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Friedhöfe in der Region"
zur Übersicht über die
jüdischen Friedhöfe in Unterfranken
Karbach (Landkreis
Main-Spessart)
Der jüdische Friedhof
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Siehe Seite zur Synagoge in
Karbach (interner Link)
Zur Geschichte des Friedhofes
Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden traditionell in Laudenbach
beigesetzt. Ein eigener Friedhof in Karbach wurde im Jahr 1819 von der
jüdischen Gemeinde angelegt. Sie hatte das Grundstück für vier Gulden erworben.
Im Blick auf die Anlage wurde eine
Stellungnahme des berühmten Rabbiners Baal-Schem (Isaak Löb Wormser;
1768/69-1847) aus Michelstadt eingeholt.
Dieser forderte zur Einigkeit, besonders in dieser Angelegenheit auf. Die erste
Bestattung auf dem neuen Friedhof war die der im Alter von 73 Jahren im März
1819 verstorbenen Reitz Rosenband aus
Marktheidenfeld, woran auch der Grabstein
erinnert.
Auch Juden aus Homburg (seit 1852), Erlenbach und Marktheidenfeld
wurden auf dem Friedhof Karbach beigesetzt. Der Friedhof wurde bis 1938 belegt, die
letzte Beisetzung war am 19. Oktober 1938 (Max Guttmann aus Karbach, gestorben
im Alter von 49 Jahren). Es sind 344
Gräber registriert mit teilweise sehr schön verzierten Grabsteinen (nach der
letzten Zählung 235 Grabsteine in 16 Reihen). Das Friedhofsgrundstück umfasst
38,30 ar. Es ist heute von einem Holzzaun umgeben. Steinerne Torpfosten
sicherten den Eingang. In der NS-Zeit sollte der Friedhof abgeräumt werden. Nach
Kriegsende mussten frühere Parteimitglieder die auf dem Friedhof umgeworfenen
Grabsteine wieder aufstellen, was bis März 1946 umgesetzt wurde.
Beim
Novemberpogrom
1938, im März/April 1948 und 1981 wurde der Friedhof geschändet (im
letzteren Jahr wurden zwei Gräber ausgehoben).
Im November 1983 wurde im Friedhof ein Gedenkstein aufgestellt.
Der Historiker Dr. Leonhard Scherg hatte die Aufstellung angeregt. Der
Gedenkstein trägt die Inschrift: "Den
Toten zur Ehre und zum Ewigen Gedenken an unsere jüdischen Mitbürger, an ihre
Verfolgung, an ihr Leid und ihren Tod. Uns Lebenden sei es Mahnung, kommenden
Geschlechtern eine eindringliche Lehre. Errichtet im Jahre 1983 von den
Gemeinden Karbach, Homburg und Marktheidenfeld".
Aus der Geschichte des Friedhofes
Das Gutachten des Michelstadter Rabbiners Baal Schem
(1812)
(Kopie aus der Sammlung von Leonhard Scherg, der die Kopie aus dem
Stadtarchiv Michelstadt erhielt)
Aus der Beilage "Aus alter und neuer Zeit" des Israelitischen
Familienblatts Hamburg vom 7. Februar 1935:
"Der Baal Schem von Michaelstadt mahnt zur Einigkeit.
Von Herrn S. Eschwege - Hamburg wurde uns das nachstehende Dokument von
der Hand des Baal-Schem von Michelstadt (Isaak Löb Wormser, 1768-1847)
zur Verfügung gestellt. Es ist ein Gutachten, das die Gemeinde zu Karbach
(Bayern) in einer Friedhofsangelegenheit von dem berühmten Rabbi
nachsuchte. Dessen Antwort enthält eine eindringliche Mahnung auch an
unsere Zeit! Nicht die Ausschaltung einer Gesetzesübertretung war für
ihn das Wesentliche, sondern in den Vordergrund seiner Entscheidung
stellte er die Forderung, einig zu sein..."
Zum Lesen des hebräischen Textes und der deutschen Übersetzung bitte
Textabbildung anklicken. |
Lage des Friedhofes
Der Friedhof liegt südwestlich
von Karbach auf einem Hügel innerhalb eines kleinen Waldes nahe dem alten
Sportplatz. Er ist eingetragen auf dem Ortsplan der Gemeinde Karbach: hier
anklicken (Quadrat B 4).
Der Friedhof ist nicht zugänglich (massive, relativ hohe Bruchsteinmauer um den
Friedhof). Anmeldung / Schlüssel bei Herrn Josef Laudenbacher unter 09391-6935.
Fotos
(Alle Fotografien wurden von Klaus
Kurre, Mainberg angefertigt und dürfen nicht ohne Genehmigung weiter
verwendet werden. Hochauflösende Aufnahmen und weitere, hier nicht
hinterlegte Bilder können per Mail
bei
Klaus Kurre angefordert werden).
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Blick auf Karbach vom Friedhof |
Das Eingangstor |
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Denkmal am Eingang von 1983 |
Teilansichten |
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Grabstein mit den
"segnenden Händen"
der Kohanim für "Jizchak, Sohn des
Meschulam HaKohen" aus Homburg |
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Grabstein für den am
15.12.1909
gestorbenen "Pinchas bar Schmuel Halevi"
mit einer
Levitenkanne |
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Der Friedhof im Herbst 2006
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 1.10.2006)
Einzelne Presseberichte
September 2011:
Auf den Spuren der Vorfahren |
Artikel von Josef Laudenbacher in der "Main-Post" vom 22.
September 2011 (Artikel):
"Im Landkreis Main-Spessart zurück zu den Wurzeln
(David Harel, der im Kibbuz Yavne rund 40 Kilometer südlich von Tel Aviv lebt, war für mehrere Stunden zu Gast in Karbach. Zusammen mit seiner 64-jährigen Schwester Rachel Halberstadt (Jerusalem), die als Hebamme praktiziert, und seiner Cousine Judith Halberstadt, einer ehemaligen Krankenschwester aus der Nähe von Haifa, besuchte er den Jüdischen Friedhof, die Anwesen seiner Vorfahren, die einstige Synagoge und die Mikwe. (lau) David Harel, der im Kibbuz Yavne rund 40 Kilometer südlich von Tel Aviv lebt, war für mehrere Stunden zu Gast in Karbach. Zusammen mit seiner 64-jährigen Schwester Rachel Halberstadt (Jerusalem), die als Hebamme praktiziert, und seiner Cousine Judith Halberstadt, einer ehemaligen Krankenschwester aus der Nähe von Haifa, besuchte er den Jüdischen Friedhof, die Anwesen seiner Vorfahren, die einstige Synagoge und die Mikwe.
Vorher waren die 'Spurensucher' bei Kristina Ackermann in Thüngen, wo eine ganze Reihe von Tannenwalds gelebt haben, bei Georg Schnabel (Mühlbach), der den einstigen
jüdischen Bezirksfriedhof in Laudenbach betreut, sowie auf dem
jüdischen Friedhof in Würzburg. An den Gräbern ihrer Vorfahren legten die Gäste aus Israel die üblichen Steinchen zur Erinnerung ab, sie beteten und brannten Lichter an.
Die Tannenwalds kamen aus Urspringen und wurden in Karbach sesshaft. Die Unantastbarkeit jüdischer Grabstätten, die nur einmal belegt werden und auf Ewigkeit im Besitz des Verstorbenen bleiben, macht es auf dem jüdischen Friedhof möglich, lückenlos Nachforschungen anzustellen. Zehn Vorfahren der Tannenwalds sind hier begraben.
In 1930er Jahren ausgewandert. Moses Pfeufer ist nach Auffassung von Historiker Dr. Leonhard Scherg (Marktheidenfeld) der Stammvater der Karbacher Familie, die 1839 den Namen Tannenwald annahm. Er wurde um 1700 geboren, in Karbach der
'große Pfeiffer' genannt und wohnte neben der 'Schenke Stern' (heute Anwesen Peter Freund), wo auch seine Nachkommen lebten.
Die Familiengeschichte in Karbach endete in den 1930er Jahren: Moses Tannenwald, ein Kaufmann (geboren 1874), reiste nach der Reichspogromnacht 1938 über Würzburg nach Palästina aus. Jacob Halberstadt, der in
Nieder-Mockstadt (Hessen) aufgewachsen war, wanderte bereits 1936 aus und entkam so der Vernichtung durch die Nationalsozialisten." |
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November 2011:
"Pädagogischer Tag" auf dem
Friedhof |
Artikel in der "Main-Post" vom 29.
November 2011: "Besuch auf dem jüdischen Friedhof.
Etwa 70 Mitarbeiter der St.-Kilian-Schule Marktheidenfeld-Lohr mit ihrer
Leiterin Brigitte Krückel marschierten bei einem pädagogischen Tag von
Marktheidenfeld aus über den Baumhofsweg hinauf auf den Karbacher
Mühlberg, um dort mit Josef Laudenbacher eine Stunde lang über die
Geschichte der Karbacher, Homburger und Marktheidenfelder Juden zu reden
sowie den jüdischen Friedhof näher kennen zu lernen..."
Link
zum Artikel - auch eingestellt
als pdf-Datei |
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November 2018:
Die letzte Beisetzung auf dem
Friedhof war im Oktober 1938 |
Artikel von Josef Laudenbacher in der
"Main-Post" vom November 2018: "Karbach. Letzte Beerdigung auf dem
jüdischen Friedhof vor 80 Jahren
80 Jahre ist die letzte Beerdigung eines jüdischen Mitbürgers auf dem
jüdischen Friedhof in Karbach her, dem einzigen jüdische Friedhof des
Altlandkreises Marktheidenfeld. Max Guttmann, der im Alter von 49 Jahren
verstorben war, wurde hier am 19. Oktober 1938 beigesetzt. Die erste
Bestattung galt Reitz Rosenband am 12. März 1819. 1910 lebten in Karbach
noch 57 jüdische Mitbürger, 1939 waren es noch 45. Die Guttmanns, von ihnen
gab es fünf anerkannte und geachtete Familien, waren alles Viehhändler, in
jeweils eigenen Bereichen. Nach einer Aufstellung der Marktgemeinde vom 1.
April 1935 gab es derer noch neun Personen, die in den Anwesen (altes
Verzeichnis) 41, 50, 51, 74 (alte Post) und 217 wohnten. Deportiert wurden
am 23. April 1942 Samuel, Rosa, Julius, Meta, Ingeborg, Margot, Josef und
Ida. Insgesamt fanden auf dem Karbacher jüdischen Friedhof mit Samuel
Guttmann (15.11.1830) und Max Guttmann 16 Guttmanns ihre letzte Ruhestätte.
Die alten Grabsteine mit ihren interessanten Abbildungen finden immer wieder
großes Interesse. 1819 angelegt und ab 1851 auch Ruhestätte für benachbarte
Juden aus Homburg,
Erlenbach und
Marktheidenfeld. 340
Bestattungen, in 16 Reihen, vom Westen nach Osten, Richtung Jerusalem, und
vom Süden nach Norden belegt, stehen 234 Grabsteine. Grabsteine erhielten
Kinder in der jüdischen Gemeinde Karbach erst ab fünf bis sechs Jahren .
Dazwischen zeigt sich der Friedhof als ein lückenloses Register und
Geschichtsbuch, da ein jüdisches Grab nur einmal belegt wird, im Gegensatz
zu den christlichen Begräbnisritualen.
Walter Guttmann, ein 1928 geborener Neffe des Max Guttmann, dessen Vorfahren
aus Karbach stammten, hat in den vergangenen Jahrzehnten Karbach immer
wieder besucht. Seinen Bruder Alfred Guttman, deportierten die Nazis im
Alter von zwölf Jahren 1943 nach Auschwitz, wo er umkam. Walter Guttmann
verschleppten sie in das Sammellager Westerbork, danach in das grauenhafte
Hungerlager Bergen-Belsen. Kurz vor der Befreiung des Lagers durch britische
Truppen musste er nochmals auf Transport, zusammen mit 2500 Leidensgenossen.
Dieser endete, in der Geschichte des "Verlorenen Zuges", irgendwo in
Thüringen bei Tröbnitz/Weimar, wo er auf freiem Felde von der vorrückenden
russischen Armee befreit wurde. 1000 Mitgefangene überlebten den Transport
nicht. Nach Sanatoriumsaufenthalten in den Niederlanden folgten Schule,
Abitur und ein Studium der Wirtschaftswissenschaften. 1958 wanderte er von
Holland nach Israel aus und fand eine Beschäftigung in einer Bank. Vor
wenigen Jahre hat er sich in ein Seniorenheim in Herzliya bei Tel Aviv
zurückgezogen, war aber trotzdem ständig unterwegs. Vor drei Jahren ist er
gestorben."
Link zum Artikel |
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Oktober 2019:
Über die 200-jährige Geschichte des Friedhofes |
Artikel von Josef Laudenbacher in der
"Main-Post" vom 30. Oktober 2019: "Karbach. Vor 200 Jahren legten die
Karbacher Juden ihren Friedhof an
Gleich zweier 200. Jahrestage wird heuer in Karbach gedacht: Zum gab das
Großherzogtum Baden das 'Amt Steinfeld', zu dem auch Karbach gehörte, an das
Königreich Bayern zurück, zum anderen wurde 1819 der jüdische Friedhof auf
dem Mühlberg angelegt. 344 Beerdigungen sind dort registriert. Das jüdische
Leben in der Gemeinde, das nachweislich 1699 begonnen hatte, endete im Mai
1942 mit der Deportation der noch im Ort verblieben 27 jüdischen Männer,
Frauen und Kinder in die Vernichtungslager.
Auf dem 3830 Quadratmeter großen Friedhof stehen 235 Grabsteine in 16
Reihen, im Westen beginnend und nach Osten, Richtung 'Jeruschaleim'
ausgerichtet. Der älteste Grabstein erinnert an die mit 73 Jahren gestorbene
Marktheidenfelderin Reitz Rosenband; die letzte Beerdigung war der am 19.
Oktober 1938 im Alter von 49 Jahren verstorbene Karbacher Max Guttmann. Auf
den Grabsteinen abgelegte Steine erinnern an Besucher. Sie bedeuten 'Ich war
da' oder erinnern an den Auszug aus Ägypten, als die Israeliten ihre Toten
in der Wüste beerdigen mussten und zum Schutze von Tieren mit Steinen
abdeckten. Das Grab eines Juden ist unantastbar und wird nie weiter belegt.
Späte Konsequenz des 'Badischen Amtes'? Der Friedhof wurde im März
1819 angelegt, nachdem die israelitische Kultusgemeinde das unwegsame
Gelände für vier Gulden erworben hatte – damals sehr viel Geld.
Möglicherweise war die Anlage eine späte Folge des 'Badischen Amtes', das
von 1806 bis 1819 bestand, und wodurch den Karbacher Juden die Beisetzung
auf dem Bezirksfriedhof in Laudenbach - im bayerischen Ausland - erschwert
war. Die Leichentransporte waren mit Pferdefuhrwerken mühsam, der
Grenzverkehr kompliziert und die Zeit war knapp, lautete die Vorschrift
doch: 'Noch am gleichen Tag (24 Stunden), nach Ritualwäsche,
protokollarischen Vorschriften, Einkleiden, Sargbeschaffung usw. sollt ihr
Sie/Ihn beerdigen'. Die Karbacher waren deshalb vorübergehend auf die
Friedhöfe im badischen Wenkheim, Külsheim oder Wertheim angewiesen. Der
Friedhof in Karbach wurde bis 1852 allein von der jüdischen Gemeinde in
Karbach genutzt. Ab 1851/52 bestatteten auch die jüdischen Gemeinden in
Homburg und Marktheidenfeld, die bis dahin den Friedhof in Külsheim genutzt
hatten, in Karbach. Grabsteine waren erst für Kinder ab dem fünften
Lebensjahr üblich. Im Register sind die Kindergräber üblicherweise mit 'KR'
gekennzeichnet, was vielleicht Kinderruhestätte bedeutet. Die gesamten
Gräber hat Historiker Dr. Leonhard Scherg (Marktheidenfeld) in mühevoller
Kleinarbeit erfasst.
Letzte Beerdigung im Oktober 1938. 81 Jahre ist es her, dass die
letzte Mensch hier beerdigt wurde: Max Guttmann. 1910 lebten in Karbach noch
57 jüdische Mitbürger, 1939 waren es noch 45. Die Guttmanns – von ihnen gab
es fünf geachtete Familien – waren alle Viehhändler mit jeweils eigenen
Geschäftsbereichen. Insgesamt fanden in Karbach 16 Guttmanns ihre letzte
Ruhestätte. Der Friedhof war von Anfang an mit einem Holzzaun umgeben.
Steinerne Torpfosten sicherten den Eingang. Wie eine Inschrift am steinernen
Türpfosten von 1887 festhält, hat die neue Mauer auf 'eine Lenge und 318
Füsse' zum ewigen Andenken Jehuda, Sohn von Abraham und Ehefrau Scheva,
Tochter von Wolf Ha Choen Adler gespendet. Die Verstorbenen wurden in der
Reihenfolge ihres Todes beigesetzt. Eine der wenigen Ausnahmen zeigen die
beiden Gräber von Vater und Sohn Heimann, die beide an einer Seuche starben.
Auf ihren Grabsteinen steht 'Du bist mein Vater, hier bin ich angekommen,
wer gibt mir eine Feder, Ich werde fliegen bis zu Deinem Tempel' und 'Unsre
Seelen werden ruhen im Guten. Die Seele mögen ruhen mit allen Lebenden
Amen'.
Wandel in der Grabsteingestaltung. Die ältesten Grabsteine zeigen
einfache romanische Formen und sind nahezu völlig mit hebräischen
Schriftzeichen bedeckt. Nur die Grabsteine der letzten vier Reihen tragen
zum Teil auch schon deutsche Inschriften. In der 16. Reihe sind auch einige
Einfassungen zu sehen wie auf christlichen Friedhöfen üblich. In vielen
Einzelheiten lässt sich deutlich die Assimilierung der jüdischen Bürger
bezüglich der Vornamen und anhand zeitgenössischer Schmuckelemente
feststellen. Interessant sind die Symbole auf den Grabsteinen wie die Krone
als Zeichen der Priesterschaft und eines guten Namens, segnende Hände für
die Priesterschaft Kohanim, der Wasserkrug als Kennzeichen der Zugehörigkeit
zum Stamme Levi, der Davidschild oder Magen David (Davidstern), die
Gesetzestafeln oder allgemeine Symbole wie Kranz, Girlande und gebrochener
Zweig oder Rose, als Symbol für das Ende eines jungen Lebens. Das
Schofarhorn, das zum Neujahrstag geblasen wird, zeigt, dass hier ein
Schofarbläser begraben liegt. Auf vielen Grabsteinen finden sich besondere
Symbole, die das Leben des Verstorbenen kennzeichnen.
Friedhofsschändungen 1938 und 1948. 1938 wurden bei den
Novemberpogromen Steine aus der Umfassungsmauer gerissen und Grabsteine
umgeworfen, Inschrifttafeln zerstört. 1941 forderte NSDAP-Kreisleiter Max
Sorg (Marktheidenfeld) in einem Brief eine 'Bereinigung' des ihm
unerträglichen Zustands, dass im Kreisgebiet Marktheidenfeld-Karlstadt noch
zwei Judenfriedhöfe' (Karbach und Laudenbach) bestünden. Für ganz
Mainfranken reiche einer, meinte er. 1943 kündigte das Bayerischen
Innenministerium an, die (unter Zwangsverwaltung stehende) Reichsvereinigung
der Juden in Deutschland werde alle 'Friedhöfe, die nicht mehr belegt
werden' verkaufen und vorrangig den Gemeinden anbieten. Einschränkungen der
künftigen Nutzung seien weder nötig noch erwünscht. Nach dem Kriegsende
forderte die Gemeinde Karbach frühere Parteimitglieder mehrmals auf, auf dem
Friedhof umgeworfene Grabsteine wieder aufzustellen. Aber nichts geschah.
Erst im März 1946 konnte der von der Militärregierung eingesetzte
Bürgermeister Adalbert Hain melden, die Steine stünden wieder. Im Mai waren
auch die fehlenden Abdeckplatten auf der Friedhofsmauer wieder ersetzt. Da
aber im März/April 1948 erneut eine Friedhofsschändung erfolgte, wurde der
Friedhof 1948/49 regelmäßig von der Besatzungsmacht bewacht. 1951 wurde der
Friedhof an die Jewish Restitution Successor Organisation übertragen. Heute
befindet sich das Denkmal jüdischer Vergangenheit im Besitz des
Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinde Bayern.
Dr. Leonhard Scherg bei seiner Ansprache am Totensonntag, 20. November 1983,
auf dem jüdischen Friedhof in Karbach. Von rechts: Senator David Schuster,
Altbürgermeister Ruprecht Hart (Karbach), Bürgermeister Armin Grein
(Marktheidenfeld) und Bürgermeister Rudolf Scheurich (Triefenstein). Foto:
Josef Laudenbacher
Gedenkstein als ewiges Mahnmal. Mit dem Wortlaut 'den Toten zur Ehre
und zum ewigen Andenken an unsere jüdischen Mitbürger, an ihre Verfolgung,
an ihr Leid und ihren Tod' beginnt die Inschrift eines Gedenksteines, der am
Totensonntag 1983 im jüdischen Friedhof enthüllt wurde. 50 Jahre nach der
Machtergreifung gedachten die Gemeinden Karbach, Marktheidenfeld und
Triefenstein ihrer jüdischen Mitbürger, Nachbarn und Freunde, die unter den
Nazis zu leiden hatten. Historiker und Heimatpfleger Dr. Leonhard Scherg
hatte die Aufstellung des Gedenksteines angeregt. Senator David Schuster,
Vater des jetzigen Präsidenten des Zentralrates der Juden Deutschlands Josef
Schuster, dankte im Namen der jüdischen Kultusgemeinde Würzburg und
erinnerte an die Leiden der jüdischen Bevölkerung. Der Gang über den
Friedhof macht auch heute die meisten Besuchern nachdenklich in Erinnerung
an das brutale Ende des jahrhundertelangen Zusammenlebens von Juden und
Christen sowie an die grausame Ermordung von Millionen von jüdischen
Mitbürgern."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern.
Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988. S. 71-72. |
| Michael Trüger: Der jüdische Friedhof Karbach. In: Der
Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern. Jg. 1998 13.Jg. Nr.
77 vom September 1998 S. 29-30. |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in
Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 327-328. |
| Leonhard Scherg: Jüdische Gemeinden und Einrichtungen. In: Juden
im Landkreis Marktheidenfeld. Marktheidenfeld 1993 (=Schriftenreihe des
Historischen Vereins Marktheidenfeld und Umgebung Bd. 13.) S. 7-70. |
| ders.: Jüdisches Leben im Main-Spessart-Kreis. Orte, Schauplätze,
Spuren. (Reihe: Orte jüdischer Kultur) 11/2000 Haigerloch 2000. |
| Michaela Juhr: Das Leben der jüdischen Gemeinde in Karbach und
ihre Vernichtung im Dritten Reich. Fachwissenschaftliche Grundlegung und
Umsetzung in einer Unterrichtseinheit für das historische Lernen in der
vierten Klasse der Grundschule. Schriftliche Hausarbeit für das Lehramt an
Grundschulen. Universität Würzburg 1999. |
| Dokumentation des Friedhofes
Karbach: Leonhard Scherg: Der Judenfriedhof in
Karbach. Friedhofsverzeichnis. 1982, aktualisiert und ergänzt 2010 (Stand:
17. März 2010). 70 Seiten. Eingestellt
als pdf-Datei. |
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