Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Hessen"
Zur Übersicht "Synagogen im Werra-Meißner-Kreis"
Abterode (Gemeinde
Meißner, Werra-Meißner-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(bitte besuchen Sie auch die Website
des Vereines der
"Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis"
www.synagoge-abterode.de)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Abterode bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/41. Ihre Entstehung geht in
die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück, als bereits eine jüdische
Gemeinde am Ort entstanden war: 1600 wird mit Jeremias erstmals ein jüdischer
Bewohner namentlich genannt; 1622 werden sechs jüdische Familien mit 27
Personen, 1630 7 und 1646 12 jüdische Familien gezählt. In der ersten Hälfte
des 18. Jahrhunderts war Abterode die größte jüdische Gemeinde im Bereich von
"Niederhessen", dem nordöstlichen Teil des späteren Kurhessen. Bei
der Landeshuldigung am 5. Dezember 1664 waren 16 jüdische Familien in Abterode.
1741 waren es 39 jüdische Familien mit zusammen 171 Personen, die 22,8 % der
Gesamteinwohnerschaft von Abterode ausmachten.
Die jüdischen Familien lebten am Ende des 18. Jahrhunderts vor allem in der
Ortsmitte (Kirchkranzbebauung, Steinweg).
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich im 19. Jahrhundert
wie folgt: 1812 53 jüdische Familien, 1835 234 jüdische Einwohner,
1861 158 (1,4 % von insgesamt 1.096), 1871 139 (13,4 % von 1.040), 1885 183
(18,4 % von 997), 1905 131 (15,2 % von 860), 1910 122 (14,8 % von 826). Zur
jüdischen Gemeinde Abterode gehörten im 19. Jahrhundert auch die in den
umliegenden Orten Germerode (1835 3) und Vockerode (1835: 11,
1861: 11) lebenden jüdischen Personen. Die jüdischen Familienvorstände waren
überwiegend Händler (Viehhandel, Lebensmittel-, Manufakturwaren- und
Textilhandel) und waren Inhaber einiger für das wirtschaftliche Leben des Ortes
wichtiger Handlungen/Geschäfte. In der Mitte des 19. Jahrhunderts gab es auch
mehrere jüdische Handwerker (drei Metzger, drei Schuhmacher, zwei
Baumwollweber, zwei Färber, fünf Schneider, zwei Buchbinder und ein
Schreiner). Die meisten jüdischen Familien hatten auch eine kleine
Landwirtschaft. Vorangegangen war hierin in den 1820er-Jahren der Lehrer Levi
Oppenheim (siehe Bericht unten). Die häufigsten jüdischen Familiennamen waren:
Katzenstein, Kugelmann, Westheim, Wertheim u.a.m.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Israelitische
Elementarschule (im Gebäude Steinweg 47, Hinterhaus), eine Mikwe (hinter dem
Haus Am Sand 3, abgebrochen) sowie ein eigener Friedhof.
Die öffentliche Israelitische Elementarschule (bzw. Staatliche
Israelitische Volksschule) hatte im 19. Jahrhundert einen hervorragenden Ruf
in der weiteren Umgebung, der vor allem durch den seit 1. Januar 1842 hier
wirkenden jüdischen Lehrer B. Westheim begründet wurde (siehe Berichte unten;
sein 25-jähriges Ortsjubiläum war 1867). Vor der Gründung dieser Schule 1840
gab es eine traditionelle jüdische Schule, an der zuletzt die Lehrer Levi
Oppenheim und Aron Freudenberg unterrichteten. Die Schule hatte 1868 26 Schüler,
1881 34, 1893 48. In besonderer Erinnerung blieb auch der von 1884 bis 1921
wirkende Lehrer Joseph Bacharach sowie die letzten Lehrer Mendel Heilbronn
(1921-1927) und Hermann Spier (seit 1927). Zum 1. Januar 1934 wurde die öffentliche
Schule aufgelöst, nachdem sie zuletzt noch von 10 jüdischen Kindern besucht
worden war. Ab Dezember 1937 wurde nochmals eine private jüdische Schule eröffnet
für die 1935 15, 1938 noch 9 schulpflichtigen jüdischen Kinder in Abterode.
Die jüdische Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Niederhessen
beziehungsweise Kassel und wurde vom Kreisrabbiner aus Eschwege
betreut.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Kalmann Bloch
(geb. 30.11.1880 in Abterode, gef. 4.2.1916), Unteroffizier Friedrich
Goldschmidt (geb. 15.3.1889 in Frankershausen, gef. 29.7.1916), Siegfried
Goldschmidt (geb. 23.8.1897 in Abterode, gef. 1.4.1917), Daniel Katzenstein
(siehe Bericht unten, geb. 21.7.1894 in Abterode, gef. 17.7.1915)), Meier Levy
(bzw. Levi, geb. 1.8.1886 in Abterode, gef. 26.9.1917), Moses Joseph Oppenheim
(geb. 28.11.1891 in Abterode, gef. 5.12.1917, siehe Foto unten), Ruben Robert Goldschmidt
(19.12.1894 in Felsberg, gef. 18.11.1918), Moritz Plaut (geb. 26.6.1880 in
Abterode, gest. an der Kriegsverletzung 11.2.1923) und Louis Schulhaus (geb.
7.3.1891 in Abterode, gest. an der Kriegsverletzung 23.5.1920).
Um 1924, als noch 102 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden
(11,2 % von 798 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde David Westheim,
Isak Stern. Als Lehrer und Kantor wirkte seit dem Weggang des Lehrers Bacharach
1921 Mendel Heilbrunn. Er unterrichtete an der Israelitischen Volksschule 10
Kinder erteilte auch den jüdischen Kindern von Frankershausen den
Religionsunterricht. An jüdischen Vereinen gab es den Wohltätigkeitsverein
(Chewro gemilus chasodim, Zwecke und Arbeitsgebiet: Unterstützung Armer,
Verpflegung Kranker, Bestattungswesen; 1924 unter Leitung von J.M. Oppenheim, 35
Mitglieder, 1932 unter Leiter von Meier Stern, 24 Mitglieder) und den Israelitischen
Frauenverein (Zweck und Arbeitsgebiet: Unterstützung Hilfsbedürftiger,
Krankenpflege, Bestattungswesen; gegründet 1910, 1924/32 unter Leitung von Dina
Westheim, der Frau des Vorstehers David Westheim, 1924 25 Mitglieder). 1932
waren Gemeindevorsteher weiterhin David Westheim (1. Vors.) und Isaak Stern (2.
Vors.). Schatzmeister war Siegmund Stern.
1933 lebten noch 80 jüdische Personen in Abterode (9,4 % von 850
Einwohnern). In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen (überwiegend nach Kassel und Frankfurt am Main) beziehungsweise
ausgewandert (6 nach Palästina, 10 in die USA, 7 nach Holland, 3 nach Afrika).
Die jüdischen Geschäfte wurden zum größten Teil bereits 1935 geschlossen. Im
Zusammenhang mit dem Novemberpogrom 1938 kam es zu Verwüstungen der Synagoge,
der jüdischen Wohnhäuser und zu Misshandlungen jüdischer Personen. Insgesamt
wurden in einem jüdischen Laden sowie in sieben jüdischen Wohnungen Fenster
und Türen eingeschlagen. Einen jüdischen Mann trieb man aus seinem Haus bis
zur Synagoge; nur das entschlossene Auftreten des damaligen Pfarrers Albert
Nolte verhinderte, dass er von der Empore der Synagoge gestürzt wurde. 1939
lebten noch 31 jüdische Personen, 1940 nur noch zehn am Ort. Bis 1941 sind offenbar alle jüdischen Personen von Abterode verzogen.
Von den in Abterode geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Bertha Adler geb.
Oppenheim (1888), Berta Blach (1878), Bruno Blach (1912), Bertha Cohen geb. Lautmann
(1877), Paula Fränkel geb. Seelig (1887), Rosalie Frank geb. Lautmann (1873), Abraham Goldschmidt (), Jeanette
Goldschmidt geb. Oppenheim (1890), Rosa Halbherr geb. Ronsheim (1892), Rieckchen
Hauptmann geb. Bloch (1883), Alexander Heilbrunn (1881), Bernhard Heilbrunn
(1870), Ida Heilbrunn geb. Goldschmidt
(1881), Julius Heilbrunn (1869), Julius Heilbrunn (1906)*, Isaak Heilbrunn (1871),
Hilde Höflich geb. Rothschild (1896), Sara Isenberg geb.
Katzenstein (1889), Israel Jacobs (1892), Jettchen Jacobs geb. Oppenheim (1892),
Berta Katz geb. Bachrach (1887), Else Katz (1887), Israel Katz (1884)*, Julie Katzenstein (1873), Meta Katzenstein
geb. Blach (1878), Sara Katzenstein (1877), Isidor Lautmann (1891), Maier
Lebensbaum (1886), Manfred Levi (1926), Markus Levi (1889), Rebekka Levi geb. Oppenheim (1897),
Simon Levi (1884), Auguste Levinski geb. Bacharach (1890), Rahel (Riekchen) Levor geb. Rothschild
(1887), Auguste Lewinsky geb. Bacharach (1894), Alice Mielzijnski (Mielczynski)
geb. Westheim (1911), Wilhelm Löwenbach (1871), Setta Moos geb. Katzenstein (1876), Hannelore Nussbaum (1929),
Levi Nussbaum (1899), Toni (Fani) Nussbaum geb. Katz (1899), Flora Oppenheim geb. Rothschild
(1892), Hess (Hiskia)
Oppenheim (1878), Jakob Oppenheim (1884), Josef Oppenheim (1895), Moses Oppenheim (1889),
Grete Plaut geb. Rothschild (1912; vgl. Gedenkblatt
links, Quelle: Yad Vashem Jerusalem), Emil Ronsheim
(1888), Gustav Ronsheim (1879), Horst Ronsheim (1923), Berthold Rothschild
(1894), Frieda Rothschild (1898), Harry Isidor Rothschild (1904), Ingrid
Rothschild (1936), Isaak Rothschild (1863), Jettchen Rothschild geb. Schaumberg
(1872), Julius Rothschild (1900), Leopold Rothschild (1893), Malchen Rothschild
geb. Goldschmidt (1868), Samuel Rothschild (1868), Minna Samuelson geb.
Katzenstein (1877), Fanny Schaumberg geb. Heilbrunn (1882), Arthur Schulhaus
(1894), Berthold Schulhaus (1899), Bettina Schulhaus geb. Bachenheimer (1898),
Margot Schulhaus (1929), Johanna Simons geb. Schulhaus (1896), Erwin
Sittenfeld (1924), Erwin Sittenfeld (1924), Ida Sittenfeld geb. Seelig (1890),
Lothar Sittenfeld (1923), Wolfgang Sittenfeld (1925), Alfred Stern (1926), Frieda
Stern geb. Stern (1898), Herbert Stern (1921), Isaak Stern (1885), Johanna Stern
geb. Moses (1871), Siegbert Stern (1928), Paul B. Stiefel
(1893), Rosa Stiefel geb. Seelich (1880), Mathilde Urbach geb. Lautmann (1881), David Westheim (1878), Dina
Westheim geb. Spangenthal (1884).
*Hinweise: Für die 1883 in Abterode geborene Rieckchen Hauptmann geb. Bloch
liegt in Hamburg (Bartelsstraße 30, Ecke Susannenstraße) ein "Stolperstein". Für den 1906 in Abterode geborenen Julius Heilbrunn liegt
gleichfalls in
Hamburg (Eppendorfer Baum 5) ein "Stolperstein". Für die 1887 in
Abterode geborene Berta Katz geb. Bachrach liegt In Hamburg-Eimsbüttel ein "Stolperstein"
(Harvestuder Weg 1a). Für den 1884 in
Abterode geborenen Israel Katz liegt in Braunschweig (Jasperallee 22) ein "Stolperstein".
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
Bericht über die jüdische Gemeinde und ihren pädagogisch hoch qualifizierten
Lehrer Westheim (1852)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8.
November 1852: "In (der jüdischen Gemeinde in) Abterode am Fuße des
Meisner traf ich einen Talmudverein an, vielleicht noch Trümmer
eine Jeschiwa (Talmudhochschule), die in früheren Zeiten hier geblüht
haben soll. Überhaupt wird in dieser Gegend noch ein Wenig "gelernt", so
leben auch in dem benachbarten Frankershausen einige sehr talmudisch
gebildete Männer. Abterode, aus dessen Mitte vielleicht mehr jüdische
Lehrer stammen, als aus irgend einer andern Gemeinde Kurhessens, besitzt
in der Person des ebendaher gebürtigen Herrn Westheim einen
ausgezeichneten Lehrer, Seine Methoden erweisen sich so sehr praktisch und
bewährt, dass der Schulinspektor des Sprengels häufig seine ihm
untergebenen Lehrer veranlasst, die Schule des Herrn Westheim zu besuchen
und sich dieselben ebenfalls anzueignen*). Übrigens findet sein Streben
aber auch zu jeder Zeit volle Anerkennung von Seiten der Regierung, sowie
des israelitischen Vorsteheramts zu Kassel, was die häufigen
Belobungsschreiben als auch Gratifikationen zur Genüge beweisen." |
(Anmerkung für Lehrer: Den Leseunterricht
erteilt er ganz à la Jacotot (d.h. nach den Lehrmethoden des
französischen Pädagogen Jean
Joseph Jacotot, 1770-1840); er bedient sich hierbei
selbstgeschriebener, großer, beweglicher Buchstaben, die er ihrer
Gelungenheit und zweckmäßigen Anordnung und Aufstellung halber, wodurch
das Kind zu gleicher Zeit mit der Deutschen Druck- und Kurrentschrift
bekannt wird, für die Schulen der Umgegend liefert. Zum hebräischen
Leseunterricht, der er ebenfalls nach der analytisch-synthetischen
Lesemethode erteilt, bedient er sich auch großgeschriebener, beweglicher
Buchstaben und für die Hand der Kinder Lewisohns "hebräische Lesefibel".
Die Resultate, die er durch diese Unterrichtsweise erzieht, sind wahrhaft
staunenerregend.
Ebenso zweckmäßig ist die Art und Weise, wie er beim Übersetzen im
Pentateuch in der Oberklasse zu Werke geht. Neben den Übersetzungen von Philippsohn,
Zunz hat er auch das "Vokabularium" von Nathan vor sich und gibt den
Kindern die Übersetzung des Wurzelwortes an, das diese sich neben Angabe
des Kapitels und Verses in ihre Heftchen eintragen und auswendig lernen,
sodann wird der jedesmalige Vers im Zusammenhange übersetzt. Kommt ein
Wort öfters vor, so wird auf das erste Mal verwiesen. So erlangen die
Kinder einen bedeutenden Wörtervorrat, dieser wird durch das
Selbsteinschreiben dem Gedächtnisse nachhaltiger eingeprägt und der
Mechanismus des ewigen Vor- und Nachsprechens vermieden." |
Anerkennung der Verdienste des Lehrers Westheim zum 25jährigen Dienstjubiläum
(1858, in Abterode seit 1842)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 7. Februar 1859: "Kreis Eschwege, im Januar (1859). Dem Verdienste seine
Krone! Das Vorsteheramt der Israeliten für die Provinz Niederhessen
zu Kassel, das so manches Gute für das Judentum in unserem Vaterland
geschaffen, und unter Anderem auch noch besonders sein Augenmerk auf die
Hebung des jüdischen Schulwesens und die Besserstellung der Lehrer
gerichtet ist, lässt keine Gelegenheit vorübergehen, dieses edle Streben
zu betätigen. Der wackere Lehrer Westheim zu Abterode (den Lesern
dieser Zeitung aus mehreren darin gelieferten Artikeln bekannt), der seit
dem 4ten Dezember 1833 als von kurfürstlicher Regierung bestellter
öffentlicher Lehrer mit seinen eigentlichen, größtenteils selbst
erfundenen Lehrweisen aufs Erfolgreichste im Schulfache wirkt, ist von
kurfürstlichem Vorsteheramt am 7. dieses Monats, als am Tage seines
fünfundzwanzigjährigen Amtsjubiläums mit folgendem schönen Schreiben
überrascht worden:
"Wir haben in Erfahrung gebracht, dass am 7ten dieses Monats das
fünfundzwanzigste Jahr Ihres Lehramts vollendet ist und benutzen diese
Gelegenheit, Ihnen zu dem Ablauf eines Zeitraums Glück zu wünschen,
welchen Sie durch eine anhaltende, fleißige, treue, pflichteifrige und
zugleich mit schönem Erfolg gesegnete Dienstführung zu Ihrer Ehre und
zum Frommen der dortigen Gemeinde erfüllt haben. - Indem wir zum Zeichen
der Anerkennung Ihnen eine Gratifikation von fünfzehn Talern auf den
Schulfonds anweisen, sprechen wir zugleich die Aufforderung zum weiteren
Beharren in Ihrem achtbaren Streben für das Gedeihen der Schule und des
Unterrichts und das dadurch geförderte bürgerliche und sittliche Wohl
der Ihnen anvertrauten Jugend aus und verbinden damit den Wunsch, dass der
Herr, vor dem kein Gutes verloren geht, auch gerner Ihrer Arbeit seinen
Segen verleihen, Ihnen noch für lange Jahre Kräfte dazu gewähren und
durch erfreuliche Früchte dieselben lohnen möge. Kassel, 6. Dezember
1858."
Vorsteheramt der Israeliten dahier etc."
Solche liebevolle, aufmunternde Worte, begleitet mit den Zeichen der
Anerkennung einer vorgesetzten Behörde, bekunden hinlänglich deren
väterliche Fürsorge und verdienen Nachahmung in allen Kreisen von allen Schulvorständen." |
Zum 25-jährigen Ortsjubiläum von Lehrer B. Westheim
(1867)
Der Bericht wurde durch Westheims Kollegen Victor Müller (an der
jüdischen Elementarschule in Frankershausen) verfasst.
Der Bericht ist auf Grund einiger noch nicht übersetzter - teils
aramäischer Wendungen - leicht abgekürzt wiedergegeben.
Artikel in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 27. Februar 1867: "Frankershausen, bei Eschwege. Der, den Lesern dieser
geschätzten Zeitung durch Referate und sonstige Artikel wohl nicht
unbekannte Lehrer B. Westheim in Abterode, in moralischer
wie in intellektueller Beziehung einer der würdigsten Lehrer Kurhessens,
der sich sowohl durch vielseitiges und gründliches Wissen als auch durch
außergewöhnliches Lehrtalent auszeichnet, und schon seit 34 Jahren als
vor der vormals kurfürstlichen Regierung bestellter Lehrer mit
segensreichem Erfolge wirkt, die Achtung und Liebe aller seiner
vorgesetzten Behörden und seiner Kollegen sich erworben, feierte am 1.
Januar dieses Jahres das 25jährige Jubiläum seiner Amtstätigkeit in
Abterode. Siebzehn jüdische Lehrer aus der Nähe und Ferne und fünf
christliche hatten sich, vom Unterzeichneten auf diesen Zeitpunkt
aufmerksam gemacht, vereinigt, dem Jubilar durch die Widmung eines
Ehrengeschenkes ihre Anhänglichkeit und Liebe zu beweisen, und mich mit
der Ausführung beehrt.
Unser Herr Kreisrabbiner Goldmann zu Eschwege,
der mit dem Jubilar stets in einem freundschaftlichen Verhältnisse
gestanden und den ersten Impuls zur Feier gegeben, traf am gedachten Tage
mit den Lehrern aus der Umgegend und drei entfernteren Kollegen aus dem
Kreise Rotenburg - die Mehrzahl war leider! durch die schlechte Witterung
an ihrer persönlichen Beteiligung verhindert - beim Jubilar gegen 11 Uhr
vormittags ein, und eröffnete die Feier mit einer geist- und
schwungreichen, von echt jüdischem Geiste getragenen, das Lehrerleben im
Allgemeinen und das des Jubilars im Besonderen schildernde Rede - Worte,
die aus dem Herzen kamen und wieder zum Herzen drangen - in welcher er den
Jubilar mit Bezugnahme auf Daniel 12,3 und den talmudischen Ausspruch
(hebräisch und deutsch:) "Die Lehrer, welche redlich und gewissenhaft
ihre Pflicht erfüllen, werden einst im Schatten Gottes sitzen" - auf
die göttliche Belohnung verwies. Als Beweis seiner besondern
persönlichen Achtung behändigte derselbe dem Jubilar ein in den
ehrendsten Ausdrücken abgefasstes Chower-Diplom; und nachdem er
demselben noch ein Gratulationsschreiben Königlichen Vorsteheramtes zu
Kassel, worin dem Jubilar die verdiente Anerkennung ausgesprochen und eine
Gratifikation von 15 Talern übersendet war, übergeben hatte,
überreichte ich, namens der beteiligten Kollegen, als wohl verdientes
Ehrengeschenk einen wertvollen, mit passender Inschrift versehenen Pokal,
wobei ich in der dabei gehaltenen Anrede unter anderem, ob der wohl
verdienten aber ausgebliebenen Anerkennung seitens der Gemeinde in corpere,
die Worte unseres Erzvaters Jakob (1. Mose 31,40): "Wo ich war am Tage,
verzehrte mich die Glut, und der Frost in der Nacht: und es floh der Schlaf
meiner Augen" auf den Jubilar anwendete und denselben darauf hinwies,
dass, wenn auch die Undankbarkeit in allen Lebenssphären vielfach
vorkomme, dies bei den jüdischen Gemeinden ihren Lehrern gegenüber eine
nicht seltene Erscheinung sei; dass die Menschen in der Regel nur für
einen Vorschub ihres leiblichen Wohls dankbar sind, den des geistigen aber
kaum einer Anerkennung wert halten; dass die Mehrzahl die Mühen nicht
kennt, unter denen Erkenntnisse gewonnen und anderen beigebracht werden, -
den Wert der Wohltaten, die sie dem Lehrer zu verdanken haben, nicht zu
schätzen verstehen -; dass nur, wer selbst edlen Geistes ist, geistige
Wirksamkeit zu würdigen weiß und sich dazu gerungen fühlt; dass das
Bewusststein der Pflichterfüllung - dieser Hochgenuss - schon des Lohnes
reichste Fülle, - unabhängig vom Zufall der Anerkennung, - enthalte;
dass der Friede, welcher mit dem Bewusststein geübter Pflicht ins Herz einzieht, |
diese
wonnevolle Zufriedenheit, im Hinblick auf Gottes Vaterwohlgefallen, in
welchem die Seele des Gläubigen trunken schwelgt, unser höchstes
Entgelt, unsere Stütze und unser steter Antrieb zu weiterer rastloser
Tätigkeit zur Ehre Gottes und unserer heiligen Religion sein
müsse...
Der zu Tränen gerührte Jubilar dankte alsdann in einer längeren,
gehaltvollen und ergreifenden Rede.
Hierauf wurde derselbe von einer Anzahl Gemeindemitglieder mit der
Überreichung eines silbernen Vorlegelöffels und von verschiedenen
Schülern mit anderen Geschenken, sowie durch eine Menge mit der
Mittagspost eingetroffenen Gratulationen in Prosa und gebundener Rede
erfreut.
Bei dem hierauf vom Jubilar aufs beste hergerichteten Festessen herrschte
die heiterste Stimmung. Toaste und pikante Auslegungen verschiedener
Schriftstellen wechselten mit freundlichen Unterhaltungen.
Da ein Teil der Festteilnehmer einen weiten Weg vor sich hatte, so
verließ derselbe schon gegen 4 Uhr die frohe Versammlung und eilte der
Heimat zu, während ein anderer Teil noch einige Stunden in ungezwungener
Heiterkeit beisammen blieb, bis auch für ihn die Zeit zum Aufbruche
gekommen.
Der Allgütige wolle Seine Gnade und Barmherzigkeit auch fernerhin unserem
gefeierten Kollegen zuteil werden lassen! V. Müller." |
Zum Tod des Lehrers Levi Oppenheim 1870 - Lehrer an der Schule gemeinsam mit
Aron Freudenberg bis in die 1830er-Jahre
Bericht in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. März 1870: "Abterode (Provinz Hessen), im Februar. Am 19. vorigen Monats (d.h.
19. Februar 1870) starb hier in einem Alter von 88 1/2 Jahren der frühere
Lehrer Levi Oppenheim. Von seinem Vater, der hier das Amt eines More
Zädäk ("Lehrer der Gerechtigkeit", Gelehrter, Beisitzer im
Rabbinatsgericht) bekleidete, in Bibel, Mischna und Gemara
unterrichtet, suchte er als Jüngling diese Kenntnisse in der heiligen
Tora bei Rabbi Moses Marburg - das Gedenken an den Gerechten ist
zum Segen - in Kassel zu erweitern. Sodann fungierte er als Lehrer in
einigen Gemeinden Westfalens. Später etablierte er sich hier, in seinem
Geburtsorte Abterode (neben dem Lehrer Aron Freudenberg, der vor 15 Jahren
in einem Alter von 89 Jahren verstorben [d.h. gestorben 1855, geboren
1766] ebenfalls als Lehrer, in welcher Funktion er verblieb, bis man vor
30 Jahren (d.h. 1840) damit umging, eine öffentliche israelitische
Elementarschule nach der Hessischen Verordnung dahier zu gründen.
Um dem Spruche unserer Weisen "gut ist das Lernen der Tora verbunden
mit der Alltagsarbeit" (übertragene Übs.) und um den Lebensunterhalt
für sich und seine zahlreiche Familie, zu dem sein geringes Einkommen
nicht hinreichte, besser zu erschaffen, machte er vor 48 Jahren unter den
hiesigen israelitischen Einwohnern mit dem Betriebe des Ackerbaues, in
kleinem Maßstabe den Anfang, den er nach und nach vergrößerte, und bei
dem er mit Frau und Kindern mit eigener Hand tätig war. Diesem seinem
Beispiele folgten bald die übrigen Juden unserer Gemeinde, sodass jetzt
keiner derselben ohne eigentümlichen Besitz von Ackerland ist. - Sein
Bestreben fand bei der Feier seines achtzigsten Geburtstages von dem
Kurfürstlichen Vorsteheramt der Israeliten zu Kassel und der
Humanitätsgesellschaft daselbst verdiente Anerkennung.
Trotz seines hohen Alters versäumte der Hingeschiedene es nie, den
öffentlichen Gottesdienst zu besuchen. Noch am Sabbat vor dem Tode wohnte
er einer Versammlung des Wohltätigkeitsvereines (anlässlich einer
überstandenen Krankheit), dessen Mitglied er war, mit einer gebotenen
Mahlzeit in seinem Hause gefeiert wurde, bei." |
Zwei Berichte zum Abschied von Lehrer Joseph Bacharach, Lehrer in Abterode von 1884 bis
1921
Anmerkung: Lehrer Joseph Bacharach war bis 1884 Lehrer in Beiseförth;
er wechselte nach Abterode, als dort die jüdische Konfessionsschule geschlossen
wurde; 1921 zog er nach Kassel.
Mitteilung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. September 1921: "Abterode,
15. August (1921). Herr und Frau Lehrer Bacharach übernahmen mit dem 1.
September die Verwaltung des Israelitischen Altersheims in
Kassel." |
|
Bericht
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. September 1921: "Abterode, 29. August. Am Schabbat Ekeb (d.i. der Schabbat mit
der Toralesung Ekeb = 5. Mose 7,12 - 11,25, dieser Schabbat war am
27. August 1921) fand hier eine schlichte, stimmungsvolle Feier statt. Sie
galt dem Lehrer der Gemeinde, Herrn Bacharach, der ihr siebenunddreißig
Jahre lang (d.h. seit 1884) treuen Dienst tat und sie nun verlässt. Herr
Kreisrabbiner Dr. Freier - Eschwege dankte ihm für seine seltene Hingabe
an sein Amt, für seinen unermüdlichen Eifer, Alt und Jung auf dem Weg
der Wahrheit zu erhalten und ihnen Freude für unseren heiligen Beruf
des Gottesdienstes ins Herz zu gießen. Wegen seiner großen Gottesfurcht
und Bescheidenheit wurde er von allen geliebt und verehrt. Auch die
Kinder dankten ihrem Lehrer in schönen Abschiedsworten, worauf Herr
Bacharach voll Rührung erwiderte. Herr Bacharach geht ins Altersheim in
Kassel. Gott mache lang seine Tage und seine Jahre. |
Bericht
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. September 1921: "Abterode, 10. September (1921). Am vorletzten Sonnabend Nachmittag
versammelte sich die hiesige jüdische Gemeinde, Eltern und Kinder, zu
einer schlichten, stimmungsvollen Feier. Sie galt dem scheidenden Lehrer
Bacharach, der 37 Jahre in unserer Mitte treuen Dienst tat und von alt und
jung, um seiner gütigen, vornehmen Art, seiner innigen Demut willen,
verehrt und geliebt wurde. Kreisrabbiner Dr. Freier dankte ihm als dem
nimmermüden Führer und Bildner der Gemeinde und dem hingebendsten Lehrer
der Kleinen. Auch die Schüler und Schülerinnen ließen schöne Abschiedsworte
hören, worauf Lehrer Bacharach seine letzte Ansprache an die Gemeinde
hielt. Herr Bacharach geht wie schon gemeldet, ans Altersheim in
Kassel". |
Ausschreibung der Stelle des Lehrers und Vorsängers (1921)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. September 1921: "In Abterode bei Eschwege ist die
Stelle des Lehrers
an der öffentlichen israelitischen Volksschule zu besetzen.
Lehrer, die auch den Vorsängerdienst versehen können, wollen sich bei
uns bis zum 25. dieses Monats unter Beifügung der Zeugnisse und eines
Lebenslaufes melden.
Kassel, den 6. September 1921.
Vorsteheramt der Israeliten." |
70. Geburtstag von Lehrer / Inspektor (seit 1920 Leiter
des Israelitischen Altersheimes in Kassel) Joseph Bacharach (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Mai 1928: "Kassel,
16. Mai (1928). Am Erew Schawuoth (Vortag vor dem Wochenfest =
Donnerstag, 24. Mai 1928) feiert der Lehrer a.D., Joseph Bacharach, jetzt
Leiter des Israelitischen Altersheims, seinen 70. Geburtstag. Der Jubilar
war 37 Jahre segensreich als Lehrer in Abterode, Kreis Eschwege,
tätig und hat es verstanden, auch seinen neuen Wirkungskreis mit echt
jüdischem Geist zu beleben. Durch seine tiefe Frömmigkeit, seine Liebe
zur Tora, seine im Verborgenen geübte Wohltätigkeit und seine
Bescheidenheit erfreut er sich auch hier in allen Kreisen der größten Wertschätzung.
Immer bestrebt, zu lernen und sch weiterzubilden, nahm er bereits von Abterode
aus unter den größten Schwierigkeiten allwöchentlich an den von
Rabbiner Cahn - das Andenken an den Gerechten ist zu Segen - geleiteten
Schiurim teil und gehört auch hier zu den ständigen Besuchern der
Schiurim. Mögen ihm noch viele Jahre körperlicher und geistiger Frische
im Kreise seiner Familie vergönnt sein." |
|
Artikel in der
"Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 25. Mai 1928: "Kassel. Am 24. Mai vollendete
Herr Inspektor Bachrach sein 70. Lebensjahr. Nach Absolvierung der
Volksschule in seinem Geburtsort Frielendorf
besuchte er das Kasseler Lehrerseminar und trat dann seine erste
Lehrerstelle in Beiseförth an, um
später einem Ruf nach Abterode Folge zu leisten. Dort wirkte er 37
Jahre und verstand es, sich die Liebe und Anhänglichkeit aller
Gemeindemitglieder zu erwerben. Vor allem aber bei der durch die lange
Dienstzeit bedingten großen Anzahl der Schüler. Sie haben ihm allzeit
Verehrung und Treue gegeben und werden sie ihm bewahren. Denn Herr
Bachrach versah sein Amt nicht als einen Beruf, dem er sich zufällig
gewidmet hat, und der ihm eine Quelle des Erwerbes bedeutete, sondern
seine ganze Wesensart führte ihn hin zu der jüdischen Jugend, die er
führen, leiten und belehren wollte, auf die seine wahrhaftige
Frömmigkeit er einwirken ließ, sodass er ihnen zeigte, dass es nicht das
Wissen allein ist, sondern dass das Wesentliche das Tun nach dem Wissen
ist. Er war kein "Bildungsschuster", der alle Schüler nach seinem Leisten
formen wollte und bei dem das "Versohlen" ein Haupterziehungsmittel war,
auch kein Donnerer, der mit der Gewalt seiner Stimme als Schultyrann sich
aufspielte; er war im Sinne der heiligen Schrift Lehrer, das heißt
Führer. Er konnte es sein, denn sein frommer Sinn blieb kindlich
bis heute, so fühlte er die Seele des Schülers und formte sie und lehrte
den Geist und machte den Stoff lebendig, den er seinen anvertrauten
Kindern nahe brachte. Nur wer die Jugend liegt, nur wer selbst an sich die
größten Anforderungen stellt, nur wer den Kindern gegenüber, immer sich
gleichbleibend wie ein Vater mahnt, wenn es sein muss, wie ein Vater
straft, und wie ein Vater verzeiht, nur wer die Innigkeit und
Zusammengehörigkeit der Familie selbst so betont, dass der Familientisch
und die eigene Häuslichkeit eine unantastbare heilige Erinnerung bleibt
auch für die Kinder, die schon lange dem Elternhaus entwachsen sind, kann
ein so vorbildlicher Erzieher sein, wie es der Jubilar gewesen
ist.
Und wenn nun sein Lebensabend einer ganz anderen Arbeit gewidmet wurde, so
ist dies kein Widerspruch. Wer so die Jugend liebte, hat auch für das
Alter volles Verständnis; denn alles in allem ist es ja die
Hintenansetzung der eigenen Persönlichkeit und die Achtung vor dem
Brudermenschen, die zu der Einhaltung des Bibelwortes "Liebe deinen
Nächsten wie dich selbst" führt. Nicht der beschaulichen Ruhe widmete er
sich nach seiner Pensionierung im Jahre 1920, sondern er übernahm die
Leitung des israelitischen Altersheimes in Kassel, die er, unterstützt
durch seine tüchtige Frau, durch seine warmherzige Tochter, in
mustergültiger Weise durchführt.
Wie ihn in Abterode die Jugend liebte, so tun es heute die ihm
anvertrauten Greise und Greisinnen, gegen die er sich noch manchmal wie
ein Jüngling fühlen muss, ganz gewiss aber, wenn ihm der 96-jährige
Herr Oppenheim, ein Insasse, der diesen Geburtstag am Sonnabend feiern
wird, seine Glückwünsche darbringt.
Unter all den vielen Ehren, die ihm heute zuteil geworden sind, wird ihm
wohl das Höchste bedeuten, dass Herr Landrabbiner Dr. Walter in Anerkennung
seiner tiefen Frömmigkeit und seines Talmudstudiums ihm den Chowertitel
verliehen hat. Möge er ihn noch lange in geistigrer Frische und
körperlicher Gesundheit tragen, seiner Familie der liebende Vater und
allen ihm Anvertrauten ein Freund erhalten bleiben.
Eugenie Wertheim." |
Lehrer Heilbrunn verlässt die Gemeinde
(1927)
Meldung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Mai 1927: "Dinslaken,
8. Mai (1927). Lehrer Heilbrunn, bisher in Abterode, wurde zum 1. Juli die
hiesige Lehrerstelle übertragen." |
|
Artikel in der
"Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 6. Mai 1927: "Abterode. Wir erhalten
von den Herren Gemeindeältesten von Abterode nachstehende Mitteilung:
Unter der Spitzmarke "Vom Sterbelager der jüdischen Volksschule" bringen
Sie eine Mitteilung aus Abterode, die der Wirklichkeit nicht entspricht.
Unser Lehrer Heilbrunn ist nicht versetzt, sondern er hat sich um
die ausgeschriebene Lehrerstelle in Dinslaken beworden und auch seine
Anstellung zum 1. Juli erhalten. Von einer Auflösung der hiesigen Schulstelle
seitens der Regierung ist uns bis heute nichts bekannt und wir rechnen
bestimmt auf Erhaltung
derselben." |
Ausschreibung der Lehrerstelle im Mai 1927
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Mai 1927: "Bewerber um die alsbald zu besetzende Lehrer- und Vorsängerstelle
an der öffentlichen israelitischen Volksschule zu Abterode, Kreis
Eschwege werden aufgefordert, ihre Meldungsgesuche mit beglaubigten
Zeugnisabschriften und kurzem Lebenslauf bis Ende Mai dieses Jahres
hierher einzusenden.
Kassel, den 2. Mai 1927. Vorsteheramt der Israeliten." |
Über den jüdischen Lehrer Hermann Spier (von 1927 bis
1934 Lehrer in Abterode)
(erstellt unter Mitarbeit von Waltraut Zachhuber, Magdeburg)
Hermann Spier ist am 20.
Januar 1899 in Merzhausen geboren. Er hat sich am Lehrerseminar in Kassel
ausbilden lassen und dort im Februar 1920 seine erste Lehrerprüfung
abgelegt. Er war seit 1924 verheiratet mit Caroline (Lene) geb.
Nussbaum, geb. 1900, gest. 1938; zur Familie von Caroline geb.
Nussbaum siehe Seite
über Sara Nußbaum bei Regiowiki Kassel). Das Ehepaar hatte zwei
Kinder: Henriette genannt Henny (geb. 1924) und Berna (geb.
1928, Geburtsanzeige siehe unten). Nachdem Hermann Spier einige
Zeit in Northeim unterrichtete, war seine
erste ständige Stelle in Abterode, wo er seit dem 1. Oktober 1927
tätig war. Hier in Abterode hat Spier im Mai 1929 seine zweite
Lehrerprüfung abgelegt. Nachdem Anfang 1934 die Israelitische
Elementarschule in Abterode aufgelöst worden war, bewarb sich Hermann
Spier auf die Lehrerstelle im ostfriesischen Leer, die er im April 1935
antreten konnte. Bis 1938 blieb Spier in Leer. Seine Frau Caroline starb
Anfang Oktober 1938 an Multipler Sklerose. Nach dem Novemberpogrom 1938
meldete Hermann Spier, der inzwischen die Lehrerstelle in Hildesheim
übernommen hat, seine Kinder für einen Kindertransport nach England an.
Am 6. Januar 1939 verließen Henny und Berna Spier Deutschland. Hermann
Spier wurde im März 1942 nach Warschau deportiert und in Treblinka
ermordet.
Foto links aus dem Fotoarchiv von Yad VaShem Jerusalem (Link). |
|
Lehrer Hermann Spier
um 1936
in Leer
(Quelle der beiden Fotos:
Website der Gesellschaft
für christlich jüdische Zusammenarbeit Ostfriesland) |
|
|
|
|
Ehepaar Spier mit Landrabbiner
Dr. Samuel Blum (Emden) |
Lehrer Hermann Spier
mit Familie |
Personalkarte für
Lehrer
Hermann Spier in Abterode |
Lehrer Hermann Spier wechselt von Northeim nach
Abterode (1927)
Artikel in der
"Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 17. Juni 1927: "Abterode. Herr Lehrer
Spier, bisher in Northeim in. Hannover tätig, wurde von der
Israelitischen Gemeinde einstimmig - vorbehaltlich der Bestätigung durch
die Regierung und Vorsteheramt - zum Lehrer und Vorbeter in unserer
Gemeinde
gewählt." |
|
Artikel in der
"Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 26. August 1927: "Abterode. Herr Lehrer
Spier aus Northeim, der vor einigen Wochen von der hiesigen Gemeinde
einstimmig zum Lehrer und Chasan gewählt worden ist, hat nunmehr die
Bestätigung durch die Regierung gefunden, sodass er am 1. Oktober sein
neues Amt antritt." |
|
Artikel in der
"Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 9. September 1927: "Northeim. Am 1.
Oktober wird Herr Lehrer Spier Northeim verlassen, um sein neues Amt in Abterode
anzutreten. Nur ungern sieht ihn die Gemeinde scheiden, denn er hat in den
vier Jahren seiner hiesigen Wirksamkeit viel Gutes geschaffen. Er hat den
Mincho- und Maariv-Gottesdienst neu eingeführt, eine Männerchewra, einen
Frauenverein und einen Literaturverein gegründet. Er hat auch oft
Vorträge gehalten und ist vor allem mit vielem Erfolg dem Antisemitismus
in politischen Versammlungen
entgegengetreten." |
|
Artikel in der
"Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 9. August 1929: "Abterode. Herr
Lehrer Spier, der seit zirka zwei Jahren hier amtiert, erhielt von der
Regierung seine definitive staatliche Anstellung." |
Geburtsanzeige einer Tochter (Berna) von Lehrer Hermann
Spier und seiner Frau Lene geb. Nußbaum (1928)
Anzeige in der
"Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 20. Juli 1928:
"Die Geburt einer Tochter zeigen an
Lehrer Herm. Spier und Frau Lene geb. Nußbaum
Abterode 13. Juli 1928 zur Zeit Kassel Schäfergasse."
|
Aus dem jüdischen
Gemeinde- und Vereinsleben
Toraschreiber aus Abterode werden im Jahr 1730 zur
Begutachtung der Tefillin und Mesusot ausgesandt (Artikel von 1928)
Anmerkung:
Im nachfolgenden Text, der in die Zeit der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts zurückführt,
geht es um eine damals unter Landrabbiner Veit Singer in Witzenhausen
angeordnete und durchgeführte Kontrolle der Tefillin und der Mesusot in den jüdischen
Häusern des Bezirks. Die Kontrolle wurde durch Toraschreiber aus Abterode
durchgeführt, die für die Kontrolle bzw. Erneuerung bestimmte Beträge
einziehen konnten.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. März 1928: "Tefillin und
Mesussaus in Althessen. Dieser Überschrift soll den Leser nicht auf den
Gedanken führen, dass in einer Zeitung die vielen Ritualvorschriften über
die Erfüllung dieser heiligen Gebote gebracht werden, wenn es auch sehr nützlich
wäre. Eine Wochenzeitung ist eben kein ‚Chaje odom’ (Anm.: Chaje
Adam ist eine populär-halachische Schrift von Abraham Danzig [1748-1820]. Dennoch dürfte
man es gern lesen, welche Maßnahmen einst getroffen wurden, um die Gebote
ordnungsgemäß zu erfüllen. Eine Mahnung erließen die judenschaftlichen
Führer auf einer Tagung in Kassel am 20. Tewet 5490 (1726 [besser: 9.
Januar 1730]); und sie ist
unterzeichnet von dem Landrabbiner Veit Singer aus Witzenhausen, Israel aus St. Goar, Joßel
Lispenhausen;
Michael Katzenstein, Eschwege, Eisemann Levi und Moses Wolfhagen.
Niedergeschrieben ist sie im ‚Konstitutenbuch der althessischen
Judenschaft’ und lautet nach der dem hebräischen Original beigefügten
Übersetzung: ‚Wegen der Tefillin, welches ist das Handzeichen und
Stirngeschmeide, und Mesussoh, welches auf deinen Hauspfosten geschrieben
werden muss, haben alle Völker auf Erde gesehen, dass sie nicht gewarnt
sein, die Tefillin öffnen und lassen, ob dieselben richtig. Da aber
mehrmals dieselben unrichtig sind, den vorigen Landtag aber haben sie die
Tefillin nicht öffnen lassen, da ist ihre Missetat größer, denn dass
sie ihnen vergeben werden könnte. Also haben wir unsere Augen aufgetan,
dass die Gesetzesschreiber, so im Lande wohnen, namentlich Rabbi Salomon
und Rabbi Nathan in Abterode, Isaak Jestädt und der Bursch Feibes in
Abterode sollen im ganzen Lande herumgehen, nämlich ein jeder einige
Klassen (Bezirke), welche ihn durch das Los treffen werden, um die
Tefillin zu öffnen von denjenigen Männern, so ihre Tefillin beim
verflossenen Landtag 490 nicht besehen lassen und die Mesusaus an denen Türen
der sesshaften Juden zu besehen, ob sie richtig sind. Welcher nun von den
Gesetzschreibern in seiner Klasse nicht selbst herumreisen wollte, so soll
ein anderer an dessen Platz reisen und braucht dem Gesetzschreiber,
welcher nicht herum gegangen, nicht den geringsten Heller zu geben. Dies
ist die Belohnung der Gesetzschreiber: ‚Öffnen, besehen und schließen
der Tefillin 2 Albus; Öffnen eine Mesussoh und besehen 1 Albus. Für eine
neue Muesusso 1 Albus. Für eine Parschoh 6 Albus; für ein Paar
mittelgute Riesen ½ Kopfstück, für gute 4 Albus. Neue Battim (Gebäude)
½ Kopfstück (Kopfstück ist jede Münze mit dem Bruchbild des Münzherren
und hatte einen Wert von 20 Kreuzern oder 70,125 Pfennig der
Thalerwährung.)
– Es werden nun die genannten Gesetzesschreiber ernsthaft gewarnt, dass
sie nicht über die festgesetzte Belohnung nehmen und in specie, dass sie
des Herren Werk nicht saumselig tun sollen, denn es ist geschrieben: ‚Du
sollst dich vor deinem Gott fürchten.’
Findet man aber, dass der Gesetzesschreiber nachlässig ist und den
Menschen betrügt, so sollen ihm Rabbiner und Vorsteher eine harte
Geldstrafe auferlegen, wovon der gnädigste Landesherr die Hälfte erhält.’
– Über sonstige soziale und religiöse Anordnungen aus jener Zeit
vielleicht später Näheres. L. Horwitz, Kassel." |
Zur Gründung des Vereins "Ez Chajim" unter
Lehrer Westheim (1868)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. März 1868: "Bischhausen
(Kreis Eschwege) in Hessen, im März (1868). Am 23. vorigen Monats, also
am 1. Adar, besucht ich meinen lieben Freund und Kollegen Westheim in
Abterode und erfuhr bei dieser Gelegenheit, dass daselbst für das
Verständnis und das geistige Eindringen in unsere Heilige Tora
Rühmenswertes geschieht. So hat sich vor etwa 4 Monaten ein Verein,
bestehend aus jungen, unverheirateten Leuten gebildet, der sich unter der
trefflichen Leitung des Herrn Westheim die Aufgabe stellt, in einer
wöchentlich dreimaligen Versammlung einen Vortrag aus den Kommentarien
über den Pentateuch anzuhören, von welchen letzteren der von Raschi
bevorzugt wird. Das Bemerkenswerteteste bei der Sache ist, dass Rabbi Leb
Oppenheim in Abterode den ersten Impuls dazu gegeben und als Mann von 86
Jahren von Haus zu Haus gegangen und die Leute persönlich zur Beteiligung
an diesem löblichen Unternehmen eingeladen. Der Verein zählt 15
Mitglieder und führt den ebenso bedeutungsvollen, als hübschen Namen "Ez
Chajim" (= Lebensbaum). Möchte es dem würdigen Greis noch viele
Jahre gegönnt sein, die segensreichen Früchte seines Werkes ernten zu
können und möchten auch anderwärts ähnliche Institute ins Leben
gerufen werden! J. Werthan,
Lehrer." |
Generalversammlung des Jüdischen Frauenvereins (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Dezember 1928: "Abterode,
19. November (1928). Am 11. November fand unter Vorsitz der Frau (von)
David
Westheim die Generalverstammlung des Jüdischen Frauenvereins statt. Nach
Besprechung über die Anschaffung verschiedener ritueller Gegenstände
fand die Vorstandswahl statt. Zur 1. Vorsitzenden wurde Frau David
Westheim, zur 2. Frau Lehrer Spier gewählt." |
|
Artikel in der
"Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 16. November 1928: "Abterode. Am Sonntag, den 11. dieses Monats fand die Generalversammlung des Jüdischen Frauenvereins statt. Die Vorsitzende, Frau D. (= Dina) Westheim, eröffnete die Versammlung und begrüßte die erschienenen Damen. Nach kurzer Besprechung über die Anschaffung verschiedener rituelles Gegenstände fand die Vorstandswahl statt. Die Wahl ergab: erste Vorsitzende Frau (von) David Westheim, zweite Vorsitzende Frau (von) Lehrer Spier." |
Chanukkafeier der Gemeinde (1929)
Artikel in der
"Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 20. Dezember 1929: "Abterode. Wie alljährlich, findet auch in diesem Jahre am 29. dieses Monats eine Chanukkahfeier mit Ball statt, zu der die in hiesiger Gegend sehr beliebte Kapelle ‚Lulu‘ aus Eschwege konzertieren wird. Der für dieses Vergnügen sich gebildete Ausschuss hat sich um die Ausgestaltung die größte Mühe gegeben und wird mit allerlei Überraschungen alle Besucher angenehm unterhalten"
|
20-jähriges Stiftungsfest des jüdischen Frauenvereins
(1930)
Artikel in der
"Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 20. November 1930: "Abterode. 20-jähriges Stiftungsfest des jüdischen Frauenvereins. Am Sonnabendabend fand hier im festlich geschmückten Schulzimmer die 20-jährige Stiftungsfeier des jüdische Frauenvereins statt, zu der zirka 60 Personen aus der Gemeinde erschienen waren. Herr
Lehrer Spier hielt die Festrede. Ausgehend von dem Prophetenwort
Jesaias: "Erhebe ringsum deine Augen und siehe, sie sind alle gekommen‘, schilderte Herr Spier, wie der Verein in den 20 Jahren seines Bestehens stets seinen hohen Idealen treu geblieben ist und auch heute noch, trotz der Nöte der Zeit, keine Stimme des Elens unbeachtet lässt. Mit der Ermahnung, diese ideale Gesinnung, die bisher in den Reihen des Vereins vorherrschend war, auch in Zukunft in demselben walten zu lassen, schloss Herr Spier seine mit großem Beifall aufgenommene Rede. Hierauf begrüßte
Frau Dina Westheim die Anwesenden mit herzlichen Worten und erstattete den Rechenschaftsbericht. Die notwendig gewordene Neuwahl des Vorstandes hatte folgendes Ergebnis: 1. Vorsitzende
Frau Dina Westheim, 2. Vorsitzende Frau (von) Lehrer
Spier, Schriftführer Lehrer Hermann Spier. Unter Leitung ihres Lehrers trugen hierauf die Schulkinder einige Gedichte und Singspiele vor, die den Erwachsenen viel Freude bereiteten. Der übrige Teil des Abends wurde aufgefüllt mit Deklamationen ernsten und heiteren Inhalts, die von Herrn und Frau Lehrer Spier sowie von Frl. Ellen Westheim ausgewählt und zu Gehör gebracht wurden. Als man um 1 Uhr nachts aufbrach, gingen alle mit dem Bewusstsein nach Hause, einen recht angenehmen Abend verbracht zu haben.'
" |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Gefallen im Ersten Weltkrieg: Daniel Katzenstein
(1915)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. August 1915: "Abterode,
29. Juli (1915). Wieder ist einer unserer hoffnungsvollsten jungen Lehrer
im Feindesland gefallen. Daniel Katzenstein hauchte am 17. vorigen Monats
auf den Feldern Russlands im Alter von 21 Jahren seine reine Seele aus.
Katzenstein stammte von hier und genoss seine Ausbildung in der
Präparandenanstalt in Burgpreppach und im Lehrerseminar zu Kassel. Durch
rastlosen Eifer eignete er sich vielseitige und gründliche Kenntnisse auf
allen Gebieten der Schule an. Dabei schmückten ihn die schönsten
menschlichen Tugenden. Im Besitze eines für sein Alter großen jüdischen
Wissens, war er auch als Vorbeter und Vorleser sehr geachtet. Nach seinem
Abgang vom Seminar fand er Anstellung an der dreiklassigen Israelitischen
Volksschule in Kassel und erwarb sich Liebe und Vertrauen der Vorgesetzten
und Kollegen. Freudig, voll Mut und Begeisterung, trat er im Januar 1915
in die Reihen der Tapferen, um die heiligste Pflicht fürs geliebte
Vaterland zu erfüllen, der er nun das Leben geopfert. Tief betrauert wird
er von den gottergebenen frommen Eltern und Geschwistern, aber auch von
seiner Heimatgemeinde. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
Goldene Hochzeit von Levi Ronsheim und Marianne geb.
Goldschmidt (1915)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. September 1915: "Abterode,
12. September (1915). In körperlicher und geistiger Rüstigkeit begingen
Herr Levi Ronsheim und Frau Marianne geb. Goldschmidt dahier das Fest der
goldenen Gochzeit. Von den noch lebenden 10 Kindern des Jubelpaares stehen
4 unter den Fahnen. Herr Kreisrabbiner Dr. Cohn - Eschwege überreichte
die vom Kaiser verliehene Jubiläumsmedaille." |
Diamantene Hochzeit von Levi Ronsheim und Marianne geb. Goldschmidt
(1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. September 1925: "Abterode
bei Eschwege, 31. August (1925). Die Eheleute Levi Ronsheim und Marianne
geb. Goldschmidt, 87 beziehungsweise 81 Jahre alt, konnten heute im Kreise
ihrer großen Kinder, Enkel und Urenkel die Diamantene Hochzeit feiern.
Das Ehepaar hatte 12 Kinder; 8 sind noch am Leben. Herr Ronsheim war über
vier Jahrzehnte Gemeindeältester." |
Zum Tod von Rickchen Plaut (1925)
Artikel in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 14. Mai 1925: "Abterode (Kreis Eschwege), 10. Mai (1925). Im Alter von 84 Jahren
verschied hier Fräulein Rickchen Plaut, die älteste Einwohnerin des
Ortes. Seit einigen Jahren war die Verstorbene erblindet und an beiden
Seiten gelähmt." |
Zum Tod von Joseph Oppenheim (1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. September 1925: "Abterode
bei Eschwege, 31. August (1925). Im 75. Lebensjahr starb hier Joseph
Oppenheim, ein Mann von seltenen Gaben des Herzens und des Geistes. Vier
Jahrzehnte Gemeindeältester, sorgte er Vorbildlicherweise für das Wohl
der Gemeinde. Er wirkte als Hilfsvorbeter an allen Festtagen und Mohel
(Beschneider) eines großen Bekanntenkreis, eine Mizwoh (religiöse
Weisung), die er unentgeltlich geübt und für die sich viel Geld kosten
ließ. Selten groß in Gottesfurcht und Gottvertrauen, hatten die frei
Säulen des Judentums: Thauroh (Tora), Awaudoh
(Gottesdienst) und Gemilus chasodim (Wohltätigkeit) einen
ausgezeichneten Vertreter an ihm, wie solche in den kleineren Gemeinden
zur großen Seltenheit geworden sind. Der Lehrer der Gemeinde, sowie sein
Vorgänger schilderten in ihren Gedenkreden das vielseitige Wirken dieses Gottesdieners.
Seine 8 Kinder, darunter 5 Söhne, einer derselben Mohel
(Beschneider), wandeln in seinen Wegen. Der jüngste Sohn, der an der
Vorbereitung hierzu stand und ein besonderer wichtiger Mann war,
fiel im Weltkrieg. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
70. Geburtstag des langjährigen ehrenamtlichen Vorbeters Heß M. Oppenheim
(1927)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Juni 1927: "Abterode, 15. Juni (1927). Seinen 70. Geburtstag begeht heute in
körperlicher Rüstigkeit und Geistesfrische Herr H. M. Oppenheim dahier.
Seit 50 Jahren versieht er ehrenamtlich das Amt eines Vorbeters und ist
bei Juden und Christen in höchstem Maße beliebt und angesehen.
Jahrzehntelang bekleidet er schon das Amt eines
Gemeindeverordneten." |
|
Artikel in der
"Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 10. Juni 1927: "Abterode. Am 15. Juni
vollendet Herr H. M. Oppenheim in Abterode sein 70. Lebensjahr.
Seit Jahrzehnten ist derselbe Gemeindeverordneter der Gemeinde Abterode.
Auch in der jüdischen Gemeinde nimmt er eine geachtete und führende
Stellung ein. So versieht er seit fünfzig Jahren ehrenamtlich das
Vorbeteramt. Wir wünschen ihm, noch eine Reihe von Jahren in Gesundheit
zu verbringen." |
Zum Tod von Jakob Katzenstein (1927)
Artikel in der
"Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 23. Dezember 1927: "Abterode. Von einem
tragischen Schicksal wurde hier Herr Jakob Katzenstein betroffen.
Am vorigen Sabbat, als er sich anschickte, anlässlich der Barmizwah
seines Enkels zur Synagoge zu gehen, wurde er plötzlich durch einen
Schlaganfall dahingerafft." |
70. Geburtstag von Rosa Westheim
(1928)
Meldung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Juni 1928: "Abterode, 10. Juni (1928). Ihren 70. Geburtstag beging Frau Rosa
Westheim in größter Geistesfrische." |
90. Geburtstag von Levy Ronsheim, 82. Geburtstag von
seiner Ehefrau Marianne geb. Goldschmidt (1928)
Artikel in der
"Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 13. Juli 1928: "Abterode. Am 10. Juli feierten Herr
Levy Ronsheim und dessen Ehefrau Marianne geb. Goldschmidt,
ihren Geburtstag. Der Ehemann wurde 90, die Ehefrau 82 Jahre alt. Beide
Ehegatten sind geistig noch sehr rüstig; die Ehefrau versieht ihren
Haushalt allein ohne jede Hilfe. Vor drei Jahren feierten die Hochbetagten
ihre diamantene Hochzeit." |
Zum Tod von Levi Ronsheim (1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Januar 1929: "Abterode, 21. Januar (1929). Hier starb Levi Ronsheim im 91.
Lebensjahr, das älteste Mitglied der hiesigen Gemeinde. 40 Jahre wirkte
er als Gemeindeältester in segensreicher Weise, bis er aus
Altersrücksichten gezwungen war, sein Amt niederzulegen. Mit seiner jetzt
84jährigen wackeren Gattin lebte er 63 Jahre in harmonischer Ehe. Vor 3
Jahren noch konnte er mit seiner Frau in größter Rüstigkeit und
geistiger Frische die diamantene Hochzeit feiern. An seiner Bahre
schilderte Herr Lehrer Spier das wechselvolle Leben des Dahingeschiedenen.
Eine große Trauergemeinde folgte seiner Bahre. Seine Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
|
Artikel in der
"Jüdisch-liberalen Zeitung" vom
25. Januar 1929: "Abterode (Persönliches). Hier ist im Alter
von 91Jahren der älteste Einwohner des Ortes, der ehemalige
Gemeindeälteste Ronsheim, gestorben. Vier Jahre hat er die
Gemeindeinteressen mit Umsicht und Eifer vertreten. Lehrer Spier widmete
dem Entschlafenen am Grabe einen ehrenden Nachruf". |
Goldene Hochzeit von Heß M. Oppenheim und seiner Frau
(1934)
Artikel
in der Zeitschrift vom 28. Dezember 1934: "Abterode, 22.
Dezember (1934). Am 25. Tebet, dem 31. Dezember, können bei seltener
geistiger und körperlicher Frische Herr Heß M. Oppenheim und Frau
das Fest der Goldenen Hochzeit feiern. Der Jubilar übt seit
ungefähr 50 Jahren ehrenamtlich das Amt des Vorbeters an den Feiertagen
und an den ehrfurchtgebietenden Tagen aus und viele, die diese Zeilen
lesen, werden sich erinnern, mit welcher Andacht Herr Oppenheim die Gebete
zu verrichten versteht. Auch andere Ehrenposten innerhalb der jüdischen
und früher auch in der politischen Gemeinde sind dem Jubilar seit
Jahrzehnten übertragen. - Möge es dem Jubelpaar vergönnt sein, noch
viele Jahre zu wirken. (Alles Gute) bis 120
Jahre." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige der Witwe Rahel Katzenstein
(1889)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Februar 1889:
"Suche für meine 16-jährige Tochter in religiösem Hause Stellung
als Dienstmädchen.
Witwe Rahel Katzenstein, Abterode". |
Anzeige der Buchbinders Levi Heilbrunn (1934)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Februar 1934:
"Buchbinderarbeiten
und sämtliche Drucksachen
preiswert und gut bei
Levi Heilbrunn,
Abterode, Bezirk Kassel". |
Verlobungsanzeige von Thea Grünebaum und Semi Plaut
(1936)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Dezember 1936: "Gott
sei gepriesen.
Thea Grünebaum - Semi Plaut.
Verlobte.
Neukirchen Krs. Ziegenhain - Kirchhain, Bez. Kassel /
Abterode, Kreis Eschwege." |
Zur Geschichte der Synagoge
Bereits im 17. Jahrhundert dürfte ein Betsaal
vorhanden gewesen sein. Danach bestand eine erste Synagoge. Aus dem Jahr 1729
wird von der Einweihung einer neuen Torarolle berichtet, die mit einer üblichen
Prozession vom Haus des Stifters zur Synagoge durchgeführt wurde. Nach einem
Bericht von 1791 war die Synagoge damals im Gebäude Hinterweg 7. Das
heute hier stehende breit gelagerte Fachwerkhaus weist einen für die
Synagogenräume der Region typischen quadratischen Grundriss auf.
Das bis
heute erhaltene Synagogengebäude wurde um 1830 erbaut (nach älteren Angaben um
1870/71). Es steht inmitten des Ortes an einer Kreuzung mehrerer Straßen. Bei
diesem Bau handelt es sich (Beschreibung nach Altaras s. Lit. 1988 S. 70-71) um
einen zweigeschossigen Massivbau in Quadermauerwerk aus rotem Sandstein mit
einem Walmdach. Der Bau wurde vollkommen symmetrisch gestaltet, in dem sich
jeweils die gegenüberliegenden Seiten gleichen. Die Nord- und Südseite sind
durch Eck- und Mittellisenen auf zwei, die Ost- und Westseite durch zwei
Mittellisenen auf drei Felder unterteilt. Der Zugang ist von Westen her durch
ein großes Rundbogen-Eingangsportal in der Mittelachse. Gegenüber, in der
mittleren Fläche des Erdgeschosses an der Ostseite, findet sich ein schmales
Hufeisenbogen-Portal.
1929 wurde in der Synagoge eine Gedenktafel für die Gefallenen des Ersten
Weltkrieges aus Abterode angebracht. Über die gottesdienstliche Feier zur
Einweihung liegt folgender Bericht vor:
Einweihung einer Ehrentafel für die
Gefallenen des Ersten Weltkrieges (1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Mai 1929: "Abterode, 21. Mai (1929). In unserer nur 86 Seelen zählenden
Gemeinde fand die Einweihung einer Ehrentafel für die neun im Weltkrieg
gefallenen Heldensöhne aus unserem Orte statt, die von
Regierungsbaumeister Sichel - Kassel entworfen und von der Firma Gebr.
Halle - Kassel hergestellt worden war. Die schlichte Feier wurde
eingeleitet durch einen Psalmgesang, gesungen von Herrn Lehrer Spier.
Daraufhin hielt Herr Kreisrabbiner Dr. Baßfreund - Eschwege
die Weiherede. Anknüpfend an die Sefira-Zeit der Erinnerung an
jüdische Glaubenshelden, die selbst den Tod nicht gescheut haben, um der
Gesamtheit zu dienen, verglich er diese Märtyrer mit den Helden der
Neuzeit, die ebenfalls dem Tode mutig entgegen gingen, um die Heimat zu
schützen. Mit der Mahnung an die Gemeinde, die Ehrentafel in ihre
besondere Obhut zu nehmen, schloss er seine tief empfundene Weiherede. In
eindrucksvoller Weise sang Herr Kantor Bacharach Eschwege
das "der Mensch - wie Gras sind seine Tage (Psalm 103,15)"". |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 17. Mai 1929: "Abterode. Einen treffenden Beweis gegen den Vorwurf der jüdischen Drückebergerei im Kriege bot die Einweihung der Ehrentafel in der hiesigen Gemeinde. Auf einer vom Herrn Regierungsbaumeister Sichel – Kassel entworfenen und von der Firma Gebr. Hall hergestellten Tafel sind in Goldschrift die Namen von neun Todesopfern aufgezeichnet, die der Krieg uns entrissen. Neun Gefallene in einer Gemeinde, die insgesamt 86 Seelen zählt, und dennoch erlebten wir es, dass in einer hiesigen Wahlversammlung des vergangenen Jahres das Märchen von der Drückebergerei der Juden auflebte und scharf zurückgewiesen werden musste. Die schlichte Feier wurde eingeleitet durch das
"Adon moh Odom", gesungen von Herrn Lehrer Spier. Daraufhin hielt Herr Kreisrabbiner Dr. Baßfreund –
Eschwege die Weiherede. Anknüpfend an die Sefirahzeit, der Zeit der Erinnerung an jüdische Glaubenshelden, die selbst den Tod nicht gescheut haben, um der Gesamtheit zu dienen, verglich er diese Märtyrer mit den Helden der Neuzeit, die ebenfalls dem Tod mutig entgegen gingen, um die Heimat zu schützen, um der Gesamtheit zu dienen. Sie haben damit eine der Hauptforderungen des Judentums erfüllt, die darin besteht, der Gesamtheit die größten Opfer zu bringen. Mit der Mahnung an die Gemeinde, die Ehrentafel in ihre besondere Obhut zu nehmen, schloss Herr Dr. Baßfreund seine tiefempfundene Weiherede. In eindrucksvoller Weise sang nun Herr
Kantor Bacharach – Eschwege das
"Enosch k’chozir jomow", worauf Herr Lehrer Spier als ehemaliger Kriegsteilnehmer und Mitglied des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten die Zuhörer ermahnte, überall und in jedem Falle für unsere Gefallenen einzustehen, dafür zu sorgen, dass ihr Name und ihr Geschlecht so lebendig bleiben, so weihevoll und so rein, wie Name und Geschlecht all ihrer toten Kameraden. Mit einem Schlussgesang des Herrn Bacharach fand die ernste Feier ihren
Abschluss.". |
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge im
Inneren völlig demoliert. Das Gebäude selbst wurde nur leicht beschädigt. Nach den vorliegenden Berichten (Quelle:
Heimatgeschichtlicher Wegweiser s. Lit. S. 233) wurde die Synagoge bereits am
Abend des 8. November 1938 demoliert. An diesem Abend brannte keine
Straßenbeleuchtung im Ort; die Polizei befand sich weit entfernt außerhalb des
Ortes, Menschen aus anderen Orten der Umgebung waren in großer Zahl nach
Abterode gekommen und die Bürgermeister nahmen an einer Sitzung in Eschwege
teil. Die organisierte Menge demolierte die Synagoge. und die Wohnungen der
jüdischen Einwohner, die auch misshandelt wurden. Während dieser Ereignisse
befand sich die SA und ihre Leitung zu einer Besprechung in der Gastwirtschaft
von Zimmermann, um über die kurzfristig geplanten Aktionen zum reichsweiten
Novemberpogrom zu beraten. Die Abteröder Juden wurden verhaftet und nach Eschwege
transportiert. 1944 kaufte der Spar- und Darlehnskassenverein das Gebäude
und verwendete es als Lagerraum.
Auch nach 1945 wurde das Synagogengebäude als
Lagerraum für Futtermittel verwendet. Zur Verwendung als Lager wurden eine
Rampe und ein Vordach im Westen angebaut. Ein kleiner moderner Neubau der
Raiffeisenbank wurde an der Nordseite angebaut. Anlässlich der
900-Jahrfeier von Abterode im Jahr 1976 wurde die Synagoge im Außenbereich
renoviert. Die Nutzung der ehemaligen
Synagoge als Lager wurde Anfang der 1990er-Jahre eingestellt, die Räumlichkeiten
wurden insgesamt zu einer Bankstelle umgebaut. Hierzu war der Einbau einer
Zwischendecke notwendig. Im Zusammenhang mit dem Umbau erfolgte eine
Renovierung des gesamten Gebäudes, bei der das Landesamt für Denkmalpflege mit
integriert war. Gefunden wurde beim Umbau eine Genisa mit zahlreichen
Schriften, Gebetbüchern und rituellen Gegenständen (u.a. Gebetsriemen, Megilat
Ester, Torawimpel). Konservierungs- und Restaurierungsarbeiten der Wand- und
Deckenmalereien sind noch nicht abgeschlossen. Die Funde aus der Genisa waren jahrelang verschollen, wurden jedoch
2018 wiederentdeckt (siehe Presseartikel unten).
Die Hinweis- und Gedenktafel an der ehemaligen Synagoge enthält den Text
(siehe unten): "Ehemalige Synagoge der jüdischen Gemeinde Abterode. Erbaut
1871. Seit 1944 im Besitz des Spar- und Darlehenskassenvereins Abterode.
Niederlassung der Raiffeisenbank Meißnervorland eG., die das bis dahin als
Zahlstelle und Lager genutzte Gebäude in 1992/93 grundlegend renovierte. Dem
Schicksal der Abteröder Synagoge und ihrer Gemeinde gedenkt die Eintragung
Abterodes im Tal zerstörter jüdischer Gemeinden "Yad Vashem" in
Israel."
2019 wurde im Obergeschoss des Synagogengebäudes ein "Lern- und Gedenkort" für
jüdisches Leben eingerichtet (siehe Presseartikel unten).
Adresse/Standort der Synagoge: Nähe der
Ortskirche (Hinterweg 1)
Fotos
(Quelle: Fotos in den mit *) markierten Zeilen aus der
Publikation von Kollmann/Wiegand s.Lit.; Fotos vom März 1985 aus: Altaras s. Lit. 1988 S.
71; neuere Fotos von Jürgen Hanke, Kronach aus www.synagogen.info)
Lage der
jüdischen Wohnhäuser
um 1791 in Abterode* |
|
|
|
Die jüdischen
Familien wohnten in der
Kirchkranzbebauung und am Steinweg |
|
|
|
|
Die Synagoge in
Abterode |
|
|
|
|
|
Die
Synagoge auf einer Postkarte
um 1900 (mit freundlicher Erlaubnis von
F. Bányai, Website www.judaica.cz)
|
Die Synagoge um
1900* |
Decken-
und Wandmalerei der Abteröder
Synagoge (im Obergeschoss der heutigen
Bankfiliale, Aufnahme 1996) |
|
|
|
|
Die
Synagoge nach dem
Novemberpogrom 1938 |
|
|
|
Die
Inneneinrichtung wurde völlig demoliert |
|
|
|
|
Die ehemalige Synagoge in
den 1980er-Jahren |
|
|
|
Das Gebäude von Norden mit
dem
angebauten Bau der Raiffeisenbank |
Die Laderampe an der Westseite
mit dem Vordach |
|
|
|
Die ehemalige Synagoge
nach
der Restaurierung (2004) |
|
|
|
|
|
|
|
|
Die ehemalige
Synagoge
im April 2009
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 8.4.2009) |
|
|
|
Blick auf die
ehemalige Synagoge mit
dem heutigen Eingang in das Gebäude
links auf der
Nordseite |
Im Hintergrund die
Pfarrkirche
(1867/68 erbaut); rechts die Nordseite
der ehemaligen Synagoge |
|
|
|
|
|
|
Die
ehemalige Synagoge von zwei Seiten: deutlich ist der vollkommen
symmetrische Bau:
die Ost- und Westseite (siehe oben) sind durch
Mittellisenen in drei Felder unterteilt;
die Gurtgesimse ergeben eine
Aufteilung in jeweils sechs Flächen: jede Fläche hat eine
Tür- und
Fensteröffnung. |
Detailaufnahme mit
dem umlaufenden
Fries im Zahnschnittprofil unter dem
Dachgeschoss;
zweiteiliges Fenster
mit Mittelsäule |
|
|
|
|
|
|
Ostseite |
Links Südseite,
rechts Ostseite
des Gebäudes mit Blick zur Pfarrkirche |
Eingang in das
Gebäude
(von innen gesehen) |
|
|
|
|
|
|
Inschrift
- Zitat aus Jesaja 2,3: "lasset uns
hinaufgehen zum Berge des Ewigen,
zum
Hause des Gottes Jakobs" (die markierten
Buchstaben ergeben das
Jahr des
Synagogenbaus). |
Dekorative
Schmuckelemente
unter den Fenstern
|
Gedenktafel
(Text siehe oben)
|
|
|
|
|
|
Funde aus der
Genisa* |
|
|
|
|
|
Fragment einer
Megilla (Buch Esther) |
Torawimpel:
Hochzeitspaar unter der
Chuppa und entrollte Tora mit Schrift:
"Dies
ist die Tora, die Mose gegeben hat" |
Hebräische
Schriften |
|
|
|
|
|
Ehemaliges
jüdisches Schulhaus* |
|
|
|
Das ehemalige
jüdische Schulhaus
im Steinweg 47, Hinterhaus |
|
|
|
|
Andernorts
entdeckt: Gedenken an den
Gefallenen Moses Oppenheim aus Abterode
(Foto erhalten von Hans Lesage
www.weltkriegsgraeber.be
) |
|
|
|
Der Name von Moses
Oppenheim ist eingetragen auf einer
Gedenktafel im deutschen Soldatenfriedhof in Menen (Belgien) |
|
Weitere Fotos
im "Wissenschaftlichen Bildarchiv"
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Juni 2017:
Besuch von Nachkommen der Familie Westheim in
Abterode |
Am
Grab des Vorfahrs Lehmann David Westheim: Dr. Alan Westheim mit Ehefrau
Adrienne, Tochter Sara und Sohn Jares im jüdischen Friedhof Abterode.
Dazu Bericht von Thomas Beck in der Website des Heimatvereins Datterode
e.V.
http://www.heimatverein-datterode.de/de/component/content/article/29-de/veranstaltungsarchiv-2017/372-im-dorf-der-vorfahren |
|
März 2018:
Genisa (wieder-)entdeckt |
Artikel in der HNA.de (Lokales -
Witzenhausen) vom 8. März 2018: "Fund soll teilweise restauriert und ausgestellt werden.
Abterode: Verschollene jüdische Schriften aufgetaucht.
Abterode. Verschollen geglaubte jüdische Schriften und Kultusgegenstände sind jetzt durch Zufall in Abterode wiederentdeckt worden.
Pfarrer Andreas Heimann hatte diese beim Aufräumen des alten Archivs der evangelischen Kirchengemeinde gefunden. Für Dekan Dr. Martin Arnold ist das ein
'unglaublicher Glücksfall'. Er wisse nur von einer weiteren solchen Entdeckung dieses Umfangs in Hessen.
Der Fund beinhaltet neben ein- und zweisprachigen Bibelausgaben unter anderem auch eine große Pergamentschriftrolle, die Teil der Esther-Geschichte ist. Die handelt laut Arnold auch davon, wie schwer es jüdische Gemeinden als Minderheiten in der Ferne hatten und sie dennoch dank Gott behütet waren.
'Es ist interessant, dass ausgerechnet ein Pergament-Stück mit dieser Geschichte in Abterode gefunden worden
ist', erzählt Arnold und spielt damit auf die Zeit des Nationalsozialismus’ an.
Als zweite große Besonderheit des Fundes nennt er einen Tora-Wimpel, auch Mappa genannt.
'Das war das Beschneidungstuch der Jungen, das bestickt wurde', erklärt der Dekan. Viele persönliche Informationen seien deshalb auf diesem Tuch enthalten, die nun entschlüsselt werden sollen.
'Das ist ein interessanter Forschungsansatz.'
Denn wieder in der Versenkung verschwinden sollen die Schriften und die Gegenstände nicht:
'Wir würden die gerne von einem Experten sichten, katalogisieren und einzelne Stücke dann restaurieren
lassen', spricht Arnold das weitere Vorgehen an, wie mit dem Fund umgegangen werden soll. Ausgestellt werden könnten die Exponate dann in dem gerade entstehenden Lern- und Gedenkort im Obergeschoss der ehemaligen Synagoge in Abterode, den der Verein Aufwind derzeit aufbaut und im Sommer 2019 eröffnen will.
'Der wird sehr eindrücklich werden', sagt Vereinsvorsitzender Matthäus
Mihm..."
Link
zum Artikel |
Vgl. auch Bericht in der Seite http://www.kirchenkreis-eschwege.de/scripts/news/912/63874?layout=9&hom=hom
sowie Bericht in lokalo24.de vom 14. Juli 2018:
https://www.lokalo24.de/lokales/werra-meissner-kreis/markt-spiegel/alte-juedische-schriften-gegenstaende-abterode-entdeckt-10031763.html |
|
Juni 2019:
Pergamentrolle (Megillat-Ester)
wieder zurück in der Synagoge |
Artikel von Tobias Stück in der
"Werra-Rundschau" vom 18. Juni 2019: "Pergamentrolle ist nach der
Restauration zurück in Abterode
Die Reste einer Pergamentrolle, die im vergangenen Jahr in Abterode
wiederentdeckt wurde, ist aus der Restauration zurückgekehrt.
Restaurator und Konservator Hans-Dieter Lomp (Schlitz-Queck) hat das
Schriftstück in einem speziellen Verfahren geglättet und gereinigt. Das
Dokument hatte sich noch vor einigen Monaten 'in einem beklagenswerten
Zustand' befunden. Es war sehr zerknittert. Brandflecken, Mäusefraß und
Dreck hatten der hebräischen Handschrift auf dem Dachboden arg zugesetzt.
Lomp gehört zu den wenigen Spezialisten, die über das dazu nötige Fachwissen
verfügen. Bei seinen Untersuchungen konnte Lomp feststellen, dass es sich
bei diesem Pergament um Kalbshaut handelt, die mit Eisen-Gallus-Tinte
beschrieben wurde. Die Löcher im Pergament sind durch Brand entstanden. 'Wir
haben bewusst auf eine Restauration verzichtet', sagte Dekan Dr. Martin
Arnold, 'man soll die Schäden und Gebrauchsspuren weiterhin sehen können.'
Pfarrer Andreas Heimann hatte die Schriftrolle beim Aufräumen des alten
Archivs der evangelischen Kirchengemeinde gefunden. Sie ist Teil der
Esther-Geschichte. Die handelt laut Arnold auch davon, wie schwer es
jüdische Gemeinden als Minderheiten in der Ferne hatten und sie dennoch dank
Gott behütet waren. 'Es ist interessant, dass ausgerechnet ein
Pergament-Stück mit dieser Geschichte in Abterode gefunden worden ist',
erzählt Arnold und spielt damit auf die Zeit des Nationalsozialismus’ an. In
der ehemaligen Synagoge in Abterode soll am 2. November 2019 ein Lern- und
Gedenkort für jüdisches Leben in der Region Werra-Meißner eröffnet werden.
Die restaurierte Pergamentrolle gehört zu den Exponaten dieser Ausstellung.
Die Arbeiten an der Schriftrolle haben etwa 1500 Euro gekostet. Bisher sind
dafür 1100 Euro an Spenden eingegangen. Wer mithelfen möchte, die Restkosten
aufzubringen, kann dies mit einer Spende auf das Konto des Kirchenkreisamtes
Eschwege, IBAN DE91 5206 0410 0001 2001 00, unter dem Verwendungszweck
'Pergamentrolle Synagoge Abterode' tun."
Link zum Artikel |
|
November 2019:
In der ehemaligen Synagoge
wurde ein Lern- und Gedenkort eröffnet |
Artikel von Kristin Weber in der
"Werra-Rundschau" vom 5. November 2019: "'Das Schweigen brechen'. Lern- und
Gedenkort in Abteroder Synagoge ist eröffnet
Im Lern- und Gedenkort für jüdisches Leben, der in der ehemaligen Synagoge
Abterode eröffnet wurde, können Gruppen von rund 20 Personen, vor allem
Schüler, Einblicke in die Zeit bekommen, als Juden und Christen in den
Dörfern des Werra-Meißner-Kreises als Nachbarn zusammenlebten.
Medial zeitgemäß aufbereitet am großen Wandbildschirm, können sie
historische Fotos betrachten oder Videos mit Zeitzeugenberichten ansehen.
Zur Eröffnungsfeier drängten sich mehr als 200 Menschen in den Raum mit den
erhaltenen Wandmalereien und zeigten damit, wie groß das Interesse ist und
wie wichtig das Thema, denn viele andere Besucher passten gar nicht mehr
hinein und mussten in der Kirche auf den nächsten Programmpunkt warten.
Dachstuhl saniert. Matthäus Mihm hatte das Projekt als Vorstand des
Vereins 'Aufwind' einst angestoßen – der Verein hat das Gebäude gepachtet
und betreibt im Untergeschoss einen Laden –, jetzt hat Aufwind-Vorstand
Andrea Röth das Heft übernommen. Das Lager unter dem Dach wurde leergeräumt,
der Dachstuhl fachgerecht saniert und der Lern- und Gedenkort mit
Fördermitteln des Modellvorhabens Land(auf)Schwung des Bundesministeriums
für Ernährung und Landwirtschaft umgebaut und medial eingerichtet.
Inhaltlich hat Dekan Dr. Martin Arnold das Zepter übernommen, der Verein
'Freunde und Freundinnen des jüdischen Lebens', dem er vorsitzt, wird das
Projekt tragen, mit Leben und Expertise füllen.
Viele Menschen aus dem Kreis stellten historische Dokumente zur Verfügung,
die digitalisiert wurden. 'Es hat viel Zeit gebraucht, bis wir über das
Thema der einstigen jüdischen Mitbürger im Kreis wieder offen miteinander
sprechen können', sagte Landrat Stefan Reuß. 'Jetzt müssen wir das Schweigen
brechen.' Der Meinung ist auch Bürgermeister Friedhelm Junghans: 'Wenn wir
erkennen, dass heute ein Viertel der Bevölkerung antisemitische Gedanken
hegt, dann müssen wir sagen: Das ist zu viel!' Sie alle wollen dem
Negativtrend entgegentreten. Ruth Bar Ilan aus Israel, deren jüdische
Vorfahren einst in Eschwege gelebt hatten, bedankte sich bei den Machern des
Projekts.
Einblicke in das Leben der jüdischen Gemeinde. Dr. Karl Kollmann gab
als Historiker Einblicke in das Leben der jüdischen Gemeinde in Abterode im
17. Jahrhundert, während Sabine Knappe im Gemeindehaus einen Imbiss mit
jüdischen Spezialitäten zubereitet hatte: Für die musikalische Untermaltung
sorgten die 'Landstreicher'. Anschließend zeigte die Klezmer-Band 'Aufwind'
aus Berlin, die fröhliche Seite der jiddischen Musik bei einem Konzert in
der Kirche. Mitwippen war angesagt. Beifall spendete das Publikum am Ende
einer rundum gelungenen Eröffnungsfeier."
Link zum Artikel |
|
Januar 2020:
Veranstaltung zum
Holocaust-Gedenktag |
Artikel von Kristin Weber in der
"Werra-Rundschau" vom 29. Januar 2020: "Gedenken zum 75. Jahrestag der
Befreiung: Auschwitz ist immer noch ganz nah.
Zum Gedenken an die Opfer des Holocaust und die Befreiung des
Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau kamen am Montagabend Hunderte Menschen
in die Synagoge Abterode.
Abterode – Am 27. Januar 1945 erreichte die Rote Armee das
Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz in Polen. Doch dieses war
kurz zuvor geräumt worden, nur 7500 deportierte Lagerinsassen konnten
befreit werden. Zum Gedenken an die Opfer lud der Verein 'Freunde und
Freundinnen des jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis' in die ehemalige
Synagoge in Abterode ein. Und wieder einmal war der Gedenkraum zu klein für
das große Interesse. Zwar scheint Auschwitz weit weg zu sein, mit ihren
Vorträgen holten Dr. Martin Arnold und seine Mitstreiter die Schrecken von
damals jedoch ganz nah heran – als Mahnung. 'Auschwitz ist das Symbol für
den schauerlichsten Abgrund der Menschheit', sagte Arnold. 'Dort wurden
neben Juden auch die polnische Intelligenz, die Homosexuellen und die Zeugen
Jehovas ermordet. Heute wollen wir an die Opfer aus dem Werra-Meißner-Kreis
erinnern.' Denn weit über 500 Menschen aus dem Kreis wurden in Auschwitz
umgebracht.
Ein Koffer am Bahnhof Eschwege. Wie erschütternd die Fakten sind,
zeigte Anna Maria Zimmer eindrücklich in ihrem Vortrag. Auschwitz begann
buchstäblich vor der Haustür. Dr. Walter Schulz, NSDAP-Mitglied und
Gauleiter, war Landrat von Eschwege von 1937 bis 1945. Er setzte 1941 ein
Schreiben mit Bestimmungen auf, wie mit den Juden, die 'umgesiedelt' werden
sollten, zu verfahren sei und verteilte es an die Bürgermeister. 'Man kann
also nicht sagen, dass niemand davon gewusst habe', hielt Anna Maria Zimmer
fest. Darin stand, wie die Juden ihren Hausrat zurücklassen sollten (die
Möbel ordentlich zusammengestellt) von wo aus die Züge abfahren (Eschwege),
und was jeder mitnehmen darf (einen Koffer), was darin enthalten sein darf
(Löffel, Becher, warme Kleidung, Schuhe und Essen für drei Tage). Einer
Liste entsprechend wurden 100 Menschen jüdischen Glaubens aus Eschwege,
Reichensachsen und den umliegenden Dörfern zum Eschweger Bahnhof getrieben
und dort in Viehwagons verfrachtet. Das Denkmal des Koffers erinnert heute
an sie.
Zeitzeugenberichte aus der Region. Schließlich las Anna Maria Zimmer
die Erinnerungen von Sonia Habler, geboren in Eschwege, und Kurt Mayer,
geboren in Herleshausen, vor. Beide hatten die Konzentrationslager überlebt
und berichteten, wie sie entmenschlicht wurden und in Baracken gepfercht, wo
ihnen jeden Tag der Tod in Form von Kälte, Hunger, Krankheiten oder dem
Erschießungskommando drohte. Anna Maria Zimmer präsentierte die Fakten ohne
emotionale Hinzufügungen, die Texte allein zeigen das Grauen so
schonungslos, dass im Publikum immer wieder entsetztes Aufstöhnen erklang.
Pfarrer singt und spricht jüdische Gebete. Pfarrer Martin von
Frommershausen sang anschließend ein jüdisches Gebet für die Opfer. York
Egbert König stellte vor, wie er im Stadtarchiv Eschwege über 500 Kennkarten
von Juden aus dem Werra-Meißner-Kreis digitalisiert und archiviert hat. Über
Hundert Namen der Opfer aus dem Kreis, die in Auschwitz ermordet wurden,
lasen Paula Polowczyk, Simon Exner, Nelly Metzger und Daniel Codorie vor,
Schüler der Anne-Frank-Schule.
Zahlen des Schreckens. 7500 befreite Gefangene, die das Glück hatten,
die Hölle von Auschwitz zu überleben, das hört sich nach viel an, aber nur
so lange, bis man die Zahl in Relation stellt. Die Zahlen des wahren
Schreckens haben ganz andere Dimensionen: Als die rote Armee im Januar 1945
kurz vor Auschwitz stand, evakuierte die SS in wenigen Tagen das Lager und
transportierte rund 56.000 Lagerinsassen in Frachtwaggons nach Westen in
andere Einrichtungen. Insgesamt hatten die Nazis 1,3 Millionen Menschen nach
Auschwitz deportiert, von denen die unbeschreibliche Zahl von 1,1 Millionen
Menschen in den Gaskammern ermordet wurde. Die Opfer waren zum größten Teil
Juden und stammten aus 20 Nationen. Aber auch Polen, Roma und sowjetische
Kriegsgefangene wurden umgebracht.
Polizeischutz. Während der Gedenkveranstaltung stand vor der Tür ein
Polizeiwagen als Schutz und zeigte deutlich: Solange die Polizei solche
Veranstaltungen schützen muss, ist Auschwitz nicht weit weg, sondern immer
noch ganz nah..."
Link zum Artikel https://www.werra-rundschau.de/lokales/meissner-berkatal/gedenken-holocaust-synagoge-abterode-13507885.html.
|
|
Juni 2020:
In der Synagoge ist eine virtuelle
Zeitreise möglich |
Artikel in der "Werra-Rundschau" vom
25. Juni
2020: "Verein erschafft virtuelle 3-D-Rekonstruktion. Zeitreise ins
Innere der Abteröder Synagoge
Die Zukunft der Technik hat im Verein 'Freundinnen und Freunde jüdischen
Lebens' bereits begonnen. Und zwar, um mit ihrer Hilfe eine Reise in die
Vergangenheit zu unternehmen: 'Unserem Verein ist es gelungen, den Innenraum
der ehemaligen Synagoge in Eschwege auf dem Schulberg neu entstehen zu
lassen', sagt der Vorsitzende Dr. Martin Arnold. 'Virtuell, mit einer
Datenbrille, ist der Raum wieder so begehbar, wie er bis zur Zerstörung im
Jahr 1938 ausgesehen hat.'
Alte Innenaufnahmen als Vorlage. Die Besucher des Lern- und
Gedenkorts in der ehemaligen Synagoge in Abterode können so die Synagoge in
Eschwege dreidimensional betreten und sie auf eindrucksvolle Weise erleben,
wie die jüdische Gemeinde in Eschwege den Ort vor dem Zweiten Weltkrieg
gesehen hat. Alte Innenaufnahmen dienten als Vorlage. Daraus hat die
Kreativagentur Dorfmeyster aus Kassel den Raum virtuell rekonstruiert.
Gefördert wurde die Maßnahme durch den Verein für Regionalentwicklung
Werra-Meißner mit mehr als 12.000 Euro aus dem Regionalbudget 2020. Der
Lions-Club Eschwege-Werratal hat das Projekt durch eine Spende in Höhe von
1500 Euro unterstützt. Weitere 1500 Euro sind noch offen und sollen durch
Spenden gedeckt werden. 'Unser Verein hat das Ziel, die Spuren des jüdischen
Lebens dem Vergessen zu entreißen', sagt Dr. Martin Arnold. 'Damit stehen
wir im Kontrast zum Nationalsozialismus, der versucht hat, alle Spuren
auszulöschen.'
Begeistert vom Ergebnis. Sabine Wilke vom Verein für
Regionalentwicklung ist begeistert vom Ergebnis der virtuellen
Rekonstruktion. Auf diese Weise könne jugendlichen Besuchern das Wissen
erlebbar nahegebracht werden – und zwar auf eine moderne Weise, die sie
anspricht. 'Ich finde es auch genau richtig, dass man sich in der Synagoge
in Abterode per Datenbrille in die Synagoge in Eschwege begeben kann, denn
das stellt zwei Orte zueinander in Beziehung und somit den Bezug zur Region
her', sagte sie. Auch Gudrun Kühnemuth, Vorsitzende des Lions-Clubs
Eschwege-Werratal, ist nach dem Blick in die Brille sehr beeindruckt. 'Für
Schüler und Konfirmanden ist es wichtig, dass sie mit diesem Teil der
Geschichte vertraut gemacht werden, und die Technik bietet ihnen dabei ein
Erlebnis.' Meißners Bürgermeister Friedhelm Junghans fungiert im Verein der
Freunde als Kassenwart, und betont, welche Herkulesaufgabe die Finanzierung
des Projekts für den jungen Verein gewesen sei. 'Ich hoffe deshalb, dass
noch mehr Mitglieder in den Verein eintreten, um damit unsere wichtige
Arbeit zu unterstützen', sagte er. Und auch während der Corona-Pandemie
möchte der Lernort sein Angebot weiterführen, allerdings mit begrenzten
Programmen, denn der Gesundheitsschutz sei wichtig, wie Dr. Martin Arnold
betonte.
Angebot für Familien. Ein erster Schritt besteht in einem Angebot für
ein bis zwei Familien mit Kindern im Alter von vier bis zwölf Jahren. Ab dem
1. Juli sind diese eingeladen, in Abterode jüdisches Leben in der Region zu
entdecken: Welche Feste haben die jüdischen Gemeinden gefeiert? Wie sah es
in einer Synagoge aus? Was haben die Kinder miteinander gespielt? Diese
Fragen und Eindrücke werden kindgerecht vermittelt.
Anmeldung. Wegen der Corona-Bedingungen ist eine vorherige Anmeldung
erforderlich. Ein Wunschtermin kann mit Dr. Martin Arnold vereinbart werden
(Tel. 05651/339281 oder Email:
martin.arnold@posteo.de)."
Link zum Artikel |
|
August 2020:
Über den Lern- und Gedenkort
ehemalige Synagoge Abterode |
Artikel von Anna Schellhase in der
"Werra-Rundschau" vom 22. August 2020: "Lern- und Gedenkort. In der
ehemaligen Synagoge Abterode erlebt man jüdische Geschichte interaktiv
Der Verein der 'Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens in der Region
Werra-Meißner' verspricht in der ehemaligen Synagoge spannenden Einblick in
das Judentum .
Abterode - Nicht als klassisches Museum, sondern als moderne, interaktive
und zum Teil digitale Lernmöglichkeit. In der Region Werra-Meißner gab es in
14 Dörfern Synagogen, jüdische Friedhöfe und Schulen. Während des
Nationalsozialismus wurde das jüdische Leben in der Region ausgelöscht. Das
Obergeschoss des ehemaligen Synagoge diente in der Vergangenheit unter
anderem als Düngemittellager. Heute befindet sich dort eine Sitzecke mit
Blick auf einen großen Bildschirm. Im Untergeschoss befindet sich seit 2011
das 'Lädchen für alles'.
Führungen. Die Führungen finden entweder als Präsentation auf dem
großen Bildschirm, auch mit kindgerechten Erklärvideos, statt, oder die
Besucher informieren sich über Tablets, die dort zur Verfügung stehen. Die
Inhalte auf den Tablets geben Einblicke in viele Bereiche wie jüdische
Feste, Bildung, Orte jüdischen Lebens und Antisemitismus. Das Lösen von
Rätseln hilft bei den Entdeckungstouren.
Erinnerungskultur. Zum Thema Erinnerungskultur hat der Verein Stimmen
von Zeitzeugen gesammelt und präsentiert diese in einem Video. 'Digitale
Formate sind sicherlich interessanter für Jugendliche als Vitrinen. Wenn man
all das, was wir in unserer Datenbank haben, in einem Museum ausstellen
würde, wäre das Museum unvorstellbar riesig', sagt Vereinsvorsitzender Dr.
Martin Arnold.
Museum digital. Das technische Highlight dürfte wohl eine VR-Brille
sein, mit der man die ehemalige Synagoge auf dem Eschweger Schulberg vor
ihrer Zerstörung im Jahr 1938 besichtigen kann. Der Innenraum wurde mithilfe
historischer Aufnahmen virtuell rekonstruiert.
Museum analog. Aber natürlich gibt es auch 'analoge'
Ausstellungsstücke. Die Esther-Rolle, die 2018 auf dem Dachboden in Abterode
wiederentdeckt wurde, stammt vermutlich aus dem 19. Jahrhundert und enthält
die Geschichte der schlauen Esther, die das jüdische Volk vor der
Vernichtung durch den persischen König rettete.
Eine weitere Geschichte verbirgt sich auch hinter einem alten Fenster der
Synagoge. Dort befindet sich ein Thorawimpel von 1775, der als Wickelband
für die Thora bestimmt ist, bestehend aus einer Windel, die als
Beschneidungswindel gedient haben könnte, in drei Teile geschnitten und
zusammengenäht wurde. Der Wimpel ist kunstvoll bestickt mit dem Geburtsdatum
des Trägers, einer Thora und einer Hochzeitsszene. 'Die Kinder mögen
besonders solche Geschichten, denn dann fängt das Judentum an zu leben',
findet Ludger Arnold.
Antisemitismus. Aber auch das Thema Antisemitismus findet Dr. Martin
Arnold sehr wichtig. Das digitale Programm zeigt unter anderem das
Kinderbuch 'Trau keinem Fuchs auf grüner Heid und keinem Jud bei seinem Eid'
von Elvira Bauer aus dem Jahr 1936. Durch dieses Buch sollte schon kleinen
Kindern ein antisemitisches geprägtes Weltbild vermittelt werden. Im
Programm werden sowohl die Folgen des Antisemitismus als auch
unkompliziertes Miteinander von Juden und Christen gezeigt. 'Die Botschaft
dahinter soll sein, dass Juden Menschen sind wie wir alle. Juden und
Christen sind eng miteinander verbunden und ihre Kulter enthält Elemente,
auf die man stolz sein kann', so Dr. Arnold.
Führungen. Der Lern- und Gedenkort jüdischen Lebens kann derzeit nur
Führungen bis zehn Personen anbieten. Nähere Infos:
www.synagoge-abterode.de."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde
Abterode |
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs
(innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus
hessischen jüdischen Gemeinden
einsehbar:
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41
Zu Abterode sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur
Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):
HHStAW 365,39 Verzeichnis der jüdischen Einwohner von
Abterode und Frankershausen mit Benennung von Vorstehern, Lehrern und
Gemeindedienern 1735 - 1824 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v289716
HHStAW 365,33 Verzeichnis der jüdischen Einwohner von
Abterode und Frankershausen mit Benennung von Vorstehern, Lehrern und
Gemeindedienern 1735 - 1824 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1230080
HHStAW 365,40 Jüdisches Personenstandsregister von
Abterode 1809 - 1813 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1245100
HHStAW 365,34 Verzeichnis aller Juden in der
Kultusgemeinde Abterode 1823 - 1823 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4250800
HHStAW 365,37 Geburtsregister der Juden von Abterode und
Vockerode 1824 - 1851 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2719759
HHStAW 365,38 Sterberegister der Juden von
Abterode 1824 - 1852 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2126642
HHStAW 365,35 Trauregister der Juden aus der
Synagogengemeinde in Abterode 1829 - 1935 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4782861
HHStAW 365,36 Trauregister der Juden von Abterode
1852 - 1935 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4101075
HHStAW 365,41 Sterbereister der Juden von Abterode
1852 - 1937 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1230081
|
|
unter den Familienregistern zu Wolfhagen
findet sich:
HHStAW, 365, 868 Heiratsurkunden jüdischer Eheleute aus Wolfhagen und Abterode (3 Blatt) 1889 - 1892:
Heiratsurkunde der jüdischen Eheleute Salomon Kleeblatt aus Röhrenfurth
und Helene geb. Alexander aus Wolfhagen 1892, Heiratsurkunde der
jüdischen Eheleute Heinemann Loewenstein aus Iserlohn in Westfalen und
Bertha geb. Weilbrunn aus Abterode 1889 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1245495 |
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. 1 S. 25-26. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 70-72. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 68 (keine Ergänzungen
zum Band von 1988). |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 233-234. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 353-355. |
| Karl Kollmann / Thomas Wiegand: Spuren einer
Minderheit. Jüdische Friedhöfe und Synagogen im Werra-Meissner-Kreis.
Hrsg. von der Historischen Gesellschaft des Werralandes. Kassel 1996. S.
73-76 u.ö. |
| Martin Arnold: Die jüdische Gemeinschaft in Abterode. Von der Entstehung im 17.Jh. bis zur Auslöschung im Jahr 1941, in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 121/2016, S. 53-74.
Online
zugänglich (pdf-Datei) |
| Andreas Lehnardt: Die Genisa aus der ehemaligen
Synagoge in Abterode. In: Eschweger Geschichtsblätter 31/2020, S. 5-14. Online
eingestellt (zusammen mit dem nächsten Beitrag; pdf-Datei).
|
| Karl Kollmann: Warum Abterode? Bemerkungen zur
jüdischen Gemeinde Abterode im 17. und 18. Jh. In: Eschweger
Geschichtsblätter 31/2020, S. 15-20. Online
eingestellt (zusammen mit dem vorigen Beitrag; pdf-Datei).
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Abterode
Hesse. Jews lived there from the mid-17th century and established the
largest rural community in the duchy of Hesse, numbering 39 families (23 % of
the total) in 1744 and 234 individuals in 1835. Many of the duchy"s teachers
were first educated at the local Jewish elementary school (1840-1934).
Affiliated with the Kassel rabbinate, the community dedicated a new synagogue
(1871), which was vandalized with other Jewish property on Kristallnacht
(9-10 November 1938). Most of the 97 Jews registered there during the Nazi
period left before 1940; at least 17 perished in the Holocaust.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|