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Oberlangenstadt (Marktgemeinde
Küps, Kreis Kronach)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In dem bis 1627 den Herren von Redwitz, danach der Familie von Künsberg gehörenden
Oberlangenstadt bestand eine jüdische Gemeinde bis 1928/29. Ihre Entstehung
geht in die Zeit des 16. Jahrhunderts zurück, als die Herren von Redwitz
jüdische Familien in relativ großer Zahl aufnahmen. Bereits um 1693 sollen
mindestens 24 jüdische Familien am Ort gelebt haben.
An Einrichtungen hatte die Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule und ein rituelles Bad. Ein eigener Friedhof bestand nicht - die
Toten der Gemeinde wurde bis 1831 auf dem jüdischen
Friedhof in Küps beigesetzt. Nachdem dieser Friedhof geschlossen wurde,
wurden die Toten der Gemeinde nach Burgkunstadt
gebracht. Die jüdischen Familien lebten bis Mitte des 19. Jahrhunderts überwiegend
vom Hausierer- und Schnittwarenhandel, einige vom Handel mit Leder, Baumwolle
und Wolle. 1855 werden auch zwei jüdische Metzger und ein Weber genannt.
Die jüdischen Familien wohnten u.a. in der heutigen Nageler Straße, wo mehrere
Häuser am Ort immer noch als "Judenhäuser" bezeichnet werden.
Im Haus Nageler Straße 16 findet sich bis heute ein Sandstein-Türsturz mit der
Inschrift "A.H. Cronacher 1855", womit der damalige jüdische Lehrer
Abraham Hirsch Cronacher (Kronacher) gemeint war (s.u.; Information von Thomas
Schmidt in Oberlangenstadt, vgl. Fotos unten).
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war im 19. Jahrhundert
ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schächter
tätig war. Zeitweise wurde der Religionsunterricht von einem gemeinsam für
die Gemeinden Küps
und Oberlangenstadt angestellten Lehrer erteilt. Dabei fand der Unterricht
teilweise in Küps, teilweise in Oberlangenstadt statt. 1834 wurden in Küps
17, in Oberlangenstadt 18 jüdische Schüler gezählt. Damals wurde der
Unterricht durch den Lehrer und Vorsänger Abraham Hirsch Kronacher in
Oberlangenstadt erteilt. Eine eigene jüdische Konfessionsschule bestand in Küps
und Oberlangenstadt nicht. An jüdischen Lehrern der Folgezeit sind
bekannt: von 1780 bis 1827 Isaak Cronacher (Kronacher), von 1827 bis 1867 sein
bereits genannter Sohn Abraham Hirsch Cronacher (Kronacher), nach 1867 folgten
im Abstand von etwa zwei Jahren: Lehrer Gärtner aus Friesen,
Abraham Bonheim, Lehrer Freudenthal aus Redwitz,
Jonas Nordhäuser, Simon Silberstein (aus Ungarn), Adolf bzw. Abraham Schwarz;
von 1883 bis mindestens 1908 Moses Wetzler (aus Kronach; er unterrichtete
zuletzt drei Kinder). Die jüdische Gemeinde gehörte bis 1825 zum
Bezirksrabbinat Burgkunstadt,
danach bis 1862 zum Bezirksrabbinat in Redwitz,
seitdem wieder zum Bezirksrabbinat in Burgkunstadt, das seit 1915 vom
Distriktsrabbiner in Bayreuth mitbetreut wurde. An jüdischen Vereinen
gab es insbesondere eine Heilige Bruderschaft (Chewra Kadischa;
Ziel: Wohlfahrtspflege und Bestattungswesen).
Als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Kronach
wieder eine jüdische Gemeinde entstand, war diese zunächst Filiale zu Friesen
(1865: "Israelitische Gemeinde Friesen mit Kronach").
Vermutlich durch mehrere von Oberlangenstadt nach Kronach verzogene jüdische
Familien gab es auch zwischen diesen beiden Orten enge Beziehungen, sodass 1877
ein für Kronach und Oberlangenstadt gemeinsam zuständiger Religionslehrer
angestellt werden sollte (siehe Anzeige links unten). Nachdem jedoch in Kronach 1883
eine eigene Gemeinde gegründet und diese einen eigenen Lehrer angestellt hatte,
bemühte sich auch die Gemeinde in Oberlangenstadt über eine Ausschreibung der
Stelle 1885 um einen eigenen Lehrer, Vorsänger und Schächter.
Über die Entwicklung der Gemeindegliederzahl liegen folgende Angaben
vor: 1824 79 jüdische Einwohner (14,5 % von insgesamt 545), 1840 96 (21,9 %
von 438), 1852 69 (16,1 % von 428), 1875 46 (7,0 % von 687), 1890 34 (4,9 %
von 689), 1900 37 (5,1 % von 724). Zwischen 1900 und Mitte der 1920er-Jahre ging
die Zahl soweit zurück, dass keine eigenen Gottesdienste mehr gefeiert werden
konnten (1910 19, 1925 18 jüdische Einwohner).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Max Fleischmann
(geb. 18.3.1894 in Oberlangenstadt, vor 1914 in Nürnberg wohnhaft, gef.
14.8.1916) und Max Fleischmann (geb. 27.5.1893 in Oberlangenstadt, gef.
6.9.1916).
1928/29 wurde die jüdische Gemeinde aufgelöst, die hier noch lebenden jüdischen
Einwohner der Gemeinde Lichtenfels
zugeteilt (1932 18 Personen).
Von den in Oberlangenstadt geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Bernhard Böhm
(1883, "Stolperstein" in Kronach), Brigitte Fleischmann (1901), Erna Fleischmann (1911), Max Fleischmann
(1896), Siegfried Fleischmann (1896), Julie Goge geb. May (1875), Kornelie
Kapauner geb. May (1879, Rosa Lewin geb. Böhm (1879), Ida Lion geb. Meyer
(1875), Carrie (Carris) May (1877), Sidonie May geb. Böhm (1886), Gerda Samson
geb. Fleischmann (1892), Eugenie Schwarz geb. May (1869), Ernestine Silberthau
geb. Böhm (1862), Pauline Sündermann geb. Fleischmann (1877), Rosa Wassermann
geb. Fechheimer (1865).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Lehrer-/Vorbeterstelle 1868 /
1872 / 1875 / 1877 /
1879 / 1885 / 1891
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. März 1868:
"Erledigte Religionslehrerstelle.
Die hiesige Religionslehrer- und Vorsängerstelle soll sofort besetzt
werden. Der Gehalt beträgt 300 Gulden bar, freie Wohnung, und der damit
verbundenen Schächterdienst trägt noch überdies 100 bis 150 Gulden.
Qualifizierte Bewerbe, die noch auf namhaften Nebenverdienst rechnen
können, wollen sich baldigst an den Unterzeichneten werden.
Oberlangenstadt, bei Kronach in Bayern, am 11. März 1868.
Samuel Fleischmann,
Kultusvorstand." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Mai 1872: "Israelitisches
Religionslehrer-Gesuch.
Die unterfertigte Gemeinde ist willens, einen Religionslehrer, der
zugleich die Funktion eines Schächters und Vorsängers ausüben kann,
sofort aufzunehmen. Derselbe hat dahier bei freier Wohnung einen
Gehaltsbezug von 300 Gulden nebst mindestens 100 Gulden für das
Schächter. Außerdem ist ihm Gelegenheit geboten, ziemliche Akzidenzien
mit beizuziehen.
Reflektanten wollen sich brieflich an die Unterfertigt wenden, worauf wir
ihnen auf Verlangen weitern Bescheid erteilen werden. Oberlangenstadt
in Bayern, 15. April 1872. Die israelitische Kultusgemeinde." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. März 1875: "Anzeige.
Die hiesige israelitische Religionslehrer- und Vorsängerstelle ist
erledigt. Der fixe Gehalt trägt Gulden 350 = 600 Mark jährlich bei
freier Wohnung. Außerdem ist damit die Schächterfunktion verbunden und
wird hiefür ein Einkommen von mindestens Gulden 100 = 180 Mark
garantiert. Es wollen sich jedoch nur ledige Bewerber melden, und ist
denselben Gelegenheit gegeben, durch Privatunterricht etc. etc, obigen
festen Gehaltsbezug von Gulden 450 = 780 Mark noch bedeutend zu
vergrößern. Qualifizierte Bewerber belieben sich an die unterzeichnete
Kultusverwaltung zu wenden.
Oberlangenstadt (Bayern), Post Küps, 10. Februar 1875. Wilhelm May,
Kultus-Vorstand." |
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1877 - Anzeige der der
Zeitschrift "Der Israelit" vom 1.8.1877: "Die beiden
israelitischen Gemeinden Stadt-Kronach und Oberlangenstadt, beide durch
die Eisenbahn sehr nahe verbunden, beabsichtigen in Gemeinschaft einen
Religionslehrer, der zugleich den Vorsänger- und Schächterdienst
verstehen muss, aufzunehmen. Es steht demselben ohne andere
Nebenverdienste, ein Jahresgehalt von eintausend Mark und freier Wohnung
offen, sowie noch der Ertrag des Schächterdienstes, der sich zwischen
vier bis fünfhundert Mark entziffert. - Reflektanten belieben sich an die
Unterfertigte zu wenden.
Oberlangenstadt, 15. Juli 1877. Die israelitische Kultus-Verwaltung
Fleischmann jr. |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Mai 1879: "Die
israelitische Gemeinde Oberlangenstadt (Bayern), an der Bahn gelegen,
beabsichtigt einen Religionslehrer, der zugleich den Vorsänger- und Schächterdienst
verstehen muss, aufzunehmen sogleich. Es steht demselben, ohne andere
Nebenverdienste, ein Jahresgehalt von 700 Mark und freie Wohnung offen,
sowie noch der Ertrag der Schächterdienstes, der sich auf 300 Mark
beziffert.
Reflektanten belieben sich an den Unterfertigten zu wenden.
Oberlangenstadt, den 1. Mai 1879.
Die israelitische Kultusverwaltung: Samuel Fleischmann junior. Post
Küps." |
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1885
- Anzeige in der
Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Mai 1885: In hiesiger
Gemeinde ist die Stelle eines israelitischen Religionslehrers, Vorsängers
und Schächters erledigt. - Bezüge bestehen bei freier Wohnung aus M. 500
fixem Gehalt und den Erträgnissen der Schächterfunktion .- Nur
seminaristisch gebildete Bewerber können Berücksichtigung finden und
wollen sich unter Einreichung ihrer Zeugnisse an den Unterzeichneten
werden.
Oberlangenstadt (Post Küps Bayern), im Mai 1885.
Adolph Böhm, Israelitischer Kultusvorstand". |
1891 wurde bei der Ausschreibung der
Religions-Lehrer-Stelle in Kronach
inzwischen Oberlangenstadt als von Kronach aus zu betreuende Stelle
bezeichnet: |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. August 1891: "Religions-Lehrer-Stelle.
Am 1. Oktober dieses Jahres erledigt sich dahier die israelitische
Religions-Lehrer-Stelle, verbunden mit vorbeter- und Schächterfunktion.
Der Posten wird mit Mark 900,- inklusive Wohnungszuschuss und
Schechita-Aversum pro Anno honoriert und trägt durch Übernahme der
Verwesung einer Nachgemeinde, 'Oberlangenstadt', mit wöchentlich
zweimaligem Religionsunterricht, gleicher Funktion an diesiger
königlicher Realschule und sonstigen Nebeneinkünften circa weitere Mark
6-800. Bewerber wollen sich unter Vorlage nötiger Zeugnisse an den
Unterfertigten wenden.
Kronach, 2. August 1891. Die israelitische Kultus-Gemeinde. Der Vorstand:
Wilhelm May." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Rückgang der jüdischen
Gemeindeglieder - Berichte 1883 / 1912
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. Oktober 1883:
"Altenkunstadt (Bayern), 6. Oktober (1883). Seit Jahren musste
es das Herz eines jeden Glaubensgenossen mit Wehmut erfüllen, wenn er die
einst großen und blühenden jüdischen Landgemeinden in unserer Gegend
sich auflösen sah. So hat sich die jüdische Gemeinde Redwitz, welche
einst 40 Mitglieder zählt und einen eigenen Rabbiner hatte, den gelehrten
Gutmann, welcher auch in der literarischen Welt durch seine in Geiger's
Zeitschrift veröffentlichten Aufsätze über die Leviratsehe einen Namen
sich erworben hatte, fast ganz aufgelöst. In
Maineck, in Mitwitz,
Horb
wohnt noch eine jüdische Familie. In Oberlangenstadt und
Küps ist
auch eine bedeutende Reduktion der Gemeindemitglieder eingetreten." |
|
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. August 1912:
"Regensburg, 26. Juli (1912). Der hier erscheinenden
'Deutsch-Israelitische Zeitung' wird aus dem Frankenwalde geschrieben.
Auffallend ist der langsame, aber stetige Rückgang der jüdischen
Kultusgemeinden in unserer Gegend. Friesen,
Redwitz, Mitwitz sind schon
vor längerer Zeit erloschen; Oberlangenstadt, das früher 30
Judenfamilien zählte, hat nur noch 6 solche. - In solchen Gemeinden
könnte mancher Israelite sich gut ernähren. Neu von auswärts Zuziehende
sollten sich nicht in den Städten anhäufen. Wenn sie sich in
Landgemeinden ansiedelten, würde auch das Judentum gewinnen, manche
schöne Synagoge könnte erhalten werden. Vielleicht zeigt sich der
Hilfsverein der Deutschen Juden auch einmal als Hilfsverein der Deutschen
Juden und gewährt solchen Ansiedlern Subvention zum Bau eines
Häuschens." |
Sonstiges
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert:
Grabstein in New York für Barbara Adler geb. ? aus Oberlangenstadt
(1824-1914)
Anmerkung: das Foto wurde im jüdischen Friedhof
"Salem Fields" in New York - Brooklin, 775 Jamaica Ave. aufgenommen.
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Grabstein für
"...Barbara, wife of
Baruch Adler
Born in Oberlangenstadt, Bavaria
October 30, 1824
Died February 27, 1914..." |
Anzeige der Korb- und
Polstermöbelfabrik Josef Böhm (um 1930)
(aus der Sammlung von Christian Porzelt, Kronach)
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Josef Böhm, geb. 5. März 1897
in Oberlangenstadt, gründete das Unternehmen 1924 und führte es bis seiner
zur Emigration nach Frankreich 1933. Anfang 1934 wurde die Firma aufgelöst.
Der Fabrikant war ein Bruder der im Holocaust ermordeten Rosa Lewin geb.
Böhm, (geb. 1879) und Bernhard Böhm (geb. 1883) und Vater des Komponisten
Adolph Kurt Böhm (1926-2020) |
Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Adolph_Kurt_B%C3%B6hm (mit Foto des Hauses
der Familie Böhm in Oberlangenstadt: Alte Poststraße 23) |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine Synagoge war vermutlich bereits im 17. Jahrhundert (1693) vorhanden.
Um 1758 wurde eine (neue?) Synagoge erbaut. Baron Künsberg zu
Oberlangenstadt hatte das Grundstück der Gemeinde unentgeltlich zur Verfügung
gestellt und die Bauerlaubnis erteilt. Ein Vorhang (Parochet) vor dem
Toraschrein Synagoge, der noch Ende der 1920er-Jahre vorhanden war, trug die
Jahreszahl 1760 und könnte anlässlich der Einweihung gespendet worden sein.
1780 erneuerte der Ortsherr seine Zusicherung, die Juden und ihr Recht auf Ausübung
des Gottesdienstes in der Synagoge zu schützen.
1823 wurde die Synagoge auf Grund eines Beschlusses der Königlichen
Regierung des Obermainkreises vorübergehend geschlossen, da kein geprüfter
Lehrer und Vorbeter in der Gemeinde war. Nur zu den Feiertagen durften
Gottesdienste abgehalten werden.
1865 wurde die Synagoge auf Veranlassung der Freiherrn von Künsberg
renoviert:
In der Zeitschrift "Der Israelit" wurde am 13. September 1865 über
den Hergang berichtet: "Mitwitz (Oberfranken), den 23. August 1865: Dass
wir noch zu jeder Zeit liberale und edeldenkenden Menschen finden, möge
folgende Tatsache bezeugen. In Oberlangenstadt k.B. Kronach in
Oberfranken besuchte vor einigen Tagen der dortige Freiherr von Künsberg die
Synagoge. Der israelitische Lehrer begleitete ihn, und zeigte ihm auf
ausdrückliches Verlangen die Gesetzrollen und verschiedene alte Bücher. Unter
letzteren befand sich auch eine alte Pergamentrolle, worauf ein Gebet für den
verstorbenen Freiherrn von Künsberg, den Großvater des jetzigen Herrn Barons,
geschrieben stand. Darüber höchst verwundert erklärte ihm Herr Lehrer K.,
dass dieses Gebet wöchentlich in der Synagoge verrichtet werde, da sich der
verstorbene Herr Baron bei der israelitischen Gemeinde dadurch unvergesslich
gemacht, dass er den Platz, worauf die jetzige Synagoge gebaut ist, nicht nur
unentgeltlich hergegeben, sondern dieselbe auch in jeder Beziehung unterstützt
hätte. Auf dieses hin äußerte sich der Herr Baron mit folgenden Worten: hat
mein Großvater dies Alles getan, so will auch ich Etwas für die Synagoge tun.
Sofort wurde auf dessen Befehl der Maurermeister herbeigerufen, der Riss
aufgezeichnet und die Synagoge, die ohnehin in mangelhaftem Zustande war, ist
jetzt in dem Stadium, neu restauriert zu werden. Möge der Herr diesem edlen
Menschenfreunde, sowie seinem ganzen hohen Hause seinen Segen tausendfach
verleihen und seine humane Tat vergelten; und mögen sich die Finsterlinge daran
ein Beispiel nehmen, dann wird jeder konfessionelle Unterschied und jeder
konfessionelle Hass in unserem geliebten Bayernlande schwinden. Maier
Grünblatt, israelitischer Lehrer in Mitwitz."
|
1871 wurde die Synagoge
anlässlich der Feier des Friedensfestes von Freiherr von Künsberg erneut renoviert.
Von 1909 an bis Mitte der 1920er-Jahre fanden jedoch auf Grund der
zurückgegangenen Zahl der Gemeindeglieder nur noch wenige Gottesdienste statt.
Bei der Auflösung der Gemeinde wurde die Synagoge am 2. Januar 1930 für
1.800 RM an den Freien
Turn- und Sängerbund des Ortes verkauft. In der NS-Zeit kam das Gebäude für
den Betrag von 300 RM in den
Besitz der politischen Gemeinde (1934), die es ihrerseits am 14. Juli 1939
an eine Familie am Ort verkaufte. Noch 1939 wurde das Gebäude umfassend renoviert und aufgestockt. Im Erdgeschoss befand sich 2003 eine Sparkassenfiliale, im Obergeschoss
eine Wohnung.
Adresse/Standort der Synagoge: Alte Poststraße 8
(alte Haus-Nr. 54).
Fotos
(Außenaufnahme aus Klaus Guth s. Lit. S. 267; Historische
Innenaufnahme von Theodor Harburger Juni 1928,
veröffentlicht in ders.: Die Inventarisation jüdischer Kunst- und
Kulturdenkmäler in Bayern. Hg. von den Central Archives for the History of the
Jewish People, Jerusalem und dem Jüdischen Museum Franken - Fürth und
Schnaittach. 1998 Bd. 3 S. 633)
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Leopold Godlewsky: Die Juden von Küps. In:
Bayerische Israelitische Gemeindezeitung vom 15. Mai 1929. Siehe bei Seite
zur jüdischen Geschichte von Küps. |
| Klaus Guth (Hg.): Jüdische Landgemeinden in
Oberfranken 1800-1942. Ein historisch-topographisches Handbuch. Reihe:
Landjudentum in Oberfranken - Geschichte und Volkskultur. Bamberg 1988. S.
263-270. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 218. |
| Christian Porzelt: Die Familie May. Geschichte und Schicksal einer
jüdisch-fränkischen Familie. In: Landkreis Kronach (Hrsg.): Heimatkundliches
Jahrbuch des Landkreises Kronach 29 (2019). S. 85-92.
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