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Zirndorf (Kreis
Fürth)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Zirndorf bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938.
Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16. Jahrhunderts zurück. Erstmals
werden 1551 Juden am Ort genannt. 1558 nahm Markgraf Georg Friedrich den Juden
Jacob in seinen Schutz auf und gab ihm die Wahl, sich in Obernbreit oder in Zirndorf
niederzulassen.
1714 wurden 29 jüdische Familien am Ort gezählt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1809/10 105 jüdische Einwohner (7,2 % von insgesamt 1.458
Einwohnern),
1837 100 (5,9 % von 1.690), 1867 82 (4,1 % von 1.984), 1871 65 (3,1 % von
2.100), 1880 54 (2,2 % von 2.462), 1890 86 (2,6 % von 3.308), 1900 95 (2,1 % von
4.536), 1910 68 (1,2 % von 5.618).
Die jüdischen Familien lebten zunächst fast ausschließlich vom Handel mit
Vieh, Textilien und anderen Waren. Im 19. Jahrhundert eröffneten sie einige
angesehene Gewerbebetriebe und Geschäfte in der Stadt.
An Einrichtungen der jüdischen Gemeinde waren vorhanden: eine Synagoge
(s.u.) mit Schulräumen und der Lehrerwohnung sowie eine Mikwe. Die Toten der
jüdischen Gemeinde wurden in Fürth beigesetzt. Die jüdische Gemeinde gehörte
zum Rabbinatsbezirk in Fürth. Zur Besorgung religiöser
Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Bei anstehenden Neubesetzungen war
die Stelle immer wieder auszuschreiben (siehe Ausschreibungstexte unten).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde
Vizefeldwebel Herbert Julius Lax (geb. 29.6.1887 in Iphofen, gef. 15.9.1916), Vizefeldwebel Justin Meinstein
(geb. 16.7.1890 in Zirndorf, gef. 23.3.1918) und Soldat
Siegfried Meinstein (geb. 10.3.1892 in Zirndorf, gef. 7.9.1914). Ein Kriegerdenkmal mit den Namen der drei jüdischen
Soldaten ist in Zorndorf nicht vorhanden. An das Sterben der drei Soldaten
erinnert jedoch ein Denkmal, das an dem Gebäude der ehemaligen Synagoge
angebracht ist (siehe unten).
Um 1925, als 71 Personen der jüdischen Gemeinde angehörten, waren die
Vorsteher der Gemeinde: Ferdinand Meinstein, Louis Meinstein, Julius Meinstein
und Siegfried Weinstein, B. Lüneburger. Als Lehrer, Kantor und Schochet war
(seit 1921) Jakob Gönninger tätig. Er unterrichtete an der Religionsschule der Gemeinde
zwei Kinder. Der Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen (vier Kinder)
wurde durch Lehrer Bernhard Gutmann aus Fürth erteilt. 1932 war erster
Vorsitzender der Gemeinde B. Lüneburger (Fürther Str. 10), 2. Vorsitzender H.
Gutmann (Markplatz 3); Vorsteher der Repräsentanz waren Julius Meinstein,
Ferdinand Meinstein und Siegfried Weinstein. Als Lehrer war weiterhin Jakob
Gönninger tätig. Er wohnte im Synagogengebäude und unterrichtete im Schuljahr
1932/33 sieben Kinder. An jüdischen Vereinen war insbesondere ein
Israelitischer Frauenverein tätig (Ziel: Wohlfahrtspflege, Unterstützung
Bedürftiger, Bestattungswesen; Vorsitzende 1932 Betty Kraus).
Bereits zur Zeit der Weimarer Republik verschlechterte sich die wirtschaftliche
und gesellschaftliche Position der Juden in der Stadt infolge der
judenfeindlichen Haltung eines großen Teiles der Bürger. 1933 lebten noch 64 jüdische Personen in Zirndorf. Auf Grund der zunehmenden
Repressalien und der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts verzogen viele von
Ihnen in den folgenden fünf Jahren in andere Städte, insbesondere nach Fürth
und Nürnberg oder wanderten aus (17 in die USA, drei nach Frankreich, zwei nach
Palästina, zwei nach Kolumbien). Im November 1938 lebten noch 26 Juden in
Zirndorf. Vier flüchteten am Pogromtag im November 1938 nach Nürnberg. Am 11.
November wurden die jüdischen Einwohner mit einem Lastwagen aus Zirndorf
hinausbefördert und ihrem Schicksal überlassen. Als sie nach Zirndorf
zurückgekehrt waren, wurden sie von der Stadtverwaltung unter Drohungen
aufgefordert, schnellstens den Ort zu verlassen. Die letzten verließen am 24.
Dezember 1939 Zirndorf.
Von den in Zirndorf geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", bei der Lehrerfamilie Gönninger s.u. Fürth):
Luise Asch geb. Kraus (1869), Karoline Cahn (1871), (Lehrer)
Jakob Gönninger (1891) und Frau Lina Gönninger geb. Veilchenblau (1894) sowie
die Töchter Adele Gönninger (1927), Elisabeth Gönninger (1924) und Susanne
Gönninger (1930), Babette Hahn (1923), Henriette Heynemann geb. Hess (1879),
Hannelore (Hannchen) Jochsberger geb. Meinstein (1882), Adolf Kraus (1870),
Ferdinand Kraus (1863), Louise Kraus (1889), Ferdinand Meinstein (1878), Heinrich
Meinstein (1859), Heinrich Hermann Meinstein (1882),
Rosa Meinstein geb. Rieser (1884), Ricka Michelsohn geb. Meinstein (1881), Käthe
(Kathi) Neustädter geb. Meinstein (1888), Bella Possenheimer geb. Löwenstein
(1885), Johanna (Hannchen) Schweizer geb. Meinstein (1879), Isidor Sturm (1863),
Berta Weil geb. Kraus (1869), Hertha Weinstein geb. Abel (1919), Josef Weinstein
(1893), Lina
Weinstein geb. Liebenstein (1898), Siegfried Weinstein (1885).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1877 /
1885 / 1920
Eine
erste Ausschreibung ist aus dem Jahr 1877 erhalten, veröffentlicht
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. April 1877: "In
der hiesigen israelitischen Gemeinde ist die Stelle eines
Religionslehrers, Vorsängers und Schächters vakant und soll wieder mit
einem fixen Gehalt von 514 Mark nebst freier Wohnung, 36 Mark für
Beheizung und beiläufig 514 für Schächten und sonstige Emolumente
demnächst besetzt werden. Bewerbungen nebst Abschrift von Zeugnissen sind
zu richten an den Kultusvorstand Bernhard Kraus, Zorndorf bei Fürth
(Bayern), 1. April 1877". |
Auf diese Ausschreibung hin wird sich Lehrer
Heß beworben haben. Er war bis Juli 1884 in der jüdischen Gemeinde
angestellt. Er starb durch ein schlimmes Unglück am 14. Juli 1884,
worüber in einem Artikel aus der Zeitschrift "Der Israelit" am
17. Juli 1884 berichtet wurde: |
"Zirndorf (bei Fürth), 14. Juli.
Heute Vormittag entlud sich über unserem Orte ein äußerst heftiges
Gewitter. Unter starkem Donner folgte Schlag auf Schlag. Als der Lehrer
der israelitischen Schule wegen des Unwetters die Fenster schließen
wollte, trat ihn ein Blitzschlag und tötete ihn sofort. Herr Heß ein von
allen Konfessionen geachteter und bei allen Einwohnern beliebter Beamter, hinterlässt
eine tief unglückliche Witwe mit sieben unmündigen Kindern. Hilfreiche
Hände fänden hier ein Feld zur Betätigung echter Nächstenliebe. Herr
Bürgermeister Hofmann in Zirndorf würde gewiss die Güte haben, weitere
Auskunft zu geben." |
Im Sommer 1885 war die Stelle des Religionslehrers neu zu
besetzen, vielleicht war seit dem Tod des Lehrers Heß die Stelle
zunächst vakant geblieben. Zur Ausschreibung erschien am 9. Juli 1885 eine Anzeige in der "Allgemeinen
Zeitung des Judentums": |
"In der hiesigen israelitischen Gemeinde ist
die Stelle eine Religionslehrers, Vorsängers und Schächters vakant und soll
wieder mit einem fixen Gehalt von 514 Markt nebst freier Wohnung, 36 Mark für
Beheizung und beiläufig 514 Mark für Schächten und sonstige Emolumente
demnächst besetzt werden. Bewerbungen nebst Abschrift von Zeugnissen sind zu
richten an den Kultusvorstand Jacob Weinstein. Zirndorf bei Fürth
(Bayern)." |
Auf die Ausschreibung hin bewarb sich
erfolgreich Michel Kahn.
1911 suchte die jüdische Gemeinde einen
Aushilfsvorbeter zu Jom Kippur (Großer Versöhnungstag) mit einer Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. August 1911: |
"Wir
suchen für kommenden Jaumkipur einen Aushilfs-Vorbeter der Schachriß und
Mincho (Morgen- und Mittagsgebet) zu übernehmen hat. Bewerber wollen sich
mit Angabe ihrer Ansprüche an Unterzeichnete wenden. Israelitische
Kultus-Gemeinde Zirndorf (Mittelfranken)." |
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Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. Dezember 1920:
"Die Stelle eines Religionslehrers, Chason und Schochets ist in der
hiesigen israelitischen Gemeinde per sofort, respektive baldmöglichst zu
besetzen. Offerten unter Angabe der Gehaltsanspruche und Beifügung von
Zeugnisabschriften sind an den unterzeichneten Vorstand zu richten.
Zirndorf bei Nürnberg. Der israelitische Kultusvorstand Ferdinand
Kraus." |
Auf diese Ausschreibung bewarb sich
erfolgreich Lehrer Jakob Gönninger |
Anzeige von Lehrer Michel Kahn (1903)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. August 1903:
"Ein Schulkind nimmt gegen sehr mäßiges Honorar in
Pension. Näheres bei Lehrer
M. Kahn in Zirndorf (Mittelfranken) zu
erfahren." |
25-jähriges Ortsjubiläum von Lehrer Michel Kahn (1910)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 4.
November 1910: "Zirndorf bei Fürth. Lehrer Michael Kahn kann am 5.
November auf eine 25jährige Tätigkeit als Kantor, Schächter und Lehrer
unserer Gemeinde zurückblicken". |
Lehrer Jakob Gönninger kommt aus Ermreuth nach Zirndorf
(1921)
Anmerkung: Im Abschnitt ist der Name falsch als
"Gröninger" geschrieben.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. April 1921: "Ermreuth
bei Nürnberg, 7. April (1921). Am 27. März feierten wir den 70.
Geburtstag unseres allverehrten Kultusvorstandes Jakob Schönberger.
Derselbe amtiert seit 40 Jahren, nebenbei als Baal Tokea (Schofarbläser),
Baal Tefila (Vorbeter) und Baal Kore (Toraleser), mit bestem Erfolge in
unserer Gemeinde und hat sich allzeit ernstlich bemüht, für das Wohl und
Gedeihen der Gemeinde zu sorgen. Als Ausdruck unserer großen Dankesschuld
überreichte Herr Lehrer Gröninger ein sinnreiches Geschenk und entbot
dabei den Gruß der Gemeinde. Herr Schönberger dankte tief bewegt und
versprach, seine Dienste noch ferner seiner Gemeinde zu
widmen.
Mehr als je benötigen wir jetzt dieselben, denn am 4. dieses Monats
übersiedelte unser allgeehrter Lehrer J. Gönninger nach seinem neuen
Wirkungskreise Zirndorf. Er hat auch außerhalb der Kultusgemeinde
für Schule, Synagoge, Gemeinde, sowie auch als Sekretär das
Bestmöglichste geleistet. Unsere besten Wünsche begleiten ihn in seinem
neuen Wirkungskreis." |
Allgemeiner
Beitrag - "Jakob Wassermann - Die Juden von Zirndorf"
Der Beitrag erschien in der Zeitschrift Menorah 1923/1924 .
Der Beitrag des Schriftstellers Jakob Wassermann: Die Juden von Zirndorf wurde
1897 verfasst. Mit dem Roman setzte setzte Jakob Wassermann (1873-1934) der
Gemeinde ein literarisches Denkmal. Erschien im. S. Fischer Verlag Berlin-Wien.
Online
zugänglich. .
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Artikel
in der Zeitschrift "Mesusa" 1923 Heft 5 |
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Artikel
in der Zeitschrift "Mesusa" 1923 Heft 6 |
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Artikel
in der Zeitschrift "Mesusa" 1924 Heft 1 |
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Artikel
in der Zeitschrift "Mesusa" 1924 Heft 2 |
Artikel
in der Zeitschrift "Mesusa" 1924 Heft 3 |
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Artikel
in der Zeitschrift "Mesusa" 1924 Heft 3 |
Artikel
in der Zeitschrift "Mesusa" 1924 Heft 4 |
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Zur Geschichte der Synagoge
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Oktober 1842:
"Nürnberg. Die Synagoge zu Zirndorf, wie sie jetzt steht, wurde vor
75 Jahren erbaut, es soll aber schön früher ein älteres Gebäude
daselbst gestanden haben. In dieser Synagoge befindet sich eine Tora,
welche 152 Jahre alt ist." |
Anfang
des 20. Jahrhunderts stand eine umfassende Renovierung an. Die Gemeinde
sammelte Gelder für die Durchführung der Maßnahmen. 1908 erhielt sie
auch von den in Zirndorf geborenen Gebrüdern Schwabacher eine große Spende von
10.000 Mark, worüber in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" am 4.
September 1908 berichtet wurde:
"Die Gebrüder Schwabacher, die sich in
Amerika ein großes Vermögen erworben haben, haben ihre Vaterstadt Fürth
besucht und bei dieser Gelegenheit der dortigen israelitischen Kultusgemeinde
10.000 Mark überwiesen; gleicherweise haben sie in ihrem Geburtsort Zirndorf
der israelitischen Kultusgemeinde die Summe von 10.000 Mark zur Renovierung der
Synagoge übergeben."
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Vermutlich wurde die Renovierung vor dem Ersten
Weltkrieg nicht mehr durchgeführt; die Inflationszeit dürfte die angesparten
Mittel vernichtet haben. Gegen Ende der 1920er-Jahren war die umfassende
Renovierung des Gebäudes jedoch immer gebotener. 1929 konnte sie durchgeführt
und die Synagoge am 29. September 1929 durch Rabbiner Dr. Behrens aus
Fürth wieder eingeweiht werden. Die Bayerische Israelitische Gemeindezeitung
berichtete in ihrer Ausgabe vom 15. Oktober 1929:
Zirndorf,
Sonntag, der 29. September (1929), war für unsere Gemeinde ein Tag von
festlicher Bedeutung. Nach wochenlangen Restaurierungsarbeiten unter der
künstlerischen Leitung des Herrn Architekten Stamm aus Nürnberg wurde unser
Gotteshaus mit einem feierlichen Weihegottesdienste seiner Bestimmung wieder
übergeben. Nach einleitendem Chorgesang begrüßte der zweite Vorstand unserer
Gemeinde, Herr Gutmann, die Gäste aufs herzlichste.
Die Gesänge des Synagogenchores Fürth, der in liebenswürdigster Weise sich
bereit erklärte bei unserm Feste mitzuwirken, sowie die Weihepredigt unseres
Herrn Rabbiners Dr. Behrens (Fürth), gaben dem Gottesdienstes seine besondere
Note, und so war es eine Feier, die auf alle Anwesenden tiefen Eindruck
machte.
Anknüpfend an die beiden Schriftverse, welche die Wände der Synagoge
schmücken, 'Wisse, vor wem du stehst' und 'Wie ehrfurchtgebietend ist
dieser Ort, dies ist nichts anderes als ein Gotteshaus und hier ist die
Pforte des Himmels', zeichnete Herr Dr. Behrens seinen andächtigen Zuhörern
ein Bild von dem Wesen und der Bedeutung des Gotteshauses und des Gebetes, und
ließ seinen Zuhörern die tiefen Zusammenhänge erkennen, die seit urdenklichen
Zeiten im Judentum zwischen Gotteshaus und Gebet bestehen.
Durch ihre Anwesenheit beehrten unsere Einweihungsfeier: Der Abgeordnete des
Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden, Herr Rat Katzenberger
(Nürnberg), welcher im Namen des Verbandes seiner Freude Ausdruck verlieh, dass
unsere Synagoge in solch würdiger Form wiedererstanden sei und gleichzeitig die
Glückwünsche des Verbandes überbrachte. Der 1. Bürgermeister unserer Stadt,
Herr Dr. Beer, sowie Herr Stadtpfarrer Dörfler von der katholischen Gemeinde
waren ebenfalls erschienen. Das evangelische Stadtpfarramt hatte in einem
herzlich gehaltenen Schreiben sein Bedauern ausgesprochen, nicht durch einen
persönlichen Vertreter anwesend sein zu können, nachdem die hier amtierenden
Geistlichen an diesem Tage dienstlich schon in Anspruch genommen waren.
Sowohl die Ansprache des Bürgermeisters der Stadt als auch des katholischen
Stadtpfarrers waren von einer sympathischen Wärme für das Judentum als im
besonderen für die jüdische Gemeinde Zirndorf getragen, und fanden um so
freudigeren Widerhall in den Herzen der jüdischen Gemeindemitglieder, nachdem
aus diesem Reden der Geist der Persönlichkeit, des gegenseitigen Verstehens und
der gegenseitigen Achtung sprachen.
Die Synagoge selbst weist eine wundervoll abgetönte Farbenstimmung auf, sowohl
in der Bemalung der Wände und insbesondere der Decke; Silbergrau in Verbindung
mit einem zarten Rot und Blau verleiht dem Hause trotz aller Einfachheit einen
würdigen stimmungsvollen Charakter. Als einzige Ausschmückung der Wände
dienen die in Blau gehaltenen Embleme, welche an der Ostwand Bundeslade und Bundestafeln,
an den übrigen Wänden den Sabbat und die Festtage des Jahres
symbolisieren.
Dank der großzügigen Unterstützung des Verbandes Bayerischer Israelitischer
Gemeinden, dank der Opferwilligkeit der hiesigen Gemeinde und ihrer rührigen
Vorstandschaft, die in unermüdlicher Weise wirkte und schafft, bis das kleinste
Detail vollendet war, nicht zuletzt aber auch dank der Gebefreudigkeit des erst
jung gegründeten Frauenvereins ist unsere Synagoge in neuer Schönheit
erstanden, den späteren Geschlechtern zur Nacheiferung dienend, ihnen zeigend,
dass auch unser Geschlecht es verstanden hat, das überkommene und übernommene
Erbe der Väter hochzuhalten.
So möge unser Gotteshaus auch uns und unseren Kindern eine Stätte der Andacht,
der Belehrung und des Trostes sein, wie es bei unseren Vätern war."
|
In der Synagoge wurden wertvolle Ritualien aufbewahrt, unter anderem eine
Torarolle aus dem Jahr 1757.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge
einschließlich der wertvollen Ritualien vollständig vernichtet. Nur das
Memorbuch der Gemeinde (geführt seit dem Jahr 1600) blieb erhalten und kam
später in den Besitz des Hebrew Union College in
Cincinatti/USA. Das Gebäude
kam in den Besitz der Stadt Zirndorf. Es wurde in der Folgezeit als
Sanitätswache des Bayerischen Roten Kreuzes zweckentfremdet. Schließlich
wurden Klassen der Realschule in ihm untergebracht.
In den 1980er-Jahren
gab es Überlegungen, die ehemalige Synagoge in ein Heimatmuseum umzubauen, in
dem auch an die jüdische Geschichte von Zirndorf erinnert werden könnte. Auf
Grund finanzieller Überlegungen nahm die Stadt Zirndorf von diesen Plänen
Abschied und ließ die ehemalige Synagoge 1997 zu einem Wohnhaus umbauen.
Am Gebäude der ehemaligen Synagoge findet sich die Gedenkinschrift:
"Zum ewigen Gedenken an alle im ersten Weltkrieg Gefallenen und während
des NS-Regimes ums Leben gekommenen jüdischen Mitbürger der Stadt
Zirndorf."
Artikel
von Alexandra Voigt in der Nürnberger Zeitung vom 24. März 1997: "Frühere
Zirndorfer Synagoge wird vom Wohnhaus umgebaut. Das Ende besiegelt. Gemischte
Gefühle bei jüdischen Überlebenden - Erinnerung wach.
Zirndorf - An jenem unheilvollen 9. November 1938 wurden sie geschändet
und zerstört: Synagogen in Deutschland. Viele sind bis heute verwaist, manches
jüdische Gotteshaus dient als Garage oder Werkstatt. Die Zirndorfer Synagoge
wird derzeit zum Wohnhaus für gut Betuchte umgebaut, die laut Stadtverwaltung
'exklusive Ausstattung' und 'zentrale Lage' schätzen.
'Das tut weh', sagen Juden aus der Bibertstadt, die die Nazi-Gräuel überlebten
und anderswo ein neues Leben angefangen haben wie Robert Weinstein. Auch nach
sechs Jahrzehnten ist in ihm noch das Bild der Zirndorfer Synagoge lebendig.
Hier hat er, der heute in Israel wohnt, als 13jähriger Bar Mizwa gefeiert, das
Fest, bei dem Jugendliche in die Gemeinde eingeführt werden. Vergessen hat der
Zirndorfer auch den Mann nicht, der am Sabbat als Vorbeter fungierte, weil die
Juden in der Bibertstadt keinen eigenen Rabbiner hatten. Der Vorbeter und seine
Familie wurden - wie Weinsteins Eltern - in den Konzentrationslagern von den
Nationalsozialisten umgebracht. Weinstein selbst war rechtzeitig nach Palästina
geflüchtet. So hatte er auch die Pogromnacht nicht miterlebt, in der das
jüdische Gotteshaus verwüstet wurde.
Die Vernunft sagt Weinstein, dass die eigentliche Bestimmung der Synagoge
verloren gegangen ist. Denn nach dem Krieg hat sich in Zirndorf kein jüdisches
Gemeindeleben mehr etabliert. Die Juden waren entweder ermordet worden, im Krieg
umgekommen oder wie er ins Ausland geflohen. Doch vom Gefühl her tut er sich
schwer mit der Vorstellung, dass die Synagoge nun für alle Zeiten entfremdet
wird. Nach seinem Glauben ist der Ort, an dem einmal ein jüdisches Gotteshaus
stand, für immer geweiht und unantastbar.
Laut Professor Meier Schwarz aus Israel ist das Zirndorfer Beispiel typisch
dafür, wie man seit dem Krieg mit den nicht völlig zerstörten Synagogen
umgeht. Der gebürtige Nürnberger arbeitet seit acht Jahren an einem Gedenkbuch,
das alle jüdischen Gotteshäuser in Deutschland dokumentiert. Erst vor kurzem
hat er mit einem Mann gesprochen, der in einer früheren Synagoge zur Miete
wohnt. schwarz: 'Er hat das nicht einmal gewusst. Und als ich es ihm sagte,
schien er sich nicht viel daraus zu machen. Wäre es eine Kirche gewesen, hätte
er wohl anders gedacht.'
Sogar zu Garagen umfunktioniert. Synagogen werden heute als
Feuerwehrstützpunkte oder Werkstatt verwendet. In Thalmässing diente die
Synagoge bis zu ihrem Abriss als Schulturnhalle. 'Es gibt sogar welche, die zur
Garage umfunktioniert wurden. Das hat mich erschüttert', sagt Schwarz. Wie
können die verwaisten Gotteshäuser mit Leben gefüllt werden, ohne dass sie
ihre Würde verlieren? Am besten gefällt Schwarz, wenn sie zu Gedenkstätten
werden. Auch einen Kulturtreff findet er durchaus passend. Tatsächlich hatte
auch die Zirndorfer Stadtverwaltung mehrere Anläufe unternommen, in der
Synagoge ein Museum einzurichten, das auch jüdischen Themen gewidmet sein
sollte. Dies scheiterte jedoch an den hohen Restaurierungsauflagen. Während
sich die Diskussionen noch hinzogen, kamen in Fürth Pläne für ein jüdisches
Museum auf. Die Zirndorfer mussten ihr Projekt aufgeben. Später entschloss man
sich, die ehemalige Synagoge zum Wohnhaus umzubauen. Plötzlich nahmen die
Denkmalpfleger hin, dass der Dachstuhl nicht originalgetreu rekonstruiert wird.
Bedenken wegen der Umwandlung hatte weder die Zirndorfer Bauabteilung noch das
Landratsamt.
Der Umbau biete die Chance, das leerstehende Haus zu erhalten und sinnvoll zu
nutzen, hieß es. Eine Tafel solle aber an den ursprünglichen Charakter als
Synagoge erinnern. Für die Heimatforscherin Gisela Blume, selbst Zirndorferin,
die sich seit Jahren intensiv mit der Geschichte der Juden in der Region
beschäftigt, bleibt ein schaler Nachgeschmack: 'Mit der Synagoge geht ein
weiteres Stück jüdischer Kultur verloren'."
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Adresse/Standort der Synagoge: Kleinstraße 2
Fotos
(obere Fotozeile: Jürgen Hanke, Kronach; untere Zeilen: Hahn,
Aufnahmedatum 9.7.2007)
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Die ehemalige
Synagoge |
Gedenktafeln
an der ehemaligen Synagoge |
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Das Gebäude
der ehemaligen Synagoge im Juli 2007 |
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Die
ehemalige Synagoge - unterschiedliche Ansichten |
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Eingang
mit Spur einer früheren Mesusa (rechts) |
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Die
Gedenktafeln |
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
November 2017:
Rundgang zum Gedenken an die Reichspogromnacht 1938
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Artikel von Peter Budig in der
"Fürther Zeitung" vom 19. November 2017: "Zirndorf gibt den Opfern einen Namen.
Museum bot Rundgang zum Gedenken an die Reichspogromnacht 1938-
ZIRNDORF - Die Opfer der Reichspogromnacht am 9. November 1938 haben in Zirndorf kein Grab und keine Ruhestätte. In der von den Nazis organisierten Gewaltnacht gegen jüdische Bürger wurden vor allem Wohnungen, Geschäfte und Synagogen zerstört und verwüstet. Die Menschen wurden meist wenig später deportiert und in Lager gebracht. Beim Zirndorfer Gedenken 2017 wurden ihre Namen verlesen, etliche Bürger begleiteten den Marsch.
Ein Schwarz-Weiß-Bild, aufgenommen kurz nach jener Nacht, aus dem Zirndorfer Stadtarchiv zeigt eine Gruppe von SS- und SA-Angehörigen. Lässige Typen stehen mit stolzer Körperhaltung vor dem Haus der jüdischen Synagoge, der Schule, der Wohnung des Rabbis in der heutigen Kleinstraße 2. Sie sind schließlich "Helden des Reiches". Ein weiteres Foto zeigt die verwüstete Wohnung des Rabbis.
Aber natürlich lag der Fall anders: Diese Männer haben sich von den Nazi-Schergen, allen voran Propagandaminister Joseph Goebbels, gerne aufwiegeln lassen, mit Gewalt gegen jüdische Mitbürger vorzugehen. Diese Nacht wird allgemein als der Auftakt der systematischen Judenverfolgung in Deutschland bezeichnet.
Christine Gottschalk vom Zirndorfer Stadtmuseum und Stadtführerin Elke Eder haben eingeladen. Es ist ein düsterer Abend, der November zeigt sich von der kalt-feuchten Seite. Es ist trotzdem eine große Gruppe Zirndorfer gekommen, um sich einem Rundgang anzuschließen, der zu den Häusern und Arbeitsstätten führt, wo damals Juden zu Schaden kamen.
"Jeder Mensch hat einen Namen" lautet das Motto dieses Gedenkspaziergangs. An den historischen Orten der Plünderung, Zerstörung, Vertreibung der Menschen jüdischen Glaubens aus ihren Wohnungen wird 79 Jahre nach den Taten den Opfern ein Name gegeben, ihnen zu Ehren ein Psalm verlesen. Zum Beispiel für Siegfried, Josef und Hertha Weinstein aus der Badstraße 18. Sie wurden 1938 aus ihrer Mietwohnung vertrieben. Ihre Spur verliert sich wenige Jahre später in Riga.
Andere wurden nach Theresienstadt deportiert oder in Auschwitz ermordet. Sie starben in Arbeitslagern, verhungerten, wurden bei Vergasungen in Autos auf dem Weg zum vorbereiteten Massengrab umgebracht. Nur von den wenigsten weiß man das Datum.
Ende des Miteinanders. Man kennt diese Gräuel: Deutschland wird international anerkannt, wegen seiner "Erinnerungskultur". Doch die Stimmen jener, die genug haben vom Gedenken, sind nicht mehr zu überhören. Denen widerspricht Museumsleiterin Christine Gottschalk entschieden: "Es gibt Menschen, die wollen mit der Vergangenheit abschließen. Neuerdings sitzen etliche im Bundestag unter dem Namen der AfD. Wir aber müssen gedenken, damit klar ist, dass niemals mehr ein Mensch wegen seines Glaubens in diesem Land diskriminiert oder verfolgt werden darf." Unter den Begleitern dieses Gedenk- und Mahnspaziergangs gibt es dazu keine zwei Meinungen.
Die Reichspogromnacht markiert auch das Ende eines friedlichen Miteinanders, das in Zirndorf viele Jahrhunderte ohne großes Aufhebens existierte. Bereits im 16. und 17 Jahrhundert haben sich etliche jüdische Familien hier angesiedelt. Als 1685 der Markgraf Johann Friedrich den ansässigen Juden gestattete, eine Synagoge zu errichten, wurden es schnell mehr. Der Bevölkerungsanteil der Juden in Zirndorf war hoch, um die zwölf Prozent. Es kamen viele, die aus Nürnberg vertrieben wurden – vor allem Viehhändler, Handwerker, einfache Menschen, die hier zu Zirndorfern wurden.
Als die Nazis die Herrschaft ergriffen, machten sie sofort ernst, mit der systematischen Hetze gegen die Juden. Doch erst nach den olympischen Spielen 1936 ergriffen sie die Ermordung des NSDAP-Legationssekretärs Ernst Eduard vom Rath in Paris durch den 17-jährigen Juden Herschel Grynszpan als Gelegenheit, um loszuschlagen.
Systematisch wurde in allen Massenmedien gegen die Juden gehetzt und zur Vergeltung aufgerufen. Allerdings wurden viele der Schandtaten vom November 1938 nicht von Bürgern, sondern von SA-Einheiten unternommen, wie Elke Eder betont. Doch von diesem Tag an begann die systematische Gefangennahme und Ermordung der Juden.
Diesen Menschen einen Namen zu geben, war das Anliegen der jetzigen Novembernacht. Der Rundgang endete vor dem Haus in der Kleinstraße 2, damals Synagoge, heute Privatbesitz. Insgesamt wurden 22 Namen, die bekannt sind, verlesen, längst nicht alle Zirndorfer, für die in jener Nacht der Schrecken ohne Ende begann.
"
Link
zum Artikel bei nordbayern.de |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Jakob Wassermann: Die Juden von Zirndorf (Roman von
1918). S. Fischer Verlag Berlin-Wien. Online
zugänglich Mit diesem 1897 verfassten Roman setzte der
Schriftsteller Jakob Wassermann (1873-1934) der Gemeinde ein literarisches
Denkmal. |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 244-245. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 190. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 354-356.
|
| "Mehr als
Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band II:
Mittelfranken.
Erarbeitet von Barbara Eberhardt, Cornelia Berger-Dittscheid,
Hans-Christof Haas und Angela Hager, unter Mitarbeit von
Frank Purrmann und Axel Töllner. Hg.
von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz.
Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und
herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3:
Bayern, Teilband 2: Mittelfranken. Lindenberg im Allgäu 2010.
Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im
Allgäu.
ISBN 978-3-89870-448-9. Abschnitt zu Zirndorf S. 771-785. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Zirndorf Middle Franconia. An
organized community existed in the late 16th century, concentrated in a Jewish
quarter. The synagogue was rebuilt in 1834 and the Jewish population stood at
100 in 1837 (total 1.690). Most of the Jews engaged in trade (cattle, textiles)
and maintained a satisfactory economic and social position until the spread of
Bavarian antisemitism after Worldwar I. In 1933 the Jewish population numbered
64 (total 7.069). Up to November 1938, 24 emigrated, including 17 to the United
States, and 12 left for other German cities. After Kristallnacht (9-10
November 1938), the rest dispersed, mainly to Nuremberg and Fuerth.
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