29.02.2008 / Wissenschaft
„Der 1. März 2008 ist der Beginn eines neuen Abschnitts in der Hochschulgeschichte von Ludwigshafen. Die mit diesem Tag wirksam werdende Fusion der staatlichen Fachhochschule, deren Schwerpunkt im Bereich der Betriebswirtschaft liegt, und der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen, die sich mit Ausbildungen für Sozial- und Pflegeberufe einen guten Ruf erworben hat, eröffnet für den gesamten Hochschulstandort Rhein-Neckar neue Perspektiven.“ Das unterstrichen die rheinland-pfälzische Wissenschaftsministerin Doris Ahnen, Oberkirchenrätin Karin Kessel von der Evangelischen Kirche der Pfalz, der Präsident der FH Ludwigshafen, Professor Dr. Wolfgang Anders, und der Rektor der Evangelischen Fachhochschule, Professor Jürgen Mangold, heute bei einer Pressekonferenz in Ludwigshafen.
„Mit der Fusion ist es nicht nur gelungen, die stark nachgefragten Studienangebote der bisherigen Evangelischen Fachhochschule zu erhalten. Die ,neue’ Fachhochschule, die durch die Eingliederung dieser Angebote in Form eines eigenen Fachbereichs nunmehr vier Fachbereiche und ein deutlich facettenreicheres Profil aufweist, besitzt auch eine ganze Reihe von erfolgversprechenden zukunftsorientierten Entwicklungsperspektiven“, betonte die Wissenschaftsministerin.
Mit der Fusion entstünden dem Land Rheinland-Pfalz einerseits Mehrkosten von mehr als 700.000 Euro pro Jahr. „Dem stehen andererseits als Vorteile die Entwicklungsperspektiven der Fachhochschule und der Erhalt eines attraktiven Studienangebots gegenüber“, sagte Doris Ahnen. Insbesondere durch Verknüpfungen des anerkannten betriebswirtschaftlichen Sachverstandes und der neu hinzugekommenen speziellen Kompetenzen im Bereich der sozialen Berufe ließen sich interessante neue Ausbildungsgänge entwickeln, die in der Dienstleistungsgesellschaft von heute gefragt seien.
„Ein bereits vorhandenes Beispiel für solche Synergieeffekte ist der Master-Studiengang Unternehmensführung im Wohlfahrtsbereich, den die beiden Fachhochschulen in Ludwigshafen seit längerem gemeinsam mit der Universität Heidelberg anbieten. Wenn die Fusion zu weiteren solchen Innovationen im Studienangebot beiträgt, wovon ich überzeugt bin, entspricht dies voll und ganz unseren hochschulpolitischen Zielsetzungen“, sagte Doris Ahnen.
Oberkirchenräten Karin Kessel betonte nachdrücklich, dass sich die Evangelische Kirche der Pfalz mit der Fusion der beiden Hochschulen nicht völlig aus dem Hochschulbereich zurück. Die Kirche habe dem Land zugesagt, für Forschung und Lehre zu ethischen Fragestellungen in den nächsten zehn Jahren jährlich 100.000 Euro zu zahlen. Das Angebot richte sich insbesondere an die Studierenden, die nach dem Studium im kirchlichen Bereich einen Arbeitsplatz suchten und sich schon während des Studiums für den kirchlichen und diakonischen Bereich profilieren wollten.
„Damit wollen wir nicht nur zur Förderung der evangelischen Ethik einschließlich der theologischen und philosophischen Grundlagen im Rahmen der vorhandenen Studiengänge beitragen. Wir wollen damit auch deutlich machen, dass das Engagement der Evangelischen Kirche der Pfalz im Bildungsbereich, das ja in den Kindertagesstätten und auch durch den Religionsunterricht an den Schulen besonders ausgeprägt ist, sich auch weiterhin auf die Hochschulausbildung erstreckt“, sagte Karin Kessel.
Dies dokumentiere auch die Tatsache, dass in dem sechsköpfigen Koordinierungsausschuss, der die Weiterentwicklung der übernommenen Studiengänge begleite und vorantreibe, neben jeweils zwei Vertreterinnen und Vertretern des Landes sowie der Fachhochschule auch die Evangelische Kirche der Pfalz paritätisch vertreten sei.
FH-Präsident Prof. Dr. Wolfgang Anders hob hervor, dass mit der Übernahme und Integration der Evangelischen Fachhochschule der Hochschulstandort Ludwigshafen nachhaltig gesichert werde. „Nach der Integration der Evangelischen FH als neuem Fachbereich erreicht die Fachhochschule Ludwigshafen eine ,Betriebsgröße’ mit 3.800 Studierenden und über 80 Professorinnen und Professoren“, so Anders. Er sei sehr glücklich, dass die Arbeitsplätze des wissenschaftlichen wie des nichtwissenschaftlichen Personals erhalten bleiben.
Mit der Zusammenführung beider Fachhochschulen verbreitere sich das Fächerangebot der neuen Fachhochschule Ludwigshafen schlagartig. „Beachtenswert ist, dass insbesondere auch interdisziplinäre Studiengangoptionen entstehen, die bereits im Einzelfall in der Projektierung sind. Als Beispiel ist hier die Wirtschaftspsychologie zu nennen“, betonte der FH-Präsident.
Die Fusion beider Fachhochschulen gehe, was die inhaltliche, programmatische und auch kulturelle Komponente betreffe, mit dem 1. März 2008 aber „erst richtig los“, unterstrich Professor Anders weiter. Er wisse, dass alle Beteiligten den besten Willen haben, die anstehenden Herausforderungen des Zusammenwachsens reibungsfrei zu gestalten.
Von zentraler Relevanz für die nächsten Jahre sei, dass die Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftler und Studierenden so häufig wie möglich die Möglichkeit des direkten persönlichen Austauschs nutzten. Von zentraler Bedeutung hierbei sei natürlich, dass ein gemeinsamer Campus am FH-Standort an der Bruchwiesenstraße entstehe. Gemeinsam mit dem Ministerium habe man von Seiten der Hochschulleitung der FH Ludwigshafen die Grobplanung zur Schaffung und Umsetzung des Hochschulcampus erarbeitet. „Die Hoffnung besteht, dass in den nächsten fünf bis sieben Jahren dieser Wunsch und Plan zur Umsetzung gebracht werden kann“, so Professor Anders.
„Ich freue mich, dass die langen Verhandlungen nun erfolgreich abgeschlossen worden sind. Ich freue mich auch darüber, dass weder Studienplätze noch Arbeitsplätze, von synergiebedingten Einsparungen einmal abgesehen, weggefallen sind“, sagte der Rektor der Evangelischen Fachhochschule, Professor Jürgen Mangold. Die Fusion habe ein Etappenziel erreicht, sei aber noch lange nicht abgeschlossen. „Die Arbeit fängt erst jetzt richtig an“, meinte Mangold.
Mit dem Übergang der Fachhochschule in kirchlicher Trägerschaft in die Obhut des Landes sei eine interessante und fruchtbare bildungspolitische Phase beendet worden. „Es eröffnen sich aber auch Möglichkeiten zu einem neuen Aufbruch. Wir erweitern das bisherige betriebswirtschaftlich ausgerichtete Angebot der Hochschule durch unsere grundständigen Studiengänge der Sozialen Arbeit, der Pflegepädagogik und der Pflegeleitung. Wir bringen weiterhin unsere Kompetenzen in die neue Hochschule ein, und werden versuchen, das bisherige Angebot vor allem auf dem Gebiet der Gesundheitsberufe und der Frühpädagogik zu erweitern. Wir nehmen gerne Anregungen durch ökonomische Sichten auf unserer bisherigen Studienangebote auf. Wir hoffen aber ebenso, die ökonomische Orientierung unserer Partner durch das Einbringen sozialer und ethischer Gesichtspunkte zu bereichern“, erklärte Professor Mangold. Für die künftigen Studierenden an der Hochschule Ludwigshafen könnten daraus interessante Angebote entstehen.
Die Fusion der beiden Fachhochschulen war eingeleitet worden, nachdem sich die Evangelische Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) im Jahr 2005 wegen des Rückgangs der Kirchensteuereinnahmen und daraus folgender finanzieller Einsparauflagen der Synode an das Wissenschaftsministerium gewandt und dem Land die Übernahme der Evangelischen Fachhochschule angeboten hatte.
Nach zahlreichen Verhandlungsrunden zwischen dem Ministerium, der Evangelischen Kirche und den beiden betroffenen Fachhochschulen hatten im Oktober 2007 das Kabinett der Landesregierung und kurz darauf auch die Kirchenregierung der Evangelischen Kirche dem ausgehandelten Fusionsabkommen zugestimmt, das jetzt in Kraft tritt.
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