bericht
über eine Lehrerkonferenz in Gießen 1860). Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts gehörte die Gemeinde zum
liberalen Provinzialrabbinat Oberhessen in Gießen.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Max Fuld.
Um 1924, als noch 23 jüdische Einwohner gezählt wurden (4,9 % von
insgesamt 425 Einwohnern), war Vorsteher der Gemeinde M. Hessenberger I.
Weiterhin gehörten auch die in Stammheim
lebenden jüdischen Personen (1925 12 in 3 Familien) zur Gemeinde in Staden. In
beiden Orten gab es damals zusammen fünf schulpflichtige jüdische Kinder, die
den Religionsunterricht durch Lehrer Markus aus Assenheim erteilt bekamen. 1932
waren die Gemeindevorsteher Sally Becke (Stammheim, 1. Vorsitzender), Hermann Stern
(Staden, 2. Vorsitzender) und Leopold Kahn (Stammheim, 3. Vorsitzender). In
Stammheim lebten 1932 neun jüdische Personen. Ende 1932 gab es am Ort noch drei
jüdische Viehhändler, einen Pferdehändler, zwei Fruchthändler; in jüdischem
Besitz waren ein Manufakturwarengeschäft, ein Lebensmittelgeschäft und eine
Bäckerei mit Lebensmittelgeschäft.
1933 lebten noch 21 jüdische Personen in Staden. In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert (sechs in die USA, zwei nach
Palästina); drei Personen verstarben noch in Staden; fünf Personen wurden von
Frankfurt am Main aus deportiert. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die
Inneneinrichtung der Synagoge demoliert (s.u.). Im September 1942 wurde
Therese Sommer geb. Münz aus Nieder-Mockstadt nach Theresienstadt deportiert; aus Stammheim wurden die letzten beiden
jüdischen Einwohner (Leopold Kahn und seine Frau Anna Kahn geb. Adler) im September 1942
gleichfalls nach Theresienstadt
deportiert.
Von den in Staden geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Hilde Adler geb.
Grünebaum (1869), Sabina Blum geb. Stern (1877), Kloti Frank geb. Hessenberger
(1895), Alfred Fuld (1894), Lieselotte Fuld (1923), Ruth Fuld (1928), Lilly
(Lina) Glück geb. Fuld (1891), Berta Herz geb. Hessenberger (1891), Bernhard
Hessenberger (1875), Dora (Rosa) Löwenberg geb. Hessenberger (1893), Bertha
Ochs geb. Hessenberger (1891), Johanna Schönfeld geb. Hessenberger (1883),
Samuel Stern (1860), Cäcilie Zuntz geb. Hessenberger (1887).
Von den in Stammheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Anna Kahn geb. Adler
(1880), Benno Kahn (1902), Leopold Kahn (1874), Ida Löb geb. Becker (1912),
Karl Schwarz (1905), Max Schwarz (1898), Recha Schwarz (1903), Jettchen
Schönfeld geb. Stern (1864), Leopold Stern (1862).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1892
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. August 1893: "Die
vereinigten Gemeinden Nieder-Mockstadt und
Staden in Hessen suchen einen
geprüften Lehrer und Vorsänger. Gehalt 600-700 Mark nebst freier
Wohnung. Einkommen für Schächten ca. 200 Mark. Schriftliche Offerten an
den Vorstand in Nieder-Mockstadt (Wetterau)." |
Aktivitäten von Lehrer Brandeis aus Staden auf der 3.
Konferenz israelitischer Lehrer Rheinhessens (1859)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 4. Juli 1859: "Aus Rheinhessen, Juni (1859). Am 12.
dieses Monats, Pfingstsonntag, wurde in Schornsheim
bei Wörrstadt die 3. Konferenz israelitischer Lehrer Rheinhessens
abgehalten. Sie war von 10 Lehrern besucht. Viele bewährte Mitglieder
waren durch das schlimme Wetter, das die Wege fast ungangbar machte,
abgehalten. Ein Abgeordneter der (oberhessischen) Büdinger Konferenz -
Herr Lehrer Brandeis aus Staden - leitete die Aufmerksamkeit
der Versammlung auf die seinerzeit veröffentlichten Beschlüsse der
Offenbacher Versammlung, und beantragte das Zusammenwirken beider
Konferenzen, um deren Ausführung zu erstreben. Die Versammlung
beauftragte in Folge dessen Herrn Lehrer Stettenheimer aus Oppenheim,
sich mit einem Mitgliede der Büdinger Konferenz persönlich nach
Darmstadt zu begeben, um das Tunlichste zu erwirken. Außerdem besprach
die Versammlung das Thema 'über den Unterricht im
Pentateuch-Übersetzen', das durch ein interessantes Referat des Herrn
Lehrer Gottschall aus Schornsheim
eingeleitet wurde. Die betreffenden Verhandlungen werden in der nächsten
Konferenz, welche zu Oppenheim am Rhein wahrscheinlich
am 2. Halbfeiertag von Sukkot (= Sonntag, 16. Oktober 1859)
stattfinden wird, fortgesetzt werden, und werden wir seinerzeit hierüber
Bericht erstatten.
Dankend müssen wir erwähnten, dass von dem Herrn Rabbiner Leopold Stein
in Frankfurt am Main und von Herrn Dr. S. Formstecher, Rabbiner in Offenbach,
sowie von mehreren andern geehrten Herren wertvolle Bücher als Geschenke
für unsere Bibliothek durch den Bibliothekar des Vereins Klingenstein von
Odernheim uns zugekommen. Die
Versammlung beauftragte ihr Büro, den freundlichen Gebern ihren Dank in
geeigneter Weise auszusprechen." |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war vermutlich ein Betsaal oder eine ältere
Synagoge vorhanden. Um 1862 wurde eine neue Synagoge an der Hofgasse -
von der Straße etwas zurückliegend - erbaut. Beim Gebäude handelt es sich um
ein zweigeschossiges Fachwerkgebäude mit einem steilen Satteldach traufseitig
zum Verlauf der Straße. Zum Inventar
gehörten drei Torarollen.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die
Inneneinrichtung der Synagoge durch SA-Leute demoliert. Auf Grund der engen Bebauung
im Bereich der Hofgasse wurde das Gebäude nicht in Brand gesetzt. Es kam in
Privatbesitz und wurde zu einem Lager umgebaut. Durch den Umbau eines großen
Tores und Veränderung der Fenster wurde das Gebäude im Blick auf seine
Vergangenheit unkenntlich gemacht. Im Fachwerk sind jedoch noch Spuren der
Rundbogenfenster erkennbar. 1992 erfolgte ein Besitzerwechsel.
Derzeit (2013) hat der Arbeitskreis "Jüdisches Leben in Florstadt"
das Ziel, eine Rekonstruktionszeichnung der Synagoge zu erstellen (siehe
Pressebericht unten). Es werden Fotos und Zeitzeugenberichte gesucht, um dies zu
erreichen.
Adresse/Standort der Synagoge: Hofgasse 1
Fotos / Plan:
Lageplan des ehemaligen
Synagogengebäudes an der Hofgasse
(Quelle: Landesamt für Denkmalpflege
in Hessen
s.u. Links) |
siehe über den
Link zum
Landesamt für Denkmalpflege |
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Das ehemalige
Synagogengebäude
(Quelle: Stadtarchiv Florstadt) |
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Letzte Erinnerung
von außen: die Reste eines hohen Rundbogenfensters |
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Mai 2013:
Forschungen zur Baugeschichte des Synagogengebäudes |
Artikel im "Kreis-Anzeiger" vom
29. Mai 2013: "Florstadt. Ehrgeiziges Projekt des
Arbeitskreises.
Staden. Synagoge. Rekonstruktionszeichnung soll angefertigt werden /
Historische Fotos gesucht / Gebäude wird als Garage
genutzt..."
Link
zum Artikel - auch eingestellt
als pdf-Datei |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 293. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 194-195. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 156. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 319. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 311-312. |
| Susanne Gerschlauer: Synagogen. In: Kirchen und
Synagogen in den Dörfern der Wetterau. Reihe Wetterauer Geschichtsblätter.
Beiträge zur Geschichte und Landeskunde Band 53. Im Auftrag des Friedberger
Geschichtsvereins hrsg. von Michael Keller. Friedberg 2004 S.
289-326. |
| dies.: Katalog der Synagogen. In: ebd. S.
555-580. |
|
Hedi Strauss / Johanna Voss: Mein immergrünes Dorf. Vom
Schicksal der Juden aus Stammheim in der Wetterau. Gemeinde Florstadt 2004.
124 S. 59 Abb. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Staden
Hesse. Established around 1700, the Jewish community numbered 87 (about 22 % of
the total) in 1828 but dwindled to 22 in 1933. Its synagogue was vandalized on
Kristallnacht (9-10 November 1938), and all the remaining Jews left before
Worldwar II.
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