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Thüngen, Main-Spessart-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Thüngen bestand eine zeitweise große jüdische Landgemeinde bis 1942. Es
war im Gebiet des heutigen Landkreises Main-Spessart die größte Gemeinde.
Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16. Jahrhunderts zurück. Damals
hatten sowohl die Freiherren von Thüngen wie auch das Juliusspital, dem ein
Viertel des Dorfes gehörte, jüdische Familien gegen Bezahlung entsprechender
"Schutzgelder" aufgenommen. 1699 lebten bereits 28 jüdische
Familien mit zusammen 130 Personen am Ort, davon waren 12 mit 57 Personen
unter dem Schutz der Freiherren von Thüngen, 16 Familien mit 73 Personen unter
dem Schutz des Juliusspitals. Im Laufe des 18. Jahrhunderts stieg die Zahl auf
bis zu 42 jüdische Haushaltungen an (1740), von denen 17 den Freiherren von Thüngen,
11 dem Juliusspital "gehörten".
Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Zahl der jüdischen
Einwohner wie folgt: 1813 271 jüdische Einwohner (28,4 %), 1816 319 (34,7 %
von insgesamt 920), 1837 350 (39,8 % von 880), 1867 227 (24,6 % von 924),
1880 231 (21,0 % von 1.099), 1900 218 (19,5 % von 1.116).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Israelitische Konfessions- und Religionsschule sowie ein rituelles Bad. Die
Toten der jüdischen Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Laudenbach
beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und teilweise auch als Schächter
fungierte. Unter den jüdischen Lehrern sind u.a. bekannt: der für den gesamten
Ort jahrzehntelang hoch bedeutende Ascher Eschwege (Lehrer von 1879 bis
1920; bereits sein Vater Hirsch Eschwege war um 1860 Lehrer in Thüngen), Siegfried
Freudenberger (Lehrer von 1921 bis 1931), Julius Roberg
(1931/32), Max Rosenbaum (bis 1936), Harry Weinberg (1936 bis ?).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde beziehungsweise
gelten als vermisst: Nathan Schreiner (geb. 20.4.1889 in Thüngen, gefallen
7.9.1914), Gefreiter Leo Scharlach (geb. 20.6.1892 Thüngen, gefallen 3.8.1915),
Nathan Stern (geb. 24.6.1895 in Thüngen, gefallen 21.2.1916), Max Forchheimer
(geb. 22.8.1890 in Thüngen, vermisst seit 4.11.1914), Leo(n) Forchheimer (geb.
12.9.1894 in Thüngen, vermisst seit 5.5.1915), Rudolf Frank (geb. 13.7.1896 Thüngen,
vermisst seit 4.2.1917). Ihre Namen stehen auf dem Gefallenendenkmal des Ersten
Weltkrieges in der Mitte des "Planplatzes" von Thüngen.
Im Oktober 1923 kam es bei einem "Deutschen Tag" zu
Ausschreitungen mit auswärtigen "Hakenkreuzlern" am Ort ("Thüngener
Unruhen") mit einem Toten und Verletzten (Bericht s.u.).
Um 1924, als noch 184 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (15,7 %
von insgesamt 1.170), waren die Vorsteher der Gemeinde Moses Tannenwald, Viktor
Kraft, Alfred Frohlich, Simon Zucker und Louis Levy. Als Lehrer an der jüdischen
Konfessionsschule (Volkshauptschule) wirkte Oberlehrer Siegfried
Freudenberger. Er war zugleich Kantor und Schochet der Gemeinde.
Freudenberger unterrichtete in Religion 14 jüdische Kinder an der
Volkshauptschule und 11 Kinder an der Volksfortbildungsschule. An jüdischen Vereinen
bestanden die Chewra Kadischa I (beziehungsweise Erste Chewra;
gegründet 1885, Wohltätigkeits- und Bestattungsverein, 1924 unter Leitung von
Jakob Stein, 1932 Leitung N. Strauß), die Chewra Kadischa II
(beziehungszweite Zweite Chewra, gegründet 1881, Wohltätigkeits- und
Bestattungsverein, 1924 unter Leitung von Meier Vorchheimer, 1932 unter Leitung
von Meier Vorchheimer, 1932 16 Mitglieder), der Verein Assiva (auch Asifa;
gegründet 1890, Verein zur Pflege des Torastudiums und der Krankenpflege; 1924
unter Leitung von Lehrer Freudenberger, 1932 N. Strauß; 1932 13 Mitglieder) und
der Israelitische Frauenverein (1924/32 unter Leitung von Lina Stein).
Die Gemeinde gehörte zum Distriktsrabbinat in Würzburg (seit 1937 zum
Distriktsrabbinat in Kissingen). 1932 gehörten etwa 160 jüdische
Personen zur "Israelitischen Kultusgemeinde Thüngen". Erster Gemeindevorsteher
war Moses Vorchheimer, der zweite Vorsteher Alfred Fröhlich; als Schriftführer
war Lehrer Julius Roberg tätig. Dieser war 1931 Lehrer an der Israelitischen
Volksschule geworden, an der (in einer Klasse) 15 Kinder unterrichtet wurden.
Roberg war zugleich Leiter eines Israelitischen Jugendbundes (gegründet
1920 durch Hauptlehrer Freudenberger, s.u.).
1933 wurden noch 152 jüdische Einwohner gezählt (13,5 % von insgesamt
1.129). Auf Grund der zunehmenden Repressalien und der Folgen des
wirtschaftlichen Boykotts wanderten immer mehr der jüdischen Einwohner aus oder
verzogen in andere Orte: bis 1937 zunächst nur wenige, zwischen 1937 bis 1940
aber fast alle, sodass am 31. Dezember 1940 nur noch vier jüdische
Einwohner gezählt wurden. Anfang 1942 waren es noch drei am Ort
verbliebene jüdische Personen. Sie wurden am 24. April 1942 über Würzburg
nach Izbica bei Lublin deportiert.
Von den in Thüngen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", ergänzt durch einige Namen
aus Strätz, Biographisches Handbuch Würzburger Juden. 1989): Irma Bauer
(1914), Adele Cohen geb. Tannenwald (1907), Betti Cohen geb. Vorchheimer (1905),
Johanna Dames geb. Rogozinski (1887), Ferdinand Dessauer (1853), Selma
Dessauer (1889), Rosa (Rosalie) Engländer geb. Vorchheimer (1878), Nathan
Eschwege (1888), Frieda Fleischmann geb. Strauß (1895), Adolf (Abraham)
Forchheimer (1884), Isidor Forchheimer (1887), Louis Forchheimer (1876), Samuel
(Sem) Forchheimer (1891), Theodor Forchheimer (1890), Bruno Frank (1915), Max
Frank (1905),Moses Frank (1889), Elisabeth Frankenburger (1911),
Julius Frankenburger (1898), Moritz Frankenburger (1896), Rosa Fröhlich
(1897), Bernhard (Baruch) Fulder (1866), Nathan Fulder (1863), Salomon Fulder
(1869), Moses Glaser (1859), Hedwig Grünebaum geb. Siegel (1898), Regina Hess
geb. Hirschheimer (1896), Ida Hesse geb. Hofmann (1892), Lina Hirschheimer
(1866), Ricka Hirschheimer geb. Kraft (1877), Samuel Hirschheimer
(1872), Siegfried Hirschheimer (1907), Fanni Hofmann (1895), Selma
Hutzler geb. Siegel (1886), Friedel (Frieda) Katz geb. Stein (1903), Irma Levy
geb. Hirschheimer (1901), Isaak Neumann (1879), Jettchen (Jette)
Neumann geb. Hecht (1874), Lilli Neumann (1914), Julius Moses
Neumann (1882), Bertha Oppenheimer (1852), Thekla Reis geb. Goldstein
(1884), Gitta Reiter geb. Vorchheimer (1894), Rosa Rosenthal geb. Wachheimer
(1880), Lina Rothschild geb. Forchheimer (1877), Rita Rothschild geb.
Hirschheimer (1905), Jeanette Scharlach geb. Kissinger (1855), Günter
Schlössinger (1927), Moses Schlössinger (1889), Frieda Sohn (1886), Selma
Speier geb. Scharlach (1887), Arthur Stein (1910), Herz Stein (1871), Jakob
Stein (1866), Julie (Julchen) Stein (1907), Lina Pauline Stein geb.
Stern (1872), Senta (Sara) Stein geb. Scharlach (1883), Simon Stein (1874), Sara
Strauss geb. Fulder (1866), Babette Strauß geb. Vorchheimer (1888), Gretchen
(Grete) Strauß (1907), Moritz Strauß (1897), Meta (Marta) Traubel geb.
Stein (1902), Adolf (Abraham) Vorchheimer (1884), Berta Vorchheimer geb.
Hamburger (1877), Emil Vorchheimer (1895), Ernestine Vorchheimer (1892),
Ignaz Vorchheimer (1899), Leopold Vorchheimer (1887), Ludwig Vorchheimer
(1891), Selma (Sara) Vorchheimer geb. Adler (1896), Margaret Wolf (geb. ?).
Im Juni 2009 wurde auf dem Planplatz ein neben dem Denkmal zur Erinnerung
an die Gefallenen der Weltkriege ein Denkmal zur Erinnerung an 20 aus Thüngen
umgekommene jüdische Personen eingeweiht (siehe Fotos und Berichte unten).
Die auf dem Denkmal genannten Personen sind in der obigen Liste kursiv
wiedergegeben.
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
- "immer noch weit über Frankens Grenzen
hinaus durch eine stattliche Zahl frommer jüdischer Häuser berühmt"
Aus der Geschichte der jüdischen
Lehrer und der Schule
Ausschreibung der Stelle des Schochet (1869) und Stelle des Elementarlehrers/ Vorbeters
(1879)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. März 1869: "Vakanz.
Die Schächterstelle in hiesiger Gemeinde mit einem Einkommen von ca.
Gulden 225 soll baldigst besetzt werden und stehen einem befähigten Manne
durch Erteilung von Privatunterricht um Hebräischen ansehnliche
Nebenverdienste in Aussicht.
Nur streng religiöse und sittliche Bewerber, ledigen Standes, welche sich
der bei Seiner Ehrwürden Herrn Distriktsrabbiner Bamberger in Würzburg
zu erstehenden Prüfung befähigt glauben, wollen sich mit
Zeugnisabschriften in frankierten Offerten melden.
Thüngen bei Würzburg, 19. Februar 1869. Der Kultus-Vorstand. M.
Fulder J. Goldschmidt." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. September 1879:
"Die israelitische Elementar-Schulverweser- Stelle verbunden mit dem
Vorsängerdienst dahier ist in Erledigung gekommen. Fixer Gehalt Mk. 600.
Einkommen des Vorsängerdienstes und Gemeindeschreiberei beiläufig Mk.
200. Nebenverdienste sicher Mk. 200. Bei einem tüchtigen Manne stehen
noch weitere Verdienste in Aussicht. Bewerber wollen sich binnen 14 Tage
beim Unterzeichneten anmelden und Zeugnisse beilegen.
Thüngen, 25. September 1879. M. Frankenburger. Vorstand". |
Auf die Ausschreibung dieser Stelle hin
bewarb sich Ascher Eschwege, der bislang Lehrer in Kleinsteinach
war (Anmerkung: der Sohn von Ascher Eschwege, der 1890 in Thüngen
geborene Ruben Eschwege, war 1915 bis 1938 Oberkantor und
Gemeindesekretär der Israelitischen Kultusgemeinde in Würzburg, gest.
1977 in New York). |
Die bedeutendste jüdische Persönlichkeit in der Geschichte Thüngens im
19./20. Jahrhundert: Hauptlehrer Ascher Eschwege (Lehrer in Thüngen 1879-1920)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. November 1930: "Hauptlehrer
Ascher Eschwege 80 Jahre alt. Hauptlehrer Ascher Eschwege wurde am 4.
November 1850; 9. Cheschwan 5611, als Sohn des Lehrers Hirsch Eschwege und
seiner Ehefrau Leah geb. Steingut in Fulda geboren. Seine Kinderjahre
verbrachte er in den Gemeinden: Thüngen, Neuhaus bei Neustadt an
der Saale und Karbach, woselbst sein Vater, welcher rabbinische
Autorisation hatte, wirkte. Er besuchte die Präparandie in Höchberg
unter Leitung des rühmlichst bekannten Rabbi Elosor Ottensoser und
hernach als einer der ersten Schüler die neu errichtete Israelitische
Lehrerbildungsanstalt in Würzburg. Rabbi Seligmann Baer Bamberger
bezeichnete ihn selbst als seinen Lieblingsschüler. Erst 19 Jahr alt,
absolvierte er das Lehrerseminar und übernahm die Religionslehrerstelle
in Zeitlofs. Nach glänzend bestandenem Staatsexamen übernahm er 1873 die
Leitung der blühenden Gemeinde Kleinsteinach. 1874 vermählte er sich mit
der Tochter des elsässischen Oberrabbiners Salomon Wolf Klein - Colmar,
Begründer des ersten orthodoxen Rabbiner-Seminars in Frankreich. Seine
mit hervorragenden Eigenschaften des Geistes und des Gemütes
ausgestattete Gattin unterstützte ihn bei der Schaffung und Unterhaltung
eines Internates für Knaben, welche sich dem Lehrer- und
Kultusbeamtenberufe oder dem Studium der Torawissenschaften widmen
wollten. Schließlich wurde ihm im Winter 1879 die Israelitische
Volksschule in einer der größten bayerischen jüdischen Landgemeinden, in
Thüngen, übertragen.
In fast 40jähriger Tätigkeit bewähren sich daselbst seine
erzieherischen und schöpferischen Eigenschaften, Die Gründung des
jüdischen Frauenvereins, des Tora-Lernvereins Erwachsener 'Asisah', die
sorgfältige Ausbildung der Schuljugend sowohl als auch der der Schule
entlassenen Jugend in profanen und ganz besonders auch in jüdischen
Disziplinen kennzeichnen seine Tätigkeit. Weit über seinen
Pflichtenkreis hinaus war er allen seinen Gemeindemitgliedern und allen Ortsbürgern
ohne konfessionellen Unterschied ein treuer Berater in allen Lebenslagen,
Kranken und Bedürftigen, Armen und Notleidenden, Trauernden und
Bedrückten stand er helfend und tröstend in vorbildlicher Weise zu
Seite.
Als in den Jahren 1898-1902 eine Typhus-Epidemie infolge der mangelhaften
Trinkwasserverhältnisse in Thüngen ausgebrochen war, schuf er einen
allgemeinen Helferdienst und stellte sich an die Spitze desselben. Tag und
Nacht wurde dafür gesorgt, dass die Schwerkranken und ihre Angehörigen
nicht allein waren und dass alles, was zur Behebung der Krankheit
notwendig war, geschah. Er selbst war von dieser Epidemie befallen.
Nachdem er wieder genesen war, setzte er mit anderen die Anlage einer
Wasserleitung durch, die nach ihrer Durchführung auch in der Tat der
Typhus-Epidemie ein Ende setzte. Er unterhielt aus Mangel des
Vorhandenseins einer Ortsapotheke eine Hausapotheke, die alle Arzneien und
Medikamente vorrätig hatte, welche bei Unglücks- und Krankheitsfüllen
zur ersten Hilfe sich als notwendig erwiesen.
1919 verschied seine treue, allgemein angesehene und beliebte, ihm
ebenbürtige Lebensgefährtin. 1920 erfolgte nach 41jähriger
Amtstätigkeit in Thüngen und nach fast 51jähriger Lehrtätigkeit seine
Pensionierung durch den bayerischen Staat.
Es lohnt sich, zu erwähnen, dass der evangelische Ortsarzt in Thüngen
seinen Sohn in die jüdische Volksschule zum Unterricht schickte, weil sie
von der vorgesetzten Schulbehörde als die beste am Platze anerkannt und
ausgezeichnet wurde.
Nach seiner Pensionierung siedelte der Jubilar nach Frankfurt am Main
über, wo seine verwitwete Tochter ihm jene Güte und Fürsorge angedeihen
lässt, welche den verdienstvollen Vater bis heute körperlich und geistig
selten rüstig und lebensfroh erhielt.
Seinen Lebensabend füllt der Patriarch mit vielen Werken vorbildlicher
Liebestätigkeit, mit selbstloser Unterweisung von Jugendlichen und Erwachsenen in religiösen Disziplinen verdienstvoll aus. Wir wünschen
dem Jubilar weitere Jahre der Gesundheit und Arbeit. (Alles Gute) bis
120!" |
Neujahrswünsche von Lehrer Ascher Eschwege (1897)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. September 1897:
"Verwandten, Freunden und Bekannten wünscht herzlichst eine
'gute
Einschreibung und gute Besiegelung" und 'ein gutes Jahr'.
Lehrer Eschwege
& Frau, Thüngen." |
Bar Mizwa-Feier von Ruben Moise Eschwege, Sohn von Lehrer Eschwege
(1903)
Unter
den "Familiennachrichten" im "Frankfurter Israelitischen
Familienblatt" vom 10. Juli 1903 die "Barmizwahs":
"Ruben Moise, Sohn des Herrn Lehrer Ascher Eschwege in der Synagoge
zu Thüngen (Unterfranken)." |
75. Geburtstag von Lehrer Ascher Eschwege (1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. November 1925:
"(Ehrung eines Jeschiwoh-Dozenten). Herr Lehrer Eschwege, früher in Thüngen,
der Senior der Dozenten in den Untergruppen der Thoralehranstalt Jeschiwa,
beging vor wenigen Tagen in aller Frische und Rüstigkeit von Körper und
Geist seinen fünfundsiebzigsten Geburtstag. Herr Eschwege, seit einigen
Jahren im Ruhestande, benützt diese 'Ruhe', um in Frankfurt in der Nähe
seiner Kinder intensivem Thoralernen zu obliegen und mit ungeschwächter
Jugendkraft und Jugendfreude Thora zu verbreiten. In der Jeschiwa widmet
er sich mit bestem Erfolge den Kleinen und Kleinsten. Das Kuratorium der
Jeschiwa ließ es sich nicht nehmen, dem jugendlichen Greise an seinem
Geburtstage seine Wünsche für ein weiteres gedeihliches Arbeiten zu
überbringen und in einem kostbaren Geschenke den Dank der Jeschiwa zum
Ausdruck zu bringen. Gott mehre seine Tage." |
80. Geburtstag von Ascher Eschwege (1930)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1.
November 1930: "Ascher Eschwege 80 Jahre. Eine der populärsten und
ehrwürdigsten Persönlichkeiten in der unterfränkischen Judenheit,
Ascher Eschwege (geboren am 4. November 1850 = 9. Cheschwan 5611), der von
1879-1920 die israelitische Volksschule in Thüngen, einer der größten
bayerischen jüdischen Landgemeinden, leitete, feiert in diesen Tagen
seinen 80. Geburtstag. Rabbi Seligmann Baer Bamberger bezeichnete selbst
Ascher Eschwege als seinen Lieblingsschüler. 51 Jahre lang, bis zu seiner
Pensionierung im Jahre 1920, war Eschwege unermüdlich als Lehrer tätig;
bei der Typhusepidemie vor 30 Jahren setzte er sich unter Hinansetzung von
Leben und Gesundheit an die Spitze des Hilfsdienstes. Der evangelische
Ortsarzt in Thüngen schickte seinen Sohn in die jüdische Volksschule,
weil sie von der vorgesetzten Schulbehörde als die beste am Platze
anerkannt wurde.
Nach seiner Pensionierung 1920 siedelte der Siebzigjährige nach Frankfurt
am Main über, wo er noch heute rüstig und lebensfroh unter den Seinen
lebt.
Von seinen neun Kindern sind drei Töchter an Lehrern, die an
öffentlichen Volksschulen wirken, verheiratet, von den Söhnen übt der
eine den Kaufmanns-, ein weiterer den Arztberuf aus, die übrigen drei
stehen als Lehrer und Kantoren im Dienste der jüdischen Öffentlichkeit.
Sein ältester Enkel ist seit etwa fünf Jahren Assistent des
Universitätsprofessors Dr. Seit (Frankfurt am Main). Mögen dem 'Isch
emunaus' raw b'rochaus' noch eine Reihe von glücklichen und zufriedenen
Lebensjahren 'ad meoh w'esrim schonoh' (bis 120) im Kreise seiner Kinder,
Enkel und Urenkel, die stolz zu ihm aufschauen, vergönnt sein." |
Oberlehrer Siegfried
Freudenberger organisiert ein Treffen von Mit-Absolventen des Lehrerseminars
(1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juli 1925: "Thüngen
(Unterfranken), 21. Juli (1925). Herr Oberlehrer S. Freudenberger in
Thüngen lädt sämtliche Absolventen des Israelitischen Lehrerseminars
Würzburg aus dem Jahre 1885 mit ihrem Familien zu einer Wiedersehensfeier
im Hotel Goldschmidt in Würzburg am Sonntag, den 9. August dieses Jahres,
nachmittags 5 Uhr herzlichst ein." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. September 1925: "Würzburg,
6. September (1925). Auf Anregung der Oberlehrers S. Freudenberger -
Thüngen hatten sich am 16. August die Absolventen der Israelitischen
Lehrerbildungsanstalt Würzburg des Jahres 1885 im Hotel
Goldschmidt-Würzburg zum Teil mit ihren Familienangehörigen zu einer
Wiedersehensfeier nach 40 Berufsjahren zusammengefunden. Nicht alle konnte
erscheinen; manchen deckt schon der kühle Rasen - mancher war durch
widrige Umstände am Erscheinen verhindert. Umso inniger gestaltete sich
die Wiedersehensfreude derer, die kommen konnten. Distriktsrabbiner Dr.
Hanover und Seminaroberlehrer Anfänger waren als Gäste erschienen.
Heitere und ernste Reden würzten die Feier. Oberlehrer Freudenberger
frischte in längerer, humorgewürzter Rede alte Erinnerungen auf.
Hauptlehrer Mannheimer - Dettelbach
sprach über die religiöse Bedeutung der Zahl 40. Oberlehrer Oberndörfer
- Niederstetten brachte ein
selbstverfasstes Festgedicht zum Vortrage. Seminaroberlehrer Anfänger gab
ein Bild von der Entwicklung des Seminars seit den 40 Jahren und einen
Ausblick auf die künftige Gestaltung der jüdischen Lehrerbildung.
Rabbiner Dr. Hanover sprach über den Idealismus und das unentbehrliche
Quentlein materiellen Einschlags beim Lehrerberufe. Nur zu schnell
verflogen die schönen Stunden und mit dem Wunsche: Auf Wiedersehen in
zehn Jahren so Gott will trennte man sich in später Stunde.
Am anderen Tage erfolgte unter Führung Anfängers eine Besichtigung der
in allen Teilen schön und praktisch restaurierten Seminarräume. Dann
wurden die letzten Ruhestätten der ehemaligen Seminarlehrer (Dr. Tachauer
- seligen Andenkens, J. Schlenker - seligen Andenkens, J.
Weißbart - seligen Andenkens) pietätvoll besucht.
Noch ein letztes Treuegelöbnis dem Berufe, den Kollegen und der alten,
trauten Bildungsstätte und es hieß - scheiden! Die Erinnerungsfeier wird
jedem Teilnehmer unvergesslich bleiben.
L." |
Lehrer Siegfried Freudenberger tritt in den Ruhestand (1931)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. April 1931: "Thüngen,
20. April (1931). Wegen Erreichung der gesetzlichen Altersgrenze wurde
Oberlehrer Freudenberger von der unterfränkischen Kreisregierung
unter Anerkennung seiner Dienstleistung in den dauernden Ruhestand
versetzt. Mit ihm verlässt ein Schulmann, der 46 Jahre als
Volksschullehrer und Kultusbeamter seine ganze Arbeitskraft, sein reiches
Können und seinen aufopfernden Fleiß in den Dienst einer Reihe
unterfränkischer Gemeinden gestellt hatte, seinen Wirkungskreis. Über
ein Jahrzehnte betreute Oberlehrer Freudenberger die altehrwürdige Kehilla
(Gemeinde) in Thüngen, die größte unterfränkische Landgemeinde, die in
der jüdischen Welt noch einen guten Klang besitzt. Unermüdlich arbeitete
er in seiner Schule, tatkräftig als Leiter der verschiedenen Vereine. Der
Gemeinde war er stets ein treuer Berater und dem einzelnen gegenüber
immer hilfsbereit und entgegenkommend. Wenn in anderen Gemeinden gerade in
den letzten Jahren vom alten jüdischen Lebensbaume gar manches
abbröckelte, so hat es Freudenberger verstanden, dank seiner
vortrefflichen Führereigenschaften und durch sein leuchtendes Vorbild an
tiefinnerer Jüdischkeit und Selbstlosigkeit, den alten Geist und die
althergebrachten Traditionen zu erhalten. Kultusverwaltung, Schule und
Jugendverein bereiteten dem Scheidenden, der nach Würzburg übersiedelte
und den die Gesamtbevölkerung nur ungern ziehen ließ, erhebende
Abschiedsfeiern. Möge Herrn Oberlehrer Freudenberger und seiner Gemahlin
noch ein sonniger Lebensabend in Gesundheit und Wohlergehen beschieden
sein. (Alles Gute) bis 120." |
Zum Tod von Hauptlehrer Ascher Eschwege (1931)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. April
1931 (innerhalb der Mitteilungen des Bayerischen jüdischen
Lehrervereins): "Hauptlehrer Ascher Eschwege. Das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen. Von einem unserer Mitglieder aus Frankfurt
wird uns geschrieben: Ascher Eschwege, der vor einigen Monaten anlässlich
seines 80.lGeburtstages in unseren Mitteilungen gefeiert worden war, ist
am 2. Adar von hinnen gegangen. Wie er gelebt, so wollte er sterben und
beerdigt sein. In seiner Bescheidenheit hat er sich geglichen Nachruf
verbeten. Diesem letzten Wunsche des Heimgegangenen müssen wir Rechnung
tragen. Beim Jubiläum unseres Vereins im August vorigen Jahres war
Eschwege zu unserem Ehrenmitgliede ernannt worden. Es war eine Ehre für
uns, dass er unser Mitglied war; denn mit seinem Tode ist ein Lehrerleben
zu Ende gegangen, wie es idealer nicht gedacht werden kann. Er war ein
Vater der Bedrückten und armen, ein Mensch, ein Jehudi. Alles für
andere, für sich nicht. Das Andenken an den Gerechten ist zum Segen.
Freunde und Bekannte hat er in einer letztwilligen Verfügung gebeten, ihn
in ihre Schiurim einzuschließen." |
Zum Tod von Lehrer Siegfried Freudenberger (bis 1931 Lehrer in Thüngen,
1936)
Artikel
in der "Bayrischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. April
1936: "Siegfried Freudenberger seligen Andenkens. Würzburg. Kaum hat sich der Grabhügel gewölbt über die
Gebeine unseres geliebten Kollegen Simon Freudenberger dahier, noch vor
Ablauf der Schloschim (30 Trauertage) mussten wir dessen Bruder,
Oberlehrer Siegfried Freudenberger, zur ewigen Ruhe betten. Wer hätte das
gedacht, wer konnte solches ahnen bei dem stets vorzüglichen
Gesundheitszustand des Siebzigjährigen? Rasch tritt der Tod den Menschen
an! Nach kurzer, mehrtägiger Erkrankung wurde uns der liebe Freund und
Kollege entrissen. Die Beerdigung am Montag, den 2. März, gab Zeugnis von
dem schweren Verluste, den die Familie, die Lehrerschaft, die Gemeinde,
das Judentum erlitten. In beredten Worten beleuchtete Herr Rabbiner Dr.
Hanover den Lebensgang des Verblichenen, sein Wirken und Streben als
Lehrer und Erzieher in den Gemeinden Burgsinn,
Memmelsdorf, Reckendorf und Thüngen, von welchen Orten zahlreiche Teilnehmer an der Trauer
herbeigeeilt waren, vielfach ehemalige, dankbare Schüler. Das Glück
harmonischen Familienlebens verschönte das Dasein des Dahingegangenen.
Zwei Schwiegersöhne gehören selbst dem Lehrberufe an, ein Sohn ist Arzt.
Von den Behörden wurden das Streben und die Erfolge des tüchtigen Lehrers
stets vollauf gewürdigt. So konnte der in den Ruhestand Getretene seinen
Lebensabend seelisch befriedigt in Würzburg im Kreise vieler anderer
Pensionisten verbringen. An den 'Lernkonferenzen' nahm er stets regen
Anteil und suchte auch sonst sich im Gemeindeleben nützlich zu erweisen.
Daher die innige Teilnahme aller. Mannheimer - Dettelbach sprach als
Jugendfreund, der in gleichem Schritt und Tritt neben dem Heimgegangenen
alle Stationen des Lebenslaufes und Lehrberufes absolvierte, warme Worte
der Erinnerung. Simon Blumenthal - Würzburg brachte namens des jüdischen
Lehrervereins in Bayern den Schmerz der Kollegen zum Ausdruck und rundete
das Bild des lieben Menschen, guten Lehrers und treuen Vereinsmitgliedes
zu einem geschlossenen Ganzen. Lehrer Heß - Miltenberg gab in bewegten
Worten dem Schmerze der Familie und des nahen und weiteren
Verwandtenkreises Ausdruck. Dann rollten die Schollen stumpf hernieder.
'Süß ist der Schlaf des Arbeiters.' Seine Seele sei eingebunden in den
Bund des Lebens." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. März 1936:
"Würzburg, 13. März (1936). Noch in den Schloschim
(30 Trauertagen) um seinen vor drei Wochen heimgegangenen Bruder folgt ihm
nun Oberlehrer a.D. Freudenberger ganz unerwartet kurz nach Vollendung
seines 70. Lebensjahres im Tode nach. Die segensreiche Tätigkeit des
Verstorbenen als Lehrer und Betreuer verschiedener unterfränkischer
Landgemeinden wurde in dieser Zeitung anlässlich der Vollendung seines
70. Lebensjahres eingehend gewürdigt. Fast vergessen aber ist heute der
Allgemeinheit sein Verdienst, Vater und Begründer des Siedlungsgedankens
im deutschen Judentum zu sein. Als ein weiser Seher... sah er schon
vor 30 Jahren fast in prophetischer Schau die verhängnisvolle Auswirkung
der einseitigen Berufsschichtung innerhalb unserer Glaubensgemeinschaft.
In Wort und Schrift richtete er damals in flammender Begeisterung den Ruf
an die jüdische Öffentlichkeit: 'Zurück zum Berufe der Väter im
heiligen Lande, zurück zur Scholle!' Erst die harte Notwendigkeit unserer
Zeit lehrte die zahlreichen Gegner dieser Bestrebung von einst eines
Besseren.
Welcher Wertschätzung und Beliebtheit sich der Heimgegangene erfreuen
konnte, zeigte die außerordentlich große Beteiligung an der Beerdigung,
die am 2. März auf dem Würzburger Friedhof stattfand. In einer
großangelegten Trauerrede ließ Herr Rabbiner Dr. Hanover die
überragende Persönlichkeit des Heimgegangenen, der aus eigener Kraft und
mit seltener Willens- und Charakterstärke sich seine Position geschaffen
habe, vor unserem geistigen Auge vorüberziehen. In bewegten Worten
verabschiedete er sich von einem Freund, der ihm im letzten Jahrzehnt
persönlich nagegestanden habe. Als Studiengenosse und Freund sprachen
Hauptlehrer Mannheimer, Dettelbach,
für den Israelitischen Lehrerverein in Bayern, Hauptlehrer a.D.
Blumenthal, Würzburg, für die Familie, sodann Lehrer Hess, Miltenberg,
herzliche Worte des Abschieds und des Gedenkens.
Ein Mann von tiefer Herzensfrömmigkeit, der Treue und Wahrhaftigkeit, ein
untadeliger Charakter, ein vorbildlicher Gatte und Familienvater, dessen
Herzensgüte und Hilfsbereitschaft gegen jedermann allbekannt war, ist allzu früh
den Seinen und der Allgemeinheit entrissen worden. Möge Gott der
tief betrübten Gattin und den trauernden Kindern in ihrem Schmerze
reichen Trost spenden. Seine Seele sein eingebunden in den Bund des
Lebens." |
|
Anmerkung: Siegfried Freudenberger ist
am 1. Dezember 1865 in Heßdorf / Unterfranken als Sohn des Landwirts
Judas Freudenberger und seiner Frau Babette geb. Goldner geboren;
Ausbildung an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in
Würzburg, unterrichtete an
jüdischen Volksschulen in Memmelsdorf,
Maßbach u.a., zuletzt in
Thüngen. Er war verheiratet mit Rika geb. Hecht, geb. 19. Juli
1870.
Der im Artikel auch genannte Lehrer Simon Freudenberger ist am 10.
Juni 1871 in Heßdorf geboren (Bruder zu Siegfried). Er starb am 4.
Februar 1936 in Würzburg. Angaben nach R. Strätz: Biographisches
Handbuch. |
Hinweis: eine Tochter Erna (geb. 1900)
des Lehrers Siegfried Freudenberger ist im jüdischen
Friedhof in Maßbach beigesetzt. |
Lehrer Julius Roberg vertritt die Lehrerstelle
(1931/32)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Mai
1931: "Personalia. Kollege Blumenthal in Unsleben wurde ab 1.
Mai zum Oberlehrer ernannt. Roberg (Höchberg) wurde mit der Verwendung
von Thüngen betraut". |
Anmerkung: Julius Roberg ist 1907 in Berlichingen
geboren. Er ließ sich 1921-24 an der Israelitischen Präparandenschule in
Höchberg und an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg zum
Lehrer ausbilden (Examen 1927). Zunächst unterrichtete er in Höchberg,
1931-32 vertrat er die Lehrerstelle in Thüngen. Danach unterrichtete er
an der jüdischen Volksschule in Würzburg (auch an der ILBA?) und war als
Kantor tätig. Beim Novemberpogrom 1938 festgenommen und nach Dachau
verschleppt. Im Februar 1939 mit Ehefrau und Sohn nach London emigriert.
Dort weiterhin als Lehrer tätig; lebte 1983 im Ruhestand in London.
Söhne: Meir Uri (geb. 1938) und Nathan (geb. 1939).
(Quelle: Strätz, Biographisches Handbuch Bd. II S. 464). |
Die jüdische Volksschule wird aufgehoben und als private Schule weitergeführt
(1935)
Mitteilung
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Juni
1935: "Die Volksschulstelle in Thüngen wurde mit Beginn des
Schuljahres 1935/36 aufgehoben. Die Schule wird als private jüdische
Volksschule weitergeführt." |
Hauptlehrer Max Rosenbaum verlässt Thüngen (1936)
Artikel
in der "Bayrischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
Januar 1936: "Hauptlehrer Max Rosenbaum in Thüngen ist ab 1. Februar
zum Leiter des Israelitischen Volksschule in Unsleben
ernannt worden." |
Lehrer Harry Weinberg wird Lehrer in Thüngen (1936)
Anmerkung: nach Strätz Biographisches Handbuch Würzburger Juden Bd. II S.
659 ist Harry Weinberg 1908 in Sulzbürg
als Sohn des Rabbiners Magnus Weinberg geboren, Er studierte 1936 (?) bis 1930
an der ILBA Würzburg. Er konnte noch (wann?)
emigrieren und lebte in den 1960er-Jahren in London. Er war verheiratet mit
Fanny geb. Kahn (geb. 1913 in Gemünden),
die nach der Deportation 1941 in Minsk ermordet wurde. Vor seiner Zeit in
Thüngen war Harry Weinberg Lehrer in Gemünden.
Mitteilung
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 16.
November 1936: "Stellenbesetzungen: Dem Lehrer Harry Weinberg
wurde mit Wirkung vom 1. November dieses Jahres die Leitung der privaten
Volksschule in Thüngen übertragen." |
Berichte
zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Vergabe
des Aussteuerpreises in Aschaffenburg aus der Dilsheimerstiftung an Jettchen
Hecht verh. Neumann (1905)
Anmerkung: Jettchen Neumann geb. Hecht ist am
13. November 1874 in Babenhausen [nicht:
Baumhausen!] geboren; sie war seit 1905 verheiratet mit dem
Kaufmann/Eisenhändler Isaak Neumann (geb. 1879 in Thüngen). Die beiden
wohnten in Thüngen und wurden Ende April 1942 ab Würzburg nach
Krasnystaw deportiert und ermordet. Die Namen der beiden stehen auf dem Denkmal
für die aus Thüngen in der NS-Zeit ermordeten jüdischen
Personen.
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 19. Mai 1905:
"Aschaffenburg, 19. Mai (1905). Kommenden Sonntag wird im
Deutschhaussaale der Aussteuerpreis aus der Dilsheimerstiftung im
Betrage von 2.000 Mark an Fräulein Jettchen Hecht verabreicht werden. Im
kommenden Jahre erhält den Preis eine
Christin." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 2. Juni 1905: "Aschaffenburg, 25. Mai (1905). Mit
einer schönen Stiftung bedachte vor Jahren der in Paris
verstorbene Kaufmann Daniel Dilsheimer (statt Pilsheimer)
seine Vaterstadt Aschaffenburg. Er verfügt letztwillig, dass alljährlich
2.000 Mark in bar an ein vom Magistrate ausgewähltes Mädchen, das sich
besonders durch Tugendhaftigkeit und Unterstützung seiner Eltern
ausgezeichnet hat, als Heiratsstipendium ausbezahlt werden. Die
Überreichung hat stiftungsmäßig öffentlich und feierlich zu geschehen,
was einer französischen Sitte entspricht; auch im Monat Mai muss die
sogenannte 'Rosenbraut' beglückt werden. Für heuer fiel das Stipendium
einem jüdischen Mädchen und zwar der Dienstmagd Jettchen Hecht
zu. Heute Vormittag fand im Rathaussitzungssaale in Anwesenheit der
städtischen Kollegien und vor zahlreichem Publikum durch Herrn
Bürgermeister Dr. Matt die feierliche Überreichung des Stipendiums von
2.000 Mark in neuen 20-März-Stücken statt. Den Abschluss der Feier
bildete die Ziviltrauung der Bedachten mit dem Kaufmann Isaak Neumann." |
Oberarzt Dr. Samuel Eschwege erhält das EK
I (1918)
Meldung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 13. September
1918: "Nürnberg. Leutnant Jakob Steinacher - Nürnberg, Oberarzt Dr.
Samuel Eschwege aus Thüngen und Leutnant Emil Kraemer aus Ansbach
erhielten das Eiserne Kreuz 1. Klasse." |
Zum 80. Geburtstag von Babette Bierschild - "Wahrzeichen des
jüdischen Geistes in der Thüngener Gemeinde"
(1920)
Artikel
aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. März 1920:
"Thüngen (Unterfranken), 14. März (1920). Unsere altehrwürdige
Gemeinde Thüngen, immer noch weit über Frankens Grenzen hinaus durch
eine stattliche Zahl frommer jüdischer Häuser berühmt, feiert einen
Festtag. Die älteste der jüdischen Frauen und eine der ältesten des
Ortes, Babette Bierschild, begeht in voller Rüstigkeit ihren 80.
Geburtstag. Sie, die in einem alteingesessenen jüdischen Bürgerhaus des
fränkischen Dörfchens Fuchsstadt entstammt, - das Dorf beherbergt keine
Juden mehr, nur der jüdische Friedhof und die Träger der Namen derer,
die dort ruhen, zeugen von der einst blühenden Gemeinde - hat in Thüngen
vor vielen Jahren eine zweite Heimat gefunden. Hier wirkte sie anfangs an
der Seite ihres gelehrten Bruders Jakob Bierschild - seligen
Angedenkens - und nach seinem Tode in biederer Schlichtheit als
jederzeit hilfreiche und wohltätige Freundin. Gar innig verwebte sich ihr
Leben mit dem Geschick der Gemeinde. Das dritte Geschlecht zieht an ihr
vorüber, alle aber schauen voll Ehrfurcht und Dankbarkeit zu der frommen
Frau hinauf. Sie verehren sie als Wahrzeichen des jüdischen Geistes in
der Thüngener Gemeinde. Und aller Wunsch ist, dass ihr von HaSchem
(Gott) noch recht viele Jahre stillzufriedenen Glücks beschieden sein
mögen. (Alles Gute) bis 120 Jahre." |
Goldene Hochzeit von Oskar Forchheimer und Karolina geb. Heinemann (1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. August 1925: "Thüngen,
10. August (1925). In körperlicher und geistiger Frische feiern die
Eheleute Oskar und Karolina Forchheimer von hier, letztere geborene
Heinemann, am Sonntag, den 23. August, das Fest der goldenen Hochzeit.
Beide führen ihr Mehl- und Getreidegeschäft noch ununterbrochen bis
heute fort. Von den 7 während des ganzen Weltkrieges an der Front
befindlichen Söhne haben zwei den Heldentod gefunden. Außerdem standen
auch zwei Schwiegersöhne im Feld. (Alles Gute) bis 100
Jahre." |
Zum Tod von Oskar Forchheimer (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Mai 1928:
"Thüngen, 13. Mai. Am 12. Ijar ist im hohen Alter von nahezu 80
Jahren Oskar Forchheimer verstorben. Er stand auf streng religiösem
Standpunkte und hat noch in seinem Siechtum in den letzten Jahren treu und
gewissenhaft alle Gebote unseres heiligen Glaubens erfüllt. Der
Verstorbene war ein einfacher, schlichter, biederer, unermüdlich
tätiger, friedliebender Mann. Seine 7 Söhne standen im Weltkrieg an der
Front; außerdem waren noch 2 Schwiegersöhne eingezogen. Der Verlust von
zwei Söhnen, die den Heldentod gestorben sind, brach seine Kraft. Bei der
Überführung schilderten Oberkantor Eschwege in Würzburg und Oberlehrer
Freudenberger von hier seinen Lebensweg und seine Verdienste." |
89. Geburtstag von Babette Bierschild
(1929)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. März 1929:
"Thüngen (Unterfranken), 10. März (1929). Das Ehrenmitglied
unseres hiesigen Frauenvereins, zugleich die älteste Bürgerin der
politischen Gemeinde, Fräulein Babette Bierschild, feierte am 14. dieses
Monats in seltener körperlicher und geistiger Frische ihren 89.
Geburtstag. Jeder in Bayern erinnert sich gerne dieser Gelehrten-Familie,
der diese ehrwürdig-fromme Jüdin entstammt. Möge der Jubilarin noch ein
weiterer glücklicher Lebensabend beschieden sein. (Alles Gute) bis 120
Jahre." |
90. Geburtstag von Babette Bierschild (1930)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
März 1930: "Thüngen (Unterfranken), 6. März 1930: In
seltener körperlicher und geistiger Frische feiert am Purimfest Babetta
Bierschild von hier ihren 90. Geburtstag. Sie ist die älteste Person in
hiesiger Marktgemeinde. Schön frühzeitig verwaist, steht sie seit
Jahrzehnten schon einsam ohne nähere Verwandte da. Sie blieb
unverehelicht. Sie betrieb früher ein reges Nähegeschäft. Heute noch
besorgt sie allein ihre Haushaltungsarbeiten und nimmt lebhaften Anteil an
allen Vorkommnissen der Gemeinde. Von tief religiöser Gesinnung besitzt
sie durch ihren edlen Charakter und durch ihr freundliches, bescheidenes
Wesen die Liebe und Achtung des ganzen Ortes ohne Unterschied der
Bevölkerung. Die Gesamteinwohnerschaft nimmt innigen Anteil an ihrem
Freudentag. Der hiesige Gemeinderat und die israelitische Kultusverwaltung
ehren die Greisin mit Überreichung eines Geschenkes durch je eine
Abordnung." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. April 1930: "Thüngen
(Unterfranken), 1. April..." Insgesamt derselbe Text wie oben- im
Rückblick formuliert. |
Aus dem jüdischen
Gemeinde- und Vereinsleben
Antijüdische Unruhen (1866)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Juni 1866: "Regensburg,
1. Juni (1866). Das schändliche Treiben der Judenverfolgung, wie es vor
Kurzem in Böhmen stattgefunden, scheint sich leider jetzt auch in Bayern
einstellen zu wollen. In Laudenbach,
Wiesenfeld und Thüngen
(Bezirksamt Karlstadt) ist der Krawall bereits losgegangen. Schon seit 14
Tagen werden den Juden die Fenster eingeworfen, die Läden gesprengt, die
Hausdächer demoliert, und wird verdorben, was verdorben werden kann.
Trotzdem, dass der Bezirksamtmann eine Mahnung an die betreffenden
Gemeinden ergehen ließ, wiederholten sich die Exzesse; mitten in der
Nacht, halb angekleidet, flüchteten sich die Juden, namentlich das
weibliche Geschlecht, auf Schiffen nach Karlstadt. Es ist sogar Militär
nach Laudenbach requiriert worden." |
Gründung des Jugendvereines durch Hauptlehrer Freudenberger im Dezember 1920
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Dezember 1920:
"Thüngen, 19. Dezember (1920). Hauptlehrer Freudenberger, gründete
hier in Verbindung mit einer Chanukkafeier, einen Jugendverein, dem sofort
48 aktive und 10 passive Mitglieder beitraten." |
Die "Thüngener Unruhen" im Oktober 1923 - die NS-Zeit wirft ihre
Schatten voraus
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. März 1924:
"Die Thüngener Unruhen vor Gericht.
Thüngen, 23. März 1924. Am 21.
Oktober 1923 veranstaltete der Bund "Bayern und Reich" unter Führung des
Baron von Thüngen einen sogenannten deutschen Tag. Dazu waren noch
auswärtige vaterländische Verbände Oberland und andere mehr geladen.
Bis zu den Zähnen bewaffnet, trafen diese hier ein. Am Bahnhofe schon
stießen verschiedene Angekommene schwere Drohungen gegen die hiesige
Einwohnerschaft aus. Sie wurden darob mit Pfuirufen empfangen. Die
Stimmung war gereizt. Vor dem Schlosse stellte sich der Zug auf. Außer
dem Baron und einiger seiner Bediensteten schlossen sich hier nur noch 2-3
Einwohner an. Wüster Lärm und lautes Gejohle einer großen Volksmenge
begleitete den Zug. Am Kriegerdenkmal sollte eine Feier stattfinden.
Dieses wurde jedoch von den hiesigen jungen Leuten verhindert. Sie
umstellten das Denkmal. Sie wollten das Andenken ihrer gefallenen Brüder,
Freunde und Kameraden durch politische Reden der Hakenkreuzler nicht
schänden lassen. Der Baron kommandierte: 'Platz räumen!'. In diesem
Augenblick zogen die sogenannten Vaterländischen blank. Ein unbeteiligter
hiesiger Arbeit erhielt einen tödlichen Stich. Darauf herrscht ungeheure
Erregung. Die Landespolizei von Würzburg wurde telefonisch herbeigerufen.
Sie verhaftete vom Platz weg 10 junge Leute, darunter 7 Israeliten. Um den
Mörder kümmerte man sich nicht. Wie Schwerverbrecher wurden diese
gefesselt, gleichsam zur Schau durch die Straßen des Städtchens
Karlstadt geführt. Sieben Wochen schmachteten sie in Untersuchungshaft.
Die Erbitterung des hiesigen Ortes richtete sich gegen Baron von Thüngen.
Laute Verwünschungen wurden gehört. Die schöne Harmonie, die bisher
zwischen den hiesigen Konfessionen geherrscht hat, wurde nicht getrübt.
Am Volksgericht Würzburg fand vom 13. bis 15. März die Hauptverhandlung
wegen Landfriedensbruch gegen 13 Angeschuldigte, darunter 7 Israeliten,
statt. 55 Zeugen waren geladen. Die Verhandlung ergab die volle
Haltlosigkeit der ganzen Anklage. Die Verdächtigung in der
Anklageschrift: 'Die Juden in Thüngen haben beschlossen, den deutschen
Tag mit Gewalt zu verhindern und da sie glaubten, dazu zu schwach zu sein,
haben sie sich mit dem Fußballklub verbunden,' hat selbst der
Staatsanwalt fallen lassen. Die Angeklagten wurden teils freigesprochen
und teils wegen Unfugs zu 3-5 Wochen Haft, verbüßt durch die
Untersuchung, verurteilt. Dieser Wahrspruch ist ein glänzender Sieg der
Wahrheit und des Rechtes gegen niedrige, böswillige Verleumdung und
konfessionelle Entzweiung. Der gesunde Sinn der hiesigen Einwohner ließ
sich durch die propagandistischen Absichten des deutschen Tages nicht
betören. Die hiesige Bevölkerung will mit ihren jüdischen Mitbürgern,
die nahezu ein Fünftel der Ortsbewohner zählen und im Weltkrieg 7
tapfere Söhne auf dem Altar des Vaterlandes geopfert haben, auch
weiterhin wie bisher in Frieden und Eintracht leben. Das Fiasko des
deutschen Tages wird für den von völkischen Schlagworten berauschten
jungen Baron - der im Gegensatz zu den Bekundungen aller Zeugen seine
Leute wehrlos und die hiesige Bevölkerung mit Knütteln bewaffnet sah -
und seine Hintermänner eine heilsame Lehre bleiben." |
|
Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 3. April 1924: "Die
Thüngener Ausschreitungen. Glänzende Rechtfertigung der jüdischen
Angeklagten. Am 21. Oktober veranstaltete der Verein 'Bayern und
Reich' in Thüngen unter Führung des Barons Lutz von Thüngen einen
Deutschen Tag. Mit Revolvern und Messern bewaffnet erschienen auswärtige
Vereine, und schon am Bahnhof kam es zu Rempeleien. Das Bezirksamt
Gemünden hatte die Erlaubnis zu der Veranstaltung gegeben, obschon durch
eine Verordnung des Generalkommissariats Versammlungen im Freien verboten
waren.
Unter dem Gejohle und Geschrei der Thüngener Burschen bewegte sich der
Zug nach dem Kriegerdenkmal. Die Thüngener Burschen besetzten jedoch das
Denkmal und den freien Platz und schrieen: 'Hier werden keine politischen
Reden gehalten, hier liegen unsere Toten!' Der Baron von Thüngen gab aber
darauf den Befehl, den Platz zu säubern, und sofort stürmte ein
Stoßtrupp der Hakenkreuzler mit gesenkter Fahne, bewaffnet mit Dolchen
und Revolvern, gegen die unbewaffneten Thüngener Burschen los. Einer der
Leute erhielt einen schweren Stich am Hals, dem er nach wenigen Minuten
erlag. Die Landespolizei schaffte wieder Ruhe, nahm 13 Thüngener junge
Leute, darunter 7 jüdischen Glaubens, fest, und sie mussten sich
jetzt vor dem Würzburger Volksgericht als Rädelsführer des
Landfriedensbruches verantworten.
Die Anklage war von der Annahme ausgegangen, dass die Juden von
Thüngen die Störung des Deutschen Tages verabredet und sich dazu der
Hilfe des Fußballklubs, den sie dazu bestochen hätten, bedient
hätten. Die dreitägige Verhandlung ergab, dass diese Annahme durchaus
falsch sei, die Anklage wegen Landfriedensbruches musste fallen
gelassen werden, und es erfolgten nur teilweise Verurteilungen wegen
groben Unfugs zu Haftstrafen. Ein Teil der Angeklagten wurde freigesprochen.
Um dieser Verurteilung abzuwarten, mussten die Festgenommenen sieben
Wochen in Untersuchungshaft sitzen.
Mit wie verschiedenem Maß die öffentliche Meinung in Bayern bei
Christen und Juden zu messen pflegt, beweist dieses Geschehnis. In
Thüngen lebten unter 1000 Einwohnern etwa 200 Juden seit Jahrzehnten im
besten Einvernehmen; das Kriegerdenkmal in Thüngen nennt unter 44 Namen
der Gefallenen 7 Juden. Nichtsdestoweniger konnte die Behauptung
der Gendarmen, dass der ganze Widerstand gegen den Deutschen Tag von den
Juden veranstaltet und bezahlt sei, sofort öffentlichen Glauben finden.
Es ist erfreulich, dass das Volksgericht in Würzburg zum Unterschied von
manchen anderen bayerischen Volksgerichten objektiv geurteilt und die völlige
Unschuld der Juden anerkannt hat." |
Erinnerung an den in Thüngen geborenen Abraham Albert
Fröhlich
(Foto erhalten von Lin Herz)
Links Abraham Albert Fröhlich (geb. 21. Januar 1895 in Thüngen,
gest. 26. Februar 1977 in Raleigh, North Carolina / USA). Das Foto zeigt
ihn mit seiner Frau Emilie (Millie) geb. Bühler (geb. 13. Mai 1896
in Nördlingen, gest. 14. Dezember
1991 in Raleigh, North Carolina / USA). Das Foto entstand im Juli 1926 wo
Abraham Fröhlich als Lederfabrikant tätig war.
|
Anzeigen jüdischer
Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Lehrlingssuche des Modewarengeschäftes M.
Fulder (1901)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Oktober 1901: "Suche
für mein Modewaren-Geschäft einen Lehrling aus guter Familie.
Samstags und Feiertage geschlossen.
M. Fulder, Thüngen (Bayern)." |
Anzeige des gemischten Waren- und Eisengeschäftes M.
Frankenburger (1904)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 11. Mai 1904:
"Für mein gemischtes Waren- und Eisengeschäft suche
einen
Lehrling
mit guter Schulbildung. Samstags geschlossen. Kost und Logis im Hause.
M. Frankenburger, Thüngen (Bayern)". |
Verlobungsanzeige von Bertie Fröhlich und Sigmund Bravmann (1922)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. April 1922: "Statt
Karten:
Bertie Fröhlich - Sigmund Bravmann, Lehrer. Verlobte.
Thüngen in
Unterfranken - Weilburg an der Lahn.
5. Tag von Pessach 5682 (= 17. April 1922)". |
Verlobungs- und Heiratsanzeige von Mally Adler und Dr. Rudolf
Freudenberger (1923)
sowie Verlobungsanzeige von Else Freudenberger und
Josef Frank (1923)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. August 1923: "Gott
sei gepriesen.
Mally Adler - Dr. med. Rudolf Freudenberger.
Verlobte.
Heubach / Schüchtern
- Bergen - Frankfurt am Main / Thüngen.
7. Elul 5683 (= 19. August 1923)". |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Dezember 1923: "Gott
sei gepriesen.
Dr. Rudolf Freudenberger - Mally Freudenberger geb.
Adler. Vermählte. Bergen - Frankfurt am Main.
Else Freudenberger -
Josef Frank. Verlobte. Thüngen Unterfranken - Würzburg." |
Anmerkung: Dr. Rudolf Freudenberger
ist am 25. März 1893 als Sohn des späteren Lehrers in Thüngen -
Siegfried Freudenberger s.o. - in Memmelsdorf geboren;
er studierte Medizin
in Würzburg, 1915-1918 Kriegsteilnehmer, Feldhilfsarzt; 1921 nach
Nürnberg.
Josef Frank war ein Sohn des Getreidehändlers Benjamin Frank in
Thüngen (verh. mit Sofie geb. Goldschmidt). Else Freudenberger ist
am 22. April 1898 als Tochter des späteren Lehrers in Thüngen -
Siegfried Freudenberger (s.o.) - in Memmelsdorf geboren. Josef Frank war
in Würzburg als Kaufmann tätig (Mitinhaber der Fa. Siegbert Dillenberger
& Co., Kurzwarengroßhandlung und Wäschefabrik; das Ehepaar ist im
Dezember 1936 nach Argentinien emigriert. Alle Angaben nach
Strätz Biographisches Handbuch Würzburger Juden. |
Anzeige der Wurstfabrik Samuel Dessauer (1924)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Mai 1924: "Koschere
Wurstwaren. Empfehle prima Kochwurst per Pfund 1.20 Gm., prima
Landwurst per Pfund 1.50 Gm., prima Dauerwurst per Pfund 2.- Gm. sowie
sämtliche anderen Wurst- und Fleischwaren zu billigsten Tagespreisen.
Versand nur unter Nachnahme. Samuel Dessauer, Thüngen (Unterfranken)
Wurstfabrik mit elektrischem Betrieb. Telefon 16." |
Louis Vorchheimer II. sucht eine Lehrstelle für seinen Sohn (1925)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. April 1925: "Lehrstelle
für meinen Sohn mit Handelsschulbildung in Manufakturgeschäft, Samstag
geschlossen, bei Kost und Logis im Hause, gesucht.
Louis Vorchheimer II., Thüngen (Unterfranken)." |
Verlobungsanzeige von Bella Freudenberger und Pinnas
Blumenberg (1926)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. April
1926:
"Bella Freudenberger - Pinnas Blumenberg.
Verlobte.
Zürich / Thüngen - Zürich." |
Verlobungs- und Hochzeitsanzeige von Minna Freudenberger
und Salli (Sally) Stern (1927/1928)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Dezember 1927:
"Minna Freudenberger - Salli Stern
Verlobte
Thüngen, am Chanukka-Fest (1927)." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Juli 1928:
"Sally Stern - Minna Stern geb. Freudenberger.
Vermählte.
Thüngen, (Unterfranken).
Trauung: Hotel Katzmann, Würzburg. 29. Juli 1928, mittags 12
Uhr." |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine Synagoge beziehungsweise ein Betsaal war
auf Grund der großen Zahl der jüdischen Einwohner sicher bereits Ende des 17.
Jahrhunderts vorhanden ("Judenschule").
Anstelle dieser alten, auf Grund und Boden des Juliusspitals erbauten älteren
Synagoge wurde 1860 (oder in den 1860er-Jahren?) eine neue
Synagoge mit Schule und Lehrerwohnung erbaut. Ein Bericht zu ihrer
Einweihung konnte nicht nicht gefunden werden. Doch liegt ein
ausführlicher Bericht über die Einweihung einer neuen Torarolle aus dem Jahr
1884 vor:
Einweihung einer neuen Torarolle (1884)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. April 1884 (abgekürzt
zitiert): "Thüngen bei Würzburg. Am verflossenen Heiligen
Schabbat, Paraschat Schemot (Schabbat mit der Toralesung Schemot, das
ist 2. Mose 1,1-6,13, das war Schabbat, 19. Januar 1884) wurde dahier ein
Fest begangen, welches sich zu einem so herrlichen gestaltete, dass es
verdient, auch in weiteren Kreisen bekannt zu werden. Die Chevra
rischnoh (d.i. die oben genannte Erste Chevra, d.i. der
Wohltätigkeits- und Bestattungsverein) ließ durch Anregung Herrn Lehrer
Eschwege eine Torarolle schreiben, die an erwähntem Heiligen
Schabbat in folgender Weise ihrem heiligen Zwecke übergeben
wurde.
Am Freitag Abend gegen 8 Uhr versammelten sich die zu dieser Feier
eingetroffenen Gäste in einem herrlich dekorierten Saale und wurden dort
von Herrn Lehrer Eschwege aufs Herzlichste begrüßt. An die letzte Mischna
von Taanit anknüpfend, wies derselbe darauf hin, dass bei
jegliches Gesetzerfüllung ein gewisser Grad von Freude uns beseelen soll,
wie auch alle Freude stets in den Grenzen des Gesetzes sich bewegen muss.
Möge die Gesetzesfreude des morgigen Tages sich zu einem wahren Schmucke,
zu einer echten Krone für unsere Tora gestalten..., indem
bei jedem Festteilnehmer das 'wir wollen es tun und darauf hören'
aufs neue gelobt werde, wie damals am flammenden Sinai von unseren
Ahnen.
Später vereinigten sich dann die verschiedenen hiesigen Chevros in
dem Zimmer, woselbst die neue |
Torarolle
stand, - um, wie bestimmt war, hier ganz Psalmen zu sagen. Wie
überrascht war man aber, hier ein wahres Prachtwerk, in schönster
Beleuchtung strahlend zu finden. Ein Bau, wie er nur selten
errichtet wird, stand da, welchen Herr Eschwege herstellte nach der
genauen Angabe und unter Leitung und Mitwirkung seines verehrten Vaters,
Herrn Lehrer Eschwege aus Karbach, der
hierzu eigens eingetroffen war. Die erhebende Andacht dauerte bis 2 Uhr
und ein jeder freute sich mit der Pracht auch die Bedeutung der
Tora vereint zu sehen.
Nach früh vollendetem Aufstehen versammelten sich die
Festteilnehmer Vormittags gegen 9 Uhr zum Festzuge.
Dieser war aufs Gelungenste arrangiert, und wurde von der hiesigen Schuljugend
eröffnet. Die Schüler mit Fahnen und Schärpen versehen, während die
Mädchen mit Kränzen und Bändern geschmückt waren. - Diesen folgten
einige Fahnenträger, diesen ein Teil der Chevra-Mitglieder, dann der
Distrikts-Rabbiner, die neue Torarolle tragend, vom Lehrer und
Chevravorstand begleitet. Den übrigen Teil des Zuges bildeten die Chevra
mit 4 Torarollen - als Begleitung der neuen - die Herren
Vorstände, der Herr Bürgermeister mit dem ganzen Gemeindeausschusse, die
Ehrengäste und die übrigen Gemeindeangehörigen.
Der Festgottesdienst verlief ganz dem Programme entsprechend. Die
Festpredigt, die Herr Distriktsrabbiner Nathan Bamberger hielt, war eine
sehr gediegene und fand ungeteilten Beifall. Der verehrte Redner sprach
zuerst über die Vorzüge der Tora, über die Größe der durch
Übergabe der Torarolle erfüllen Weisung und verbreitete sich
sodann über einen Midrasch...., welchen er in meisterhafter Weise
auszuführen verstand, knüpfte hieran jene allegorische Stelle, dass Gott
nur unsere Kinder sich als Bürgschaft für die Tora-Erfüllung und
Tora-Verbreitung erkoren habe...
Der Tag bot noch manches Vergnügen für Jung und Alt. So verlief denn das
ganze Fest in würdigster Weise und herrschte bei Allen nur die eine
Stimme, dass die Feier eine höchst gelungene gewesen. Gewiss entsprechen
wir dem Wunsche Vieler, indem wir schließlich dem verehrten Festkomitee,
wie überhaupt Allen, die sich um das Zustandekommen und die Ausführung
dieser Feier verdient gemacht, herzinnigen Dank aussprechen..." |
Bereits im Frühjahr 1938 kam es zu Ausschreitungen gegen die jüdischen
Einwohner am Ort. Über Ausschreitungen gegen die Synagoge beim Novemberpogrom
1938 liegen in den vorliegenden Darstellungen keine Berichte vor (so bei Ophir/Wiesemann S.
411, Hinweis bitte an Webmaster, Adresse siehe Eingangsseite).
Nach Schwierz S. 116 und L. Scherg S. 41 wurde die Synagoge 1938 ohne nähere
Angaben "beschädigt".
Das Synagogengebäude blieb jedoch nach 1945 erhalten und wurde bis in
die 1980er-Jahre - nach einem heute noch vorhandenen Schild - gewerblich genutzt
(als Fabrikgebäude einer Handweberei). Inzwischen ist es zu einem Wohnhaus umgebaut. Die
Fenster und der Aufgang in die Synagoge sind noch erhalten.
Im November 2007 wurde an der ehemaligen Synagoge eine Gedenktafel
eingeweiht.
Adresse/Standort der Synagoge: Obere Gasse 1
Fotos
(die historischen Fotos entstammen der Fotosammlung Theodor Harburger;
veröffentlicht in: Theodor Harburger:
Die Inventarisierung s.Lit. Bd. 3 S. 723-724; Neuere Fotos: Hahn,
Historische Fotos
um 1930 |
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Gießfass und Waschbecken im
kleinen
Vorraum der Synagoge (aus der früheren
Synagoge übernommen, 18.
Jahrhundert) |
Tora-Schild (Tass) aus
Gemeindebesitz der jüdischen
Gemeinde Thüngen |
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Das Synagogengebäude
im Herbst 2006 |
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Das ehemalige
Synagogengebäude
von der Oberen Gasse |
Seitenansicht
vom Hof |
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Seiteneingang (heute Eingang
zum Wohnhaus) |
Erinnerung an die Nutzung des
Gebäudes als "Handweberei" |
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Das
Synagogengebäude im Juni 2009
(Fotos: Elisabeth Böhrer, Aufnahmedatum 29. Juni 2009) |
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Das ehemalige
Synagogengebäude
von der Oberen Gasse |
Blick in die
Hofeinfahrt |
Hinweistafel zur
Geschichte des Gebäudes |
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Einweihung eines Denkmals
für die
aus Thüngen deportierten jüdischen
Personen (Fotos:
Elisabeth Böhrer, Aufnahmedatum wie oben) |
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Der inmitten von
Thüngen gelegene Planplatz mit den Gefallenendenkmalen und seit
Juni 2009
dem Denkmal für die aus Thüngen umgekommenen jüdischen Personen |
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Enthüllung des Denkmals |
Kinder der
vierten Grundschulklasse
mit Pfarrerehepaar Robert und
Ulrike Foldenauer |
Gedenkstein für 20 aus
Thüngen
deportierten und ermordeten
jüdischen Personen |
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Kriegsopfer-
und Deportiertendenkmale im Oktober 2009
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 21.10.2009) |
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Blick auf das Kriegerdenkmal
(links) und das
Deportiertendenkmal (links des Baumes) |
Der Gedenkstein
für 20 aus Thüngen deportierten und ermordeten jüdischen
Personen,
rechts mit Gedenksteinchen und Kerze |
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Gefallenendenkmal mit den
Namen der
gefallenen und vermissten jüdischen
und nichtjüdischen
Soldaten
aus Thüngen |
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Jüdische Gefallene: Nathan
Stern, Benno Forchheimer |
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Jüdische Gefallene: Nathan
Schreiner,
Leo Scharlach |
Jüdische Vermisste: Max
Forchheimer,
Leo Forchheimer, Rudolf Frank |
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Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Juni 2009:
Gedenkstein wird eingeweiht. |
Artikel von Holgar Reiff in der
"Mainpost" vom 29. Juni 2009:
THÜNGEN - Ein Gedenkstein wider das Vergessen. Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus am Thüngener Planplatz enthüllt
Seit Freitagabend hat auch die Gemeinde Thüngen ihr Mahnmal für die Opfer des NS-Regimes. In einer feierlichen Zeremonie wurde auf dem Planplatz mitten im Ort ein Gedenkstein enthüllt, auf dem die Namen jener 20 ehemaligen jüdischen Mitbürgern eingraviert sind, die nachweislich verfolgt und ermordet wurden.
Ein langer und schwieriger Prozess sei es gewesen, erklärte einleitend Kristina Ackermann, deren Recherchen über die einstige jüdische Gemeinde in Thüngen das Aufstellen des Gedenksteines und damit den Festakt überhaupt erst ermöglicht hatten. Ursprünglich war vorgesehen, die Namen der nachweislich verschleppten und ermordeten Juden wie in Karlstadt als
"Stolpersteine" in den Boden einzulassen. Auch Georg Schnabel vom gleichnamigen Karlstadter Arbeitskreis und Betreuer des
Laudenbacher Judenfriedhofs hatte sich dafür ausgesprochen. Der Thüngener Marktgemeinderat entschied sich dann jedoch für den zentral aufgestellten Gedenkstein.
Wichtig, so Ackermann weiter, sei aber, dass man für das neue Mahnmal einen Platz in der Gemeinde gefunden habe, um dort gegen das Vergessen der verfolgten und ermordeten Mitbürger zu gedenken. Geschaffen wurde der Stein von dem Bildhauer Peter Gopp.
Großes Interesse der Bevölkerung.
Thüngens Bürgermeister Klaus Enzmann zeigte sich in seiner Festrede erfreut darüber, welch großes Interesse die Enthüllung des Gedenksteines in der Bevölkerung geweckt habe. Die Geschichte des Ortes sei schon seit dem 15. Jahrhundert untrennbar mit seinen jüdischen Mitbürgern verbunden gewesen, sagte Enzmann. Aus ihrer ursprünglichen Rolle als
"Schutzjuden" unter dem Hause Thüngen habe sich im Laufe der Jahrhunderte ein friedliches Miteinander mit Katholiken und Protestanten entwickelt mit allen Facetten des kulturellen und wirtschaftlichen Lebens. Für Thüngen sei dies auch von wirtschaftlicher Bedeutung gewesen.
Anteil von rund 40 Prozent.
Im Jahr 1837 lebten 350 jüdische Mitbürger unter 880 Einwohnern in Thüngen, womit fast 40 Prozent der Bewohner jüdischen Glaubens gewesen wären.
"Von den fünf Metzgern im vorigen Jahrhundert gehörten vier der jüdischen Religion
an", betonte der Bürgermeister.
Die systematische Ghettoisierung von Millionen von Juden, Sinti und Roma sowie Andersdenkenden samt ihrer Vertreibung und Ermordung in Gaskammern und Todeslagern, die Shoah, bezeichnete Klaus Enzmann als
"Zivilisationsbruch in der Geschichte unseres Landes, Europas und der Welt". Um so wichtiger sei es, dass überall im Land – auch in Thüngen – die Erinnerung an das Geschehene als Aufgabe für die Zukunft angenommen werde.
Unverzichtbar sei deshalb die differenzierte Vermittlung von geschichtlichen Fakten und Wissen an die Jugend, so Enzmann weiter. Denn sie wachse in einer Zeit auf, in der die Zeitzeugen allmählich verstummen würden.
Kaum noch Überlebende.
Man dürfe nicht zulassen, dass Geschichte vergessen oder verdrängt werde, wenn es eines Tages keine Überlebenden mehr gebe, die persönlich Zeugnis ablegen könnten.
"Das ist die Aufgabe unserer Generation, wenn ich über mich und die etwa Gleichaltrigen
spreche", sagte der Bürgermeister. Geschichte sei nicht vergangen. Sie lebe in der Gegenwart weiter, und man müsse die richtigen Schlüsse daraus ziehen, wenn man die Zukunft gestalten wolle.
Der Vorsitzende der israelitischen Kultusgemeinde Würzburg, Dr. Josef Schuster, bezeichnete die ursprünglich auch in Thüngen geplanten
"Stolpersteine" als eine gute Idee, um auf das Schicksal von Opfern des NS-Regimes hinzuweisen. Es gebe aber
"keinen glückseligen Weg des Gedenkens", und so sei auch ein Gedenkstein eine sinnvolle Einrichtung. Wichtig sei auch, dass der Stein die Namen der Verschleppten und Ermordeten trage. Damit habe man diesen einstmals geachteten Bürgern der Gemeinde Thüngen ihre Würde wiedergegeben.
Auch die Platzwahl bezeichnete Schuster als vorbildlich. Einerseits stehe der Stein mitten im Ort, und anderseits befinde sich direkt daneben das Kriegerdenkmal mit den Namen der Gefallenen des Ersten Weltkriegs – unter denen sich auch sechs jüdische Namen befinden.
Gäste aus Israel.
Unter den Gästen des Festaktes befand sich mit Harel Halberstadt auch der Großneffe von Moritz Strauss, einem der namentlich auf dem Stein genannten Opfer. Er war mit seiner Frau Rachel extra aus Israel angereist.
Musikalisch begleitet und untermalt wurde die Gedenksteinenthüllung vom Posaunenchor Thüngen sowie den Kindern der vierten Klasse der Grundschule. Die Schülerinnen und Schüler trugen gemeinsam mit Robert Foldenauer, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Thüngen, ein hebräisches Lied vor.
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 410-411. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 116-117. 1992² S. 125. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 502-503. |
| Leonhard Scherg: Jüdisches
Leben im Main-Spessart-Kreis. Reihe: Orte, Schauplätze, Spuren. Verlag
Medien und Dialog. Haigerloch 2000 (mit weiterer Literatur). |
| "Mehr als
Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Teilband
III: Unterfranken, Teil 1.
Erarbeitet von Axel Töllner, Cornelia Berger-Dittscheid,
Hans-Christof Haas und Hans Schlumberger. Hg.
von Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid und Gury Schneider-Ludorff
in Verbindung mit Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3:
Bayern. 1. Auflage 2015. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im
Allgäu (mit umfassenden Quellen- und
Literaturangaben)
ISBN 978-3-89870-449-6.
Hinweis: die Forschungsergebnisse dieser Publikation wurden in dieser Seite
von "Alemannia Judaica" noch nicht eingearbeitet.
Abschnitt zu Thüngen S. 309-331.
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Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Thuengen Lower Franconia. The Jewish settlement was
started in the second half of the 17th century by Jews expelled from the
Wuerzburg region. The Jewish population reached 350 in 1837 (total 880). A new
synagogue was built in the 1860s. The Jewish population declined steadily to 152
in 1933, with the community known for its Orthodox way of life. Jews were
attacked on the eve of the Austrian Anschluss (13 March 1938) and during the
Sudetenland crisis in 1938. Most left in 1937-39. In all 110 emigrated (86 to
the United States) and 56 left for other German cities (34 to Wuerzburg).
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