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"Synagogen im Kreis Limburg-Weilburg"
Weyer (Gemeinde
Villmar, Kreis Limburg-Weilburg)
mit Oberbrechen (Gemeinde Brechen), Münster (Gemeinde Selters) und Wolfenhausen
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Hinweis: es gab auch in Weyer (VG Loreley) im Rhein-Lahn-Kreis
eine jüdische Gemeinde.
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Weyer bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/40. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück. Zur jüdischen Gemeinde Weyer gehörten auch die in Oberbrechen, Wolfenhausen
und Münster (Selters) lebenden jüdischen Familien. Die Familien in Münster
kamen jedoch erst 1903 zur Gemeinde Weyer, da dort bis zu diesem Jahr noch eine
selbständige jüdische Gemeinde bestand.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt:
in Weyer 1829 8 jüdische Familien mit 45 bis 50 Personen, darunter neun
schulpflichtige Kinder, 1841 14 Familien, 1843 44 jüdische Einwohner, 1871 33
(3,4 % von 972 Einwohnern), 1885 18 (2,0 % von 909), 1895 27 (3,2 % von 853),
1905 24 (3,0 % von 767), um 1912 6 Familien.
in Oberbrechen 1843 9 jüdische Einwohner, um 1912 7 Familien.
in Wolfenhausen 1841 4 Familien, 1843 29 jüdische Einwohner.
in Münster (bis 1903 selbständig) 1841 10
Familien, 1843 50 jüdische Einwohner, 1854 6 Familien, 1885 3 Familien ohne
Kinder, 1912 2 Familien.
Die jüdischen Familienvorsteher betrieben vor allem Viehhandel, einige Textil-
und Lebensmittelhandel. Seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts eröffneten
mehrere von ihnen Geschäfte/Läden in den einzelnen
Orten.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge in Weyer (s.u.), eine jüdische
Schule, ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer angestellt,
der auch als Vorbeter und Schochet tätig war. In der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts hatten die jüdischen Gemeinden in Weyer und in Münster gemeinsam
einen Lehrer, u.a. Salomon Rothschild ca. 1839 bis 1846 (siehe Bericht
unten). Um 1868 vereinigten sich die jüdischen Gemeinden von Villmar,
Weyer, Münster und Runkel zu einem Religionslehrerverband. Um 1914 hatte die
Gemeinde Weyer insgesamt acht Schüler: zwei aus Weyer, vier aus Oberbrechen und je ein
Schüler aus Münster und Wolfenhausen. Inzwischen wurde der Unterricht durch
auswärtige Lehrer besorgt, damals durch Lehrer Siegmund Bravmann aus Weilburg. Die jüdische Gemeinde gehörte
zum Rabbinatsbezirk Weilburg beziehungsweise nach dessen Auflösung zur Rabbinat
(Bad) Ems-Weilburg.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Hermann Blumenthal
und Adolf Stern.
Um 1924, als zur Gemeinde 52 Personen gehörten (21 in Weyer [2,8 % von 742
Einwohnern], 22 in Oberbrechen, 3 in Münster und 6 in Wolfenhausen), waren die
Vorsteher der Gemeinde H.E. Blumenthal, Siegfried Stern und M. Blumenthal. Zum
Unterricht der jüdischen Kinder der Gemeinde kam um 1924/25 weiterhin der
bereits genannte Lehrer Siegmund Bravmann aus Weilburg nach Weyer. 1932
wurde der Unterricht durch Lehrer Julius Isaak aus Limburg
erteilt. 1932 waren die Gemeindevorsteher Emil Simon, Siegfried Stern und
S. Lichtenstein.
1933 gehörten noch etwa 40 Personen zur jüdischen Gemeinde. In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Beim Novemberpogrom 1938
wurde die Synagoge verwüstet (s.u.), gleichfalls die Wohnungen von zwei
jüdischen Familien. Täter waren eine größere Gruppe von Mitgliedern der
Hitlerjugend und des Bundes Deutscher Mädel aus Weyer, angeführt von
Niederselterser SA-Leuten. 1939 ist der letzte Gemeindevorsteher, ein
Herr Altmann aus Oberbrechen in die USA emigriert. Im Februar 1940 lebten
noch in Münster: Julius Lichtenstein und Frau (Viehhändler), Moritz und
Karoline Heß (ebenfalls Viehhändler); in Weyer: Jettchen Blumenthal geb.
Nachmann (1856) sowie Janchen Nachmann (1862) und Paula Blumenthal (1897).
Von den in Weyer geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Jettchen Blumenthal geb.
Nachmann (1856), Therese Frank geb. Blumenthal (1865), Johanna Goldschmidt geb.
Blumenthal (1891), Paula Israel geb. Blumenthal (1897), Rosa Löwenstein geb.
Blumenthal (1868), Rosa Reinheimer geb. Blumenthal (1894), Irma Salm geb. Hirsch
(1896), Hermann Walter Schönberg (1922), Rosa Schwarzschild geb. Hirsch
(1888).
Aus Oberbrechen sind umgekommen: Manfred Blumenthal (1923), Richard
Blumenthal (1902), Alfred Stern (1884), Joseph Stern (1881), Julius Stern
(1877), Max Stern (1900), Moses Stern (1872), Siegfried Stern
(1879).
Aus Wolfenhausen sind umgekommen: August Fuld (1882), Bernhard Fuld
(1873), Herman Fuld (1870), Josef Fuld (1866), Leo (Leon) Fuld (1903), Isidor
Grünebaum (1882), Jenny Straus geb. Steinberger
(1869).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Auszeichnung für Religionslehrer Salomon Rothschild (1892, ca. 1839 bis 1846
Lehrer in Münster und Weyer)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. April 1892: "In Rüdesheim
wurde dem israelitischen Religionslehrer Salomon Rothschild, der beinahe
51 Jahre, wovon allein nahezu 46 Jahre in Rüdesheim, vorher in Münster
und Weier bei Runkel, seines Amtes gewissenhaft waltete, von dem Königlichen
Landrat Herrn Wagner das Königliche Preußische Allgemeine Ehrenzeichen
mit der Zahl 50 für Verdienste um den Staat überreicht." |
Zu einzelnen
Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zum Tod des aus Weyer stammenden Bettchen Hirsch geb.
Tobias (gest. 1934 in Flörsheim am Main)
Anmerkung: da Bettchen Hirsch geb. Tobias "in ihrer Heimat in
Weyer" beigesetzt wurde, ist vermutlich dieses Weyer gemeint, da in Weyer
(heute VG Loreley) kein jüdischer Friedhof vorhanden ist. Sehr auffallend ist,
dass noch im November 1934 die Kirchenglocken zur jüdischen Beisetzung
geläutet wurden.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. November 1934:
"Flörsheim, 18.
November (1934). Die beiden ältesten Frauen unserer kleinen Kehilloh
wurden abberufen. Frau Bettchen Hirsch geb. Tobias im 70.
Lebensjahre. Sie wurde in ihrer Heimat in Weyer zur letzten Ruhe
gebettet. Am Grabe entwarf Rabbiner Dr. Laupheimer, Bad Ems, ein
Lebensbild der Verstorbenen. Sie war eine gute Mutter, die im Leben viel
Leid ertragen musste, aber sich in innigem Gottvertrauen immer wieder
aufrichtete. Sie war eine gute hilfsbereite Frau und half jedem, soweit es
in ihren Kräften stand. Ein Zeichen ihrer Beliebtheit war, dass die
Kirchenglocken läuteten, als sich der Leichenzug in Bewegung
setzte...
Ihre Seelen seien eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zur Geschichte der Synagoge
Der
Gottesdienst
in Weyer wurde lange in einem jüdischen Privathaus abgehalten. 1833 erfährt
man, dass seit über 100 Jahren im Haus des Elias Moses Gottesdienste abgehalten
wurden. Bei diesem Gebäude handelte es sich um ein zweigeschossiges Wohnhaus,
Die Gemeinde bemühte sich um 1837 um den Neubau einer Synagoge, doch wurde dies
behördlicherseits nicht genehmigt.
1875 konnte das Gebäude des Elias Moses zu einer Synagoge umgebaut
werden. Nach dem Umbau gab es 38 Plätze für die Männer, 24 für die Frauen.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die
Synagoge durch eine größere Gruppe von Mitgliedern der Hitlerjugend und des
Bundes Deutscher Mädel aus Weyer, angeführt von Niederselterser SA-Leuten verwüstet
(Angaben im Heimatgeschichtlichen Wegweiser s.Lit.). Nach Altaras 2007 S. 233
"blieb das Gebäude, bereits in christlichem Besitz, verschont". 1944
wurde die ehemalige Synagoge zu einer Schmiede umgebaut. Um 1975 fand ein
weiterer Umbau statt, bei dem eine Zwischendecke eingezogen wurde. Um 1984 wurde
das Dach verändert (Beseitigung der Krüppelwalmen) und ein neuer Außenputz
angebracht.
1990 wurde eine Hinweistafel am Gebäude angebracht, die an die
ehemalige Synagoge erinnert .
Adresse/Standort der Synagoge: Untergasse
8
Fotos
(Quelle: obere drei Zeilen: Altaras s. Lit. 2007 S.
28.233).
Zeichnung des
Synagogengebäudes
(nach dem Umbau von 1875) |
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Das Gebäude mit der
Ostseite
zur Untergasse |
Die nördliche Traufseite mit
dem angebauten
Eingang für die Frauen zur Empore |
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Grundrisse des
Synagogengebäudes |
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Grundriss des
Erdgeschosses |
Grundriss des Obergeschosses
mit der Frauenempore |
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Das Gebäude der
ehemaligen Synagoge 1983 |
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Blick von der
Untergasse |
Reste der Bemalung an der
östlichen
Innenwand (über dem früheren Toraschrein) |
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Das Gebäude der ehemaligen
Synagoge
im Sommer 2009
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 23.8.2009) |
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Das Gebäude der ehemaligen
Synagoge |
Die Hinweistafel |
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Februar 2020:
In Weyer werden "Stolpersteine
verlegt"
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Artikel
von Christiane Müller-Lang in Mittelhessen.de vom 23. Januar 2020:
"Stolpersteine erinnern in Weyer an die Opfer der NS-Zeit
Anfang Februar werden im Marktflecken Villmar die ersten Stolpersteine für
die Opfer des Nationalsozialismus verlegt.
VILLMAR-WEYER - Hermann Walter Schönberg aus Weyer stirbt mit 19 Jahren im
Konzentrations- und Vernichtungslager in Lublin-Majdanek im deutsch
besetzten Polen. Für ihn wird am Montag, 3. Februar, in dem Villmarer
Ortsteil ein Stolperstein verlegt. Insgesamt sollen in der Gemeinde Villmar
rund 50 Gedenksteine des Künstlers Gunter Demnig an die Opfer des
Nationalsozialismus erinnern. 'Hermännchen' wird das einzige Kind von Albert
'Abbes' und Karoline "Lina" Schönberg genannt. Der inzwischen verstorbene
Weyerer Otto Heyl beschreibt ihn in bisher nicht veröffentlichten
Aufzeichnungen als "sehr zart und feinfühlig". Von seinem Großvater Moses
sei er "etwas übereilt aufs Geschäftsleben vorbereitet worden". Kaum, dass
der Junge flügge gewesen sei, habe er schon begonnen, mit "Zickenfellen" zu
handeln. Hermann Walter Schönberg wird 1939 zwangsweise in das Ghettohaus im
Röderbergweg 87 in Frankfurt "umgesiedelt", von dort in das KZ
Lublin-Majdanek deportiert und dort am 23. Juni 1942 ermordet. Das ergeben
die Recherchen des Villmarer Arbeitskreises Stolpersteine, der sich auf
Initiative der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) Villmar gegründet
hat, und der Schüler des Wahlpflichtkurses "Erinnerungskultur" der
Johann-Christian-Senckenbergschule in Runkel.
Mit Stolpersteinen soll auch an die Eltern und die Großmutter von Hermann
Walter Schönberg In der Brühlstraße 7 am früheren Wohnhaus der Familie
erinnert werden. Vater Albert Schönberg wird nach den Recherchen am 10./11.
November 1938 nach Limburg gebracht. Am 6. Dezember 1938 wird er ins KZ
Buchenwald deportiert, fünf Tage später wieder entlassen. An den Folgen der
Haft stirbt er am 18. Dezember 1938 mit 53 Jahren. Als Todesursache wird
"Herzschlag" angegeben. Er wird in Weyer ohne Grabstein beigesetzt. Mutter
Karoline "Lina" Schönberg geborene Blumenthal heiratet ihren Mann Albert am
18. November 1921 in Weyer. Die Recherchen ergeben, dass sie sich vermutlich
bei der Pflege ihres kranken Mannes ansteckt und im Alter von 51 Jahren
stirbt. Als Todesdatum wird der 29. Dezember 1938 angegeben, als
Todesursache "Herzmuskelschwäche". Wie ihr Mann wird auch sie ohne Grabstein
in Weyer beigesetzt.
VERLEGUNG DER ERSTEN STOLPERSTEINE & GEDENKKONZERT. Die ersten
Stolpersteine im Marktflecken Villmar zur Erinnerung der Opfer und
Verfolgten in der NS-Zeit werden am Montag, 3. Februar, von dem Künstler
Gunter Demnig persönlich verlegt. Beginn ist mit fünf Gedenksteinen um 15
Uhr in Villmar in der Grabenstraße 3, danach geht es weiter in die
Peter-Paul-Straße 44. Ab 16 Uhr werden weitere Steine in Weyer in der
Laubusstraße 14 und in der Brühlstraße 7 verlegt. Im Vorfeld findet am
Sonntag, 2. Februar, um 17 Uhr ein Gedenkkonzert in der Kirche St. Peter und
Paul in Villmar statt. Zu Gast sind die "Shalom Singers" aus Frankfurt.
Weitere Mitwirkende sind Chöre aus Villmar und Weyer sowie Michael Loos
(Orgel) und David Mc Donald (Cello). Der Eintritt zum Konzert ist frei, um
eine Spende wird aber gebeten.
Todesursache: 'Altersschwäche'. Einen Stolperstein bekommt auch ihre
Mutter Betha 'Bettchen' Blumenthal. Sie wird - so die Recherchen -
zwangsweise nach Frankfurt in das 'Altersheim' (Ghettohaus) in der Niedenau
25 umgesiedelt. Die 'Flucht in den Tod' tritt sie am 5. April 1939 an - mit
82 Jahren. Als Todesursache wird 'Altersschwäche' angegeben. Sechs weitere
Gedenksteine werden in der Laubusstraße 14 verlegt, am 'Oberstherzehaus',
dem Wohnhaus von 'Herze Mine', ihrer Tochter Ida und deren Ehemann Emil
Simon sowie deren Kinder Hertha und Jakob. 'Die Frauen betrieben mit viel
Geschick ein Lebensmittelgeschäft, während sich Emil erfolgreich im
Viehhandel betätigte', steht in den Aufzeichnungen von Otto Heyl. Emil sei
von 'stattlichem Aussehen' gewesen und habe 'geschmeidige Umgangsformen'
besessen. 'Man sah ihm an, dass er einmal ein flotter Reiter war', ist
weiter zu lesen. Mina Saalberg wird 77 Jahre alt. Wie die Recherchen
ergeben, zieht sie am 5. Februar 1939 zusammen mit ihrer Schwester Therese
Frank aus Villmar in das jüdische Altersheim in der Wöhlerstraße 6 in
Frankfurt. Sie wird im Rothschild`schen Hospital im Röderbergweg 97 in
Frankfurt am 2. Oktober 1940 ermordet. Die Todesursache wird mit
'Zuckerharnruhr' (Diabetes) angegeben.
1110 Quadratmeter großer Totenacker. Sie bekommt ebenso einen
Stolperstein wie fünf weitere Familienmitglieder, die Anfang 1938 nach
Brasilien flüchten konnten. Dabei handelt es sich um ihre Tochter Ida Simon
geborene Saalberg und ihren Mann Emil Simon, der von 1932 bis 1938 Vorsteher
der Weyerer Kultusgemeinde ist. Im Ersten Weltkrieg kämpft Emil Simon in
Frankreich und Russland und bekommt das Eiserne Kreuz erster und zweiter
Klasse verliehen. Die Ehrenzeichen reißen die Nazis ihm von der Brust, bevor
er 1938 auswandert. Erinnert wird auch an die Tochter Herta Irene, deren
Mann Julius Heymann und Sohn Heinz, der mit gerade einmal vier Jahren die
Heimat verlassen muss. 'Als noch sichtbares Zeichen der früheren jüdischen
Gemeinde liegt noch heute der jüdische Friedhof über dem Dorf', erklärt
Volker Bayer von den Natur- und Heimatfreunden Weyer. Auf dem 1110
Quadratmeter großen Totenacker befänden sich heute noch 58 Grabsteine. 'Die
letzte erkennbare Belegung fand 1938 statt, das älteste Grab ist das von
Ester Riwka von 1841', sagt Bayer.
Torawimpel tauchen in den 90er Jahren auf. Die Wurzeln der jüdischen
Gemeinde in Weyer liegen vermutlich Anfang des 18. Jahrhunderts, ergänzt
Bernold Feuerstein vom Arbeitskreis Stolpersteine. Eine ansässige jüdische
Familie werde erstmals 1747 erwähnt. Neben dem Viehhandel hätten sich die
Weyrer Juden ihren Lebensunterhalt im Handel mit Dingen des alltäglichen
Bedarfs verdient. 'Gottesdienstliche Treffen fanden zunächst in einem
Privathaus statt', erzählt Bayer weiter. Der Bau einer Synagoge in den
1830er Jahren hätte sich zerschlagen, sodass man sich mit dem Um- und Ausbau
der bereits genutzten Räume in der Untergasse begnügt hätte. 'Der Betraum
hatte knapp 40 Plätze für Männer und etwa 25 für Frauen', sagt der
Heimathistoriker. Das Synagogengebäude sei 1938 in privaten Besitz
übergegangen und habe die Pogromnacht im November 1938 weitestgehend
überstanden. Seit 1944 habe das Gebäude als Schmiede gedient. Seit 1990
erinnert eine Gedenktafel an die ehemalige Synagoge. In den 90ern sind mehr
als 20 Torawimpel aus dem 18. und 19. Jahrhundert aufgetaucht. Dabei handelt
es sich um bestickte und verzierte Stoffbahnen, mit denen die Schriftstücke
für die Lesung der Tora, der Heiligen Schrift der Juden, umwickelt waren.
Sie waren unter einer Treppe im früheren Synagogengebäude versteckt. 'Bei
den Torawimpeln handelt es sich um ein äußerst bedeutsames Kulturgut aus dem
Leben einer jüdischen Landgemeinde in Hesse"
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 381-383. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 99-100. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 85. |
| dies.: überarbeitete Neuauflage der beiden genannten
Bücher. 2007 S.28. 232-234. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S. 129.140-141. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 456-457 (mit weiteren
Literaturangaben). |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Weyer (I) (now
part of Villmar) Hesse-Nassau. Established around 1750, the community numbered
44 in 1843 and opened a synagogue in 1875. Affiliated with the rabbinate of Bad
Ems, its 48 members included 30 from Muenster, Oberbrechen and Wolfenhausen in
1933. They disposed of the synagogue and most left the area before 1940; the
last seven Jews were deported to the east in 1941.
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